Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer wegen Nichterfüllens der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2954/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss v. abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/16/0083. Mit Erkenntnis. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Entscheidungstext
Im Namen der republik
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, ***V-Adr***, über die als Beschwerde geltende Berufung vom gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , Zahl ***10***, betreffend Einfuhrumsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit dem als "Mitteilung gem. Art. 221 (1) ZK" bezeichneten Bescheid vom , Zahl ***10***, teilte das Zollamt Feldkirch Wolfurt der Beschwerdeführerin gemäß § 221 ZK die buchmäßige Erfassung von gemäß Art. 204 Abs. 1 ZK iVm § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz entstandenen Eingangsabgaben zu 8 näher bezeichneten Einfuhrzollanmeldungen aus dem Zeitraum bis in Höhe von insgesamt € 63.306,15 mit und setzte gleichzeitig eine Abgabenerhöhung in Höhe von insgesamt € 754,38 fest, weil die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 nicht vorliegen würden. Unter Anführung der von den zuständigen Behörden zu den einzelnen Empfängern übermittelten Informationen führte das Zollamt begründend aus, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt sei und deshalb die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 nicht gegeben seien. Der Anmelder sei Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer gemäß Art. 204 Abs. 3 ZK iVm § 71a ZollR-DG
Dagegen wurde mit Eingabe vom der Rechtsbehelf der Berufung (nunmehr Bescheidbeschwerde) erhoben und die ersatzlose Aufhebung bzw. die Abänderung der Abgaben auf € 0,00 beantragt.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass sämtliche Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorliegen würden. Es sei auf die Regelung des Art. 7 Abs. 4 UStG (Binnenmarktregelung) zu verweisen, wonach eine Lieferung selbst dann als steuerfrei anzusehen sei, wenn die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 UStG nicht vorliegen würden, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruhe und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen habe können. Die Beschwerdeführerin sei der ihr obliegenden Sorgfaltspflicht vollumfänglich nachgekommen. Im Übrigen fehle den österreichischen Abgabenbehörden eine Kompetenz zur Vorschreibung der Umsatzsteuer. Eine Nachforderung könne allenfalls in den Bestimmungsländern durchgeführt werden.
Das Zollamt wies die Berufung betreffend die Einfuhrumsatzsteuer mit Berufungsvorentscheidung vom , Zahl ***8***, gemeinsam mit vier weiteren Berufungen in ähnlich gelagerten Fällen als unbegründet ab.
In den Erwägungen führte das Zollamt zunächst aus, dass die Waren in den freien Verkehr der Union gelangt seien. Da die Überführung in den freien Verkehr in Österreich erfolgt sei, sei Österreich gemäß Art. 215 Abs. 1 ZK zweifelsfrei für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer zuständig.
Unter Hinweis auf die Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZlen. ZRV/0032-Z2L/10 und ZRV/0130-Z2L/10, sowie auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rs C-285/09, "R.", führte das Zollamt weiters aus, dass die Vertrauensschutzbestimmung des Art. 7 Abs. 4 UStG bei der Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer nicht anwendbar sei und in den Fällen, in denen ernsthafte Gründe zu der Annahme bestehen, dass der mit der fraglichen Lieferung zusammenhängende innergemeinschaftliche Erwerb im Bestimmungsland trotz gegenseitiger Amtshilfe und Zusammenarbeit zwischen den Finanzbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten der Zahlung der Mehrwertsteuer entgehen könnte, der Ausgangsmitgliedstaat grundsätzlich dem Lieferer der Gegenstände die Befreiung verweigern müsse und ihn zu verpflichten habe, die Steuer nachzuentrichten, um zu vermeiden, dass der fragliche Umsatz jeglicher Besteuerung entgehe. Da in den meisten Fällen die Amtshilfeersuchen ergeben hätten, dass der Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat der Zahlung der Mehrwertsteuer entgangen sei, sei die Vorschreibung zu Recht erfolgt. Im Fall der ***9*** hätten die spanischen Behörden die Unternehmereigenschaft verneint, sodass die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 UStG 1994 nicht erfüllt gewesen seien.
Dagegen wurde mit Schriftsatz vom der Rechtsbehelf der Beschwerde (nunmehr Vorlageantrag) erhoben.
Zu "***1***" führte die Beschwerdeführerin aus, dass der Umstand, dass laut den bulgarischen Behörden eine Steuerprüfung laufe, beweise, dass die Gesellschaft existiere, auch wenn möglicherweise die aktuelle Geschäftsadresse nicht feststellbar sei, und dass sich die bulgarischen Behörden hinsichtlich der Verpflichtung des Empfängers entsprechende Anmeldungen der Erwerbe abzugeben, selbst kümmern werden. Daraus sei zu schließen, dass naturgemäß den österreichischen Behörden hiefür jede Kompetenz fehle.
Weiters führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Behauptung "***3***" bzw. "***9***" seien "nicht korrekte Firmen" keine geeignete Grundlage für eine Abgabennachforderung sei. Zu erwähnen sei auch, dass die Löschung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der ***9*** am im Umkehrschluss beweise, dass diese jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt gegenüber den Abgabenbehörden als steuerlicher Unternehmer gegolten habe und daher jedenfalls die bis zu diesem Tag durchgeführten Warenanmeldungen auch im Rahmen eines "Verfahrens zur innergemeinschaftlichen Weiterlieferung" korrekt seien. Zur noch am abgegebenen Anmeldung sei festzuhalten, dass diese nicht einmal 14 Tage nach der angeblichen Löschung erfolgt sei und aufgrund der kurzen Zeitspanne die Beschwerdeführerin noch darauf vertrauen habe können, dass die eingeholte UID-Abfrage wirksam sei.
Die bulgarischen Behörden hätten nach ihrer Auskunft Umsatzsteuer in Höhe von 150.000 Euro vorgeschrieben. Die Vorschreibung durch die österreichischen Behörden sei daher eine klassische Doppelvorschreibung für ein und denselben Vorgang. Dies sei unzulässig.
Die Auskunft der bulgarischen Behörden, dass die Empfänger "unzuverlässige Steuerpflichtige" oder "riskante Gesellschaften" seien, sei nicht näher begründet worden und als bloße pauschale Feststellung ohne jegliches Tatsachensubstrat unzulässig, weil sie einer Überprüfung und Bewertung im Rechtshilfeweg nicht zugänglich sei.
Ohne Bezug zum konkreten Beschwerdefall führte die Beschwerdeführerin aus, dass kein Sorgfaltsverstoß der Beschwerdeführerin und keine Verletzung der Vorschriften der Binnenmarktregelung des Umsatzsteuergesetzes vorliegen würde. Außerdem käme der Gutglaubensschutz nach Art. 7 Abs. 4 UStG zum Tragen. Zu Unrecht habe die Abgabenbehörde der Beschwerdeführerin den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer verwehrt bzw. nicht von der Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 71a ZollR-DG Abstand genommen.
Die Festsetzung der Abgabenerhöhung wurde mit Berufungsentscheidung vom , GZ ZRV/0151-Z2L/12, im Nachhang zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2012/16/0090, aufgehoben.
Strittig ist deshalb nur mehr die Nacherhebung der Einfuhrumsatzsteuer. Die mündliche Verhandlung wurde am durchgeführt.
Das Bundesfinanzgericht wies die Bescheidbeschwerde betreffend die Einfuhrumsatzteuer mit Erkenntnis vom , GZ. RV/5200054/2012, als unbegründet ab.
Im Rahmen der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision vom fasste der Verwaltungsgerichtshof den Beschluss, dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist die Steuerbefreiung nach Artikel 138 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem für ein innergemeinschaftliches Verbringen aus einem Mitgliedstaat zu versagen, wenn der dieses Verbringen in einen anderen Mitgliedstaat bewirkende Steuerpflichtige im anderen Mitgliedstaat zwar den mit dem innergemeinschaftlichen Verbringen zusammenhängenden innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt, jedoch bei einem späteren steuerpflichtigen Umsatz mit den betroffenen Gegenständen im anderen Mitgliedstaat eine Steuerhinterziehung begeht, indem er zu Unrecht eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung aus diesem anderen Mitgliedstaat erklärt?
2. Ist für die Antwort auf die Frage 1 maßgeblich, ob der Steuerpflichtige im Zeitpunkt des innergemeinschaftlichen Verbringens bereits den Vorsatz gefasst hat, hinsichtlich eines späteren Umsatzes mit diesen Gegenständen eine Steuerhinterziehung zu begehen.
Der EuGH beantwortete die Fragen in seinem Urteil vom , C-531/17, dahingehend, dass Art. 143 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und Art. 143 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie in der durch die Richtlinie 2009/69/EG des Rates vom geänderten Fassung dahin auszulegen sind, dass die darin normierte Einfuhrumsatzsteuerbefreiung dem gemäß Art. 201 dieser Richtlinie als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur nicht zu versagen ist, wenn, wie im Fall des Ausgangsverfahrens, der Empfänger der im Anschluss an diese Einfuhr erfolgenden innergemeinschaftlichen Verbringung bei einem späteren Umsatz, der mit der Verbringung in keinem Zusammenhang steht, eine Steuerhinterziehung begeht und es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Importeur wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser spätere Umsatz in eine vom Empfänger begangene Steuerhinterziehung einbezogen war.
In der Folge hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts mit Erkenntnis vom , Ra 2016/16/0061, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil das Bundesfinanzgerichts festgestellt habe, dass die beiden bulgarischen Unternehmer, deren innergemeinschaftliches Verbringen in Rede stand, in Bulgarien Steuererklärungen abgegeben und darin den innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt hatten. Erst auf einer nachfolgenden Stufe, nämlich eines angeblichen Weiterverkaufs der betroffenen Gegenstände gehe das Bundesfinanzgericht offensichtlich davon aus, dass die dazu erklärte Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung zurück an die Revisionswerberin zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei, was wohl zur - vom Bundesfinanzgericht nicht ausgeführten - Schlussfolgerung führen dürfte, dass dem bulgarische Empfänger angelastet wird, als Folgeumsatz anstelle einer steuerpflichtigen Lieferung innerhalb Bulgariens eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt und damit eine Steuerhinterziehung begangen zu haben.
Das Bundesfinanzgericht stütze sich ersichtlich auf Steuerhinterziehungen der bulgarischen Empfänger, die allerdings nicht ein für die Steuerbefreiung der Einfuhr in Österreich vorausgesetztes steuerfreies innergemeinschaftliches Verbringen in einen anderen Mitgliedstaat oder einen damit unmittelbar zusammenhängenden innergemeinschaftlichen Erwerb im anderen Mitgliedstaat zum Gegenstand hätten, sondern einen davon getrennten Folgeumsatz.
Die Steuerhinterziehung, die sich auf eine von der Einfuhr nach Österreich mit nachfolgender innergemeinschaftlicher Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat sowie dementsprechenden innergemeinschaftlichen Erwerb in diesem andern Mitgliedstaat in keinem Zusammenhang stehende (spätere) innergemeinschaftliche Lieferung aus dem anderen Mitgliedstaat bezieht, schließe die Steuerbefreiung der Einfuhr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung in Österreich im Revisionsfall nicht aus (vgl. , Rn. 38 bis 43).
Das Bundesfinanzgericht hat im fortgesetzten Verfahren erwogen:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin, ein Speditionsunternehmen, beantragte im Zeitraum vom bis zum bei verschiedenen Zollstellen des Zollamtes Feldkirch Wolfurt als indirekte Vertreterin der bulgarischen Gesellschaft ***1*** in drei Einfuhrfällen, der ebenfalls bulgarischen Gesellschaft ***3*** in zwei Einfuhrfällen und der spanischen Gesellschaft ***5*** in drei Einfuhrfällen die Überführung von Parfümeriewaren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung (Verfahrenscode 42). Als Versender/Ausführer wurde im Feld 2 der Zollanmeldungen jeweils die ***7*** in ***13***/Schweiz, angegeben.
Die Abwicklung erfolgte dergestalt, dass die ***7*** die Waren in deren Lager (offenes Zolllager) an den jeweiligen Frachtführer übergeben hat. Die Verschaffung der Verfügungsmacht an die Abnehmer erfolgte bereits in der Schweiz. Die Beauftragung zur Abwicklung der Zollformalitäten erfolgte über die ***7*** und der schweizerischen Muttergesellschaft der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin hatte keinen direkten Kontakt von ihr vertretenen Gesellschaften.
Die Zollanmeldungen wurden jeweils wie angemeldet angenommen und die Waren überlassen. Die Einfuhrumsatzsteuer wurde zunächst nicht festgesetzt.
Zu "***1***":
Die Überführung der Parfümeriewaren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr erfolgte am 10. und sowie am . Ein qualifiziertes Bestätigungsverfahren (Stufe 2) wurde am durchgeführt. Die Gesellschaft wurde von den bulgarischen Behörden aber bereits im April 2011 an der angegebenen Anschrift nicht aufgefunden. Die bulgarischen Behörden hegen Zweifel, dass tatsächlich Lieferungen an diese Unternehmen erfolgt sind.
Das Unternehmen erklärte große Beträge an innergemeinschaftlichen Erwerben, aber nur einen minimal zu zahlenden Umsatzsteuerbetrag. Die von der ***7*** erworbenen Waren wurden im Erwerbs- und Verkaufsprotokoll mit gleichem Wert wiederum als Verkauf (Rücklieferung) an die Beschwerdeführerin unter Angabe ihrer Sonder-UID ausgewiesen.
Die verantwortlich handelnden Personen der ***1*** als Importeur und gleichzeitig Verbringer und Empfänger der Waren wussten bereits im Zeitpunkt der Einfuhr, dass sie die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer unter Anwendung des Verfahrens 42 zu Unrecht in Anspruch nehmen. Erkennbares Ziel war es, die Waren unversteuert in den Wirtschaftskreislauf der Union zu verbringen.
Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer wurde über Veranlassung der bulgarischen Behörden am gelöscht.
Ein Kontakt mit dem Manager bzw. Eigentümer der ***1*** (Einzel-GmbH) zur Aufklärung über die Umstände der Verbringungsvorgänge konnte vom bulgarischen Audit-Team nicht hergestellt werden.
Zu "***3***":
Die Überführung der Parfümeriewaren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr für die am registrierte Gesellschaft erfolgten am 27. April und am . Ein qualifiziertes Bestätigungsverfahren (Stufe 2) wurde am durchgeführt. Die Registrierung der UID-Nr. wurde von der bulgarischen Behörde am wieder widerrufen.
An der angegebenen Adresse (***11***) befand sich ein Büro einer Kabelfernsehgesellschaft. Die Gesellschaft hatte weder Verkaufsräume, noch Personal mit Arbeitsverträgen. Die Gesellschaft konnte auch an der ab registrierten neuen Adresse "***12***" nicht aufgefunden werden.
Vom Unternehmen wurden in Bulgarien "Null"-Erklärungen abgegeben. Dies ergibt sich wie im Fall der ***1*** dadurch, dass ebenfalls die im Erwerbsprotokoll angeführten Erwerbe mit dem exakt gleichem Wert gleichzeitig als Rücklieferung an die Beschwerdeführerin in das Verkaufsprotokoll aufgenommen wurden.
Auch in diesen Einfuhrfällen wussten die verantwortlich handelnden Personen bereits im Zeitpunkt der Einfuhr, dass sie die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer unter Anwendung des Verfahrens 42 zu Unrecht in Anspruch nehmen. Erkennbares Ziel war es auch in diesen Fällen, die Waren unversteuert in den Wirtschaftskreislauf der Union zu verbringen.
Zu "***9***"
Die Überführung der Parfümeriewaren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr der am registrierten Gesellschaft erfolgte am 27. April, am 7. Juni und am . Ein qualifiziertes Bestätigungsverfahren (Stufe 2) wurde am durchgeführt. Eine weitere Anfrage am brachte ein negatives Ergebnis.
Mangels Erfüllens der Voraussetzungen, insbesondere wegen fehlender Geschäftstätigkeit an der registrierten Adresse und fehlender Verwaltung bzw. mangels eines Managements wurde die Gesellschaft mit wieder aus dem Register gelöscht.
An der registrierten Adresse befand sich ein von einem anderen Unternehmen angemietetes Lager. Der bevollmächtigte Vertreter dieses anderen Unternehmens gab an, dass die registrierte Adresse eine private Wohnung sei und weiters, dass sie zwar beabsichtigten innergemeinschaftliche Erwerbe und Lieferungen auszuführen, derartige Aktivitäten aber noch nicht durchgeführt worden seien und auch keine Transaktionen erwartet würden. Die Gesellschaft beschäftige kein Personal.
Wie in den die bulgarischen Gesellschaften betreffenden Einfuhrfällen wussten die verantwortlich handelnden Personen auch hier von Anfang an, dass sie die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer unter Anwendung des Verfahrens 42 zu Unrecht in Anspruch nehmen. Erkennbares Ziel war es wiederum, die eingeführten Waren unversteuert in den Wirtschaftskreislauf der Union zu verbringen.
Rechtslage:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) unterliegt die Einfuhr von Gegenständen der Umsatzsteuer (Einfuhrumsatzsteuer). Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg, gelangt.
Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 lautet:
"(3) Steuerfrei ist die Einfuhr der Gegenstände, die vom Anmelder im Anschluß an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7) verwendet werden; der Anmelder hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 buchmäßig nachzuweisen. Die Befreiung ist nur anzuwenden, wenn derjenige, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden ist, die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung tätigt."
Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 34/2010,wurde dem Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 mit Wirkung folgender Unterabsatz angehängt.
"Weiters ist Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung, dass der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer zum Zeitpunkt der Einfuhr den Zollbehörden die unter lit. a und b genannten Angaben zukommen lässt und den unter lit. c genannten Nachweis erbringt:
a) seine im Inland erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Steuervertreters;
b) die in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers im Falle der innergemeinschaftlichen Lieferung nach Art. 7 Abs. 1 oder seine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Falle des der Lieferung gleichgestellten Verbringens nach Art. 7 Abs. 2;
c) den Nachweis, aus dem hervorgeht, dass die eingeführten Gegenstände dazu bestimmt sind, vom Inland in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet zu werden."
Art. 7 UStG 1994 lautet auszugsweise:
"Art. 7. (1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (Art. 6 Abs. 1) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) ... oder
c) ...
3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung ist beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.
(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gelten auch
1. das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstandes (Art. 3 Abs. 1 Z 1 und ...
(3). Die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 müssen vom Unternehmer buchmäßig nachgewiesen sein. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist.
(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtige Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. In Abholfällen hat der Unternehmer die Identität des Abholenden festzuhalten."
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 gilt als Lieferung gegen Entgelt das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur - näher definierten - vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer.
Die nach Art. 7 Abs. 3 UStG 1994 ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen über den Nachweis der Beförderung oder Versendung und den Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, BGBl. Nr. 401/1996 in der Fassung BGBl. Nr. 172/2010 lautet auszugsweise:
"Nachweis der Beförderung oder Versendung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
§ 1. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7 UStG 1994) muß der Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachweisen, daß er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat.
§ 2 ...
§ 3. (1) In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet, hat der Unternehmer den Nachweis wie folgt zu führen:
1. durch die Durchschrift oder Abschrift der Rechnung (§ 11, Art. 11 UStG 1994) und
2. durch einen Versendungsbeleg im Sinne des § 7 Abs. 5 UStG 1994, insbesondere durch Frachtbriefe, Postaufgabebescheinigungen, Konnossemente und dergleichen oder deren Doppelstücke.
(2) ...
§ 4. ...
Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
§ 5. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen muß der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachwiesen. Die Voraussetzungen müssen leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein.
§ 6. Der Unternehmer hat folgendes aufzuzeichnen:1. den Namen, die Anschrift und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers,
2. den Namen und die Anschrift des Beauftragten des Abnehmers in Abholfällen,
3. die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstandes der Lieferung,
4. den Tag der Lieferung,
5. das vereinbarte Entgelt oder bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung,
6. die Art und den Umfang einer Bearbeitung oder Verarbeitung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (Art. 7 Abs. 1 letzter Unterabsatz UStG 1994),
7. die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet und
8. den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet.§ 7. In den einer Lieferung gleichgestellten Verbringungsfällen (Art. 3 Abs.1 UStG 1994) hat der Unternehmer folgendes aufzuzeichnen:
1. die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des verbrachten Gegenstandes,
2. die Anschrift und die Umsatzsteuer-Identifiktionsnummer des im anderen Mitgliedstaates gelegenen Unternehmensteils,
3. den Tag des Verbringens und
4. die Bemessungsgrundlage nach Art. 4 Abs. 2 UStG 1994
§ 8. ..."
Die Steuerfreiheit nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 (BMR) beruht auf der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABlEU Nr. L 347 vom (im Folgenden: MwSt-SystRL).
Im Titel IX "Steuerbefreiungen" der MwSt-SystRL lautet unter Kapitel 1 "Allgemeine Bestimmungen" der Art. 131:
"Artikel 131
Die Steuerbefreiungen der Kapitel 2 bis 9 werden unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen."
Im Kapitel 4 "Steuerbefreiungen bei innergemeinschaftlichen Umsätzen" des Titels IX der MwSt-SystRL lautet Art. 138:
"Artikel 138
(1) Die Mitgliedstaaten befreien die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nicht steuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt.
(2) Außer den in Absatz 1 genannten Lieferungen befreien die Mitgliedstaaten auch folgende Umsätze von der Steuer:
a) ...
b) ...
c) die Lieferungen von Gegenständen in Form der Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat, die gemäß Absatz 1 und den Buchstaben a und b des vorliegenden Absatzes von der Mehrwertsteuer befreit wäre, wenn sie an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt würde."
Im Kapitel 5 "Steuerbefreiungen bei der Einfuhr" des Titels IX der MwSt-SystRL lautet Art. 143 Buchstabe d):
"Artikel 143
Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
...
d) die Einfuhr von Gegenständen, die von einem Drittgebiet oder einem Drittland aus in einen anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat der Beendigung der Versendung oder Beförderung versandt oder befördert werden, sofern die Lieferung dieser Gegenstände durch den gemäß Art. 201 als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur bewirkt wird und gemäß Art. 138 befreit ist;"
Mit Richtlinie 2009/69/EG des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem zur Bekämpfung des Steuerbetrugs bei der Einfuhr vom , ABlEU L 175 vom , wurde dem Artikel 143 MwSt-SystRL folgender Absatz angefügt:
"(2) Die Steuerbefreiung gemäß Absatz 1 Buchstabe d ist in den Fällen, in denen auf die Einfuhr von Gegenständen eine Lieferung von Gegenständen folgt, die gemäß Artikel 138 Absatz 1 und Absatz 2 Buchstabe c von der Steuer befreit ist, nur anzuwenden, wenn der Importeur zum Zeitpunkt der Einfuhr den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats mindestens die folgenden Angaben hat zukommen lassen:
a) seine im Einfuhrmitgliedstaat erteilte MwSt.-Identifikationsnummer oder die im Einfuhrmitgliedstaat erteilte MwSt.-Identifikationsnummer seines Steuervertreters, der die Steuer schuldet;
b) die in einem anderen Mitgliedstaat erteilte MwSt.-Identifikationsnummer des Erwerbers, an den die Gegenstände gemäß Artikel 138 Absatz 1 geliefert werden, oder seine eigene MwSt.-Identifikationsnummer, die in dem Mitgliedstaat erteilt wurde, in dem die Versendung oder Beförderung der Gegenstände endet, wenn die Gegenstände gemäß Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe c verbracht werden;
c) den Nachweis, aus dem hervorgeht, dass die eingeführten Gegenstände dazu bestimmt sind, aus dem Einfuhrmitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versandt zu werden.
Allerdings können die Mitgliedstaaten festlegen, dass der Nachweis nach Buchstabe c den zuständigen Behörden lediglich auf Ersuchen vorzulegen ist."
Gemäß Art. 201 MwSt-SystRL wird bei der Einfuhr die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt.
§ 2 Abs. 1 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes (ZollR-DG), in der hier noch anzuwendenden Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 2015 - AbgÄG, BGBl I Nr. 163/2015, lautet:
"§ 2. (1) Das im § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen (Zollrecht im Sinn des Artikels 1 des Zollkodex), gelten weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist."
§ 26 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 bestimmt, dass für die Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß gelten, soweit im UStG nichts anderes bestimmt ist.
Art. 204 der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABIEG Nr. L 302 vom , S.1 (Zollkodex - ZK) lautet:
"(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht, wenn in anderen als den in Artikel 203 genannten Fällen
a) eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben, oder
b) eine der Voraussetzungen für die Überführung einer Ware in das betreffende Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht erfüllt wird,
es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben.
(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Pflicht, deren Nichterfüllung die Zollschuld entstehen lässt, nicht mehr erfüllt wird, oder dem Zeitpunkt, in dem die Ware in das betreffende Zollverfahren übergeführt worden ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine der Voraussetzungen für die Überführung dieser Ware in das Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht wirklich erfüllt war.
(3) Zollschuldner ist die Person, welche die Pflichten zu erfüllen hat, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben, oder welche die Voraussetzungen für die Überführung der Ware in dieses Zollverfahren zu erfüllen hat"
Gemäß § 71a ZollR-DG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 2015 - AbgÄG, BGBl I Nr. 163/2015, schuldet in den Fällen einer Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Artikel 6 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1994 eine nach Artikel 204 Abs. 1 ZK entstehende Einfuhrumsatzsteuerschuld auch der Anmelder, wenn dieser nicht bereits nach Artikel 204 Abs. 3 ZK als Schuldner in Betracht kommt.
Gemäß § 5 ZollR-DG hat derjenige, der im Verfahren der Zollbehörden eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen will, dies geltend zu machen und das Vorliegen der hierfür maßgeblichen Voraussetzungen der Zollbehörde nachzuweisen. Wenn der Nachweis nach den Umständen nicht zumutbar ist, genügt die Glaubhaftmachung.
Rechtliche Erwägungen und Beweiswürdigung:
Die Steuerfreiheit nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 setzt eine sich an die Einfuhr anschließende (steuerfreie) innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, wobei ein innergemeinschaftliches Verbringen einer Lieferung gleichgestellt ist (§ 3 Abs. 1 Z 1 UStG 1994).
Bei Erfüllung der Voraussetzungen wird die Umsatzsteuer in Form der Erwerbsteuer auf die aus einem Drittland in die Union versandten oder beförderten Gegenstände grundsätzlich zum ersten Mal nicht in dem Mitgliedstaat geschuldet, in den sie zuerst eingeführt wurden, sondern in dem Mitgliedstaat, in dem die Versendung oder Beförderung endet ( "Vetsch Int. Transporte GmbH", Rn 40).
Daraus folgt aber auch, dass im Falle des Nichterfüllens der Voraussetzungen die Steuer in dem Mitgliedstaat geschuldet wird, in den die Waren zuerst eingeführt worden sind.
Soweit die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, dass im Beschwerdefall in Österreich keine Steuerbarkeit der Einfuhr gegeben sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die in Rede stehenden Waren ja gerade in Österreich in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind (Art. 60 MwSt-SystRL) und nicht mehr einem Verfahren im Sinn des Art. 61 Abs. 1 der MwSt-SystRL unterlagen. Die Waren konnten nach ihrer Überlassung in Österreich einem Verbrauch, d.h. einem mit Mehrwertsteuer belasteten Vorgang zugeführt werden (vgl. , "Federal Express Corporation Deutsche Niederlassung", Rz 44, mwN). Der Tatbestand der Einfuhr (in Österreich) im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 3 zweiter Satz UStG 1994 ist daher ohne Zweifel erfüllt. Andernfalls wäre die Bestimmung über die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nach Art. 143 Abs. 1 Buchst. d der MwSt-SystRL (Art. 6 Abs. 3 UStG 1994) inhaltsleer, weil sie die grundsätzliche Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer im Einfuhrmitgliedstaat erfordert, um unter den dort genannten Voraussetzungen die Gegenstände von dieser Einfuhrumsatzsteuer wieder zu befreien (vgl. hierzu auch ). Die allfällige Erhebung der Erwerbsteuer im Bestimmungsland ist davon getrennt zu sehen und nicht Gegenstand des Verfahrens.
Dem entsprechend ist der EuGH in den Urteilen zum Art. 143 Abs. 1 Buchst. d MwSt-SystRL vom , Rs C-528/17 "Milan Božičevič Ježovnik" und vom , Rs. C-108/17 "Enteco Baltic", jeweils das Verfahren 42 betreffende Fälle, auch von der grundsätzlichen Steuerbarkeit im Einfuhrmitgliedstaat ausgegangen.
Die Beschwerdeführerin führt ins Treffen, dass keine Verletzung der Binnenmarktregelung des Umsatzsteuergesetzes vorliege.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferung eines Gegenstands nur dann anwendbar,
wenn das Recht, wie ein Eigentümer über diesen Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist,
wenn der Lieferer nachweist, dass der fragliche Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert worden ist, und
wenn der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat
(vgl. , EU:C:2007:548 "Teleos u.a.", Rn. 42; , EU:C:2012:547, "Mecsek-Gabona", Rn. 31; , EU:C:2014:2267, "Traum",Rn. 24; , EU:C:2018:473, "Enteco Baltic", Rn 66).
Die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung ist aber dann zu versagen,
- wenn sich der Steuerpflichtige an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet hat, und in dem er somit nicht im guten Glauben gehandelt und alle Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sich zu vergewissern, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt oder
- wenn die Nichtbeachtung formeller Erfordernisse den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt worden sind
(vgl., EU:C:2017:106, "Euro Tyre", Rn 39f mit weiteren Hinweisen zur Rechtsprechung; , EU:C:2018:473, "Enteco Baltic", Rn 59).
Zu "***1***"
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den Ergebnissen des Informationsaustauschverfahrens nach der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 zwischen der belangten Behörde und der zuständigen bulgarischen Behörde vom und vom , den Angaben in den Zollanmeldungen, dem Inhalt der Beförderungspapiere und den bulgarischen Erwerbs- und Verkaufsprotokollen.
Die in den Zollanmeldungen als Empfängerin (Importeur) angegebene Gesellschaft konnte von der bulgarischen Behörde an der angegebenen Adresse nicht aufgefunden werden. Dies auch zu einem Zeitpunkt, zu dem der letzte hier zu beurteilende Verbringungsvorgang noch nicht einmal abgeschlossen war. Vom bulgarischen Audit-Team konnte auch kein direkter Kontakt mit dem Manager bzw. mit dem Eigentümer der Gesellschaft zur Aufklärung der Umstände betreffend der Verbringungsvorgänge hergestellt werden. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass diese an einer Aufklärung über den Verbleib der Waren nicht interessiert waren. Für das Audit-Team war auch nicht zu erkennen, dass die Waren tatsächlich nach Bulgarien verbracht worden sind.
Die bulgarische Steuererklärung weist nur einen minimal zu zahlenden Umsatzsteuerbetrag aus. Darin wird der jeweilige Erwerb mit dem gleichen Wert als Lieferung zurück an die Beschwerdeführerin als Speditionsunternehmen, welche am Umsatzgeschäft nicht beteiligt ist, ausgewiesen. Der Beschwerdevertreter versicherte in der mündlichen Verhandlung glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin nicht mit Parfümeriewaren handle und eine Rücklieferung nie erfolgt sei. Die gleichzeitige Aufnahme des Erwerbes in das Verkaufsprotokoll, wodurch sich im Ergebnis eine Nullerklärung ergab, ist somit nicht anders zu bewerten, als wenn die Erwerbe überhaupt nicht angemeldet worden wären. Der minimal zu zahlende Umsatzsteuerbetrag ergibt sich aus der zusätzlichen Erklärung einer sonstigen Leistung.
Im Ergebnis liegt damit eine Steuerhinterziehung bzw. missbräuchliche Ausnützung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems der Union durch den Importeur als Verbringer und gleichzeitig Empfänger der Waren vor. Aufgrund der festgestellten Gesamtumstände (Nichtauffinden der Gesellschaft an der erklärten Anschrift, Weigerung der für das importierende Unternehmen verantwortlichen Personen die Umstände aufzuklären, die angeführte Art und Weise der Steuererklärungen sowie der im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Verbringens bestehenden Personenidentität zwischen Importeur/Verbringer und Empfänger, woraus allein schon auf ein Wissenmüssen über die Vorgänge zu schließen ist) ist davon auszugehen, dass die im Namen der bulgarischen Gesellschaft handelnden Personen von Anfang an geplant hatten, die Waren steuerfrei in den Wirtschaftskreislauf der Union zu verbringen.
Die Empfängerin wurde wohl nur zur Verschleierung des tatsächlichen Empfängers angegeben. Die handelnden Personen wussten schon im Zeitpunkt der Einfuhr, dass sie Beteiligte an einer Steuerhinterziehung sind, wodurch bereits die Gewährung der Steuerbefreiung für ein innergemeinschaftliches Verbringen zu versagen ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des EuGH selbst dann, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sein sollten. So auch der Tenor des EuGH-Urteils im Vorabentscheidungsverfahren.
Abweichend von dem im Vorabentscheidungsverfahren vom EuGH zugrunde gelegten Sachverhalt sieht das Bundesfinanzgericht den Grund für die Versagung der Steuerfreiheit für das innergemeinschaftliche Verbringen somit nicht darin begründet, dass bei einem späteren Umsatz, der so nie stattgefunden hat und mit der Verbringung in keinem Zusammenhang steht, eine Steuerhinterziehung begangen wurde. Dieser Umstand stellt lediglich ein weiteres Indiz für die betrügerische Vorgangsweise der handelnden Personen dar.
Dem gegenüber wurden im Beschwerdeverfahren keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die die Feststellungen und den daraus gezogenen Schluss in Zweifel ziehen würden. Wenn der Vertreter der Beschwerdeführerin lediglich vorbringt, dass die Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die Steuerprüfung beweise, dass die Gesellschaft existiert habe, ist dem entgegenzuhalten, dass dies seitens der belangten Abgabenbehörde nie bestritten worden ist und es darauf auch nicht ankommt. Die rechtliche Existenz einer Gesellschaft schließt das Vorliegen einer Steuerhinterziehung bzw. eines Missbrauchs des gemeinschaftlichen Mehrwertsteuersystems nicht per se aus.
Aufgrund der personenbezogenen Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Z 2 lit. a und Z 3 UStG 1994 setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass der Unternehmer nachweist, wer der Abnehmer der Lieferung ist. Der Person des Abnehmers und seiner Identität kommt für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung entscheidende Bedeutung zu, da innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb "ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang" und dabei Teil eines "innergemeinschaftlichen Umsatzes" sind, der bezweckt, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt". Somit setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers (Erwerbers) dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel die Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern und dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist, nicht erreicht werden kann (vgl. BFH vom , V R 28/10, Rn 18f mit Hinweisen auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EuGH).
Der Unternehmer (Steuerpflichtige) hat die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung unter Berücksichtigung der von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen nachzuweisen (EuGH-Urteil Rs. C-285/09,"R" Rn. 43 und 46).
Diese Bedingungen ergeben sich aus Art. 7 UStG 1994 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 401/1996. Hierzu gehören auch (zutreffende) Angaben zur Person des Erwerbers (Abnehmers) wie Name, Anschrift und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.
Der Unternehmer kann grundsätzlich die innergemeinschaftliche Lieferung als steuerfrei behandeln, wenn er die nach § 7 UStG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 401/1996 bestehenden Nachweispflichten erfüllt. Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen. Dient der Verstoß gegen die Nachweispflichten nach § 7 UStG 1994 iVm der V BGBl 401/1996 aber dazu, die Identität des Erwerbers zu verschleiern, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen, kann der Unternehmer die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung auch nicht aufgrund des objektiven Nachweises ihrer Voraussetzungen in Anspruch nehmen (vgl. Rn 23 und 24 des oben zitierten BFH-Urteils mit Bezugnahme auf das EuGH-Urteil in der Rs. C-285/09, EU:C:2010:745, "R").
Nach der Verwaltungspraxis ersetzt bei Verwendung der Sonder-UID eine nach den Richtlinien zum Umsatzsteuergesetz entsprechende Geschäftsabwicklung zwar den Buchnachweis, nicht jedoch den nach der zitierten Verordnung zu erbringenden Belegnachweis über die innergemeinschaftliche Warenbewegung.
Aufgrund der oben angeführten Umstände ist in den Einfuhrfällen auch der Belegnachweis zum sicheren Nachweis, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind, als nicht erbracht anzusehen.
Ein CMR-Frachtbrief ist grundsätzlich ein Frachtbrief im Sinne von § 3 Abs. 2 der V BGBl. Nr. 401/1996. Danach ist gemäß § 3 Abs. 1 der Nachweis durch eine Durchschrift oder Abschrift der Rechnung und durch einen Versendungsbeleg im Sinne des § 7 Abs. 5 UStG 1994, insbesondere durch Frachtbriefe, Postaufgabebescheinigungen, Konnossemente und dergleichen oder deren Doppelstücke zu führen.
Der tatsächliche Transport der Waren zum Bestimmungsort kann aufgrund der festgestellten Umstände, insbesondere das Nichtauffinden der Gesellschaft an der angegebenen Anschrift, Erklärung einer Rücklieferung an die am Umsatzgeschäft unbeteiligte Beschwerdeführerin mit den vorliegenden Frachtbriefen nicht nachgewiesen werden. Es bestehen damit begründete Zweifel am tatsächlichen Verbringen der Waren. Die Abgabe von (falschen) Steuererklärungen in Bulgarien vermag im Beschwerdefall aufgrund der gegebenen Umstände den Belegnachweis nicht zu ersetzen.
Das Bundesfinanzgericht verkennt dabei nicht, dass Waren im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung bzw. Verbringens nicht zwingend an die Adresse des Sitzes des Erwerbers verbracht werden müssen. Es erachtet es aber jedenfalls für erforderlich, dass der tatsächliche Bestimmungsort und der tatsächliche Empfänger genannt bzw. der Behörde bekannt gegeben werden, weil andernfalls der Erwerber und der Ort des Erwerbes nicht festgestellt werden kann und der beizubringende Belegnachweis keinen Zweck hätte.
Die Bedenken der bulgarischen Behörden betreffend den tatsächlichen Erwerb der Waren durch die ***1*** erweisen sich daher als berechtigt. Dies auch deshalb, weil die Übernahmebestätigungen auf den Frachtbriefen zwar jeweils einen Stempel des genannten Unternehmens enthalten, der Name der die Waren übernehmenden Person aber nicht leserlich ist und auch der (tatsächliche) Ort der Warenübernahme nicht vermerkt worden ist.
Zwar enthält die Frachtbriefkopie eine Empfangsbestätigung (ebenfalls in Kopie). Diese kann aber auch nicht als sicherer Nachweis anerkannt werden, weil diese unter Berücksichtigung der Gesamtumstände der Lieferung (auch nachträglich) an jedem beliebigen Ort erstellt werden konnte.
Zu "***3***"
Auch betreffend dieser Gesellschaft liegen nach den Ergebnissen des Informationsaustauschverfahrens gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 zwischen der belangten Behörde und der zuständigen bulgarischen Behörde vom und vom , den Angaben in den Zollanmeldungen, den vorliegenden Belegnachweisen sowie den Erwerbs- und Verkaufsprotokollen die Voraussetzungen für das Vorliegen steuerfreier innergemeinschaftlicher Verbringungen als Voraussetzung für die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nicht vor.
Auch hier konnte an der angegebenen Adresse weder ein Vertreter der Gesellschaft, noch eine bevollmächtigte Person angetroffen werden. Es befand sich dort lediglich das Büro einer Kabelfernsehgesellschaft. Die Überprüfung der Datenbanken ergab, dass die Gesellschaft weder Verkaufsräume, noch Personal mit Arbeitsverträgen hatte.
Der (nicht bewiesene) Hinweis des Beschwerdevertreters, dass die Möglichkeit eines Office-Sharings bestehe, vermag die Feststellungen der bulgarischen Behörden mangels entsprechender gegenteiliger Nachweise nicht in Zweifel zu ziehen. Im Übrigen konnte die Gesellschaft auch an der später bekannt gegebenen neuen Adresse nicht aufgefunden werden.
Die Mitteilung der bulgarischen Behörden, dass "Null"-Erklärungen abgegeben worden sind, bestätigt sich durch die Übermittlung des Erwerbs- und Verkaufsprotokolls. Darin wird der jeweilige Erwerb mit dem gleichen Wert als Lieferung zurück an die am Umsatzgeschäft nicht beteiligte Beschwerdeführerin angeführt. Der Vertreter der Beschwerdeführerin versicherte in der mündlichen Verhandlung glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin nicht mit Parfümeriewaren handle und eine Rücklieferung nie erfolgt sei. Die gleichzeitige Aufnahme des Erwerbes in das Verkaufsprotokoll, wodurch sich im Ergebnis eine Nullerklärung ergibt, ist nicht anders zu bewerten, als wenn die Erwerbe gar nicht angemeldet worden wären. Damit ist aber betreffend der gegenständlichen Einfuhrfälle ebenso von einer Steuerhinterziehung auszugehen.
Aufgrund der Gesamtumstände muss auch in den diese Gesellschaft betreffenden Einfuhrfällen davon ausgegangen werden, dass die handelnden Personen von Anfang an geplant hatten, die Waren steuerfrei in den Wirtschaftskreislauf der Union zu verbringen.
Der Empfänger wurde wohl auch in diesen Einfuhrfällen zur Verschleierung des tatsächlichen Empfängers angegeben. Die handelnden Personen wussten somit schon im Zeitpunkt der Einfuhr, dass sie Beteiligte an einer Steuerhinterziehung sind, wodurch - wie bereits oben ausgeführt - die Gewährung der Steuerbefreiung für ein innergemeinschaftliches Verbringen zu versagen ist.
Abweichend von dem im Vorabentscheidungsverfahren vom EuGH zugrunde gelegten Sachverhalt sieht das Bundesfinanzgericht somit auch in diesen Einfuhrfällen den Grund für die Versagung der Steuerfreiheit für das innergemeinschaftliche Verbringen nicht darin begründet, dass bei einem späteren Umsatz, der mit der Verbringung in keinem Zusammenhang steht, eine Steuerhinterziehung begangen wurde.
Anhaltspunkte, die am festgestellten Sachverhalt Zweifel aufkommen lassen würden, wurden auch hier nicht aufgezeigt. Wenn der Vertreter der Beschwerdeführerin vorbringt, dass die Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beweise, dass die Gesellschaft existiert habe, ist dem entgegenzuhalten, dass dies von der belangten Behörde nie bestritten wurde und nichts an der Nichtauffindbarkeit am angegebenen Sitz ändert.
Darüber hinaus kommt wie in den Einfuhrfällen betreffend die ***1*** auch in diesen Einfuhrfällen dem Versendungsnachweis aufgrund der Umstände, insbesondere das Nichtauffinden der Gesellschaft und die damit verbundenen widersprüchlichen Angaben über die Ablieferadresse zwischen dem Belegnachweis und der angegebenen Adresse des Importeurs keine Beweiskraft bezüglich des tatsächlichen Verbringens der Waren zu. Es mangelt daher wiederum am sicheren Nachweis, dass die materiellen Anforderungen der Steuerbefreiung erfüllt sind.
Zu "***5***"
Auch in den diese Gesellschaft betreffenden Einfuhrfällen liegen aufgrund des Ergebnisses des Informationsaustauschverfahrens nach der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 vom , den Angaben in den Zollanmeldungen und dem Inhalt der Beförderungsnachweise die Voraussetzungen für das Vorliegen eines steuerfreien innergemeinschaftlichen Verbringens als Voraussetzung der Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nicht vor.
Wie in den vorher beschriebenen Fällen wurde auch diese Gesellschaft an der angegebenen Adresse nicht aufgefunden. Deshalb muss gleichfalls der Schluss gezogen werden, dass die handelnden Personen die oder den tatsächlichen Empfänger verschleiern und die Waren von Anfang an steuerfrei in den Wirtschaftskreislauf bringen wollten. Gleichfalls ist im Hinblick auf die Personenidentität zwischen Empfänger (Importeur) und Verbringer von einem Wissenmüssen um die Steuerhinterziehung auszugehen. Die Beförderungsnachweise vermögen aus den gleichen Gründen wie oben umschrieben nicht den sicheren Nachweis zu erbringen, dass die materiellen Anforderungen an die Steuerfreiheit erfüllt sind.
Daran ändert auch die Vorlage der "Declaracion recapitutativa de operaciones intracomunitarias - Modelo 349", also von Zusammenfassenden Meldungen über innergemeinschaftliche Transaktionen, nichts, da diese gleich den Erwerbs- und Verkaufsprotokollen in den bulgarischen Fällen keinen Beweis für das tatsächliche Verbringen bzw. über den Verbleib der Waren darstellen.
Zusammengefasst liegen in allen hier zu beurteilenden Einfuhrfällen die Voraussetzungen für ein steuerfreies innergemeinschaftliches Verbringen nicht vor.
Ist die an die Einfuhr anschließende innergemeinschaftliche Verbringen nicht steuerfrei, so fehlt es auch an der Voraussetzung für die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nach Art.6 Abs. 3 UStG 1994. Für die eingeführten Waren ist daher nach § 26 Abs. 1 UStG 1994 iVm § 2 Abs. 1 ZollR-DG und Art. 204 Abs. 1 ZK die Einfuhrumsatzsteuerschuld entstanden.
Die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass Art. 204 ZK keine geeignete Rechtsgrundlage für die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer sei, ist entgegenzuhalten, dass zufolge des § 2 Abs. 1 ZollR-DG Art. 204 ZK sinngemäß auch für die Einfuhrumsatzsteuer gilt. Im Übrigen stellt auch die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ein Zollverfahren nach Art. 4 Z 16 ZK dar und sind im Verfahren 42 entsprechende Verpflichtungen bzw. Voraussetzungen zu erfüllen. Die gegenteilige Argumentation der Beschwerdeführerin überzeugt deshalb nicht.
Die Versagung der Steuerbefreiung betrifft zunächst den Importeuer (Empfänger) als Einfuhrumsatzsteuerschuldner nach § 26 Abs. 1 UStG 1994 iVm Art. 204 Abs. 3 ZK. Für diese somit entstandene Einfuhrumsatzsteuerschuld wurde die Beschwerdeführerin nach § 71a ZollR-DG in Anspruch genommen (vgl. ).
Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Eingangsabgabe, für deren Erhebung grundsätzlich die Zollbehörden zuständig sind. Die Detailregelungen des materiellen und formellen Rechts erfolgen daher weitgehend nicht im Umsatzsteuergesetz, es sind vielmehr sinngemäß die Vorschriften für Zölle anzuwenden (§ 26 Abs. 1 UStG 1994). Dies gilt vor allem für die Frage der Entstehung und des Umfanges der Steuerschuld. Im Umsatzsteuergesetz sind hingegen die Bemessungsgrundlage (§ 5), die Befreiungen (§ 6 Abs. 4), der Steuersatz (§ 10) und der Vorsteuerabzug bei der Einfuhr (§ 12) geregelt (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 1 Tz 1; BFH , VII R 44/08).
Entgegen der offensichtlichen Ansicht der Beschwerdeführerin wird im Falle des Nichterfüllens der Voraussetzungen für die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nicht der Bestimmungsmitgliedstaat für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer zuständig. Der Bestimmungsmitgliedstaat kann zutreffendenfalls die dort hinterzogene Erwerbsteuer nacherheben.
Der EuGH hat im Urteil vom , Rs C-528/17, "Milan Božičevič Ježovnik", ausgesprochen, dass Art. 143 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2009/69/EG des Rates vom geänderten Fassung dahin auszulegen ist, dass ein steuerpflichtiger Importeur und Lieferer, der eine Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer auf der Grundlage einer Genehmigung in Anspruch genommen hat, die von den zuständigen Zollbehörden nach einer Vorabprüfung aufgrund der von dem Steuerpflichtigen vorgelegten Nachweise erteilt worden ist, zur Entrichtung der Mehrwertsteuer verpflichtet ist, wenn sich bei einer späteren Überprüfung herausstellt, dass die materiellen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt waren und anhand objektiver Umstände festgestellt wird, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass die auf die fraglichen Einfuhren folgenden Lieferungen mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbers verknüpft waren, und dass er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um diese zu verhindern.
Dass der Importeur und Verbringer der Waren in die Steuerhinterziehung einbezogen war und dies wusste steht nach den getroffenen Feststellungen, nicht zuletzt auch wegen der Personenidentität zwischen Importeuer und Empfänger, fest.
Folgerichtig war die zunächst unerhoben gebliebene Einfuhrumsatzsteuer nachträglich vorzuschreiben. Die ursprüngliche Annahme der Zollanmeldung wie angemeldet und Überlassung der Ware steht einer solchen Maßnahme nicht entgegen (vgl. ebenso , Rz 56).
Soweit die Beschwerdeführerin weiters eine Vorsteuerabzugsberechtigung für sich als Speditionsunternehmen beanspruchen möchte, ist sie darauf zu verweisen, dass Gegenstand des Verfahrens nicht der Vorsteuerabzug, sondern die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 UStG 19094 ist
Davon abgesehen ist nach § 72a letzter Satz ZollR-DG in der hier noch geltenden Fassung vor der Novelle mit BGBl. I Nr. 163/2015 die Einfuhrumsatzsteuer jedenfalls zu erheben, wenn eine Ware, die nicht von der Einfuhrumsatzsteuer befreit ist, unversteuert in den freien Verkehr übergeführt worden ist (vgl. , Rz 54f).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung auch bereits wiederholt ausgeführt, dass die Vertrauensschutzregelung des Art. 7 Abs. 4 UStG in Fällen des innergemeinschaftlichen Verbringens im Sinn des Art. 3 Abs. 1 Z 1 UStG nicht greift, weil dies diesfalls an einem Abnehmer mangelte, welcher unrichtige Angaben geliefert hätte (; ; Ra 29016/16/0059, ).
Mit dem weiters ins Treffen geführten Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom in der Rs C-499/10 (Vlaamse Oliemaatschappij NV) hat sich der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls schon beschäftigt (vgl. ; ).
Demnach ist die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Gutgläubigkeit in einem Verfahren nach § 26 Abs. 1 UStG iVm Art. 239 ZK und § 83 ZollR-DG zu prüfen und liegt im Heranziehen der Beschwerdeführerin nach § 71a ZollR-DG für die Einfuhrumsatzsteuerschuld keine de facto unbedingte Haftung vor, welche nach der Rechtsprechung des EuGH unverhältnismäßig wäre.
Im Übrigen steht das Unionsrecht nicht entgegen, wenn die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit die Gewährung der Steuerbefreiung gebieten, obwohl die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, im Billigkeitswege entschieden werden.
Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des EuGH sind mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats (vgl. zB EuGH-Urteil vom 15. März 2007 Rs. C-35/05, Reemtsma, Rn. 40, mwN). Hat der nationale Gesetzgeber die Berücksichtigung des Vertrauensschutzes und deren Voraussetzungen nicht ausdrücklich im materiellen Recht geregelt, eröffnen die Regelungen des § 83 ZollR-DG verfahrensrechtlich deren Berücksichtigung im Einzelfall.
Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die seiner Meinung nach unzulässige zwingende indirekte Vertretung im Verfahren 42 bezieht, ist sie darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin als Speditionsunternehmen keineswegs gezwungen war, die gegenständlichen Zollanmeldungen in indirekter Vertretung abzugeben, um das Verfahren 4200 in Anspruch nehmen zu können. Sie hätte auch als direkte Vertreterin auftreten können. Welche Angaben in der Zollanmeldung zur Erlangung der Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 zu machen sind - im Fall der direkten Vertretung auch die österreichische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Lieferers/Verbringers - ist von der Frage des zulässigen Vertretungsverhältnisses zu trennen. Die Wahlfreiheit ist somit gegeben. Das Bundesfinanzgericht sieht deshalb keine Veranlassung in dieser Frage den Gerichtshof der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens anzurufen.
Die Vorschreibung der zunächst unerhoben gebliebenen Einfuhrumsatzsteuer an einen der Gesamtschuldner ist jedenfalls dann begründet, wenn die Einhebung beim anderen Gesamtschuldner zumindest mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Wenn die Abgabenforderung bei einem der Gesamtschuldner, zB infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens, uneinbringlich geworden ist, liegt darüber hinaus ein Ermessensspielraum für die Behörde gar nicht mehr vor (vgl. ).
Die Unternehmen sind laut Auskunft der bulgarischen Behörden an den angegebenen Adressen nicht auffindbar und ist eine Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen nicht möglich. Das spanische Unternehmen führt an der angegebenen Adresse keine Tätigkeiten aus und wurde aus dem MwSt-Register gelöscht. Trotz Bestehens entsprechender Bestimmungen über die Amtshilfe zur Beitreibung von Forderungen ist die Zustellung eines entsprechenden Bescheides und die Einbringung der Abgabenschuld sehr erschwert bis unmöglich. Somit erweist sich auch aus verwaltungsökonomischen Gründen und Gründen der Realisierbarkeit die Einhebung bei der Beschwerdeführerin als sachgerecht.
Im Übrigen ergibt sich die ermessenskonforme Heranziehung der Beschwerdeführerin als Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer bereits aus dem Normzweck des § 71a ZollR-DG.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen sind in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Gerichtshofes der Europäischen Union bereits beantwortet worden. Das Bundesfinanzgericht ist davon nicht abgewichen. Eine Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bezüglich der aufgeworfenen Rechtsfragen ebenfalls nicht zu erkennen. Tatsachenfragen sind einer Revision im Allgemeinen nicht zugänglich. Die ordentliche Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 26 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 71a ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 Art. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 6 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 3 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.1200015.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at