Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2020, RV/7101448/2018

Zwangsstrafe zur Abgabe von Steuererklärungen, angeblich unklarer Leistungsumfang, Ermessen nach Kriterienkatalog zu begründen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende P-1, die Richterin P-2 sowie die fachkundigen Laienrichter P-3 und P-4 in der Beschwerdesache [...], [...], vertreten durch Keplinger Steuerberatungs GmbH & Co KG, Pfarrplatz 15/1, 3500 Krems an der Donau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO, Steuernummer N-1 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheiden vom und ersuchte das Finanzamt den Beschwerdeführer (Bf.) um Nachholung der Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen für das Jahr 2015 bis bzw. , da er offenbar übersehen habe, diese Abgabenerklärungen fristgerecht einzureichen, und drohte ihm iSd § 111 Abs. 2 BAO die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von € 250,00 an, falls er diesem Ersuchen nicht Folge leiste.

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Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die mit Bescheid vom angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von € 250,00 gemäß § 111 BAO fest und führte begründend aus, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe erforderlich gewesen sei, weil er die Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen für 2015 nicht bis eingereicht habe.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass die Leistungsverpflichteten aus der Anordnung klar und zweifelsfrei erkennen können müssten, was von ihnen verlangt werde. Die Abgabenbehörde habe die gesetzlichen Bestimmungen anzuführen, auf die sich ihr unter Zwang gestelltes Leistungsbegehren stütze. Hier reiche die bloße Bezugnahme auf § 111 BAO nicht aus (vgl. Stoll, BAO, 1200).

Im Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe sei angeführt: "Die mit Bescheid vom angedrohte Zwangsstrafe wird gemäß § 111 Bundesabgabenordnung (BAO) mit Euro 250,00 festgesetzt."

Die gesetzlichen Bestimmungen, auf die die Abgabenbehörde ihr unter Zwang gestelltes Leistungsbegehren stütze, fehlten (BFH , BStBl 1955 III 178). Die Bezugnahme auf § 111 BAO reiche jedenfalls nicht aus (vgl. Felix, BB 1955, 723). Der Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe sei daher rechtswidrig und aufzuheben.

Aus dem Wortlaut von § 111 Abs. 1 BAO (arg. "Die Abgabenbehörden sind berechtigt [...]") erschließe sich, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde liege (vgl. Ritz, BAO5, § 111 Rz 10; Ellinger et al, BAO3, § 111 Anm. 2, E 5; Stoll, BAO, 1200), Die Abgabenbehörde habe dabei das Ermessen nach den Grundsätzen des § 20 BAO (Billigkeit und Zweckmäßigkeit) zu üben und die Ermessensausübung im Festsetzungsbescheid der Zwangsstrafe nachvollziehbar zu begründen. So genüge z. B. der alleinige Hinweis im Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe, dass eine solche aufgrund der Nichtabgabe der Abgabenerklärungen erforderlich gewesen sei, nicht, sondern stelle eine mangelhafte Begründung dar, aus der eine Abwägung der Interessen der Partei und der Behörde nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit nicht ersichtlich sei (vgl. ). Die Begründung laute wie folgt: "Die Festsetzung einer Zwangsstrafe war erforderlich, weil Sie die vorgenannten Abgabenerklärungen nicht bis eingereicht haben." Aufgrund mangelhafter Begründung sei daher der gegenständliche Bescheid rechtswidrig.

Es werde daher der Antrag gestellt, den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe von EUR 250,00 ersatzlos aufzuheben.

Für den Fall der Nichtstattgabe der Beschwerde und Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht werde die Entscheidung durch den gesamten "Berufungssenat" beantragt.

Weiters werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

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Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass unstrittig sei, dass der Bf. seiner Verpflichtung zur fristgerechten Abgabe der Einkommensteuererklärungen für 2015 nicht nachgekommen sei und eine Erinnerung vom sowie eine bescheidmäßige Erinnerung unter Zwangsstrafenandrohung vom erfolglos geblieben seien.

Zweck der Zwangsstrafe sei es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. ). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar (vgl. , und ).

Da die gesetzliche Frist für die Einreichung der Steuererklärungen 2015 gemäß § 134 BAO mit Ende April bzw. Ende Juni "2015" (gemeint wohl: 2016) geendet habe, sei die mit der Androhung der Zwangsstrafe mit Bescheid vom gesetzte Nachfrist zur Erklärungsabgabe bis (drei Wochen) nicht unangemessen kurz. In diesem Bescheid sei das Leistungsgebot - die Abgabe einer Einkommensteuererklärung für 2015 - auch entgegen den Behauptungen des Bf. eindeutig determiniert gewesen.

Für einen Fortgang der Veranlagung und eine zeitgerechte Abgabenfestsetzung sei die fristgerechte Abgabe von Steuererklärungen unerlässlich. Der Verwaltungsökonomie stehe es entgegen, wenn die Finanzverwaltung die Abgabe der Steuererklärungen erst jeweils - teilweise mehrfach - urgieren müsse. Der Umstand, dass die Abgabenbehörde die für eine Abgabenfestsetzung erforderlichen Informationen allenfalls auch von Dritten beschaffen könne, rechtfertige jedenfalls keineswegs die Nichtabgabe von Steuererklärungen, wenn eine Verpflichtung zur Abgabe dieser Steuererklärungen bestehe.

Dass der Bf. oder sein steuerlicher Vertreter infolge eines unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisses gehindert gewesen sei, sowohl die Erklärungen zeitgerecht abzugeben als auch rechtzeitig einen Fristverlängerungsantrag zu stellen, habe der Bf. nicht behauptet. Es könne also davon ausgegangen werden, dass den Bf. an der nicht fristgerechten Einreichung der Abgabenerklärung ein Verschulden treffe, wobei ein allfälliges Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten sei (; ). Im gegenständlichen Fall habe der Bf. fast 16 Monate bis zur erfolgten Festsetzung der Zwangsstrafe Zeit gehabt, die Abgabenerklärungen einzubringen.

Bemerkt werde, dass der Bf. für das Jahr 2015 keine Steuererklärungen abgegeben habe und die Bemessungsgrundlagen im Schätzungswege hätten ermittelt werden müssen.

Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.

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Der Bf. beantragte am rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und verwies auf die bisherigen Einwendungen, welche in weiten Teilen nicht beachtet bzw. beurteilt worden seien.

Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung werde dargelegt werden, warum hier kein Platz für die Verhängung einer Zwangsstrafe bestehe bzw. warum den Bf. an einer allfälligen Nichtabgabe einer Steuererklärung kein Verschulden treffe.

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In der am durchgeführten mündlichen Senatsverhandlung wurde vorgebracht:

Festgestellt wurde, dass der Amtsbeauftragte vor zwei Tagen per Mail eine Änderung in der steuerlichen Vertretung bekannt gegeben hat.

Nach Beratung des Senates erging der Beschluss auf Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers. Die Zustellung der Ladung an den im Beschwerdeverfahren ausgewiesenen steuerlichen Vertreter liegt vor. Die Kanzlei hat die Ladung entgegengenommen und kein Vorbringen erstattet, dass keine Vertretungsbefugnis mehr gegeben sei.

Der Amtsbeauftragte gibt bekannt, dass die Änderung in der steuerlichen Vertretung über die Schnittstelle bereits im August 2019 bekannt gegeben worden sei.

Die Berichterstatterin hielt dazu fest, dass dies in den dem BFG elektronisch vorliegenden Daten nicht ersichtlich sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Ordnungsmäßigkeit der Zustellung der Ladung zur mündlichen Senatsverhandlung
Beurteilung der Vertretungsvollmacht

Der Amtsbeauftragte teilte dem Bundesfinanzgericht am sowie in der mündlichen Verhandlung vom mit, dass er festgestellt habe, dass die Ladung zur mündlichen Senatsverhandlung an den Bf. zH fh-wirtschaftstreuhand GmbH ergangen sei, obwohl deren Vollmacht bereits am geendet habe und der Bf. nunmehr von der Keplinger Steuerberatungs GmbH & Co KG vertreten werde. Dies sei auch im BFG-Schnittstellenverfahren ersichtlich.

Gemäß § 265 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde (…) ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

Die Abgabenbehörde hat die Parteien gemäß § 265 Abs. 4 BAO vom Zeitpunkt der Vorlage an das Verwaltungsgericht unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen.

Die Abgabenbehörde ist gemäß § 265 Abs. 6 BAO ab der Vorlage der Bescheidbeschwerde verpflichtet, das Verwaltungsgericht über Änderungen aller für die Entscheidung über die Beschwerde bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse unverzüglich zu verständigen. Diese Pflicht besteht ab Verständigung (Abs. 4) auch für den Beschwerdeführer.

Dazu ist festzustellen, dass Bevollmächtigungen im jeweiligen Verfahren geltend zu machen sind (zB ). Vollmachten sind für die Behörde erst bedeutsam, wenn sie ihr bekannt sind (vgl. ). Sie sind solange von Bedeutung, als die Behörde von der Aufhebung nicht erfährt (zB ).

In diesem Beschwerdeverfahren wurde jedoch vom Bf. gegenüber dem Bundesfinanzgericht keine neue Vertretungsvollmacht geltend gemacht, obwohl er nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vom gemäß § 265 Abs. 6 BAO dazu verpflichtet gewesen wäre.

Auch kann der Einwand des Amtsbeauftragten, dass das Bundesfinanzgericht über die Schnittstelle bereits im August 2019 über den Vollmachtwechsel verständigt worden sei, mangels Ersichtlichkeit nicht nachvollzogen werden.

Die Zustellung der Ladung für die Senatsverhandlung erfolgte daher gesetzeskonform an seinen in diesem Verfahren ausgewiesenen und dem Bundesfinanzgericht bis dahin bekannten Vertreter, da die Verständigung des Amtsbeauftragten über den Vollmachtwechsel erst nach der Ladung erfolgte und der steuerliche Vertreter, an den die Ladung ergangen war, diese widerspruchslos akzeptierte, weshalb davon ausgegangen werden konnte, dass dieses Vollmachtsverhältnis für das gegenständliche Beschwerdeverfahren noch aufrecht war, und die Verhandlung in Abwesenheit des Bf. durchgeführt werden konnte.

Aufgrund des nunmehrigen Kenntnisstandes war jedoch das vorliegende Erkenntnis im Unterschied zur Ladung an den Bf. zu Handen der aktuellen steuerlichen Vertretung zuzustellen.

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Abgabenbehörden sind gemäß § 111 Abs. 1 BAO berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete gemäß § 111 Abs. 2 BAO unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

Die einzelne Zwangsstrafe darf gemäß § 111 Abs. 3 BAO den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen.

Gemäß § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen.

Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188) sind gemäß § 134 Abs. 1 BAO bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.

Zweck der Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar ().

Dies ergibt sich aus § 111 BAO in Verbindung mit der allgemeinen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gemäß § 119 BAO sowie der Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen gemäß den §§ 133 und 134 BAO.

Bei Anwendung der genannten Rechtslage auf den gegenständlichen Fall ergibt sich, dass der Bf. die Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen 2015 am bzw. am (bei elektronischer Übermittlung) einzureichen gehabt hätte. Die erlassmäßige Quotenregelung für Parteienvertreter ändert daran nichts, weil der Bundesminister für Finanzen von der in § 134 Abs. 1 BAO enthaltenen Verordnungsermächtigung bisher keinen Gebrauch gemacht hat und erlassmäßige Zufristungen nicht zu einer Fristverlängerung führen, sondern lediglich das Vertrauen des Abgabepflichtigen vor Festsetzungen von Verspätungszuschlägen schützen (Ritz, BAO6, § 134 Rz 2 und 3). Im Übrigen wurde diese Zufristung im gegenständlichen Fall ohnehin berücksichtigt, da laut , BMF-280000/0016-IV/2/2010, betreffend Einbringung von Abgabenerklärungen durch Quotenvertreter/innen Abgabenerklärungen ohne Fristverlängerungsansuchen als rechtzeitig gelten, wenn sie bis spätestens 31. März (bzw. 30. April) des auf das Veranlagungsjahr zweitfolgenden Kalenderjahrs eingebracht werden, und die erstmalige Aufforderung zur Einreichung der Abgabenerklärungen betreffend die Einkommen- und Umsatzsteuer 2015 am , daher nach dem Ablauf der Quotenfrist für Parteienvertreter am , erfolgte.

Zwangsstrafen dürfen nicht mehr verhängt werden, wenn die Anordnung - wenn auch verspätet - befolgt wurde. Maßgebend ist diesbezüglich der Zeitpunkt der Wirksamkeit des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides; wird die Anordnung erst danach befolgt, so steht dies der Abweisung der Bescheidbeschwerde nicht entgegen (Ritz, BAO6, § 111 Rz 1 und die dort zitierte Judikatur).

Die Verhängung der Zwangsstrafe erfolgte dem Grunde nach zu Recht, weil nach der wiederholten Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen 2015 und Androhung einer Zwangsstrafe vom die vorgenannten Abgabenerklärungen bis zur Festsetzung der Zwangsstrafe nicht eingereicht wurden. Zu bemerken ist, dass zwischen Androhung der Zwangsstrafe am , mit Fristsetzung , und der endgültigen Festsetzung am nochmals über zwei Monate lagen, in denen die Erklärungen eingereicht hätten werden können.

Aus den bisherigen Erinnerungen und der Androhung war für den Bf. jedenfalls erkennbar, was von ihm verlangt wurde, nämlich die Einreichung der Einkommen- und Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015. Auch war die Höhe der angedrohten Zwangsstrafe klar ersichtlich und wurde die Frist zur Nachholung der versäumten Handlung mit drei Wochen (30.08. - ) ausreichend bemessen, zumal der Bf. bereits erstmals am mit einer Frist bis aufgefordert wurde, die Erklärungen abzugeben und in der Folge eine weitere Erinnerung mit neuerlicher Fristsetzung erfolgte.

Es konnte daher für den Bf. nicht der geringste Zweifel bestehen, welche Leistung er zu erbringen hatte und welche Konsequenzen mit der Nichtabgabe der Steuererklärungen verbunden sein werden (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 111 S 320). Der Einwand der Rechtswidrigkeit mangels ausreichend definierten Leistungsbegehrens kann daher seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht nachvollzogen werden.

Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde. Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Den Ausführungen des Bf., wonach im angefochtenen Bescheid das Ermessen nicht ausreichend begründet worden sei, ist zuzustimmen. Entgegen der Ansicht des Bf. führen jedoch derartige Mängel nicht zur zwingenden Aufhebung des Bescheides, vielmehr können bloße Begründungsmängel erstinstanzlicher Bescheide im Abgabenverfahren im Rechtsmittelverfahren saniert werden ().

In der Literatur (Ritz, BAO6, § 111 Tz 10) wird die Meinung vertreten, dass im Zuge des bei der Festsetzung einer Zwangsstrafe auszuübenden Ermessens das bisherige Verhalten der Partei bei der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten, der Grad des Verschuldens der Partei, die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen und die abgabenrechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung zu berücksichtigen seien:

- Das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei:

Laut Abgabenkonto war der Bf. hinsichtlich der Abgabe der Steuererklärungen in den Vorjahren nicht säumig.

Allerdings war die lange Dauer der Nichteinreichung der Abgabenerklärungen 2015 von über 16 Monaten ab der Frist gemäß § 134 Abs. 1 BAO () bis zur Festsetzung der angefochtenen Zwangsstrafe () im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen.

- Der Grad des Verschuldens der Partei:

Der Bf. brachte trotz zweimaliger Erinnerung die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 nicht ein; auch nach der Zwangsstrafenfestsetzung, die wiederum eine Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen enthielt, wurde dies nicht nachgeholt, sondern erst im Zuge des Antrages auf Aufhebung gemäß § 299 BAO vom der Schätzungsbescheide vom .

Somit hätte der Bf. nach den genannten bescheidmäßigen Aufforderungen vom bzw. vom seiner Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärungen für 2015 nachkommen müssen. Dafür, dass ihm dies unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, bietet sein Vorbringen keinen Anhaltspunkt.

Warum den Bf. bei diesen Umständen kein vorwerfbares Verschulden treffen soll, wurde in keiner Weise auch nur ansatzweise begründet.

- Die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen:

Dazu ist festzustellen, dass die Einkommen- und Umsatzsteuer 2015 wie folgt festgesetzt wurden (mit Bescheiden vom wurden die Bemessungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen geschätzt; mit Bescheiden vom wurden die Erstbescheide gemäß § 299 BAO aufgehoben und erfolgte die Festsetzung aufgrund der am nachgereichten Abgabenerklärungen):


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Bescheid vom
Einkommensteuer 2015
Umsatzsteuer 2015
1.807,00 (bisher 0,00)
562,00 (bisher 0,00)
0,00
551,53

Allerdings stellt die Höhe der Abgabennachforderung nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kein im Zuge des bei der Festsetzung einer Zwangsstrafe auszuübenden Ermessens zu berücksichtigendes Kriterium dar. Der Zweck der Zwangsstrafe besteht nämlich ausschließlich in der Unterstützung der Abgabenbehörden bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele. Eine Aufforderung zur Einreichung einer Abgabenerklärung stellt eine mit Zwangsstrafe erzwingbare verfahrensleitende Verfügung dar, die jedoch keine abschließende Entscheidung darüber ist, ob die aufgeforderte Person tatsächlich auch abgabepflichtig ist und ihr deswegen die Abgaben, über die die Abgabenerklärung gefordert wurde, vorgeschrieben werden (). Außerdem steht die Höhe einer allfälligen Nachforderung zum Zeitpunkt der Erlassung einer Zwangsstrafe nicht fest, da diese erst auf Grundlage der Abgabenerklärung, deren Vorlage durch diese Maßnahme erzwungen werden soll, ermittelt werden kann ().

Dazu kommt, dass die Literaturmeinung und die frühere Judikatur des UFS, wonach die Höhe der Abgabennachforderung bei der Ermessensübung zu berücksichtigen sei, weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Deckung findet.

- Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen und die abgabenrechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung:

Dem Umstand, dass sich aus dem Einkommensteuerbescheid 2015 keine Nachforderung und aus dem Umsatzsteuerbescheid 2015 eine Abgabennachforderung in Höhe von € 551,53 ergab, wurde dadurch Rechnung getragen, dass die Zwangsstrafe von lediglich € 250,00 an der unteren Grenze festgesetzt wurde.

Die Zweckmäßigkeit der Entscheidung war dadurch gegeben, dass die belangte Behörde die Einreichung der Steuerklärungen bis zum jeweils angeführten Termin im Interesse des Fortgangs der Veranlagung und Festsetzung der Abgaben vom Bf. erwarten konnte.

Die oben dargelegten Überlegungen sprechen jedenfalls unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen dafür, dass das Ermessen der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides richtig ausgeübt wurde, sodass sich dieser nicht als rechtswidrig erweist.

Die Verhängung der Zwangsstrafe erfolgte daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, die Entscheidung folgt vielmehr der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

[...]

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 133 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 134 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101448.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at