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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2020, RV/7103480/2018

Ökologische Ausgleichsflächen fallen nicht unter die Befreiungsbestimmung von § 2 Z 9 lit. a GrStG 1955

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2020/16/0045 bis 0047. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7100001/2021 erledigt.


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Rechtssätze
Folgerechtssätze
RV/7103480/2018-RS1
wie RV/7104763/2018-RS1
Ökologische Ausgleichsflächen fallen - ungeachtet der rechtlichen Weiterentwicklungen im Straßenbau - nicht unter die Befreiungsbestimmung von § 2 Z 9 lit. a GrStG 1955, da diese Flächen kein Teil einer öffentlichen Straße sind, sondern dieser nur mittelbar dienen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***, ***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Gz. *** betreffend Einheitswert des land- u. forstwirtschaftl. Betriebes zum sowie Grundsteuermessbescheid zum zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Mit Einheitswertbescheid vom wurde zum betreffend die beschwerdeführende Gesellschaft für den Grundbesitz GB ***, auf Grund der §§ 20 und 20c BewG 1955 iVm § 186 BAO der Einheitswert mit 2.500,- Euro festgestellt sowie der Grundsteuermessbetrag entsprechend festgestellt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Bewertung auf Grund der Erklärung und der Aktenlage auf Basis der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen vom (GZ: BMF-010202/0100-VI/3/2014) erfolgt sei.

Mit Schreiben vom brachte die beschwerdeführende Gesellschaft dagegen Beschwerde ein. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Flächen ausschließlich um solche handele, die eine Verkehrsanlage darstellen würden oder aber im weiteren Sinne dem Bestand der A-Straße dienen würden und somit dem Befreiungstatbestand des § 2 Z 9 Grundsteuergesetz unterfallen würden. Die betreffende Verkehrsanlage sei seit *** in Betrieb.

Es sei mittlerweile etablierter Standard, dass neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Grundstücken zusätzlich sogenannte ökologische Ausgleichsflächen zu schaffen seien, die als Bestandteil der Schnellstraßenanlage zu werten seien und keinerlei landwirtschaftlicher Nutzung (mehr) zugeführt würden. Für diese sei, wie aus dem Grundsteuergesetz sinngemäß zu entnehmen sei, keine Grundsteuer zu entrichten.

Die beschwerdeführende Gesellschaft beantrage daher den Bescheid abzuändern und Einheits- wie Grundsteuermessbetrag mit 0,00 Euro festzusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte sie aus, dass die Befreiung von der Grundsteuer gemäß § 2 Z. 9 lit. a GrStG nur für die dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze, Brücken, künstlichen Wasserläufe, Häfen und Schienenwege, einschließlich der Seitengräben, Böschungen, Schutzstreifen, Schneedämme und der zwischen den Gleisen oder der Fahrbahnen liegenden Geländestreifen zustehe. Ausgleichsflächen, die aufgrund behördlicher Auflagen angelegt werden müssten und die nicht unmittelbar den oben genannten Verkehrszwecken dienen würden, würden nicht unter diese Bestimmung fallen und könnten daher nicht von der Grundsteuer befreit werden. Die Grundsteuerpflicht bestehe auch unabhängig davon, ob die Ausgleichsflächen als Grundvermögen oder als landwirtschaftliches Vermögen (landwirtschaftlicher Betrieb) bewertet würden.

Mit Schreiben vom beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Zur Begründung führte diese aus, dass bei Bauvorhaben der beschwerdeführenden Gesellschaft auch in erheblichem Umfang Ausgleichs- bzw. Begleitflächen zu erwerben seien. Diese seien für den Bau und Betrieb der Straße zwingend erforderlich, wobei freilich einzuräumen sei, dass der Ausnahmetatbestand des § 2 Z 9 lit. a GrStG diese Grundstücke nicht ausdrücklich benenne.

Aus Sicht der beschwerdeführenden Gesellschaft sei - ergänzend - festzuhalten, dass die konkrete Bestimmung seit Jahrzehnten inhaltlich bzw. textlich unverändert belassen worden sei, wiewohl sich in dieser Zeit Bau und Betrieb von Bundesstraßen maßgeblich geändert habe. Zu eben diesen maßgeblichen Änderungen würden die diversen Ausgleichs- und Begleitflächen zählen, deren Erwerb und dem jeweiligen Zweck entsprechende Umgestaltung nunmehr zur Erlangung der Umweltverträglichkeit eines Vorhabens als zwingend erforderlich gesehen werden müsse. Zum Zeitpunkt der Erlassung der Gesetzesbestimmung über die Befreiungstatbestände seien diese Begleitmaßnahmen weithin unbekannt gewesen, und hätten vom Gesetzgeber folglich auch nicht berücksichtigt werden können.

Insofern verfange auch das Argument nicht, die Flächen würden bloß "mittelbar" dem öffentlichen Verkehr dienen. In gleicher Weise, wie es erforderlich sei, Straßenkörper, Böschungen, Fahrbahn, Entwässerungsanlagen usw. (als rein "technische" Merkmale einer Straßenanlage) herzustellen, sei es für den rechtskonformen Bau und Betrieb zwingend erforderlich, die - aus den vor der Realisierung der Straße abzuführenden Bewilligungsverfahren heraus für notwendig erachteten - bescheidmäßig vorgeschriebenen Begleitmaßnahmen umzusetzen und Flächen hierfür zu sichern. Man könne folglich mit Recht von "ökologischen Merkmalen" einer Straße sprechen, die gegeben sein müssten, um diese nach gegenwärtig geltenden rechtlichen Maßstaben überhaupt für den Verkehr freigeben und betreiben zu können. Diese seien daher materiell den Verkehrsflächen gleichzuhalten.

Bei den gegenständlichen Flächen handele es sich jedenfalls um solche, die jedweder landwirtschaftlichen Produktion entzogen seien und die ihren Zwecken entsprechend auch sonst keine Verwertung oder Nutzung erfahren würden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die beschwerdeführerende Gesellschaft ist Eigentümerin der Liegenschaft GB ***, GSt-Nr. *** im Ausmaß von insgesamt 2,8308 ha. Diese Liegenschaft dient als ökologische Ausgleichsfläche für eine öffentliche Straße.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen entsprechen dem von der Behörde festgestellten Sachverhalt und sind insoweit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Z 9 lit. a GrStG 1955 ist für die dem öffentlichen Verkehr dienende Straßen, Wege, Plätze, Brücken, künstlichen Wasserläufe, Häfen und Schienenwege, einschließlich der Seitengräben, Böschungen, Schutzstreifen, Schneedämme und der zwischen den Gleisen oder Fahrbahnen liegenden Geländestreifen, keine Grundsteuer zu entrichten.

Gemäß den Feststellungen handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft um eine ökologische Ausgleichsfläche und keine dem öffentlichen Verkehr unmittelbar dienende Straße oder Fläche, die unter die Befreiungsbestimmung von § 2 Z 9 lit. a GrStG 1955 fällt.

Der beschwerdeführenden Gesellschaft ist zwar insoweit zuzustimmen, dass die gegenständliche Bestimmung des GrStG - ungeachtet der rechtlichen Weiterentwicklungen im Straßenbau - inhaltlich unverändert geblieben ist. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass es im Sinne des Gesetzgebers sei, auch ökologische Ausgleichsflächen, die nicht Teil einer öffentlichen Straße sind sondern dieser nur mittelbar dienen, unter die Befreiungsbestimmungen des § 2 Z 9 lit. a GrStG zu subsumieren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtsfrage, ob ökologische Ausgleichsflächen unter die Befreiungsbestimmungen des § 2 Z. 9 lit. a GrStG 1955 fallen, bis jetzt nicht behandelt. Die Revision war daher zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103480.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at