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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.05.2020, RV/7100084/2019

Dreiecksgeschäft und die besonderen Nachweispflichten gemäß Art. 25 Abs. 4 UStG

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2020/13/0016. Mit VwGH-Beschluss EU 2021/0002 v. dem EuGH vorgelegt. Erledigt durch . Zurückweisung der Revision mit Beschluss vom , Ro 2020/13/0016.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri, im Beisein der Schriftführerin Sf, in der Beschwerdesache Bf., gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2014, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Gesellschaft mbH., welche mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet wurde und im österreichischen Firmenbuch unter der FN **** eingetragen ist. Die Geschäftstätigkeit der Bf. umfasst die grenzüberschreitende Vermittlung und den grenzüberschreitenden Verkauf von Luxusfahrzeugen.

Im Rahmen des EUROFISC-Projekts wurden seitens der Steuerfahndung Wien Ermittlungen gegen die Bf. geführt, weil sie in Geschäftsbeziehungen mit einem tschechischen Unternehmen gestanden sei, das die Erwerbe im Bestimmungsland nicht zur Steuer erklärt habe.

Im Ermittlungsbericht der Steuerfahndung vom wurde dazu festgestellt, dass die Bf. im Jahr 2014 Fahrzeuge an das tschechische Unternehmen *** in Prag geliefert habe. *** verfüge über keinen Internetauftritt, sondern sei lediglich über eine Gmail-Adresse oder via Handy erreichbar. Eine Anfrage beim Zentralen Verbindungsbüro der Tschechischen Republik habe ergeben, dass die Firma als "Missing Trader" eingestuft worden sei. Die Gesellschaft sei für die tschechische Steuerverwaltung nicht erreichbar und habe den Warenerwerb aus Österreich gegenüber dem Finanzamt in Prag nicht erklärt.

Seit dem sei die Gesellschaft aus dem tschechischen Firmenbuch von Amts wegen gelöscht. Die an das tschechische Unternehmen verkauften Fahrzeuge seien in Tschechien - überwiegend auf Leasingfirmen - zugelassen worden. Zur Verantwortung der Geschäftsführerinnen der Bf. in Bezug auf die Abwicklung der grenzüberschreitenden Geschäfte wurde ausgeführt, dass sie den Aufzeichnungs- und Nachweispflichten ordnungsgemäß nachgekommen seien. Nach der Mitteilung durch die Steuerfahndung, dass das tschechische Unternehmen in Tschechien keine Steuern erklärt habe, habe die Bf. nachweislich alle Geschäftsbeziehungen zu diesem Unternehmen eingestellt. Obwohl für die Bf. bei entsprechender Sensibilität ein Betrugskreislauf im Zusammenhang mit der Abwicklung der Geschäfte mit der Missing-Trader-Firma hätte erkennbar sein müssen, habe die Steuerfahndung von Konsequenzen im Sinne der Betrugsbekämpfungsgesetzgebung abgesehen, da die Formalerfordernisse vorbildlich erfüllt worden seien und die Bereitschaft zur Aufklärung sämtlicher Fragen bestanden habe.

Parallel zu den Ermittlungen der Steuerfahndung wurde bei der Bf. eine Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Kammerumlage und Zusammenfassende Meldung für die Jahre 2011 bis 2014 durchgeführt. Im Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurde festgehalten, dass die Bestimmungen zum Dreiecksgeschäft mangels ausdrücklichem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld nicht anwendbar seien. Infolge der Verwendung einer österreichischen UID-Nummer sei gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG ein innergemeinschaftlicher Erwerb in Österreich anzunehmen und die drei Rechnungen der Bf. an die *** in der Höhe von 289.588,68 Euro der österreichischen Umsatzsteuer zu unterziehen.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart die Umsatzsteuer für das Jahr 2014 entsprechend den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung fest, woraus sich eine Abgabennachforderung von 57.691,75 Euro ergab.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom brachte die Bf. vor, dass der Fahrzeughandel im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts erfolgt sei und die entsprechenden Vereinfachungsregelungen anzuwenden seien. Seitens der belangten Behörde sei die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelungen mit der Begründung versagt worden, dass der Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld fehle und gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG ein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigender innergemeinschaftlicher Erwerb auf Grund der Verwendung der österreichischen UID-Nummer angenommen worden. Trotz des mangelnden Hinweises auf den Übergang der Steuerschuld seien die Dreiecksgeschäftsregelungen anwendbar, zumal die Rechnungen den Hinweis auf ein steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft enthalten hätten und das Wahlrecht betreffend die Anwendung der Vereinfachungsregelungen ausgeübt worden sei. Außerdem sei in der Zwischenzeit eine Berichtigung der Rechnungen mit Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld erfolgt. Des Weiteren richte sich der Übergang der Steuerschuld auf den Empfänger nach tschechischem Recht, wonach auf den Übergang der Steuerschuld nicht hingewiesen werden müsse. Unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, welche analog angewendet werden könne, sei eine ordnungsgemäße Rechnung überhaupt keine Voraussetzung für das Entstehen der Steuerschuld beim Leistungsempfänger.

Mit Eingabe vom übermittelte die steuerliche Vertretung der Bf. die korrigierten Rechnungen vom betreffend die missglückten Dreiecksgeschäfte und teilte ergänzend mit, dass laut ihren Informationen die tschechische Leistungsempfängerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existent gewesen sei, weswegen keine Empfangsbestätigungen vorgelegt werden könnten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies Finanzamt Baden Mödling die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend wurde ausgeführt, dass nur bei Erfüllung der besonderen gesetzlichen Voraussetzungen die Erleichterung des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts zum Tragen komme. Insbesondere müsse für den letzten Abnehmer im Dreiecksgeschäft erkennbar sein, dass die Steuerschuld auf ihn übergehe. Betreffend die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnungslegung im Dreiecksgeschäft seien die Regelungen des österreichischen UStG maßgeblich. Der Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld stelle eine materiell-rechtliche - nicht bloß eine formelle - Voraussetzung dar. Da dieser Hinweis im vorliegenden Fall fehle, seien die Sonderregelungen des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts nicht anwendbar. Die nachträglich vorgenommenen Rechnungsberichtigungen seien ungültig, da sie dem Leistungsempfänger nicht mehr haben zugestellt werden können.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Ergänzend brachte sie vor, dass nach tschechischem Recht lediglich der Nachweis der Besteuerung im Bestimmungsland erforderlich sei. Außerdem liege eine ordnungsgemäße Zusammenfassende Meldung vor, weshalb die Vereinfachungsbestimmungen des Dreiecksgeschäfts anwendbar seien. Nach Auskunft der tschechischen Behörden sei der tschechische Empfänger *** im Zeitraum der streitgegenständlichen Lieferungen in Tschechien zur Umsatzsteuer registriert und damit für die tschechischen Behörden überprüfbar gewesen.

Zutreffend sei, dass hinsichtlich der mit Datum vom berichtigten Rechnungen keine Empfangsbestätigungen vorgelegt werden könnten. Allerdings habe die Bf. die berichtigten Rechnungen am nochmals an den - nach Auskunft eines tschechischen Steuerberaters - nach wie vor im Firmenbuch eingetragenen Empfänger *** versandt. Die fehlerhaften Rechnungen seien daher entsprechend der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes ex tunc berichtigt worden. Darüber hinaus führe nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache Bühler eine mangelhafte Rechnung nicht zum Entfall der Dreiecksgeschäftsregelungen. Vielmehr reiche der Nachweis des Vorliegens eines Dreiecksgeschäftes und der Erfüllung der Voraussetzungen für den Übergang der Steuerschuld aus. Die Festsetzung der Umsatzsteuer gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG sei demnach unzulässig.

Mit Vorlagebericht vom erfolgte die Vorlage der Beschwerde sowie der Akten an das Bundesfinanzgericht.

In der am stattgefundenen mündlichen Verhandlung brachte der steuerliche Vertreter der Bf. vor, dass das tschechische Unternehmen *** zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung im Jahr 2018 noch nicht im Firmenbuch gelöscht gewesen sei. Aus diesem Grund sei eine Zustellung der Rechnungsberichtigung an das tschechische Unternehmen laut Aufgabeschein der Post sehr wohl möglich gewesen. Die UID-Nummer von *** sei bis aufrecht gewesen. Einen Zustellnachweis gebe es jedoch nicht. Laut tschechischem Recht komme es automatisch immer zum Übergang der Steuerschuld, selbst wenn in der Rechnung nicht explizit darauf hingewiesen werde. Aus der Sicht der steuerlichen Vertretung sei es der Bf. auch nicht zuzumuten gewesen, die tatsächliche Abfuhr der Steuer im Bestimmungsland zu überprüfen. Es wäre die UID-Nummer des tschechischen Unternehmens geprüft worden, die tatsächliche Abfuhr darüber hinaus zu prüfen, würde die Bestimmungen des Dreiecksgeschäfts ad absurdum führen.

Die belangte Behörde wies in der Folge darauf hin, dass der Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger laut Urteil des Europäischen Gerichtshofes Bühler sowie nach der Mehrwertsteuerrichtlinie sehr wohl eine materiell-rechtliche Voraussetzung darstelle. Darüber hinaus sei eine Heilung der mangelhaften Rechnung nicht möglich, weil es letztlich zu keiner Besteuerung im Bestimmungsland gekommen sei. Da es sich bei dem tschechischen Unternehmen um ein dubioses Unternehmen handle, mit dem selbst die Finanzbehörden keinen Kontakt aufnehmen haben können, sei fraglich, ob die berichtigten Rechnungen tatsächlich zugestellt worden seien.

Abschließend haben beide Verfahrensparteien die Übermittlung ergänzender Unterlagen zur Stützung ihrer jeweiligen Standpunkte zugesagt und einer anschließenden schriftlichen Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht zugestimmt.

Mit Eingabe vom legte die Bf. einen Auszug aus dem tschechischen Firmenbuch, einerseits zum Stichtag und andererseits zum Stichtag (inklusive beglaubigter Übersetzung), vor. Daraus ergibt sich, dass das tschechische Unternehmen zu den genannten Zeitpunkten aufrecht im Firmenbuch eingetragen war. Des Weiteren wurde eine - bereits aktenkundige - Rechnung der Österreichischen Post vom über den Versand eines eingeschriebenen Schriftstückes nach Tschechien mit dem handschriftlichen Vermerk des tschechischen Unternehmens als Empfänger übermittelt. Für die Bf. habe es aufgrund der aufrechten Meldung im Firmenbuch keine Zweifel an der Existenz von *** gegeben, weshalb eine Rechnungsberichtigung habe durchgeführt werden können. Da der versandte Brief nicht rückübermittelt worden sei, könne die Bf. davon ausgehen, dass dieser mit den Rechnungskorrekturen dem tschechischen Unternehmen zugekommen sei. Damit sei von der vorgesehenen Berichtigungsmöglichkeit missglückter Dreiecksgeschäfte Gebrauch gemacht worden. Nach Ansicht der Bf. könne aus dem EuGH-Urteil Bühler nicht geschlossen werden, dass die Rechnung mit Hinweis auf die Dreiecksgeschäftsregelung materielle Voraussetzung sei. Vielmehr müsse danach der Steuerschuldner bloß hinreichend bestimmt sein. Selbst bei deutlich strengerer Interpretation, wonach als materielle Voraussetzung eine ordnungsgemäße Rechnung erforderlich sei, sei diese Voraussetzung erfüllt, da bereits in der ursprünglichen Rechnung auf das Dreiecksgeschäft hingewiesen worden sei.

Am übermittelte das Bundesfinanzgericht die ergänzenden Eingaben der Bf. der belangten Behörde zur Kenntnis und Stellungnahme.

In ihrer Stellungnahme vom teilte die belangte Behörde mit, dass es laut Auskunft der Steuerfahndung, welche ihre Informationen im Rahmen eines Informationsaustausches erhalten habe, zu keiner Besteuerung der Umsätze in Tschechien gekommen sei. Die Angabe, wonach *** am von Amts wegen aus dem Firmenbuch gelöscht worden sei, habe sich als unrichtig herausgestellt. Vielmehr habe zu diesem Zeitpunkt lediglich der damalige Geschäftsführer seine Funktionen zurückgelegt; zum Zeitpunkt der Abfrage am sei die Gesellschaft mit neuem Gesellschafter aufrecht gewesen. Allerdings sei die UID-Nummer des tschechischen Unternehmens am amtswegig gelöscht worden und nach wie vor nicht mehr gültig.

In den anschließenden Ausführungen wurde insbesondere auf die Wichtigkeit einer ordnungsgemäßen Rechnungsausstellung als materiell-rechtliche Voraussetzung im Hinblick auf die Dreiecksgeschäftsregelung hingewiesen. Entgegen der Ansicht der Bf. sei es sohin auch nicht ausreichend, wenn sich der Übergang der Steuerschuld auf den Empfänger aus anderen Unterlagen ergebe. Die Aussagen in der Rechtssache Vădan, in der es um die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges ohne Rechnung gegangen sei, sei auf die vorliegende Frage des Übergangs der Steuerschuld nicht übertragbar. Überdies seien die Dreiecksgeschäftsregelungen von einem ex lege Übergang der Steuerschuld zu unterscheiden, weil in letzterem Fall an die Verwirklichung eines bestimmten Sachverhaltes angeknüpft werde, während beim Dreiecksgeschäft der Übergang der Steuerschuldnerschaft von der Bestimmung des Empfängers als Steuerschuldner in der Rechnung abhängig sei. Schließlich führte die belangte Behörde unter dem Punkt Korrekturmöglichkeit aus, dass die Korrektur eines missglückten Dreiecksgeschäftes - insbesondere betreffend eine nicht ordnungsgemäße Rechnung - nur eingeschränkt möglich sei und im vorliegenden Fall im Hinblick darauf, dass im Bestimmungsmitgliedstaat keine Besteuerung stattgefunden habe, ausscheide. Insgesamt erscheine es fraglich, ob die berichtigten Rechnungen überhaupt haben zugestellt werden können. Es habe zu keinem Zeitpunkt Kontakt zum - alten wie auch neuen - Geschäftsführer des tschechischen Unternehmens bestanden, und es sei auch im Zuge der Rechnungsberichtigung nicht versucht worden, einen solchen herzustellen. Die Kommunikation habe ausschließlich mit einem Herrn stattgefunden, dessen Vertretungsbefugnis für das Unternehmen nicht abverlangt worden sei. Der Postaufgabeschein liefere keinen Nachweis für die Zustellung der berichtigten Rechnungen, da daraus weder der Inhalt noch der Adressat noch der Empfang der Sendung ersichtlich sei. Die Bf. habe damit letztlich weder eine wirksame Rechnungskorrektur noch die Besteuerung im Bestimmungsland nachgewiesen.

Das Bundesfinanzgericht übermittelte der Bf. die seitens der belangten Behörde nachgereichten Unterlagen (Informationsaustausch, Firmenbuchauszug original, Firmenbuchauszug übersetzt, Auszug SWK Heft 8/2016, Auszug SWK Heft 31/2016) sowie die diesbezügliche Stellungnahme zur Kenntnis.

Auf eine Stellungnahme wurde seitens der Bf. verzichtet.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der Unternehmensgegenstand der beschwerdeführenden GmbH ist der Handel mit Luxusfahrzeugen. Die Geschäftsbeziehungen werden vor allem zu anderen Autohändlern unterhalten. Der Verkauf sowie die Vermittlung der Fahrzeuge erfolgt nach den Aufzeichnungen ausschließlich grenzüberschreitend, sowohl in das Gebiet der Europäischen Union als auch in Drittländer.

In den verfahrensgegenständlichen Dreiecksgeschäften hat die Bf. im Jahr 2014 Fahrzeuge von einem Lieferanten aus Großbritannien erworben und an das tschechische Unternehmen *** mit Sitz in der Tschechischen Republik verkauft. Dabei ist die Bf. als Erwerberin mit österreichischer UID-Nummer aufgetreten. Die Lieferung erfolgte nachweislich direkt vom Lieferanten an den Empfänger, demnach direkt von Großbritannien in die Tschechische Republik. Der Lieferant und der Empfänger sind unter der UID-Nummer ihres jeweiligen Sitzstaates aufgetreten. Der Transport der Fahrzeuge wurde durch die Bf. organisiert.

Streitgegenständlich sind die folgenden drei Ausgangsrechnungen der Bf.:

  1. AR2014-03/003 vom netto Euro 90.637,47

  2. AR2014-03/004 vom netto Euro 102.749,00

  3. AR2014-03/008 vom netto Euro 96.202,21

In den genannten Ausgangsrechnungen werden die britische UID-Nummer des Lieferanten, die österreichische UID-Nummer der Erwerberin sowie die tschechische UID-Nummer des Empfängers angeführt. Außerdem enthalten alle Rechnungen den Hinweis "Steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft".

In der Zusammenfassenden Meldung für den Monat März 2014 wurden innergemeinschaftliche Warenlieferungen mit einem Gesamtbetrag von 289.589,00 Euro betreffend die UID-Nummer des Empfängers (CZ29054486) sowie das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes gemeldet.

Das leistungsempfangende tschechische Unternehmen *** wird von der tschechischen Steuerverwaltung als "Missing Trader" eingestuft. Die Gesellschaft war für die tschechische Steuerverwaltung nicht erreichbar und hat in der Tschechischen Republik keine Umsatzsteuer aus den Dreiecksgeschäften erklärt und abgeführt. Im Zeitraum der Ausführung der streitgegenständlichen Lieferungen - im März 2014 - war *** in Tschechien zur Umsatzsteuer erfasst.

Die streitgegenständlichen Ausgangsrechnungen wurden seitens der Bf. mit Berichtigungsnoten vom unter Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger berichtigt. Eine Empfangsbestätigung des Leistungsempfängers über den Erhalt der berichtigen Rechnungen im Jahr 2016 konnte nicht vorgelegt werden.

Betreffend einen Zustellversuch der berichtigten Rechnungen an den Leistungsempfänger im Jahr 2018 legte die Bf. eine Rechnung der Österreichischen Post vom vor, wonach ein eingeschriebener Brief nach Tschechien versandt wurde. Ein handschriftlicher Vermerk auf der Rechnung nennt *** als Empfänger.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegensprechende Umstände sind nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

In Streit steht, ob im Zusammenhang mit der Durchführung innergemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte die besonderen Nachweispflichten gemäß Art. 25 Abs. 4 UStG erfüllt wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Rechtsgrundlagen

§ 3 Abs. 7 und Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl 663/1994 idF BGBl I 34/2010, lautet wie folgt:

(7) Eine Lieferung wird dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet.

(8) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer oder den Abnehmer befördert oder versendet, so gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Versenden liegt vor, wenn der Gegenstand durch einen Frachtführer oder Verfrachter befördert oder eine solche Beförderung durch einen Spediteur besorgt wird. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstandes an den Spediteur, Frachtführer oder Verfrachter.

Art. 3 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1994, Anhang zu § 29 Abs. 8 (Binnenmarktregelung), BGBl 663/1994 idF BGBl I 112/2012, lautet wie folgt:

(8) Der innergemeinschaftliche Erwerb wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises gilt § 16 sinngemäß.

Art. 25 des Umsatzsteuergesetzes 1994, Anhang zu § 29 Abs. 8 (Binnenmarktregelung), BGBl 663/1994 idF BGBl I 112/2012, lautet wie folgt:

Dreiecksgeschäft

Begriff

(1) Ein Dreiecksgeschäft liegt vor, wenn drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt und die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Das gilt auch, wenn der letzte Abnehmer eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.

Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs beim Dreiecksgeschäft

(2) Der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz gilt als besteuert, wenn der Unternehmer (Erwerber) nachweist, dass ein Dreiecksgeschäft vorliegt und dass er seiner Erklärungspflicht gemäß Abs. 6 nachgekommen ist. Kommt der Unternehmer seiner Erklärungspflicht nicht nach, fällt die Steuerfreiheit rückwirkend weg.

Steuerbefreiung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen

(3) Der innergemeinschaftliche Erwerb ist unter folgenden Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit:

a) Der Unternehmer (Erwerber) hat keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland, wird jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfasst;

b) der Erwerb erfolgt für Zwecke einer anschließenden Lieferung des Unternehmers (Erwerbers) im Inland an einen Unternehmer oder eine juristische Person, der bzw. die für Zwecke der Umsatzsteuer im Inland erfasst ist;

c) die erworbenen Gegenstände stammen aus einem anderen Mitgliedstaat als jenem, in dem der Unternehmer (Erwerber) zur Umsatzsteuer erfasst wird;

d) die Verfügungsmacht über die erworbenen Gegenstände wird unmittelbar vom ersten Unternehmer oder ersten Abnehmer dem letzten Abnehmer (Empfänger) verschafft;

e) die Steuer wird gemäß Abs. 5 vom Empfänger geschuldet.

Rechnungsausstellung durch den Erwerber

(4) Die Rechnungsausstellung richtet sich nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, von dem aus der Erwerber sein Unternehmen betreibt. Wird die Lieferung von der Betriebsstätte des Erwerbers ausgeführt, ist das Recht des Mitgliedstaates maßgebend, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Rechnet der Leistungsempfänger, auf den die Steuerschuld übergeht, mittels Gutschrift ab, richtet sich die Rechnungsausstellung nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Lieferung ausgeführt wird.

Sind für die Rechnungsausstellung die Vorschriften dieses Bundesgesetzes maßgebend, muss die Rechnung zusätzlich folgende Angaben enthalten:

- einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers,

- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unter der der Unternehmer (Erwerber) den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat, und

- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der Lieferung.

Steuerschuldner

(5) Bei einem Dreiecksgeschäft wird die Steuer vom Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung geschuldet, wenn die vom Erwerber ausgestellte Rechnung dem Abs. 4 entspricht.

Pflichten des Erwerbers

(6) Zur Erfüllung seiner Erklärungspflicht im Sinne des Abs. 2 hat der Unternehmer in der Zusammenfassenden Meldung folgende Angaben zu machen:

- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Inland, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat;

- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der vom Unternehmer bewirkten nachfolgenden Lieferung, die diesem im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände erteilt worden ist;

- für jeden einzelnen dieser Empfänger die Summe der Entgelte der auf diese Weise vom Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände bewirkten Lieferungen. Diese Beträge sind für das Kalendervierteljahr anzugeben, in dem die Steuerschuld entstanden ist.

Pflichten des Empfängers

(7) Bei der Berechnung der Steuer gemäß § 20 ist dem ermittelten Betrag der nach Abs. 5 geschuldete Betrag hinzuzurechnen.

3.2. Nachweispflichten - Dreiecksgeschäft

An dem verfahrensgegenständlichen Leistungsaustausch sind drei Unternehmer beteiligt, die in drei verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässig sind und unter der jeweiligen UID-Nummer ihres Sitzstaates aufgetreten sind. Die Umsatzgeschäfte wurden jeweils über denselben Gegenstand abgeschlossen, welcher unmittelbar vom ersten Lieferer (dem britischen Unternehmer) an den letzten Abnehmer (den tschechischen Unternehmer) gelangte. Damit sind die Voraussetzungen für ein Reihengeschäft erfüllt.

Wenn an einem Reihengeschäft drei Unternehmer aus drei verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind, können die Sondervorschriften für Dreiecksgeschäfte gemäß Art. 25 UStG zur Anwendung gelangen. In diesem Fall sind bei Erfüllung der dort vorgesehenen besonderen Voraussetzungen - insbesondere Rechnungslegungs-, Melde- und Erklärungspflichten - Erleichterungen im Vergleich zum Reihengeschäft vorgesehen.

Bei Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes wird der mittlere Unternehmer als Erwerber und der letzte Unternehmer als Empfänger bezeichnet. Sofern der Erwerber die in Art. 25 UStG für Dreiecksgeschäfte normierten Sonderregelungen beachtet, kommt es zu einer wesentlichen Vereinfachung im Vergleich zur Besteuerung von Reihengeschäften. Neben der Steuerbefreiung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsland und der Steuerfiktion im Ansässigkeitsstaat kommt es nach Art. 25 Abs. 5 UStG zum Übergang der Steuerschuld auf den Empfänger im Bestimmungsland. Für den Erwerber entfällt sohin insbesondere die umsatzsteuerliche Registrierung im Bestimmungsland.

Die Bestimmungen zum Dreiecksgeschäft sind bei Vorliegen einer Sachverhaltskonstellation im Sinn des Art. 25 Abs. 1 UStG nicht zwingend anzuwenden. Vielmehr hat der Erwerber ein Wahlrecht, ob er hinsichtlich einer bestimmten Lieferung das Regime des Dreiecksgeschäftes anwenden möchte oder eben nicht. Das Wahlrecht muss im Zeitpunkt der Geschäftsabwicklung den gesetzlichen Vorgaben entsprechend ausgeübt werden (vgl. Mayr/Weinzierl, SWK-Spezial Reihen- und Dreiecksgeschäfte (2017) Pkt. 4.1.5). Will der Erwerber die Steuerfreiheit seines innergemeinschaftlichen Erwerbes im Bestimmungsmitgliedstaat und den Übergang der Steuerpflicht für seine Lieferung auf den Empfänger erreichen, muss er bei der Rechnungsausstellung nicht nur die Erfordernisse des § 11 UStG berücksichtigen, sondern zusätzlich die Angaben nach Art. 25 Abs. 4 UStG in die Rechnung aufnehmen (siehe Ruppe/Achatz, UStG5 (2017) Art. 25 Rz 11).

Nach Art. 25 Abs. 4 UStG muss in der Rechnung sowohl die UID-Nummer des Erwerbers und des Empfängers als auch ein ausdrücklicher Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes sowie die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers enthalten sein. Gegenständlich erweist sich die Rechnungsausstellung der Bf. als Erwerberin in Hinblick auf die Erfordernisse des Art. 25 Abs. 4 UStG als mangelhaft, da in den streitgegenständlichen Rechnungen der Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers fehlt.

Die Rechnungsausstellung richtet sich nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, von dem aus der Erwerber sein Unternehmen betreibt; demnach vorliegend nach den österreichischen Rechtsvorschriften (seit dem Abgabenänderungsgesetz 2012, BGBl I 112/2012; vgl. Ruppe/Achatz, UStG5 (2017) Art. 25 Rz 11). Abgesehen von den in § 11 UStG festgelegten Rechnungsmerkmalen muss eine Rechnung demnach jedenfalls auch die - eben angeführten - Angaben gemäß Art. 25 Abs. 4 UStG enthalten.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist zwischen formellen und materiellen Voraussetzungen für die Vereinfachung von Dreiecksgeschäften zu unterscheiden. In der Rechtssache Firma Hans Bühler KG hat der Europäische Gerichtshof die in Art. 42 lit. b der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Anforderungen als formelle und jene in Art. 42 lit. a der Mehrwertsteuerrichtlinie als materielle Voraussetzungen qualifiziert (siehe Rn 49f.). Als materielle Bedingung für die Steuerfiktion ist demnach gemäß Art. 42 lit. a der Mehrwertsteuerrichtlinie neben dem Nachweis des Erwerbers, dass er diesen Erwerb für die Zwecke einer anschließenden Lieferung getätigt hat, die im Gebiet des gemäß Art. 40 leg.cit. bestimmten Mitgliedstaats bewirkt wurde, überdies ein Nachweis des Übergangs der Steuerschuld erforderlich. Der Empfänger der Lieferung muss gemäß Art. 197 leg.cit. als Steuerschuldner bestimmt worden sein. Der wesentliche Zweck dieses Hinweises besteht darin, dem Empfänger Gewissheit darüber zu verschaffen, dass er der letzte Abnehmer in einem Reihengeschäft ist und dass die Steuerschuld infolge der Inanspruchnahme der Regularien des Art. 25 UStG für Dreiecksgeschäfte auf ihn übergegangen ist.

Entspricht die Rechnung des Erwerbers nicht den inhaltlichen Erfordernissen des Art. 25 Abs. 4 UStG, ist die Regelung des Art. 25 UStG nicht anwendbar. Die ordnungsgemäße Rechnungslegung stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes eine materielle Voraussetzung für den Übergang der Steuerschuld nach Art. 25 Abs. 5 UStG dar. Der Übergang der Steuerschuld wiederum ist gemäß Art. 25 Abs. 3 lit. e UStG Voraussetzung für die Steuerfreiheit des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsland der Waren. Liegt eine solche Rechnung im Sinne des Art. 25 Abs. 4 UStG nicht vor, muss das Reihengeschäft in weiterer Folge nach den allgemeinen Vorschriften behandelt werden (siehe Ecker/Epply/Rößler/Schwab/Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG (58. Lfg., 2018) Art. 25 Rz 60).

Da die streitgegenständlichen Ausgangsrechnungen den nach Art. 25 Abs. 4 UStG erforderlichen Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld nicht enthalten, stellte sich im Verfahren die Frage nach der Möglichkeit einer Berichtigung der mangelhaften Rechnungen. Zunächst ging die Bf. davon aus, dass der Leistungsempfänger *** infolge Löschung aus dem tschechischen Firmenbuch nicht mehr existent war, weshalb die Rechnungen zwar berichtigt, nicht aber zugestellt werden konnten (siehe E-Mail des steuerlichen Vertreters der Bf. vom ). Nachdem eine Firmenbuchabfrage am ergeben hat, dass das tschechische Unternehmen sehr wohl noch aufrecht eingetragen ist, wurden laut Angabe der Bf. Berichtigungsnoten betreffend die mangelhaften Ausgangsrechnungen an das tschechische Unternehmen versandt. Zum Nachweis für dieses Vorbringen legte die Bf. eine Rechnung der Österreichischen Post vom vor, aus welcher ersichtlich ist, dass ein eingeschriebenes Schriftstück nach Tschechien versandt wurde. Als Empfänger wurde auf der Rechnung handschriftlich der Name des tschechischen Unternehmens - ohne Zustelladresse - vermerkt.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes hat die Bf. damit glaubhaft dargetan, dass sie Berichtigungsnoten zu den streitgegenständlichen Ausgangsrechnungen erstellt und in weiterer Folge versucht hat, diese an das tschechische Unternehmen zu versenden. Der Nachweis der tatsächlichen Zustellung der Rechnungsberichtigungen an das tschechische Unternehmen als Leistungsempfänger ist damit jedoch nicht gelungen, sodass die Bf. der sie treffenden Nachweispflicht nicht nachgekommen ist (siehe dazu Mayr in Ecker/Epply/Rößler/Schwab (Hrsg.), Kommentar zur Mehrwertsteuer - UStG 1994 (62. Lfg, 2020) § 11 Rz 151). Der bloße Umstand, dass ein Schriftstück - wenngleich eingeschrieben - zur Post gegeben und nicht wieder an den Absender zurückgeschickt wurde, bietet keine Gewähr dafür, dass es tatsächlich demjenigen zugekommen ist, für den es bestimmt war.

Um eine ordnungsgemäße Zustellung und eine damit einhergehende erfolgreiche Rechnungsberichtigung sicherzustellen, hätte die Bf. weitergehende Maßnahmen ergreifen müssen. Etwa hätte sie im Vorfeld zu *** Kontakt aufnehmen können, um die Rechnungsberichtigung anzukündigen und die Zustelladresse sowie den Zustelladressaten zu verifizieren. Da die steuerliche Vertretung der Bf. in regelmäßigem Austausch mit ihrer tschechischen Partnerkanzlei steht, wäre dies eine einfache und durchaus zumutbare Vorgangsweise gewesen. Zumindest aber wäre ein Begleitschreiben zu den versandten Rechnungsberichtigungen mit dem Ersuchen um Bestätigung des Erhalts im Hinblick auf die Nachweisführung geboten gewesen. Insbesondere im Hinblick darauf, dass die Bf. zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung im September 2018 bereits wusste, dass das tschechische Unternehmen als "Missing Trader" qualifiziert wurde und die betreffenden Umsätze nicht in dessen Buchhaltung aufscheinen (siehe dazu die Niederschrift vom ), wären diese Maßnahmen - vor allem im Interesse der Bf. an einer ordnungsgemäßen Rechnungsberichtigung - zu ergreifen gewesen.

Da es jedoch selbst im Rahmen einer Kooperation der Steuerverwaltungen nicht möglich war, das tschechische Unternehmen zu erreichen, erscheint es dem Bundesfinanzgericht überaus zweifelhaft, dass dem tschechischen Empfänger eine postalische Sendung aus dem Ausland ohne weiteres hätte zugestellt werden können.

Darüber hinaus wurden seitens der Bf. auch im Nachhinein keinerlei Nachforschungen zum Nachweis der erfolgreichen Zustellung der Rechnungsberichtigungen angestellt (zB. Anfrage bei der Post zur Sendungsverfolgung). Der fehlende Nachweis betreffend die Zustellung der Berichtigungsnoten wurde nicht zuletzt auch in der mündlichen Verhandlung am thematisiert und der Bf. die Möglichkeit eingeräumt, diesbezügliche Nachweise nachzureichen. In ihrer Eingabe vom legte die Bf. jedoch wiederum bloß die - bereits bekannte - Rechnung der Österreichischen Post über die Aufgabe eines eingeschriebenen Briefes nach Tschechien vor, welche - wie bereits ausgeführt - keinen Nachweis der erfolgreich bewirkten Zustellung darstellt. Die Bf. ist damit jedenfalls auch der ihr als Verfahrenspartei auferlegten Mitwirkungspflicht, die insbesondere im Zusammenhang mit Auslandssachverhalten erhöht ist, nicht nachgekommen (siehe Ritz, BAO6 (2017) § 115 Rz 10).

Nachdem entsprechend diesen Ausführungen die mangelhaften streitgegenständlichen Rechnungen nicht ordnungsgemäß berichtigt wurden, muss nicht näher auf die Frage eingegangen werden, ob durch eine nachträgliche Rechnungskorrektur eine Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelungen des Dreiecksgeschäftes möglich ist (vgl. Menheere in Berger/Menheere/Tschiderer/Wakounig, Praxiskommentar zum UStG (2019) § 11 Rz 95). Dennoch ist ergänzend anzumerken, dass eine Sanierung missglückter Dreiecksgeschäfte - auch nach der von der Bf. in der Eingabe vom angeführten Literatur (siehe Menheere, SWK 2019, 995f.) - nur in jenen Fällen möglich sein soll, in denen trotz einer beispielsweise mangelhaften Rechnung eine ordnungsgemäße Abwicklung und korrekte Besteuerung nachgewiesen werden kann (siehe dazu auch die BMF-Erledigung vom , BMF-010219/0396-VI/4/2016). Wie aus dem Bericht der Steuerfahndung vom hervorgeht und der Bf. auch nachweislich mitgeteilt wurde (siehe Niederschrift vom ), wurde betreffend die streitgegenständlichen Verkaufsvorgänge keine Steuer im Bestimmungsland abgeführt, sodass auch aus diesem Grund eine Sanierung ausscheidet.

Da die drei streitgegenständlichen Ausgangsrechnungen der Bf. den nach Art. 25 Abs. 4 UStG erforderlichen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers nicht enthalten, können die Vereinfachungsregelungen für Dreiecksgeschäfte gemäß Art. 25 UStG nicht zur Anwendung gelangen.

Mangels Anwendbarkeit der Vereinfachungsregelungen zum Dreiecksgeschäft sind die vorliegenden Umsatzvorgänge anhand der Regelungen für Reihengeschäfte zu beurteilen.

Wenn mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzsteuergeschäfte abschließen und dabei der Gegenstand unmittelbar vom letzten Auftragnehmer an den ersten Auftraggeber direkt befördert oder versendet wird, liegt ein Reihengeschäft vor. In der Reihe kommt nur für einen Umsatz die Regelung des § 3 Abs. 8 UStG für bewegte Lieferungen zur Anwendung, alle anderen Umsätze sind als ruhende Lieferung gemäß § 3 Abs. 7 UStG zu qualifizieren. Die bewegte Lieferung ist immer jene, bei der entweder der Besteller den Auftrag zur Versendung erteilt oder die Ware selbst abholt oder der Lieferant die Beförderung bzw. Versendung veranlasst. Der Lieferort liegt danach am Beginn der Beförderung und alle anderen Lieferungen sind ruhende Lieferungen (vgl. dazu Berger/Wakounig in Berger/Menheere/Tschiderer/Wakounig, Praxiskommentar zum UStG (2019) § 3 Rz 54ff.). Wenn der Gegenstand vom mittleren Unternehmer beim ersten Unternehmer abgeholt und in Ausführung des Liefergeschäftes an den letzten Abnehmer befördert oder versendet wird, dann wird in der Regel der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbes vom mittleren Unternehmer erfüllt (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5 (2017) Art. 1 Rz 29 sowie ). Ein anderes Ergebnis wäre nur denkbar, wenn die Verschaffung der Verfügungsmacht an den letzten Abnehmer bereits vor der innergemeinschaftlichen Warenbewegung stattfindet (vgl. dazu Toridas Rn 36f.).

Im vorliegenden Fall ist die bewegte Lieferung jene des britischen Unternehmers an die Bf. Die Bf. hat den Auftrag für den Transport der Ware erteilt. Der von der Bf. beauftragte Spediteur hat die Ware direkt vom Ursprungsland (Großbritannien) in das Bestimmungsland (Tschechien) transportiert. Die Bf. war für die Bewegung der Ware verantwortlich, sodass die Bf. als mittlere Unternehmerin den innergemeinschaftlichen Erwerb verwirklicht. Im Verhältnis der Bf. zum tschechischen Unternehmer als Empfänger liegt eine ruhende Lieferung vor, die gemäß § 3 Abs. 7 UStG am Ort der Verschaffung der Verfügungsmacht - demnach in Tschechien - verwirklicht wird.

Aus diesen Feststellungen ergeben sich für die Bf. als mittlere Unternehmerin mangels Anwendbarkeit der Vereinfachungsregelungen des Art. 25 UStG für Dreiecksgeschäfte folgende umsatzsteuerlichen Konsequenzen:

Zum einen verwirklicht die Bf. gemäß Art. 3 Abs. 8 erster Satz UStG einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Tschechien, da sich die verkauften Fahrzeuge am Ende der Warenbewegung in Tschechien befinden.

Zum anderen tätigt die Bf. infolge der Verwendung ihrer österreichischen UID-Nummer gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich. Der Erwerb gilt solange in Österreich als bewirkt, bis die Bf. nachweist, dass der Erwerb im Bestimmungsland Tschechien besteuert worden ist. Da das tschechische Unternehmen die Steuer aus den streitgegenständlichen Erwerbsvorgängen nicht erklärt und abgeführt hat, kann die auflösende Bedingung nicht eintreten. Außerdem steht der Bf. aus dem kumulativen innergemeinschaftlichen Erwerb kein Vorsteuerabzug zu (siehe mwN, , Ra 2018/15/0011 sowie und C-539/08 X und Facet BV Rn 39ff.).

Neben den beiden innergemeinschaftlichen Erwerben führt die Bf. überdies gemäß § 3 Abs. 7 UStG eine ruhende Lieferung am Ort der Verschaffung der Verfügungsmacht aus. Die Fahrzeuge wurden dem tschechischen Abnehmer in Tschechien übergeben, sodass der Lieferort Tschechien ist.

Die Vorschreibung der Erwerbsteuer gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG in Österreich erfolgte daher zu Recht.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

III. Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm. § 25a Abs. 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob eine formell ordnungsgemäße Rechnung mit Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers zwingende Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregelungen zum Dreiecksgeschäft ist, wird die ordentliche Revision zugelassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 25 UStG 1994 - Anhang, Umsatzsteuergesetz 1994 - Anhang (Binnenmarkt), BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 - Anhang, Umsatzsteuergesetz 1994 - Anhang (Binnenmarkt), BGBl. Nr. 663/1994
Verweise

, Toridas

Zitiert/besprochen in
Allram/Spies in BFGjournal 2020, 323
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100084.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at