KVG - Grossmutterzuschuss; Tragung von dem Grunde und der Höhe nach feststehenden Lasten als Gegenzug für den Erhalt der Leistung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (vormals ***2***), c/o Preslmayr Rechtsanwälte OG, Universitätsring 12, 1010 Wien, vertreten durch Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH, Renngasse 1, /Freyung, 1013 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gesellschaftsteuer 2013 ErfNr. ***3***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Gegenstand des Verfahrens vor dem BFG
Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht ist die Beschwerde (vormals Berufung) der ***17*** in Liquidation als RNF der ***4*** (kurz Bf.) als RNF der ***1***, vormals ***2*** (kurz ***11***), gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (kurz Finanzamt) zu ErfNr. ***3*** betreffend Gesellschaftsteuer.
Vorhalte des Finanzamtes an die Bf
Mit Vorhalt vom wurde die ***11*** unter anderem um Vorlage von Unterlagen betreffend Verbuchung Zuzahlungsverpflichtung Abspaltung zur Neugründung und Auflösung Großmutterzuschuss ersucht.
Mit Schreiben vom führte die ***11*** diesbezüglich aus:
"Ad 1. Abspaltung/Großmutterzuschuss
In der Beilage übermitteln wir Ihnen eine Kopie der Verpflichtungserklärung gem. § 2 Abs. 3 SpaltG sowie den dazugehörigen Buchungsbeleg mit Belegdatum . Hinsichtlich des von der Großmuttergesellschaft ***5*** gewährten Zuschusses wurde keine Urkunde verfasst. Beiliegend übermitteln wir Ihnen eine Kopie des Zahlungsauftrages vom "
Aufgrund eines weiteren Ergänzungsersuchens des Finanzamtes vom an die ***1*** (vormals ***11***) wurde dem Finanzamt eine Email betreffend einer Besprechung vom übermittelt, aus welchem die geplante Vorgehensweise zum "***11***-Squeeze Out ***8***" dargelegt wird.
Spaltungsbericht
Der Spaltungsbericht vom befasste sich mit der Abspaltung von Vermögensteilen der ***6*** als übertragender Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die dadurch neu gegründete Aktiengesellschaft unter der Firma ***7***.
Unter Punkt 3.3 wird das Umtauschverhältnis der Aktien, die Aufteilung der Aktien auf die Aktionäre und die Zuzahlung erläutert (auszugsweise wiedergegeben):
"Die Aktien der NEUEN GESELLSCHAFT werden den Inhabern der STRUEBESITZ AKTIEN zum Termin der EINTRAGUNG zugeteilt. Je STREUBESITZ AKTIE erhält deren Inhaber gemäß den Bestimmungen des SPALTUNGSPLANES eine auf Inhaber lautende nennwertlose Stückaktie der NEUEN GESELLSCHAFT mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals von EUR 1,- je Aktie. Mit EINTRAGUNG scheiden die STREUBESITZ AKTIONÄRE aus der ÜBERTRAGENDEN GESELLSCHAFT aus, sodass als Aktionäre der ***8*** nach Durchführung der Spaltung nur ***9*** und ***10*** verbleiben (nicht verhältniswahrende Spaltung). Die STREUBESITZ AKTIEN werden mit EINTRAGUNG zur Gänze von der ***9*** übernommen."
…
"***11*** sichert den Aktionären der NEUEN GESELLSCHAFT zu, eine bare Zuzahlung in Höhe von EUR 140,-- je Aktie an der NEUEN GESELLSCHAFT zu leisten, soweit diese nicht das BARABFINDUNGSANGEBOT annehmen. Die entsprechende Verpflichtungserklärung von ***11*** ist dem SPALTUNGSPLAN angeschlossen."
Pkt. 3.13 des Spaltungsberichtes führt aus (auszugsweise):
"***11*** hat sich weiters verpflichtet, für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem BARABFINDUNGSANGEBOT einschließlich der Übertragungskosten zeitgerecht eine Sicherheit in Form einer Bankgarantie zu bestellen."
Verpflichtungserklärung gemäß § 2 Abs. 3 Spaltungsgesetz
Die Verpflichtungerklärung vom lautete:
"***2*** […] gibt hiermit im Zusammenhang mit der beabsichtigten Abspaltung eines Barvermögens in Form eines Bankguthabens in der Höhe von insgesamt EUR 131.832,-- durch ***6*** […]unwiderruflich folgende Verpflichtungserklärungen ab:
***11*** sichert hiermit im Zuge der Spaltung
Den Aktionären der NEUEN GESELLSCHAFT zu, eine bare Zuzahlung in der Höhe von EUR 140,-- je Aktie der NEUEN GESELLSCHAFT zu leisten, soweit diese nicht das Barabfindungsangebot gemäß SPALTUNGSPLAN annehmen;
Den im Zuge der Spaltung aus der ***8*** ausscheidenden STREUBESITZ AKTIONÄREN, […] eine angemessene Barabfindung in der Höhe von EUR 141,--je STREUBESITZ AKTIE zu.[…]
***11*** leistet für die Erfüllung der angebotenen Barabfindung einschließlich der Übertragungskosten Sicherheit in Form einer Bankgarantie in der Höhe der auf die ***8*** AKTIEN der widersprechenden STREUBESITZ AKTIONÄREN entfallenden Barabfindungsbeträge." […]
Email vom , ***9***, Betreff ***11***-Squeeze Out ***8***
In einer Email der ***9*** vom wurde neben der voraussichtlich von der ***11*** zu zahlenden Beträge in Höhe von insgesamt € 18.271.820,00 ausgeführt, dass davon ausgegangen werde, dass alle 40 Aktien (, die barabfindungsberechtigt seien), an die ***11*** übertragen und nachfolgend an die ***9*** weiterverkauft werden, sodass die ***11*** per keine Aktien an der ***7*** besitze und der Großmutterzuschuss aufgebraucht sei. Der Betrag in Höhe von € 18.271.820,00 setzt sich zusammen aus 40 Stück Aktien, die barabfindungsberechtigt sind, mit € 141,-- pro Aktie, sohin in Summe € 5.640,-- sowie 130.473 Streubesitzaktionäre mit pro Stück Aktie € 140,-- Zuzahlung, sohin in Summe € 18.266.220,--.
Inhalt des angefochtenen Bescheides
Der an die Bf. gerichtete Bescheid vom enthält folgenden Betreff:
"Zuschuss der ***5*** im Zusammenhang mit d Verpflichtungserklärung gem. § 2 Abs. 3 Spaltungsgesetz v der ***2*** zur beabsichtigten Abspaltung von Barvermögen (Bankguthaben) durch ***6*** vom "
Der Spruch lautete:
"Die Gesellschaftsteuer für den oben angeführten Rechtsvorgang wird festgesetzt mit 182.718,20 €.
Dieser Betrag ist am fällig.
Berechung der festgesetzten Gesellschaftsteuer:
Gemäß § 8 KVG 1% vom Wert der Leistung gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 KVG in Verbindung mit § 2 Z. 2 bis 4 KVG in Höhe von 18.271.820,00 € (gerundet gemäß § 204 BAO) …. 182.718,20 €"
Begründend führte das Finanzamt aus:
"Die Mittelzufuhr für die Begleichung mit Verpflichtungserklärung zugesagten Zahlungen in nicht unbeträchtlicher Höhe ist als im Interesse der Gesellschafterin gelegen zu sehen und in wirtschaftlicher Betrachtung dieser zuzurechnen. Hinzu kommt noch, dass kurze Zeit später mit die Verschmelzung der ***12*** auf die ***5*** erfolgte, wodurch diese unmittelbare Gesellschafterin wurde."
Beschwerde
Mit Anbringen vom wurde fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes erhoben. Begründend führte die Bf. aus:
"Das Finanzamt behauptet in ihrer Bescheidbegründung, dass die gegenständliche Mittelzufuhr von der Großmuttergesellschaft ***5*** (***9***) an unsere vormals als ***2*** (***11***) firmierende Gesellschaft, einer Enkelgesellschaft der ***9***, ,,als im Interesse der Gesellschafterin gelegen zu sehen und in wirtschaftlicher Betrachtung dieser zuzurechnen" sei. Dabei unterlässt sie es, die ,,Gesellschafterin" namentlich zu benennen.
Im Sinne der Judikatur von EuGH und VwGH zur Zurechnung von Gesellschafterzuschüssen kann damit im Grunde nur gemeint sein, dass die rechtlich als Großmutterzuschuss anzusehende Leistung nach Ansicht des Finanzamtes bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Zuschuss der Großmuttergesellschat ***9*** an die Muttergesellschaft ***12*** oder als Zuschuss der Muttergesellschaft ***12*** an die Enkelgesellschaft ***11*** anzusehen ist.
Ein Zuschuss, der in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Zuschuss der Großmuttergesellschaft an die Enkelgesellschaft anzusehen ist, stellt auch nach der Judikatur des EuGH in der Rechtssache Develop und Solida weiterhin keinen gesellschaftssteuerlichen Vorgang dar. So stellte das BMF (. BMF-010206/0048-VI/10/2006; vgl zB auch Thunshirn/Himmelberger/Hohenecker, KVG, R2 227) ausdrücklich fest, dass mittelbare Beteiligte nach wie vor nicht als Gesellschafter iSd KapAnsRl und damit des KVG anzusehen sind.
Damit verlangt die Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts in einen gesellschaftssteuerrelevanten Tatbestandes aber jedenfalls, dass konkret die ***12***- entgegen des rechtlichen Erscheinungsbildes - in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Zuschuss leistender Gesellschafter oder als Zuschuss empfangende Gesellschaft anzusehen ist.
Keine dieser beiden Sachverhaltsvarianten lässt sich indes in irgendeiner Form begründen, da die Zwischengesellschaft ***12*** als reine Beteiligungsholding wirtschaftlich in keinster Weise in den konkreten Zuschussprozess eingeschalten war und keinerlei unmittelbares oder auch nur mittelbares Interesse an diesem hat.
Der Großmutterzuschuss führte im Grunde nicht einmal zu einer Erhöhung der Gesellschaftsanteile der Muttergesellschaft ***12*** an der Enkelgesellschaft ***11***, da dieser von der ***11*** zur Barabfindung von Streubesitzaktionären der ***6*** gemäß ihrer Verpflichtungserklärung nach § 2 Abs 3 SpaltG vom verwendet wurde.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die ***12***, wie das Finanzamt in ihrer Begründung weiter ausführt, später mit der ***9*** verschmolzen wurde. Solche Großmutterzuschussfälle mit anschließender Umgründung wurden von der Judikatur nur dann aus Missbrauchsgesichtspunkten als gesellschaftssteuerpflichtig angesehen, wenn Großmutterzuschuss und Umgründung dergestalt in einem kausalen Zusammenhang zueinander standen, dass der Großmutterzuschuss im Hinblick auf die nachfolgende Umgründung getätigt wurde, folglich ohne diese keinen wirtschaftlichen Sinn gehabt hätte.
Dagegen stand in unserem Fall die Verschmelzung der ***9*** mit der ***12*** in keinem kausalen Zusammenhang mit dem Großmutterzuschuss der ***9*** an die ***11***: Der Großmutterzuschuss bezweckte der ***11*** Mittel zur Barabfindung der Streubesitzaktionäre der ***6*** zur Verfügung zu stellen, zu der die ***11*** rechtlich verpflichtet war. Die Verschmelzung zwischen ***9*** und ***12*** diente dagegen lediglich einer strukturellen Bereinigung und Vereinfachung der Konzernstruktur.
Es muss dem Abgabenpflichtigen unbenommen bleiben, seine Konzernstruktur einer späteren regelmäßigen, wirtschaftlich sinnvollen Bereinigung zu unterziehen, ohne Gefahr zu laufen, alte Großmutterzuschüsse nachträglich als missbräuchlich gedeutet zu bekommen; widrigenfalls jede Form von Rechtsicherheit und damit Rechtstaatlichkeit im Gesellschaftssteuerrecht ausgeschlossen wäre und nur zur Versteinerung von Gesellschaftsstrukturen führen würde.
Ein aus gesellschaftssteuerlichen Gesichtspunkten missbräuchliches Verhalten kann diesen Vorgängen darüber hinaus schon allein deshalb nicht unterstellt werden, weil selbst eine unmittelbare Barabfindung der Streubesitzaktionäre durch die ***9*** zu keiner Gesellschaftssteuerpflicht geführt hätte."
Beschwerdevorentscheidung
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom hielt das Finanzamt den Berufungsausführungen Folgendes entgegen:
"Der Zuschuss an die Beschwerdeführerin (Bf.) damit diese ihre betraglich hohe Zahlungsverpflichtung, die sie in der Verpflichtungserklärung zur Leistung von Zuzahlungen übernommen hat, erfüllen kann, ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise im Hinblick auf die Funktion der ***12*** als Holding als in deren Interesse gelegen dieser zuzurechnen. Weiters wurde bereits mit Verschmelzungsvertrag v. die Verschmelzung der ***12*** auf die Bf. vereinbart. Eine Umgründung bedarf zweifellos einer gewissen Vorbereitungszeit. Es handelt sich bei der Mittelzufuhr um eine Gesellschafterleistung. Eine (objektive) Werterhöhung der Gesellschaftsrechte und eine Stärkung des Wirtschaftspotentiales sind dadurch eingetreten. Denn ohne diese Mittel konnte die Bf. ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen."
Vorlageantrag
Im Antrag auf Vorlage der Berufung beantragte die Bf. die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Zur Begründung hielt sie den Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung Nachfolgendes entgegen:
"Wie in unserer Beschwerde vom ausgeführt, kann damit im Grunde nur gemeint sein, dass rechtlich als Großmutterzuschuss anzusehende Leistung nach Ansicht des Finanzamtes bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Zuschuss der Großmuttergesellschaft ***9*** an die Muttergesellschaft ***12*** oder als Zuschuss der Muttergesellschaft ***12*** an die Enkelgesellschaft ***11*** anzusehen.
Offenbar in Folge dieses unseres Vorbringens wird in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung nunmehr vorgebracht, dass der Zuschuss im Interesse der Muttergesellschaft ***12*** gelegen und damit von dieser an deren Tochtergesellschaft ***11*** erbracht worden sei. Dabei gelingt es dem Finanzamt aber nicht, auch nur ein stichhaltiges eigenes Interesse der ***12*** an der Zuschussgewährung durch die ***9*** darzulegen. Die vom Finanzamt als Interesse vorgebrachte Werterhöhung der Gesellschaftsrechte an der ***11*** sowie die Stärkung des Wirtschaftspotenzials der ***11*** kann ein derartiges Interesse jedenfalls nicht begründen, weil dies bei schlichtweg jedem Gesellschafterzuschuss der Fall ist und damit auch jeden Großmutterzuschuss gesellschaftssteuerpflichtig machen würde. Dies wird indes nicht einmal vom BMF vertreten."
Verfahren vor dem BFG
Vorlagebericht
Mit Vorlagebericht vom - eine Ausfertigung davon erging an die Bf. - legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in seiner Stellungnahme aus:
"Nach § 2 Z 4 KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen: a) Zuschüsse. Es reicht die objektive Eignung der Leistung, den Erfolg der Wertsteigerung zu bewirken; der Nachweis einer tatsächlichen Werterhöhung ist nicht erforderlich. Anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen Betrachtungsweise ist zu beurteilen, wem die Leistung - unabhängig von deren tatsächlichen Herkunft - zuzurechnen ist bzw. wer - unabhängig vom letztlich tatsächlichen Empfänger - der eigentliche Empfänger der Leistungen ist ( C-339/99, Rs C-71/00, , , 2001/16/0273). Der verfahrensgegenständliche Zuschuss an die Beschwerdeführerin damit diese ihre betraglich hohe Zahlungsverpflichtung, die sie in der Verpflichtungserklärung zur Leistung von Zuzahlungen übernommen hat, erfüllen kann, ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der ***12*** als in deren Interesse gelegen zuzurechnen und zwar im Hinblick auf die Funktion der ***12*** als Holding. Hinzu kommt noch die bereits mit Verschmelzungsvertrag v. vereinbarte Verschmelzung der ***12*** auf die ***5***. Eine solche Umgründung bedarf zweifellos einer gewissen Vorbereitungszeit. In Anwendung der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise handelt sich bei der Mittelzufuhr um eine Leistung eines Gesellschafters. Durch diese Mittelzufuhr kam es zu einer (jedenfalls objektiven) Werterhöhung der Gesellschaftsrechte sowie auch zu einer Stärkung des Wirtschaftspotentiales. Ohne diese Mittel konnte Zahlungsverpflichtung seitens der Beschwerdeführerin - unwidersprochen - nicht erfolgen."
Vorhalt des BFG an die Parteien
Mit Vorhalt vom wurde den Parteien ein Vorhalt zur beabsichtigten Entscheidung übermittelt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Die Beschwerdeführerin teilte mit Schreiben vom mit, dass die Rechtsnachfolgerin der Beschwerdeführerin nunmehr die ***16*** sei. Inhaltlich wurden keine weiteren Ausführungen getätigt.
Die belangte Behörde führte mit Schreiben vom aus, dass sie weiterhin an ihrer Rechtsansicht festhalte und den Antrag aufrecht erhalte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zum bisherigen Vorbringen wurde ergänzend ausgeführt:
"Der Gesellschaftsteuer unterliegen gemäß § 2 Z 4 KVG freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.
Solche Leistungen können auch von einem mittelbaren Gesellschafter erbracht werden.
Dies hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 2001/16/0448 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH ausgesprochen.
Freiwillige Leistungen eines mittelbaren Gesellschafters erfüllen den Tatbestand des § 2 Z 4 KVG dann, wenn bei der gebotenen wirtschaftlichen Beurteilung der Vorgänge davon auszugehen ist, dass zwischen der Vereinbarung, wodurch ein mittelbarer Gesellschafter zu einem unmittelbaren Gesellschafter wird und der Stärkung des Kapitals durch Leistung eines Zuschusses ein kausaler Zusammenhang besteht.
Ein derartiger kausaler Zusammenhang liegt dann vor, wenn die Leistung ihren Grund in der in Aussicht genommenen Gesellschafterstellung hat.
Dies ist im gegenständlichen Fall jedenfalls zu bejahen. Zuschussleistung und anschließende Verschmelzung der Großmuttergesellschaft mit der Muttergesellschaft erfolgten sehr zeitnah.
Eine interne Umstrukturierung bedarf erfahrungsgemäß einer längeren Vorbereitungsphase, sodass davon auszugehen ist, dass die Leistung des Zuschusses in Hinblick auf die in Aussicht genommene Gesellschafterstellung erfolgte. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass die Gewährung eines Zuschusses durch die Großmutter völlig losgelöst von der rund 5 Wochen später erfolgten Umgründung zu sehen ist, bedarf doch eine im Rahmen der Umgründung bewirkte Neuorganisation eines Konzerns zweifellos einer gewissen Vorbereitungszeit und einer entsprechenden Einigung im Vorfeld.
Konzernumstrukturierungen erfolgen nicht innerhalb kürzester Zeit, sondern über einen eher längeren Zeitraum.
Durch den Großmutterzuschuss sollten der Bf. Geldmittel zugeführt werden, damit diese die von ihr eingegangene Verpflichtung der Barabfindung der Streubesitzaktionäre der ***6*** erfüllen konnte.
Im Verpflichtungsvertrag ist die Bf. die Verpflichtung zur Leistung dieser Barabfindung eingegangen. Hätte sie den Zuschuss nicht erhalten, hätte sie die Barabfindungen aus ihren eigenen Mitteln aufbringen und leisten müssen.
Durch den Zuschuss kam es daher zu einer Erhöhung des Wertes der Geschäftsanteile. Die Zuschussleistung muss nur objektiv geeignet sein, den Wert zu erhöhen. Eine tatsächliche Werterhöhung ist nicht erforderlich.
Welche außersteuerlichen Gründe zur gewählten Vorgehensweise geführt haben, mag dahingestellt bleiben."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Bei der beschwerdeführenden Gesellschaft ***16*** handelt es sich um die Rechtsnachfolgerin der ***4***. (FN ***13***), welche ihrerseits die Rechtsnachfolgerin der ***1***, vormals ***2***, war.
Die ***4*** wurde mit Verschmelzungsvertrag vom mit der ***8*** verschmolzen. Diese wiederum wurde in der Folge mit der ***17*** (FN ***14***) verschmolzen.
Die ***17*** (FN ***15***) befindet sich nunmehr in Liquidation (Generalversammlungsbeschluss vom ).
***9*** und ***10*** hielten gemeinsam (94,41% (plus 2,06% Streubesitzaktien) - ***9*** und 3,53% - ***10***) die Gesellschaftsanteile an der ***6***. Aufgrund der Abspaltung - Spaltungsbericht vom - von Vermögensteilen der ***6*** als übertragende Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge wurde die Aktiengesellschaft ***7*** neu gegründet. Die Streubesitz Aktionäre sollten im Zuge der Spaltung als Aktionäre der ***6*** ausscheiden und dafür Aktien an der ***7*** gewährt bekommen. Aufgrund der Spaltung geht bei der ***6*** Barvermögen (Bankguthaben) von EUR 130.513,-- ab.
Jeder Streubesitz Aktionär erhielt eine nennwertlose Stückaktie an der ***7*** mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals von EUR 1,-- je Aktie. Mit Eintragung schieden die Streubesitzaktionäre aus der ***6*** aus (als Aktionäre der ***8*** verblieben nur noch ***9*** und ***10***). Die Streubesitzaktien wurden mit Eintragung zur Gänze von der ***9*** übernommen.
Zur Abfindung der Streubesitzaktionäre wurde seitens der ***9*** ein Betrag in der Höhe insgesamt € 18.271.860,-- für die Zahlung der barabfindungsberechtigen Aktien sowie der Streubesitzaktionäre durch die ***11*** veranschlagt.
Die ***11*** sicherte den Aktionären der ***7*** - Verpflichtungserklärung vom - eine bare Zuzahlung in der Höhe von EUR 140,-- je Aktie oder eine Barabfindung in Höhe von EUR 141,-- zu. Für die Erfüllung der angebotenen Barabfindung leistete die ***11*** Sicherheit in Form einer Bankgarantie in Höhe der auf die ***8*** Aktien der widersprechenden Streubesitz Aktionäre entfallenden Barabfindungsbeträge.
Mit Valutadatum erfolgte eine Überweisung der ***9*** an die ***11*** in Höhe von EUR 18.271.820,00. Als Verwendungszweck wurde "Großmutterzuschuss" angeführt.
Zum Zeitpunkt der Leistung in Höhe von € 18.271.860,-- (Überweisung vom ) an die ***11*** war die leistende Großmuttergesellschaft ***9*** alleinige Gesellschafterin der ***12*** und diese war alleinige Gesellschafterin der ***11***.
Bei der ***11*** handelt es sich um eine inländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Bei der Zwischengesellschaft handelte es sich um eine reine Beteiligungsholding.
Die Leistung des Zuschusses von der ***9*** an die ***11*** erfolgte ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang um die zugesicherte Barabfindung von Streubesitzaktien, welche in der Folge bei der Großmuttergesellschaft ***9*** vereinigt werden sollten, durchführen zu können.
Hinsichtlich des Zuschusses der ***9*** an die ***11*** wurde keine Urkunde verfasst.
Mit Verschmelzungsvertrag vom verschmolzen sich die ***9*** (als übernehmende) und die ***12*** (als übertragende GmbH), womit die leistende Großmuttergesellschaft unmittelbare Gesellschafterin ***11*** wurde.
Motiv der Zuschussleistung war es die Streubesitzaktionäre abzufinden und in der Folge diese Aktien bei der ***9*** zu vereinigen.
Die wirtschaftlichen Vorteile des Großmutterzuschusses lagen ausschließlich bei der Großmutter selbst. Die Bf. erhielt den Zuschuss mit der Weisung, ihrer Verpflichtung (im Sinne des Verpflichtungsvertrages sowie des Spaltungsberichtes) zur Abfindung der Streubesitzaktionäre nachzukommen.
Um die abgefundenen Streubesitzaktien in der Folge von der ***11*** zu erhalten wurden durch die ***9*** keine weitere Zahlungen geleistet.
Beweiswürdigung
Vom Bundesfinanzgericht wurde zunächst Beweis erhoben durch Einsicht in den vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Bemessungsakt ErfNr. ***3*** sowie durch Firmenbuchabfragen. Sie stehen im Einklang mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin. Weder die Beschwerdeführerin noch die belangte Behörde sind in ihren aufgrund des Vorhaltes der beabsichtigten Entscheidung des BFG getätigten Stellungnahmen dem Sachverhalt entgegengetreten, weshalb dieser als erwiesen angesehen wird.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Nach § 2 Z 4 lit. a Kapitalverkehrsteuergesetz (KVG) unterliegen der Gesellschaftsteuer Zuschüsse als freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.
Leistungen sind dann freiwillig, wenn sie weder auf einer im Gesellschaftsvertrag noch auf einer im Gesetz begründeten Verpflichtung, sondern auf einem anderen Rechtsgrund beruhen. Als freiwillig sind vor allem alle Leistungen anzusehen, die auf Verträgen beruhen, denen nicht der Charakter eines Gesellschaftsvertrages zukommt. Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, dass der Vertrag freiwillig abgeschlossen wird. Zur Steuerpflicht führt jede Zuwendung eines Vermögensteiles durch einen Gesellschafter, die ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erbracht wird und die zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes verwendet wird (vgl. ).
Nach § 9 Abs. 1 KVG ist die Kapitalgesellschaft Steuerschuldner.
Die Kapitalzuführung muss geeignet sein, den Wert der Gesellschaftsanteile des Leistungsempfängers zu erhöhen. Erhöhungen des Gesellschaftsvermögens bei einer anderen Kapitalgesellschaft als dem Leistungsempfänger (zB der Muttergesellschaft des Leistungsempfängers), die sich nur als eine automatisch eintretende wirtschaftliche Nebenwirkung darstellen, sind nicht steuerbar.
Bei der Auslegung des Tatbestandes des § 2 Z. 4 KVG sind auch die Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital 69/335/EWG (in Folgenden kurz RL 69/335/EWG), neugefasst durch die Richtlinie des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital 2008/7/EG (kurz RL 2008/7/EG) zu beachten.
Nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der RL 69/335/EWG (entspricht Artikel 3 Buchstabe h der RL 2008/7/EG) kann die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, soweit sie am der Steuer zum Satz von 1 v. H. unterlagen, weiterhin der Gesellschaftsteuer unterworfen werden.
Lässt die staatliche Umsetzung mehrere Interpretationen zu, so ist jene zu wählen, die den Vorgaben der Richtlinie entspricht; gleichzeitig sind diejenigen Interpretationen zu verwerfen, die gegen die Richtlinie verstoßen würden (vgl. unter Hinweis auf Ehrke-Rabel, Gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation und Anwendungsvorrang im Steuerrecht, ÖStZ 2009, S 189).
Unter Gesellschaftsvermögen ist die Gesamtheit der Wirtschaftsgüter, die die Gesellschafter zu einem gemeinsamen Ganzen vereinigt haben, einschließlich ihres Zuwachses zu verstehen (vgl. Rz. 34 des , mwN).
Nach Aufbau und Systematik der Richtlinie 69/335/EWG wird die Gesellschaftsteuer bei der Kapitalgesellschaft erhoben, die Empfängerin der fraglichen Kapitalzuführung ist. Dies ist gewöhnlich die Gesellschaft, der die in Rede stehenden Mittel oder Leistungen physisch übertragen werden (vgl. Rz. 25 des ).
Die Feststellung, ob ein Vorgang in den Anwendungsbereich von Artikel 4 der Richtlinie 69/335/EWG fällt, ist anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise zu treffen, indem untersucht wird, wem die Zahlung der Einlagen tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. dazu ua "ESTAG", RNr 37 und 38, und EuGH C-71/00, "Develop" RNr 25).
Auch vor der Entscheidung des EuGH wurde im Bereich der Gesellschaftsteuer bereits die wirtschaftliche Betrachtungsweise herangezogen. Es war bereits ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. 607-633/74, 531,532/74 und ), dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise iSd § 21 Abs. 1 BAO zwar im Bereich des Kapitalverkehrsteuergesetzes in den Hintergrund tritt, weil das Gesetz an bestimmte Rechtsvorgänge anknüpft. Stets wurde aber dem aber angefügt, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise auch im Bereich der Verkehrsteuern immer dann gilt, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formalrechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würde (vgl. ).
Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes sind Leistungen, deren Zweck in der Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsanteile des Leistungsempfängers erfolgen, wenn diese Erhöhung vor allem im Interesse des Gesellschafters liegt, dem unmittelbaren Gesellschafter als Leistendem zuzurechnen (vgl. dazu , Senior Engineering Investments BV). Da ansonsten die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 69/335 beeinträchtigt wäre genügt es bei Gesellschaften, die zu einem Konzern gehören, nicht allein die formelle Herkunft einer Einlage festzustellen (vgl. dazu ESTAG, Randnummer 40).
Sowohl im Sinne der Kapitalansammlungsrichtlinie als auch im Sinne des KVG ist Gesellschafter der unmittelbar an der Kapitalgesellschaft Beteiligte und begründet eine mittelbare Beteiligung keine Gesellschafterstellung.
Zweck der Zuschussleistung an die Bf. war im gegenständlichen Fall ein Zuschuss der Großmuttergesellschaft um die von der Bf. eingegangene Verpflichtung, nämlich die Abfindung der Streubesitzaktionäre; dies ohne Einbindung der Zwischengesellschaft. Der Betrag wurde von der Großmuttergesellschaft als Einlage in die Enkelgesellschaft physisch übertragen; es fand nur ein Vorgang, nämlich zwischen der Großmuttergesellschaft und der Enkelgesellschaft, statt.
Mit dem Kapitalzuschuss wurde weder der Verkehrswert der Bf., noch das Gesellschaftsvermögen der Bf. ebenso wenig der Wert der Gesellschaftsanteile an der Bf. erhöht wurde. Der von der Großmutter überwiesene Betrag wurde - bestimmungsgemäß - für die Abfindung verwendet. Anderes bzw. dass weitere Leistungen seitens der ***9*** an die ***11*** geleistet wurden um die Aktien zurückzuerhalten wurde weder von der Bf. behauptet noch seitens der belangten Behörde in Frage gestellt oder dieser Feststellung entgegengetreten.
Der Zuschuss wurde sohin von der operativ tätigen Großmuttergesellschaft mit der Bestimmung gewährt damit die Streubesitzaktionäre abzufinden um in der weiteren Folge alle diese Aktien in der Hand der Großmuttergesellschaft zu vereinigen. Der Zuschuss war nicht geeignet den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen, da der überwiesene Betrag tatsächlich und bestimmungsgemäß für die Abfindung der Streubesitzaktionäre verwendet wurde.
Bei Leistungen nach § 2 Z 2 bis 4 stellt der Wert der Leistung die Bemessungsgrundlage für die Steuerberechnung dar (§ 7 Abs. 1 Z 2 KVG).
Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d) Richtlinie 69/335/EWG bzw. Art 11 Abs. 4 der RL 2008/7/EG bestimmen, dass die Steuer bei Erhöhung des Gesellschaftsvermögens gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b) der RL 69/335/EWG bzw. bei Kapitalzuführungen gemäß Art 3 Buchstabe h) der RL 2008/7/EG) vom tatsächlichen Wert der erbrachten Leistungen abzüglich der Lasten und Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft aus diesen Leistungen erwachsen, erhoben wird.
Das KVG erfasst die Kapitalbewegung, nicht aber das Vermögen oder den Nutzen respektive Ertrag. Die Gesellschaftsteuer ist eine Kapitalverkehrsteuer, sie knüpft formal an einen Akt des Rechtsverkehrs an, der einen Vermögenstransfer zum Gegenstand hat. (Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, Kapitalverkehrsteuergesetz- Kommentar 2008, Rz 12, zu Einleitung).
Es hat daher auf den Wert einer gesellschaftsteuerpflichtigen Leistung grundsätzlich keinen Einfluss, ob vor oder nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld ein "Rückfluss" von Kapital aus der Sphäre des Gesellschafters an den Gesellschafter stattfindet bzw. stattgefunden hat. Zu berücksichtigen sind jedoch solche Lasten und Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft aus einer bestimmten Leistung erwachsen und die dem Grunde und der Höhe nach im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld bereits feststehen (vgl. dazu 161/78, P. Conradsen zu latenten Steuern).
Nach den Grundsätzen der KapAnsRL sind der Gesellschaftsteuer jene Vorgänge zu unterwerfen, die einen rechtlichen Ausdruck einer Ansammlung von Kapital darstellen. Allerdings sind diese Vorgänge nur insoweit der Gesellschaftsteuer zu unterwerfen, als sie zur Verstärkung des Wirtschaftspotenzials der Gesellschaft beitragen (Begründungserwägung für die Änderung der Richtlinie 69/335/EWG durch die Richtlinie 74/553/EWG, ABl. Nr. L 303 vom , S 9). Das entscheidende Kriterium dafür, ob ein Vorgang der Kapitalansammlung der Gesellschaftersteuer unterworfen werden kann, besteht somit in der Stärkung des Wirtschaftspotenzials der Gesellschaft. Nach diesem für den gesamten Anwendungsbereich der Gesellschaftsteuer geltenden Leitgedanken ist davon auszugehen, dass Art. 5 Absatz 1 Buchstabe a KapAnsRL 69/335/EWG bzw. Art. 11 Abs. 1 KapAnsRL 2008/7/EG dahin gehend auszulegen ist, dass sämtliche Kosten, die der Gesellschaft jeweils aus der Einlage erwachsen, bemessungsgrundlagenmindernd zu berücksichtigen sind. Nur die bei einer Einlage der Gesellschaft verbleibenden liquiden Mittel vermögen das Wirtschaftspotential zu stärken, weshalb diese Nettogröße als Bemessungsgrundlage für die Gesellschaftsteuer heranzuziehen ist. Durch diesen Ansatz wird eine Besteuerung nach Maßgabe der tatsächlichen Verstärkung des Wirtschaftspotenzials sichergestellt (vgl. RV/0730-I/08 unter Hinweis auf Dr. Gernot Aigner, Zur Bemessungsgrundlage für die Gesellschaftsteuer, SWK- Jahrgang 2008, Heft Nr. 25, S 675 - S 680, Seite 1043 ff).
Da § 7 Abs. 1 Z 1lit a KVG entgegen der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung des Art. 5 Absatz 1 Buchstabe a KapAnsRL 69/335/EWG bzw. Art. 11 Abs. 1 RL 2008/7/EG ("abzüglich der Lasten und Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft jeweils aus der Einlage erwachsen") keine Berücksichtigung der bei der Kapitalgesellschaft durch die Einlage entstandenen Aufwendungen (Kosten) bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage vorsieht, diese Richtlinienbestimmung somit unzulänglich ins innerstaatliche Recht umgesetzt worden ist und die diesbezüglichen Voraussetzungen für eine unmittelbare Wirkung dieser Richtlinienbestimmung erfüllt sind, ging der Unabhängigen Finanzsenat unter Beachtung des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes und der unmittelbaren Wirkung der Richtlinienbestimmungen betreffend die Bemessungsgrundlage in der bereits genannten Entscheidung RV/0730-I/08 davon aus, dass die von der Kapitalgesellschaft anlässlich einer Kapitalerhöhung nachweislich getragenen Kosten des Börseganges eine Last bzw. Verbindlichkeit im Sinne des Art. 5 Absatz 1 Buchstabe a KapAnsRL 69/335/EWG bzw. Art. 11 Abs. 1 KapAnsRL 2008/7/EG darstellen. Erhält die Kapitalgesellschaft im Ergebnis zur Verstärkung ihres Wirtschaftspotenzials an verbleibenden liquiden Mittel die Bareinlage (Kapitalerhöhung samt Agio) abzüglich der Kosten des Börsenganges so ist diese Nettogröße als Bemessungsgrundlage für die Gesellschaftsteuer heranzuziehen.
Zum Abzug von Lasten und Verbindlichkeiten hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen (vgl. ):
"Die Richtlinie sieht in Artikel 5 Abs. 1 lit. a) vor, dass im Falle einer Kapitalerhöhung die Steuer auf der Grundlage des tatsächlichen Wertes der Einlagen "abzüglich der Lasten und Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft jeweils aus der Einlage erwachsen" erhoben wird.
Den Abzug von Lasten und Verbindlichkeiten der Gesellschaft sieht der novellierte § 7 Abs. 1 Z 1 KVG, der die Bemessungsgrundlage zur Erhebung der Gesellschaftssteuer im Falle der Kapitalerhöhung regelt, nicht vor. Dort ist lediglich von der Bildung der Bemessungsgrundlage auf Basis der Leistungen des Gesellschafters die Rede. Ein Abzug von Aufwendungen der Gesellschaft ist nicht geregelt und kann auch nicht im Begriff "Wert der Gegenleistung" untergebracht werden, zumal dort eben nur jene Leistungen zu berücksichtigen sind, die der Gesellschafter selbst erbringt bzw. zu erbringen hat.
In diesem Punkt (Bildung der Bemessungsgrundlage) ist aber für die Umsetzung der Richtlinie kein Spielraum des nationalen Gesetzgebers vorgesehen, weil die Gesellschaftsteuer nicht nur hinsichtlich ihrer Sätze, sondern auch hinsichtlich ihrer Struktur harmonisiert wurde, was bedeutet, dass die Besteuerungsgrundlage in jedem einzelnen Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver Merkmale bestimmt wird, deren Tragweite innerhalb der Gemeinschaft einheitlich ist und die dem Einfluss des jeweiligen nationalen Rechts entzogen ist. Der Steuer sollen nur solche Vorgänge unterworfen sein, die der rechtliche Ausdruck einer Ansammlung von Kapital sind, und zwar nur insoweit, als sie zur Verstärkung des Wirtschaftspotentials der Gesellschaft beitragen (vgl. das 270/81).
Wurde die Anordnung, wonach Lasten und Verbindlichkeiten der Gesellschaft vom Wert der Einlage abzuziehen sind, nicht in nationales Recht umgesetzt, stellt sich die Frage, ob die entsprechende Bestimmung der Richtlinie unmittelbar anzuwenden ist, weil die Wirkungen einer Richtlinie den einzelnen auf dem Weg über die von dem betreffenden Mitgliedstaat ergriffenen Durchführungsmaßnahmen immer nur dann treffen, wenn sie ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Wurde eine Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt, kann sich der Einzelne in all den Fällen, in denen Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, vor einem nationalen Gericht gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen. In einem solchen Fall sind die Behörden verpflichtet, diese Bestimmungen anzuwenden (vgl. das 103/88).
Die Anordnung, Lasten und Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft jeweils aus der Einlage erwachsen, wurde trotz des Fehlens eines entsprechenden Spielraumes nicht in nationales Recht umgesetzt. Sie ist jedoch auch im Lichte der oben wieder gegebenen Rechtsprechung, wonach nur der tatsächlich der Gesellschaft zugekommene Betrag zur Stärkung von deren Wirtschaftspotential dient, ausreichend bestimmt, weshalb einer unmittelbaren Anwendung dieser Anordnung nichts im Wege steht.
Nach dem vorliegenden unbestrittenen Sachverhalt sind der Gesellschaft durch den Börsengang, der zur Kapitalerhöhung und damit zur Leistung der mit dem Nennwert angesetzten Einlagen geführt hat, Kosten entstanden, die dem Begriff der Lasten und Verbindlichkeiten zuzuordnen sind. Damit ist der Tatbestand von Artikel 5 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie erfüllt, weshalb die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum vom Abzug der Kosten des Börsenganges von der sonst gebildeten Bemessungsgrundlage ausgegangen ist und zutreffend dem Erstattungsantrag stattgegeben hat".
Ebenso ist die Bestimmung des Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d) der Richtlinie 69/335/EWG (entspricht Art 11 Abs. 4 der RL 2008/7/EG), auch ohne entsprechende Umsetzung in nationales Recht unmittelbar anwendbar, und ist daher die Gesellschaftsteuer bei Erhöhungen des Gesellschaftsvermögens gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b) der RL 69/335/EWG (entspricht Kapitalzuführungen gemäß Art 3 Buchstabe h) der RL 2008/7/EG) vom tatsächlichen Wert der erbrachten Leistungen abzüglich der Lasten und Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft aus diesen Leistungen erwachsen, zu erheben.
Es kommt somit nicht darauf an, ob ein Leistungsaustausch vorliegt, sondern in welchem Umfang das Wirtschaftspotential der Gesellschaft verstärkt wird. Hat die Gesellschaft für den Erhalt der Leistung im Gegenzug dem Grunde und der Höhe bereits feststehende Lasten oder Verbindlichkeiten zu tragen, so kürzen diese Lasten oder Verbindlichkeiten die Bemessungsgrundlage der Gesellschaftsteuer.
Im gegenständlichen Fall war bereits von Anfang an bestimmt, dass eine Herausgabe der Aktien an die ***9*** nach Abfindung der Streubesitzaktionäre stattfinden sollte. Damit hatte die Bf. für den Erhalt des Zuschusses eine bereits von Beginn an feststehende Last zu tragen und standen sich damit der Zuschuss in der gleichen Höhe wie die zu tragende Last gegenüber.
Daraus ergibt sich, dass durch den Zuschuss, welcher tatsächlich und allein zur Abfindung der Streubesitzaktionäre verwendet wurde, weder Gesellschaftsanteile noch - rechte, noch Gesellschaftsvermögen erhöht wurden und somit keine Leistung im Sinne des § 2 Z 4 KVG vorliegt.
Es kann daher dahingestellt bleiben, dass die ***9*** in der Folge durch die Verschmelzung zur unmittelbaren Gesellschafterin der Bf. wurde, da der Zuschuss nicht geeignet war, das Wirtschaftspotential der Gesellschaft zu verstärken.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgte in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (ua. ) und war daher die Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Z 4 lit. a KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 9 Abs. 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 Art. 4 Kapitalansammlungs-RL, RL 69/335/EWG, ABl. Nr. L 249 vom S. 25 § 7 Abs. 1 Z 2 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 |
Verweise | 270/81 161/78 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103819.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at