Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2020, RV/7103014/2017

Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung, Antragsteller nunmehr insolvent.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den-Senat in der Beschwerdesache MV, Adresse1, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der AS, Adresse2, damals vertreten durch RA, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufschiebung der Vollstreckung in der Sitzung am  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid gemäß § 232 BAO vom ordnete das Finanzamt die Sicherstellung folgender Abgabenansprüche in das Vermögen der AS (Bf.) an:


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Abgabenart
Zeitraum
(voraussichtliche) Höhe in Euro
Glücksspielabgabe
Februar 2016
1,002.420,11
Glücksspielabgabe
März 2016
1.927.034,17
Glücksspielabgabe
April 2016
884.019,04
Glücksspielabgabe
Mai 2016
990.679,59
Glücksspielabgabe
Juni 2016
705.332,64
Glücksspielabgabe
Juli 2016
715.378,88
Glücksspielabgabe
August 2016
618.298,24
Glücksspielabgabe
September 2016
904.697,92
Glücksspielabgabe
Oktober 2016
1,241.001,97
Glücksspielabgabe
November 2016
842.612,82
Glücksspielabgabe
Dezember 2016
1,118.889,39
Glücksspielabgabe
Jänner 2017
1,199.805,62
Glücksspielabgabe
Februar 2017
941.526,13

Zur Begründung wurde ausgeführt:

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO könne die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpften, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststehe, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige könne durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben würden.

Die sicherzustellenden Abgabenansprüche seien auf Grund folgender Sachverhalte entstanden und wurden wie folgt ermittelt worden:

Abgabenanspruch:

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setze zunächst die Verwirklichung jenes Tatbestandes voraus, an den die Abgabepflicht geknüpft sei.

Eine Sicherstellung sei kein abschließender Sachbescheid, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu diene, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen, setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme bestehe, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre.

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setze die Wahrscheinlichkeit der Entstehung eines noch nicht vollstreckbaren Abgabenanspruches sowie die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgaben voraus.

Dabei sei nur zu prüfen, ob gewichtige Anhaltspunkte für die Entstehung des Abgabenanspruches und dessen Höhe gegeben seien.

Im gegenständlichen Fall biete die Bf. in den Räumlichkeiten Interessierten die Möglichkeit zur Teilnahme an Pokerspielen in Turnierform und in Form von Cash Games an und führe diese durch.

Dadurch seien von der Bf. in den Anmeldezeiträumen Februar 2016 bis Februar 2017 Ausspielungen iSd § 2 Abs. 1 GSpG veranstaltet worden, die der Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 1 GSpG unterlägen. Durch die Durchführung dieser Pokerveranstaltungen sei der Tatbestand, an den das Glücksspielgesetz die Steuerpflicht nach § 57 GSpG knüpfe, verwirklicht worden.

Dies sei auch durch die ständige Rechtsprechung des UFS bzw. BFG (UFS Wien vom , RV/1666-W/06, RV/1665-W/06, RV/1338-W/05, RV/0031-W/02, RV/1669-W/06, RV/1668-W/06, RV/1667-W/06, RV/1664-W/06, RV/1663-W/06; UFS Wien vom , RV/0421-W/02; UFS Wien vom , RV/0369-W/02, RV/0036-W/02; UFS Innsbruck vom , RV/0499-I/10; UFS Innsbruck vom , RV/0500-I/10; UFS Wien vom , RV/0743-W/11; UFS Graz vom , RV/0744-G/11; ; ; , , und ) sowie die Rechtsprechung des , vom , B 58-62/2014 und vom , E 293/2015 und vom , G 103-104/2016 gedeckt.

Bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57 GSpG sei der Konzessionär (§ 17 Abs. 6 GSpG) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5 GSpG) der Abgabenschuldner. Fehle ein Berechtigungsverhältnis, seien der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung und der Vermittler (§ 59 Abs. 5 GSpG), sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand Abgabenschuldner.

Die Bf. sei daher Abgabenschuldnerin,

Berechnung der Glücksspielabgabe:

Die voraussichtliche Höhe der Abgaben errechne sich aus den von der Bf. mittels Abgabenerklärung selbst bekannt gegebenen Bemessungsgrundlagen.

Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Abgabeneinbringung:

Um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen, könne die Abgabenbehörde nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 BAO) bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) einen Sicherstellungsauftrag erlassen (§ 232 BAO).

Die Erschwerung der Einbringung der Abgabe(n) sei zu befürchten, weil der zu erwartende Abgabenbetrag die Höhe des vorhandenen Vermögens und Einkommens der Bf. bei weitem übersteige. Laut handelsrechtlicher Bilanz für das Jahr 2015 habe die Bf. ein negatives Eigenkapital in der Höhe von € 66.001.765,84 und einen Bilanzverlust von € 66.042.733,79, Des Weiteren habe die Bf. einen Rückstand von € 68.883.415,94 Glücksspielabgabe und Nebengebühren am Abgabenkonto.

Aufgrund der vorgelegten Abgabenerklärung und der sich daraus errechneten Glücksspielabgabe ergebe sich, dass die voraussichtliche Abgabenschuld für die Monate Februar 2016 bis Februar 2017 in der Höhe von € 13,091.696,52 die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes erheblich übersteige.

Darüber, hinaus sei die Entrichtung der Glücksspielabgabe für diese Zeiträume unterblieben. Stattdessen sei ein Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Glücksspielabgaben gem. § 201 BAO mit € 0,00 gestellt worden.

Aufgrund dieses bisher gezeigten steuerlichen Verhaltens, in dem die abgabenrechtliche Pflicht zur Entrichtung der Glücksspielabgabe ignoriert worden sei, und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bf. erscheine die Abgabeneinbringung gefährdet.

Bei der im Rahmen des § 20 BAO vorzunehmenden Ermessensübung sei dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit gegenüber dem Grundsatz der Billigkeit der Vorzug gegeben worden. Dabei sei unter Berücksichtigung des Normzwecks des § 232 BAO dem öffentlichen Interesse zur Einbringung der Abgabe der Vorrang zu geben, die nur durch einen sofortigen Zugriff auf verwertbares Vermögen gesichert werde.

Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben erhelle nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden könne. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen würden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder der zu erlangenden Sicherheit sei daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen (, ). Angesichts der voraussichtlichen Höhe des Abgabenanspruches und der dargestellten wirtschaftlichen Situation der Bf. könne von einem derartigen Ausnahmefall, der die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht gerechtfertigt erscheinen ließe, keine Rede sein.

*****

Mit Schreiben vom wandte die Bf. Nichtigkeit der eventuellen Zustellung des Sicherstellungsauftrages ein:

Es sei heute versucht worden, ein behördliches Schriftstück mit der Bezeichnung „Bescheid – Sicherstellungsauftrag“ an die Gesellschaft durch persönliche Überreichung zuzustellen. Die Zustellung des Dokumentes sei nicht erfolgt, ein etwaiger Bescheid – Sicherstellungsauftrag daher nicht erlassen.

Im genannten Dokument sei der Adressat mit der im Firmenbuch eingetragenen Firmenbezeichnung bezeichnet. Gemäß § 13 Abs. 3 ZustellG sei das Dokument einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen. Gemäß §  18 GmbHG werde die Gesellschaft ausschließlich durch den im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

Eine Zustellung an einen steuerlichen oder anwaltlichen Vertreter sei nicht möglich, da es sich bei diesem Dokument offensichtlich nicht um ein anhängiges Abgaben-, sondern um ein Sicherungsverfahren handle, in welchem noch keine Vollmacht einer dritten Person gelegt worden sei.

Ungeachtet dessen sei mangels Nennung des Geschäftsführers oder eines steuerlichen Vertreters im Adressfeld des Dokumentes die Zustellung schon deshalb nicht erfolgt, weil bei juristischen Personen eine natürliche Person als Zustellungsbevollmächtigter genannt werden müsse. Zudem fehle es auch an einer Zustellverfügung, sodass dieser „Mangel“ der Zustellung auch nicht heilbar sei.

*****

In der dagegen am rechtzeitig erhobenen Beschwerde wandte der rechtliche Vertreter der Bf. ein wie folgt:

1. SACHVERHALT UND VERFAHRENSGANG

Die Bf. betreibe in Wien ein nach den Bestimmungen der GewO angemeldetes Pokercasino, wofür sie eine aufrechte Gewerbeberechtigung besitze. Nach ihrer Gewerbeberechtigung sei sie berechtigt, Poker und andere Kartenspiele ohne Bankhalter zu veranstalten und zu organisieren. Die angebotenen Spiele umfassten sowohl Poker Cash Games als auch Pokerturniere. Die Beschwerdeführerin nehme an den Spielen selbst nicht teil und nehme auch keine Einsätze entgegen.

Da dieses Angebot nach Ansicht der Abgabenbehörde der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG unterliege, gebe die Bf. monatlich unter Verwendung des Formulars GSP 50 Bemessungsgrundlagen an. Diese Bekanntgaben verbinde sie mit Anträgen auf Festsetzung der Glücksspielabgabe null EURO,--, da sie die Auffassung vertrete, dass sie nicht der Glücksspielabgabenpflicht unterliege.

Auf Basis des Sicherstellungsauftrages und des Vollstreckungsauftrages, beide datiert mit , sei in den Räumlichkeiten der Bf. am Nachmittag des Exekution zur Sicherstellung geführt worden. Im Zuge der Exekution seien bis dato liquide Mittel in Höhe von EUR 95.015,- sichergestellt worden.

Gegen den Bescheid über den Sicherstellungsauftrag ("bekämpfter Bescheid") richte sich die vorliegende Beschwerde.

2. BEGRÜNDUNG DER BESCHWERDE

2.1 Vorbemerkung

Gemäß § 232 Abs 1 BAO könne die Abgabenbehörde sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den die Abgabenvorschriften die Abgabenpflicht knüpften, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststehe, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige könne durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterblieben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben würden.

Dieser Sicherstellungsauftrag müsse nicht nur den allgemeinen Bescheiderfordernissen entsprechen, sondern habe auch zwingend die folgenden Bestandteile zu enthalten (§ 232 Abs 2 BAO):

- die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;

- die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergebe;

- den Vermerk, dass die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden könne;

- die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken könne, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben würden.

Aus § 232 Abs 1 BAO ergebe sich, dass die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nur dann rechtmäßig sei, wenn

- der Tatbestand verwirklicht sei, an den die Abgabenvorschriften die Abgabenpflicht knüpften;

- die betroffenen Abgaben noch nicht vollstreckbar seien; und

- eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung dieser Abgaben drohe (Ritz, BAO5 § 232 Rz 3 ff mwN).

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages liege im Ermessen der Abgabenhörde (RAE, Rz 1566). Selbst wenn also die Voraussetzungen des § 232 Abs 1 BAO erfüllt seien, bedürfe es zur rechtmäßigen Erlassung eines Sicherstellungsauftrages, dass das der Abgabenbehörde zukommende Ermessen tatsächlich in diesem Sinne auszuüben sei.

2.2 Keine Verwirklichung des Abgabentatbestandes

Ein Sicherstellungsauftrag dürfe nur erlassen werden, wenn der Tatbestand verwirklicht sei, an den die Abgabenvorschriften die Abgabenpflicht knüpften. Nach Ansicht der Abgabenbehörde sei diese Voraussetzung erfüllt, da sie in den Abgabenzeiträumen Februar 2016 bis einschließlich Februar 2017 Interessierten die Möglichkeit geboten habe, an Pokerspielen in Form von Cash Games und in Form von Turnieren teilzunehmen. Aus diesem Grund seien Ausspielungen iSd § 2 Abs 1 GSpG veranstaltet worden, die nach § 57 Abs 1 GSpG der Glücksspielabgabenpflicht unterlägen (Seite 2 des bekämpften Bescheides).

Diese Interpretation der Abgabenhörde übersehe jedoch das Zusammenwirken von § 2 Abs 4 GSpG mit der Übergangsbestimmung des § 60 Abs 36 GSpG:

Nach § 2 Abs 4 GSpG gälten Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt worden sei und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen seien, als verbotene Ausspielungen. Gemäß § 60 Abs 36 GSpG sei § 2 Abs 4 GSpG auf Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung, die zum aufrecht gewesen sei, erst ab anzuwenden.

§ 60 Abs 36 GSpG könne auf zwei unterschiedliche Arten ausgelegt werden: Entweder dahingehend, dass gar keine Ausspielung vorliege oder dahingehend, dass bloß keine verbotene Ausspielung vorliege. Unabhängig von der gewählten Auslegung bestehe im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls keine Abgabepflicht:

2.2.1 Keine Ausspielung

Verboten sei eine Ausspielung, wenn weder eine Konzession noch eine Berechtigung noch eine Ausnahme nach dem GSpG vorliege. Zweifellos liege aufgrund der Übergangsbestimmung keine verbotene Ausspielung vor.

Eine erlaubte Ausspielung sei im Umkehrschluss eine Ausspielung, für die entweder eine Konzession oder eine Bewilligung erteilt oder die vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sei. All dies treffe im vorliegenden Sachverhalt zweifellos nicht zu.

Das Angebot der Beschwerdeführerin sei daher weder eine erlaubte noch eine verbotene Ausspielung, womit also die einzig mögliche Schlussfolgerung sei, dass gar keine Ausspielung vorliege.

Dieses Ergebnis sei nicht überraschend, könne dem Gesetzgeber doch nicht unterstellt werden, er habe eine Übergangsregelung schaffen und diese gleichzeitig durch die Einführung einer Abgabepflicht für Pokersalons auf gewerberechtlicher Grundlage unterminieren wollen. Hätte der Gesetzgeber für die bestehenden frei gewerblichen Pokersalons eine Abgabepflicht nach § 57 GSpG vorsehen wollen, dann hätte die Übergangsbestimmung keinen Sinn mehr gemacht.

Da der frei gewerbliche Unternehmer, der nicht Bankhalter ist, keine Einsätze entgegennehme, könne er unmöglich den Pflichten nach den §§ 57-59 GSpG entsprechen. Es könne nicht  angenommen werden, dass der Gesetzgeber den Fortbestand der "Pokersalons" bis erlauben und die Betreiber gleichzeitig mittels einer nicht erfüllbaren Abgabepflicht auf Einsätze zur Aufgabe zwingen habe wollen.

Eine gleichzeitige Anwendung und Nicht-Anwendung des GSpG, wie dies offenbar die Behörde unterstelle, wäre widersprüchlich.

Im Ergebnis habe die Auslegung, wonach überhaupt keine Ausspielung vorliege, zur Konsequenz, dass eine Voraussetzung für eine Abgabenpflicht - das Vorliegen einer Ausspielung - nach § 57 GSpG nicht gegeben sei und somit der Bf. auf Basis dieser  estimmung keine Glücksspielabgaben vorgeschrieben werden könnten. Der Abgabentatbestand, eine zwingend erforderliche Voraussetzung für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages, sei somit nicht erfüllt.

2.2.2 Keine verbotene Ausspielung

Selbst wenn man § 2 Abs 4 GSpG so interpretieren würde, dass bloß keine verbotene Ausspielung (sondern eine erlaubte Ausspielung) vorliege, bestünde keine Abgabepflicht, weil die Ausspielung entsprechend der Übergangsbestimmung jedenfalls nicht verboten sei, die Abgabepflicht aber zweifellos nur an verbotene Ausspielungen anknüpfe.

Dies ergebe sich einerseits aus der Befreiungsbestimmung des § 57 Abs 6 GSpG, andererseits aber auch aus der Bestimmung betreffend den Abgabenschuldner (§ 59 Abs 2 GSpG),

Nach § 57 Abs 6 GSPG seien von der Glücksspielabgabe befreit:

1. Ausspielungen in konzessionierten Spielbanken;

2. Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung;

sowie

3. Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol des § 4 Abs 3 bis 6.

Konzessionsinhaber, Bewilligungsinhaber und die Ausnahmen vom Monopol seien daher von der Glücksspielabgabe befreit.

§ 2 Abs 4 GSpG definiere den Begriff der verbotenen Ausspielungen als jene für die weder eine Konzession noch eine Bewilligung noch eine Ausnahme nach § 4 GSpG bestehe.

Aus § 57 Abs 6 iZm § 2 Abs 4 GSpG ergebe sich daher, dass nur verbotene Ausspielungen der Glücksspielabgabe unterliegen sollten.

Eine verbotene Ausspielung liege aber im Beschwerdefall nach der Übergangsbestimmung zweifellos nicht vor. Somit unterliege auch das Angebot der Beschwerdeführerin bis jedenfalls nicht der Abgabenpflicht.

§ 59 Abs 2 GSpG regele, wer Abgabenschuldner sei:

Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 seien

1. bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57:

- der Konzessionär (§ 17 Abs. 6) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5);

- bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.

Selbst wenn man also - was widersprüchlich wäre - von einer Abgabenpflicht nach § 57 GSpG ausginge, könnten der Bf. keine Abgaben vorgeschrieben werden, da sie nämlich nicht Abgabenschuldner sei. Abgabenschuldner einer Abgabe nach § 57 GSpG seien der Konzessionär oder der Bewilligungsinhaber oder bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses unter anderem der Veranstalter der Ausspielung.

Die Bf. sei unstrittig kein Konzessionär iSd § 17 Abs 5 GSpG und auch kein Bewilligungsinhaber iSd § 5 GSpG. Ihr fehle aber auch kein Berechtigungsverhältnis, weil die Übergangsbestimmung es ihr ermögliche, auf Basis ihrer gewerberechtlichen Bewilligung bis ihre Pokersalons zu betreiben und sie somit eindeutig über eine Berechtigung verfüge.

Somit sei auch nach dieser Auslegung der Abgabentatbestand nicht erfüllt und eine zwingend erforderliche Voraussetzung für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erfüllt.

2.2.3 Zu der von der Abgabenbehörde zitierten Judikatur

Auf Seite 2 des bekämpften Bescheides zitiere die Abgabebehörde Judikatur, welche die Glücksspielabgabenpflicht von frei gewerblichen Pokersalons belegen solle. Allerdings seien die zitierten Entscheidungen für den gegenständlichen Fall aus folgenden Gründen nicht maßgeblich:

Die von der Abgabenbehörde ins Treffen geführten Entscheidungen des UFS, die vor dem Jahr 2011 ergangen seien, seien jedenfalls irrelevant, da die Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben nach § 57 GSpG erst mit in Kraft getreten sei.

Sofern Entscheidungen des UFS/BFG die Glücksspielabgabenpflicht von frei gewerblichen Pokersalons zum Gegenstand hätten, übersehe die belangte Behörde, dass die Abgabenpflicht bis dato in keinem einzigen Fall vom VwGH bestätigt worden sei. Beschwerden und Revisionen betreffend diese Frage seien beim VwGH anhängig. Dies sei auch der Grund dafür, warum die Abgabenbehörde in dem bekämpften Bescheid kein einziges Erkenntnis des VwGH betreffend Glücksspielabgaben ins Treffen führen könne.

Ergänzend sei in diesem Zusammenhang angemerkt: Da die Abgaben für Pokerspiele äußerst strittig und vom VwGH noch nicht bestätigt seien, habe das OLG Wien schon für Insolvenzverfahren ausgesprochen, dass nicht einmal die Vollstreckbarkeit als Bescheinigung (und somit nicht für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens) ausreiche (OLG Wien , 28 R 166/15k). Im Hinblick darauf, dass die gegenständliche Exekution zur Sicherstellung nicht einmal vollstreckbare Abgaben betreffe, betriebsvernichtend sei, und eine Insolvenz zur Folge haben könne (siehe Punkt 2.3 unten), müsse im vorliegenden Fall umso mehr die Tatbestandsmäßigkeit der Abgaben höchstgerichtlich bekräftigt sein, um eine Sicherstellung dieses Ausmaßes zu rechtfertigen.

Dass der VfGH in manchen Fällen Beschwerden betreffend diese Thematik abgelehnt habe, lasse nicht den Umkehrschluss zu, dass die Glücksspielabgabenpflicht für frei gewerbliche Pokersalons bestätigt sei. Vielmehr belegten die Ablehnungen lediglich, dass von den Beschwerdeführern bis dato geltend gemachte Bedenken nach Ansicht des VfGH nicht in die verfassungsrechtliche Sphäre reichten, sondern nach Ansicht des VfGH eine - allenfalls grob - unrichtige Anwendung des einfachen Gesetzes vorliege.

2.3 Rechtswidrige Auslegung von § 232 Abs 1 BAO

Das Ziel des Sicherungsverfahrens bestehe darin, dem Abgabengläubiger bereits zu einem Zeitpunkt, in dem sein Anspruch zwar dem Grunde nach feststehe, er aber noch nicht realisierbar sei, wegen Drohung der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung ein Pfandrecht zu verschaffen, dessen Rang auch für die nachfolgende Exekution zur Einbringung maßgeblich sei (Ritz, BAO5 § 232 Rz 1 mwN).

Wie bereits unter Punkt 2.2 dargestellt, stehe die Glücksspielabgabenpflicht für Betreiber frei gewerblicher Pokersalons zumindest bis keinesfalls dem Grunde nach fest. Dies erkläre auch, warum der VwGH bis dato in keinem einzigen Fall die Glücksspielabgabenpflicht für derartige Pokersalonbetreiber bejaht habe.

Selbst wenn die Abgabenbehörde ungeachtet dessen weiterhin die Meinung vertreten sollte, dass  der Abgabenanspruch im Beschwerdefall dem Grunde nach feststehe, könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages für Abgabenansprüche in jeglicher (noch so absurder) Höhe erlauben wollte. Wäre dies zulässig, so könnte die Abgabenbehörde die Ausübung der der Abgabe unterliegenden Tätigkeit bis zur Klärung der Abgabenschuld der Höhe und dem Grunde nach unmöglich machen. Dies solle an folgendem Beispiel veranschaulicht werden:

Angenommen ein Unternehmer mit einem Umsatz von EUR 500.000,00 erbringe im Inland zehn Leistungen die der Umsatzsteuer in Höhe von 20% unterlägen. Wenn in einem derartigen Fall die Abgabenbehörde nun eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der Umsatzsteuer befürchte, sei sie zwar berechtigt, Exekution zur Sicherstellung zu führen, da die Abgabenschuld dem Grunde nach für diese zehn Leistungen unstrittig feststehe. Dennoch könne sie nicht einfach davon ausgehen, in die Bemessungsgrundlage dieser zehn Leistungen seien Gegenleistungen im Wert von EUR 10 Mio. einzurechnen und somit bei einem Umsatz von EUR 500.000,00 einen Sicherstellungsauftrag für EUR 2 Mio. erlassen. Damit wäre die Tätigkeit bis zur endgültigen Feststellung des Abgabenanspruches nicht mehr möglich. So gehe die Abgabenbehörde aber im vorliegenden Fall vor, indem sie einen Sicherstellungsauftrag über einen Betrag erlassen habe, dessen Höhe die Umsatzerlöse der Bf. um ein  Vielfaches übersteige und deshalb unbezahlbar sei.

Diese Auslegung des § 232 Abs 1 BAO gegen seinen Sinn und Zweck sei auch aus rechtsstaatlichen Gründen bedenklich. Denn Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages könnten vom Unternehmer nur verhindert werden, wenn er den nach Auffassung der Abgabenbehörde geschuldeten Betrag hinterlege. Dies sei im oben genannten Beispiel - wie auch im Beschwerdefall - jedoch wirtschaftlich unmöglich, weil der von der Abgabenbehörde vermutete Abgabenbetrag den Umsatz des Unternehmers um ein Vielfaches übersteige.

Auch die Erhebung eines- Rechtsmittels gegen den Sicherstellungsauftrag in Verbindung mit einem Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung gemäß § 18 Z 1 AbgEO könne nicht sämtliche Sicherstellungsmaßnahmen verhindern. Denn wenn während einer Razzia Vollstreckung zur Sicherstellung geführt werde, folge der finanzbehördliche Vollstrecker den Sicherstellungsauftrag erst unmittelbar vor der Sicherstellung aus und in diesem Zeitpunkt kann naturgemäß noch kein Rechtsmittel gegen den Sicherstellungsauftrag verfasst sein, weshalb auch die Aufschiebung der Vollstreckung nicht beantragt werden könne.

Mit dem gewählten Vorgehen gefährde die Abgabenbehörde die Bf. in Ihrer wirtschaftlichen Existenz und unterlaufe das Prinzip des effektiven Rechtsschutzes.

Die Interpretation der Abgabenbehörde, wonach sie bei der Bestimmung des Abgabenbetrages, welcher sichergestellt werden solle, vollkommen ungebunden sei, impliziere auch, dass die Abgabenbehörde willkürlich darüber entscheide, ob eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe drohe. Indem sie nämlich den Abgabenbetrag beliebig hoch ansetzen könne, beeinflusse sie maßgeblich, ob die Einbringung der Abgabe gefährdet oder erschwert scheine, da im Zuge dieser Beurteilung die Abgabenschuld mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmers verglichen werde.

Im Ergebnis bedeute dies, dass selbst wenn der Abgabenanspruch dem Grunde nach feststünde, § 232 Abs 1 BAO aus teleologischen und verfassungsrechtlichen Gründen nicht dahingehend ausgelegt werden könne, dass die Abgabenbehörde willkürlich die Abgabenschuldigkeit in einer (noch so absurden) Höhe annehmen dürfe, die zwangsläufig zur Bejahung der Gefährdung der Einbringlichkeit führe.

2.4 Rechtswidrige Ermessensübung

Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen des § 232 Abs 1 BAO erfüllt seien, liege es im Ermessen der Abgabenbehörde, ob ein Sicherstellungsauftrag zu erlassen sei (RAE, Rz 1566),

Wie das Ermessen auszuüben sei, richte sich nach § 20 BAO: Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen hätten, müssten sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen ziehe, innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Ermessen bedeute somit nicht Ungebundenheit, sondern müsse im Sinne des Gesetzes ausgeübt werden. Hinsichtlich der Kriterien verweise § 20 BAO auf die Ermessensbestimmung selbst ("Grenzen, die das Gesetz dem Ermessen zieht"). Allerdings lägen die meisten Bestimmungen im Steuerrecht - wie auch § 232 BAO - diese Kriterien nicht eigens fest. Die Kriterien der betreffenden Bestimmung erschlössen sich dann nur aus dem Zweck der Norm (Ritz, BAO5 § 20 Rz 5).

Der Zweck des § 232 BAO bestehe darin, dem Abgabengläubiger bereits zu einem Zeitpunkt, in dem sein Anspruch zwar dem Grunde nach feststehe, er aber noch nicht realisierbar sei, wegen Drohung der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung ein Pfandrecht zu verschaffen, dessen Rang auch für die nachfolgende Exekution zur Einbringung maßgeblich sei (Ritz, BAO5 § 232 Rz 1 mwN).

Billigkeit bedeute die Berücksichtigung der Interessen des Steuerpflichtigen. Zweckmäßigkeit bedeute die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben (; Ehrke-Rabel, in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II6 Rz 33).

Dass die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages und die auf dessen Basis durchzuführende Exekution zur Sicherstellung nicht im Interesse des Steuerpflichtigen lägen, sei evident. Darüber hinaus übersteige auch der Betrag, der hinterlegt werden müsste, damit Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Sicherstellungsmaßnahmen aufgehoben würden, nicht nur - wie auch die Abgabenbehörde festgestellt habe - das handelsrechtliche Eigenkapital, sondern auch die generierten Umsätze der Beschwerdeführerin.

Das Vorgehen der Abgabenbehörde sei aber auch nicht zweckmäßig, da sie damit lediglich erreiche, dass die Bf. wegen der Exekutionsmaßnahmen ihren Betrieb nicht weiter aufrechterhalten und somit in Zukunft keine Einkünfte mehr erzielen könne. Im Ergebnis erhalte somit die Abgabenbehörde durch die Exekutionsmaßnahmen nur einen Bruchteil der von ihr angenommenen Abgabenschuld und vergebe zudem die Chance auf zukünftige Abgabenzahlungen durch die Beschwerdeführerin.

Die Abgabenbehörde versuche ihre Ermessensentscheidung auf Seite 3 des bekämpften Bescheides damit zu rechtfertigen, dass aufgrund "der voraussichtlichen Höhe des Abgabenanspruches und der dargestellten wirtschaftlichen Situation der Bf." die Interessen des Abgabepflichtigen in den Hintergrund zu treten hätten. Da der Abgabenanspruch schon dem Grunde nach nicht bestehe (siehe Punkt 2.2 oben) und keinesfalls in der von der Abgabenbehörde behaupteten Höhe (siehe Punkt 2.3 oben) feststehe, überzeuge die Begründung der Ermessensentscheidung nicht.

3. BEGRÜNDUNG DES ANTRAGES AUF EINSTELLUNG DER VOLLSTRECKUNG

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4. BEGRÜNDUNG DES ANTRAGES AUF AUFSCHIEBUNG DER VOLLSTRECKUNG

4.1 Aufschiebung aufgrund des Antrages auf Einstellung der Vollstreckung

Gemäß § 18 Z 3 AbgEO könne ein Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung bewilligt werden, wenn ein Antrag auf Einstellung der Vollstreckung gemäß § 16 AbgEO gestellt worden sei. Die Voraussetzung für die Bewilligung der Aufschiebung sei daher erfüllt.

4.2 Aufschiebung aufgrund der Beschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag

4.2.1 Vorbemerkung

Sofern wie im vorliegenden Fall Exekution zur Sicherstellung geführt werden solle, bilde der Sicherstellungsauftrag (und mangels Abgabenfestsetzung nicht ein Rückstandsauswels) den Exekutionstitel für das finanzbehördliche Sicherungsverfahren (vgl RAE Rz 1550f).

Gemäß § 18 Z 1 AbgEO könne die Aufschiebung der Vollstreckung auf Antrag bewilligt werden, wenn die Aufhebung des über den Abgabenanspruch ausgestellten Exekutionstitels beantragt werde. Die Entscheidung über den Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung liege nach dem Wortlaut der Bestimmung im Ermessen der Abgabenbehörde. Daher habe die Abgabenbehörde bei der Entscheidung über den Antrag alle Umstände des Einzelfalles in Betracht zu ziehen (Liebeg, AbgEO [2001] § 18 Rz 7).

Die Möglichkeit einen Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung zu stellen, bestehe gemäß § 78 Abs 3 AbgEO nicht nur im Falle der Exekution zur Befriedigung, sondern auch im Falle der Exekution zur Sicherstellung.

Mit vorliegender Beschwerde habe die Bf. beantragt, den bekämpften Sicherstellungsauftrag aufzuheben, weshalb der Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung zulässig sei. Im Folgenden werde dargelegt, warum diesem Antrag auch stattzugeben sei:

4.2.2. Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles

Die Bewilligung der Aufschiebung hat gemäß § 19 Abs 2 AbgEO zu unterbleiben, wenn die Vollstreckung begonnen oder fortgeführt werden könne, ohne dass dies für denjenigen, der die Aufschiebung verlange, mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles verbunden wäre. Im gegenständlichen Fall sei die Exekution aus folgenden Gründen mit einem unersetzlichen oder zumindest schwer zu ersetzenden Vermögensnachteil für die Beschwerdeführerin verbunden:

Auf Grundlage des Sicherstellungsauftrages und des Vollstreckungsauftrages sei zunächst möglich, im Vermögen der Beschwerdeführerin Exekution zur Sicherstellung in Höhe von EUR 13.091.696,52 zu führen. Nach dem Sicherstellungsauftrag ergebe sich dieser Betrag aus der von der Beschwerdeführerin geschuldeten Glücksspielabgabe für die Monate Februar 2016 bis Februar 2017. Bis dato seien von diesem Betrag Barmittel in Höhe von EUR 95.015,00 gepfändet worden. Daraus folge, dass nach derzeitigem Verfahrensstand jederzeit weitere Barmittel (oder andere Vermögensgegenstände) in Höhe von bis zu EUR 12.996.681,52 gepfändet werden könnten.

Dieser Betrag stehe jedoch in keiner Relation zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin:

Wie aus dem beigelegten Jahresabschluss ersichtlich, habe die Bf. im Kalenderjahr 2015 Umsätze in Höhe von rund EUR 4.090.000,00 (siehe Beilage /1. Seite 5). Die durchschnittlichen monatlichen Umsatzerlöse hätten im Kalenderjahr 2015 somit rund EUR 341.000,- betragen. Das handelsrechtliche Eigenkapital zum EUR minus 66.001.765,84,

Für das Kalenderjahr 2016 liege bis dato noch kein Jahresabschluss vor.

Schon aus den genannten Zahlen ergebe sich eindeutig, dass die Fortführung der Exekution mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer ersetzlichen Vermögensnachteiles einhergehe. Schließlich übersteige der Betrag von EUR 12.996.681,52 die durchschnittlichen Monatsumsätze um mehr als das 38-fache. Da ein Großteil der Umsatzerlöse für die Bezahlung der Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer und den Einkauf von Waren verwendet werden müsse, stehe nur ein Bruchteil der Umsatzerlöse frei zur Verfügung. Dieser Betrag sei bedeutend niedriger als der Betrag, für welchen noch Exekution zur Sicherstellung geführt werden könne.

Darüber hinaus habe die Bf. auch keine frei verfügbaren Kapitalreserven, welche ohne Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebes gepfändet werden könnten. Denn die Vollstreckungsmaßnahmen würden im Wesentlichen darin bestehen, den Kassenbestand zu pfänden. Die Pfändung dieser Vermögensgegenstände würde jedoch dazu führen, dass die Bf. ihren Betrieb einstellen müsste.

Wenn sie nämlich ihre Einnahmen aufgrund der Kassenpfändung nicht dazu verwenden könne, um ihre Arbeitnehmer zu entlohnen, um Speisen und Getränke einzukaufen und um bei Pokerturnieren das Preisgeld auszubezahlen, sei sie nicht mehr dazu in der Lage, Pokerspiele mit gastronomischer Betreuung anzubieten.

Weiters sei zu berücksichtigen, dass die Barmittel im Betrieb der Beschwerdeführerin zum Teil für die Einlösung von Jetons benötigt würden. Wenn die Bf. nicht mehr in der Lage sei Jetons einzulösen, müsse der Spielbetrieb eingestellt und der Betrieb geschlossen werden. Der Vermögensnachteil wäre erheblich und unersetzbar.

Dass die Pfändung von Barmitteln einen Vermögensnachteil darstelle, sei offenkundig, da die Bf. über diese Vermögensgegenstände nicht mehr wirksam verfügen könne. Dass diese Vollstreckungsmaßnahmen dazu führten, dass die Bf. ihren Betrieb schließen müsste, sodass sie keine Gewinne mehr erwirtschaften könne, komme erschwerend hinzu.

Wenngleich die sichergestellten Vermögenswerte möglicherweise ersetzbar seien, gelte dies keinesfalls für die Vermögensnachteile, welche der Beschwerdeführerin aus der Einstellung des Spielbetriebes und somit Schließung des Betriebes in Wien erwüchsen. Diese seien unersetzlich oder zumindest schwer zu ersetzen, da sie naturgemäß - anders als sichergestelltes Geld - nach Aufhebung des Exekutionstitels nicht einfach an die Bf. zurückgegeben werden könnten.

Die Aufschiebung der Exekution stelle ein taugliches Mittel dar, dieser Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles abzuhelfen.

4.3 Ermessensübung

Nach dem Wortlaut des § 18 AbgEO liege die Bewilligung der Aufschiebung der Vollstreckung im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei Ermessensentscheidungen seien neben dem Zweck der Norm auch die Kriterien der Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen (siehe bereits Punkt 2.4 oben).

Der Zweck des § 18 AbgEO bestehe darin, den Verpflichteten, dessen Rechte durch den Vollzug der Exekution gefährdet werden könnten, vor nicht wiedergutzumachenden Schäden zu bewahren, wenn Bedenken aufträten, die Exekution könnte auf mangelhafter Grundlage beruhen.

Dass die Exekution zur Sicherstellung nicht im Interesse des Steuerpflichtigen liege, sei evident. Darüber hinaus übersteige auch der vollstreckbare Betrag die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bf. um ein Vielfaches (siehe hierzu bereits Punkt 4.2.2 oben).

Das Vorgehen der Abgabenbehörde sei aber auch nicht zweckmäßig, da sie damit lediglich erreiche, dass die Bf. wegen der Exekutionsmaßnahmen ihren Betrieb nicht weiter aufrechterhalten und somit in Zukunft keine Einkünfte mehr erzielen könne. Im Ergebnis erhalte somit die Abgabenbehörde durch die Exekutionsmaßnahmen nur einen Bruchteil der von ihr angenommenen Abgabenschuld und vergebe zudem die Chance auf zukünftige Abgabenzahlungen durch die Beschwerdeführerin.

Schließlich sei bei der Ermessensentscheidung auch die Wahrscheinlichkeit des Erfolges der Aktion des Aufschiebungswerbers zu berücksichtigen (Liebeg, AbgEO [2001] § 18 Rz 9);

Da die vorliegende Beschwerde gegen den Exekutionstitel (Sicherstellungsauftrag), mit welcher dessen Aufhebung begehrt werde, erfolgversprechend sei, spreche auch dieser Umstand für die Ermessensübung im Sinne der Stattgabe des Aufschiebungsantrages.

5. ANTRAG

Die Bf. stelle daher die Anträge,

1) auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung und direkte Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht;

2) der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben;

3) die Vollstreckung gemäß § 16 Abs 1 Z 2 AbgEO einzustellen;

4) die Vollstreckung bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die vorliegende Beschwerde gemäß § 18 Z 1 AbgEO aufzuschieben; sowie

5) in eventu die Vollstreckung gemäß § 18 Z 3 AbgEO aufzuschieben.

*****

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag betreffend Aufschiebung der Vollstreckung gemäß § 18 Z 1 und 3 AbgEO ab und führte aus:

Gemäß § 18 Z 1 AbgEO könne die Aufschiebung der Exekution auf Antrag bewilligt werden, wenn die Aufhebung des über den Abgabenanspruch ausgestellten Exekutionstitels beantragt werde.

Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Streitfall gegeben, weil in der Beschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag dessen Aufhebung beantragt worden sei, wobei der Sicherstellungsauftrag die Grundlage (Exekutionstitel) für die im Sicherungsverfahren durchgeführten Pfändungen gebildet habe.

§ 18 AbgEO räume der Abgabenbehörde bei der Bewilligung einer Aufschiebung der Vollstreckung Ermessen ein. Bei der Ermessensübung sei nach den Umständen des Einzelfalles die Zweckmäßigkeit oder Notwendigkeit der Aufschiebung zu prüfen. Die Ermessensentscheidung werde durch § 19 Abs. 2 AbgEO eingeschränkt, weil nach dieser Bestimmung die Bewilligung der Aufschiebung zu unterbleiben habe, wenn die Vollstreckung begonnen oder fortgeführt werden könne, ohne dass dies für denjenigen, der die Aufschiebung verlange, mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils verbunden wäre. Somit dürfe die Aufschiebung nur bewilligt werden, wenn die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles bestehe.

Gemäß § 78 Abs. 1 AbgEO könne aufgrund eines Sicherstellungsauftrages im Sinn des § 232 BAO zur Sicherung von Abgaben und Abgabenstrafen schon vor Eintritt der Rechtskraft oder vor Ablauf der für die Leistung bestimmten Frist die Vornahme von Vollstreckungshandlungen angeordnet werden. Nach Abs. 2 Ieg. cit. könne zur Sicherung nur die Pfändung und Verwahrung beweglicher körperlicher Sachen und die Pfändung grundbücherlich nicht sichergestellter Geldforderungen und von Ansprüchen auf Herausgabe und Leistung beweglicher Sachen vorgenommen werden.

Das Sicherungsverfahren ende mit der Pfändung; eine Verwertung komme im Sicherungsverfahren nicht in Betracht.

Im gegenständlichen Fall sei die Pfändung von Geld verfügt worden, nicht aber eine Verwertung vorgenommen.

Nach herrschender Auffassung komme die Aufschiebung einer Exekution zur Sicherstellung im Allgemeinen nicht in Betracht, weil dieses Verfahren von vornhinein nur auf eine Sicherung des Abgabenanspruches gerichtet sei und im Sicherungsverfahren keine Exekutionsakte gesetzt werden dürften, die einen irreversiblen Zustand und damit einen nicht wieder gutzumachenden Schaden herbeizuführen geeignet seien (vgl. Jakusch in Angst2, § 42 EO, Rz 9).

Warum vor dem Hintergrund dieser Rechtslage gerade im vorliegenden Fall die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles drohen sollte, sei von der Antragstellerin nicht einsichtig gemacht worden. Allein aus dem Vollzug des Sicherstellungsauftrages verbundenen Eingriff in das Vermögen der Bf. ergebe sich diese Gefahr nicht.

Eine solche (mit der Fortsetzung der Sicherungsexekution verbundenen) Gefahr sei auch sonst nicht ersichtlich, zumal das sichergestellte Vermögen (Geld) nicht verwertet werde, sondern lediglich vom Finanzamt verwahrt werde.

Gemäß § 18 Z 3 AbgEO könne die Aufschiebung der Vollstreckung auf Antrag bewilligt werden, wenn gemäß § 16 AbgEO die Einstellung der Vollstreckung beantragt werde.

Dieser Antrag gemäß § 16 Abs 1 Z 2 AbgEO sei mit Bescheid vom abgewiesen worden.

Sohin sei spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag abzuweisen gewesen.

******

Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Beschwerde ein und führte begründend aus:

SACHVERHALT UND VERFAHRENSGANG

Die Bf. betreibe ein nach den Bestimmungen der GewO angemeldetes Pokercasino, wofür sie eine aufrechte Gewerbeberechtigung besitze. Nach ihrer Gewerbeberechtigung sei sie berechtigt, Poker und andere Kartenspiele ohne Bankhalter zu veranstalten und zu organisieren. Die angebotenen Spiele umfassten sowohl Poker Cash Games als auch Pokerturniere. Die Beschwerdeführerin nehme an den Spielen selbst nicht teil und nehme auch keine Einsätze entgegen.

Da dieses Angebot nach Ansicht der Abgabenbehörde der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG unterliege, gebe die Bf. monatlich unter Verwendung des Formulars GSP 50 Bemessungsgrundlagen an. Diese Bekanntgaben verbinde sie mit Anträgen auf Festsetzung der Glücksspielabgabe mit EUR 0,00,-, da sie die Auffassung vertrete, dass sie nicht der Glücksspielabgabenpflicht unterliege.

Auf Basis des Sicherstellungsauftrages vom und von Vollstreckungsaufträgen sei in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin Exekution zur Sicherstellung geführt worden. Bis dato seien Barmittel in Höhe von insgesamt EUR 277.851,00 gepfändet worden.

Gegen den Bescheid über den Sicherstellungsauftrag habe die Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben und diese mit Anträgen auf Einstellung sowie Aufschiebung der Vollstreckung verbunden. Mit Bescheid vom , zugestellt am ("bekämpfter Bescheid"), sei der Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung als unbegründet abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid richte sich die vorliegende Beschwerde.

2. BEGRÜNDUNG DER BESCHWERDE

2.1 Vorbemerkung

Sofern wie im vorliegenden Fall Exekution zur Sicherstellung geführt werden solle, bilde der Sicherstellungsauftrag (und mangels Abgabenfestsetzung nicht ein Rückstandsausweis) den Exekutionstitel für das finanzbehördliche Sicherungsverfahren (vgl RAE Rz 1550f).

Gemäß § 18 Z 1 AbgEO könne die Aufschiebung der Vollstreckung auf Antrag bewilligt werden, wenn die Aufhebung des über den Abgabenanspruch ausgestellten Exekutionstitels beantragt werde. Die Entscheidung über den Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung liege nach dem Wortlaut der Bestimmung im Ermessen der Abgabenbehörde. Daher habe die Abgabenbehörde bei der Entscheidung über den Antrag alle Umstände des Einzelfalles in Betracht zu ziehen (Liebeg, AbgEO [2001] § 18 Rz 7).

Die Möglichkeit einen Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung zu stellen, bestehe gemäß § 78 Abs 3 AbgEO nicht nur im Falle der Exekution zur Befriedigung, sondern auch im Falle der Exekution zur Sicherstellung. Da der Sicherstellungsauftrag einen Exekutionstitel bilde, könne ein Vollstreckungsschuldner die Aufschiebung der Exekution zur Sicherstellung verlangen, wenn er dessen Aufhebung beantrage (Stoll, BAO [1994] 2403).

Die Bewilligung der Aufschiebung habe gemäß § 19 Abs 2 AbgEO zu unterbleiben, wenn die Vollstreckung begonnen oder fortgeführt werden könne, ohne dass dies für denjenigen, der die Aufschiebung verlange, mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles verbunden wäre.

2.2 Rechtsauffassung der Abgabenbehörde

Im vorliegenden Fall gehe die Abgabenbehörde zutreffend davon aus, dass der auf § 18 Z 1 AbgEO gestützte Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung zulässig sei. Er sei jedoch gemäß §19 Abs 2 AbgEO nur zu bewilligen, wenn die Vollstreckung mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles verbunden wäre (Seite 1 des bekämpften Bescheides).

In dem bekämpften Bescheid habe die Abgabenbehörde eine Literaturmeinung zur EO zitiert und darauf die Abweisung des Antrages auf Aufschiebung der Vollstreckung gestützt. Die maßgebliche Passage in der Bescheidbegründung laute wie folgt (Seite 2):

"Nach herrschender Auffassung kommt die Aufschiebung einer Exekution zur Sicherstellung im Allgemeinen nicht Betracht, weil dieses Verfahren von vornhinein nur auf eine Sicherung des Abgabenanspruches gerichtet ist und im Sicherungsverfahren keine Exekutionsakte gesetzt werden dürfen, die einen irreversiblen Zustand und damit einen nicht wieder gutzumachenden Schaden herbeiführen [sie] geeignet sind (vgl. Jakusch in Angst2, § 42 EO, Rz 9)."

Die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles sei von der Bf. im vorliegenden Fall nicht einsichtig gemacht worden. Allein aus dem Vollzug des Sicherstellungsauftrages verbundenen Eingriff [sic] in das Vermögen der Bf. ergebe sich diese Gefahr nicht" (Seite 2 des bekämpften Bescheides).

Im Folgenden werde dargelegt, warum entgegen der Auffassung der Abgabenbehörde i) ein Aufschub der Vollstreckung auch im Falle einer Exekution zur Sicherstellung grundsätzlich möglich sei, ii) der Vollzug des Sicherstellungsauftrages zu einem unersetzlichen oder zumindest schwer zu ersetzenden Vermögensnachteil der Beschwerdeführerin führe und iii) das Bestehen dieser drohenden Gefahr ausreichend konkret behauptet und bescheinigt sei.

2.3 Möglichkeit des Aufschubes der Vollstreckung im Falle der Exekution zur Sicherstellung

Die Abgabenbehörde übertrage in der Begründung des bekämpften Bescheides eine Literaturmeinung zur EO explizit auf den gegenständlichen Sachverhalt, obwohl dieser nach der AbgEO zu beurteilen sei. Somit setze sie offenbar voraus, dass diese Meinung auch auf die Exekution durch die Abgabenbehörden übertragbar sei, jedoch ohne dies näher zu begründen.

Dazu sei anzumerken, dass die Exekution nach der AbgEO nicht von einem Gericht bewilligt werden müsse, weshalb besondere Anforderungen an ihre Zulässigkeit zu stellen seien und Grundsätze, die im gerichtlichen Exekutionsverfahren gelten mögen, nicht automatisch deshalb auch im abgabenbehördlichen Verfahren gelten würden.

Darüber hinaus übersehe die Abgabenbehörde, dass nach dieser Literaturmeinung "im Allgemeinen" eine Aufschiebung der Exekution zur Sichersteilung nicht in Betracht komme. Somit möge eine Aufschiebung im Regelfall zwar nicht in Betracht kommen, bleibe jedoch im Einzelfall jedenfalls möglich, sofern die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles bestehe.

Tatsächlich werde dies selbst von dem von der Abgabenbehörde ins Treffen geführten Autor vertreten. Einen wesentlichen Teil dieser Literaturstelle habe die Abgabenbehörde nicht wiedergegeben. Wörtlich führe der Autor zur Exekution zur Sicherstellung wie folgt aus:

"Wenn aber im Einzelfall doch ein nicht oder nur schwer ersetzbarer Vermögensnachteil iSd § 44 Abs 1 droht, können auch solche Verfahren aufgeschoben werden (Heller/Berger/Stix 1549; Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 42 EO Rz 9)"

Dass ein Aufschub möglich sei, lasse sich auch eindeutig aus dem Wortlaut der AbgEO ableiten:

§ 78 AbgEO, welcher die Exekution zur Sicherstellung zum Gegenstand habe, ordne in seinem Abs 3 die sinngemäße Anwendung der Bestimmungen des I. Teiles der AbgEO an. In diesem I. Teil finde sich in § 18 die Möglichkeit, die Aufschiebung der Vollstreckung zu beantragen.

Es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass im Falle der Exekution zur Sicherstellung die Möglichkeit zur Antragstellung auf Aufschiebung der Vollstreckung aufgrund des Verweises in § 78 Abs 3 AbgEO ermöglicht werden solle, wenn - so wie die Abgabenbehörde behaupte - die Bewilligung nicht möglich sei.

2.4 Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles

Im gegenständlichen Fall sei es auf Grundlage des Sicherstellungsauftrages in Verbindung mit einem Vollstreckungsauftrag zunächst möglich im Vermögen der Bf. Exekution zur Sicherstellung in Höhe von EUR 13.091.696,52 zu führen. Nach dem Sicherstellungsauftrag ergebe sich dieser Betrag aus der von der Beschwerdeführerin geschuldeten Glücksspielabgabe für die Monate März 2016 bis einschließlich Februar 2017.

Bis dato seien von diesem Betrag Barmittel in Höhe von EUR 465.271,02 gepfändet worden. Daraus folge, dass nach derzeitigen Verfahrensstand jederzeit weitere Barmittel (oder andere Vermögensgegenstände) in Höhe von bis zu EUR 12.813.845,52 gepfändet werden könnten.

Wie bereits in dem Antrag vom dargelegt, stehe dieser Betrag jedoch in keiner Relation zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin. Zur Bescheinigung sei der Jahresabschluss der Beschwerdeführerin zum Stichtag dem Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung als Beilage ./1 beigelegt worden.

Wie aus dem beigelegten Jahresabschluss ersichtlich, habe die Beschwerdeführerin im Kalenderjahr 2015 Umsätze in Höhe von rund EUR 4.090.000,00 erzielt (siehe Beilage /1. Seite 5). Die durchschnittlichen monatlichen Umsatzerlöse hätten im Kalenderjahr 2015 somit rund EUR 341.000,00 betragen. Das handelsrechtliche Eigenkapital zum habe EUR-66.001.765,84 betragen.

Für das Kalenderjahr 2016 liegt bis dato noch kein Jahresabschluss vor.

Schon aus diesen Zahlen ergebe sich eindeutig, dass die Fortführung der Exekution mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer ersetzlichen Vermögensnachteiles einhergehe. Schließlich übersteige der Betrag von EUR 12.813.845,52 die durchschnittlichen Monatsumsätze um beinahe das 38-fache. Da rund 54% der Umsatzerlöse allein für die Bezahlung des Personals verwendet werden müssten (siehe Beilage ./1, Seite 5), seien die Umsatzerlöse nach Abzug dieser Aufwendungen erst recht bedeutend niedriger als jener Betrag, für welchen noch Exekution zur Sicherstellung geführt werden könne (EUR 12.813.845,52).

Abgesehen davon hat die Bf. auch keine frei verfügbaren Kapitalreserven, welche ohne Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebes gepfändet werden könnten. Denn die Vollstreckungsmaßnahmen würden im Wesentlichen darin bestehen, den Kassenbestand sowie eventuell auch die Geschäftsausstattung zu pfänden. Die Pfändung dieser Vermögensgegenstände würde jedoch dazu führen, dass die Bf. ihren Betrieb einstellen müsste.

Wenn sie nämlich ihre Einnahmen aufgrund der Kassenpfändung nicht dazu verwenden könne, um ihre Arbeitnehmer zu entlohnen, um Speisen und Getränke einzukaufen und um bei Pokerturnieren das Preisgeld auszubezahlen, sei sie nicht mehr dazu in der Lage, Pokerspiele mit gastronomischer Betreuung anzubieten. Dasselbe gelte auch im Fall einer Pfändung der Geschäftsausstattung, da ohne Tische, Stühle und Pokerutensilien (Karten, Jetons, etc.) der Betrieb eines Pokersalons nicht möglich sei.

Weiters sei zu berücksichtigen, dass die Barmittel im Betrieb der Beschwerdeführerin zum Teil für die Einlösung von Jetons benötigt würden. Wenn die Bf. nicht mehr in der Lage sei Jetons einzulösen, müsse der Spielbetrieb eingestellt und der Betrieb geschlossen werden. Der Vermögennachteil wäre erheblich und unersetzbar.

Dass die Pfändung von Barmitteln wie auch der Geschäftsausstattung einen Vermögensnachteil darstelle, sei offenkundig, da die Bf. über diese Vermögensgegenstände nicht mehr wirksam verfügen könne. Dass diese Vollstreckungsmaßnahmen dazu führten, dass die Bf. ihren Betrieb schließen müsse, sodass sie keine Gewinne mehr erwirtschaften könne, komme erschwerend hinzu.

Inwiefern aus diesem Vorbringen, welches bereits in dem Antrag vom erstattet worden sei, "nicht einsichtig" sei, dass die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles bestehe (Seite 2 des bekämpften Bescheides), sei nicht nachvollziehbar. Es seien nämlich die finanziellen Auswirkungen der Exekution zur Sicherstellung auf den Betrieb der Bf. ziffernmäßig dargestellt worden. Keinesfalls sei nur pauschal auf eine schlechte Vermögenslage verwiesen oder seien nur allgemeine Behauptungen gemacht worden. Darüber hinaus seien die genannten Zahlen auch durch Vorlage des Jahresabschlusses bescheinigt worden.

Zusammengefasst bestehe somit aus folgenden Gründen unstrittig die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles:

-) Der Betrag von EUR 12.813.845,52 übersteige die jährlichen Umsatzerlöse um ein Vielfaches. Eine Pfändung des Kassenbestandes und/oder der Geschäftsausstattung hätten zur Folge, dass die für die Durchführung von Pokerspielen notwendigen Utensilien nicht mehr vorhanden wären, Preisgelder bei Pokerturnieren nicht mehr ausgezahlt und keine Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin die Pokerspieler mehr betreuen könnten, weil die Bf. Löhne und Gehälter nicht mehr bezahlen könnte.

-) Wie aus dem Jahresabschluss ersichtlich, verfüge die Beschwerdeführerin auch nicht über Vermögensgegenstände, die auch nur annähernd den Wert von EUR 12.813.845,52 erreichten (siehe Beilage ./1. Seite 4). Erschwerend komme hinzu, dass das Sachanlagevermögen und die Teile des Umlaufvermögens unerlässlich für die Gewerbeausübung der Beschwerdeführerin seien, weshalb sie nicht veräußert werden könnten, sofern das Unternehmen weiterhin betrieben werden solle.

Wenngleich die sichergestellten Vermögenswerte möglicherweise ersetzbar seien, gelte dies keinesfalls für die Vermögensnachteile, welche der Beschwerdeführerin aus der Einstellung des Spielbetriebes und somit Schließung des Betriebes erwüchsen. Diese seien unersetzlich oder zumindest schwer zu ersetzen, da sie naturgemäß - anders als sichergestelltes Geld - nach Aufhebung des Exekutionstitels nicht einfach an die Beschwerdeführerin zurückgegeben werden können.

Die Aufschiebung der Exekution stelle ein taugliches Mittel dar, dieser Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles abzuhelfen.

2.5 Ermessensübung

Nach dem in dieser Hinsicht eindeutigen Wortlaut des § 18 AbgEO (arg "kann") und der Literatur (vgl Liebeg, AbgEO [2001] § 18 Rz 7) liege die Bewilligung der Aufschiebung der Vollstreckung im Ermessen der Abgabenbehörde. Nach § 20 BAO müssten sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen ziehe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Ermessen bedeute somit nicht Ungebundenheit, sondern müsse im Sinne des Gesetzes ausgeübt werden. Hinsichtlich der Kriterien verweise § 20 BAO auf die Ermessensbestimmung selbst ("Grenzen, die das Gesetz dem Ermessen zieht"). Allerdings legten die meisten Bestimmungen im Steuerrecht - wie auch § 18 AbgEO - diese Kriterien nicht eigens fest. Die Kriterien der betreffenden Bestimmung erschlössen sich dann nur aus dem Zweck der Norm (Ritz, BAO5 [2014] § 20 Rz 5).

Der Zweck des § 18 AbgEO bestehe darin, den Verpflichteten, dessen Rechte durch den Vollzug der Exekution gefährdet werden könnten, vor nicht wiedergutzumachendem Schaden zu bewahren, wenn Bedenken aufträten, die Exekution könnte auf mangelhafter Grundlage beruhen.

Im gegenständlichen Fall lägen schwerwiegende Bedenken in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Exekutionstitels (Sicherstellungsauftrages) vor, weshalb die Beschwerdeführerin ein Rechtsmittel gegen den Exekutionstitel erhoben habe, welches derzeit noch anhängig ist.

Billigkeit bedeute die Berücksichtigung der Interessen des Steuerpflichtigen. Zweckmäßigkeit die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben (; Ehrke-Rabei, in Dorait/Ruppe, Steuerrecht II6 Rz 33).

Dass die Exekution zur Sicherstellung nicht im Interesse des Steuerpflichtigen liege, sei evident. Darüber hinaus übersteige auch der vollstreckbare Betrag die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin um ein Vielfaches (siehe hierzu bereits Punkt 2.4 oben).

Das Vorgehen der Abgabenbehörde sei aber auch nicht zweckmäßig, da sie damit lediglich erreiche, dass die Bf. wegen der Exekutionsmaßnahmen ihren Betrieb nicht weiter aufrechterhalten und somit in Zukunft keine Einkünfte mehr erzielen könne. Im Ergebnis erhalte somit die Abgabenbehörde durch die Exekutionsmaßnahmen nur einen Bruchteil der von ihr angenommenen Abgabenschuld und vergebe zudem die Chance auf zukünftige Abgabenzahlungen durch die Beschwerdeführerin.

Schließlich sei bei der Ermessensentscheidung auch die Wahrscheinlichkeit des Erfolges der Aktion des Aufschiebungswerbers zu berücksichtigen (Liebeg, AbgEO [2001] § 18 Rz 9). Wenn die Prozesshandlung als aussichtslos anzusehen sei, seit der Aufschiebungsantrag nach der Judikatur nämlich abzuweisen (siehe hierzu die Nachweise bei Liebeg, AbgEO [2001] § 18 Rz 9).

Dass im gegenständlichen Fall das Rechtsmittel gegen den Sicherstellungsautrag, mit welchem dessen Aufhebung begehrt werde, jedoch erfolgversprechend sei, beruhe im Wesentlichen auf

-) der mangelnden Verwirklichung eines Abgabentatbestandes;

-) der rechtswidrigen Auslegung des § 232 Abs 1; und

-) der fehlerhaften Ermessensübung der Abgabenbehörde.

Diese Punkte seien bereits in der am eingereichten Beschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag umfassend dargelegt worden, auf die an dieser Stelle ausdrücklich verwiesen werde.

Aus diesen Gründen sei das eingeräumte Ermessen im Sinne Bewilligung der Aufschiebung der Vollstreckung auszuüben.

3. ANTRAG

Die Beschwerdeführerin stelle daher die Anträge,

1) auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung und direkte Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht; sowie

2) auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs 1 Z 1 BAO;

3) auf Entscheidung im Senat gemäß § 272 Abs 2 Z 1 BAO; sowie

4) der Beschwerde stattzugeben und die Vollstreckung bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die Beschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag gemäß § 18 Z 1 AbgEO aufzuschieben.

*****

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum1 wurde über das Vermögen der Bf. der Konkurs eröffnet und MV zum Masseverwalter bestellt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird während des administrativen Rechtsmittelverfahrens, das im Wege der Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag eingeleitet worden ist, Vollstreckung (zur Sicherung) geführt, was gemäß § 78 Abs. 1 AbgEO in Verbindung mit § 254 BAO zulässig ist, so kann der sicherungsweise herangezogene Vollstreckungsschuldner die Aufschiebung der Vollstreckung verlangen, wenn er mit seinem Rechtsmittel gegen den Sicherstellungsauftrag begründet dessen Aufhebung beantragt hat (§ 18 Z 1 AbgEO).

Die im Sicherungsverfahren gemäß § 78 Abs. 3 AbgEO sinngemäß anzuwendende Bestimmung des § 18 Z 1 AbgEO normiert, dass die Aufschiebung der Vollstreckung auf Antrag bewilligt werden kann, wenn die Aufhebung des über den Abgabenanspruch ausgestellten Exekutionstitels (hier: des Sicherstellungsauftrages) beantragt wird.

Bei Aufschiebung der Vollstreckung bleiben, sofern das Finanzamt nicht etwas anderes anordnet, alle Vollstreckungsakte einstweilen bestehen, welche zur Zeit des Ansuchens um Aufschiebung bereits in Vollzug gesetzt waren (§ 19 Abs. 1 AbgEO).

Die Bewilligung der Aufschiebung hat zu unterbleiben, wenn die Vollstreckung begonnen oder fortgeführt werden kann, ohne dass dies für denjenigen, der die Aufschiebung verlangt, mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles verbunden wäre (§ 19 Abs. 2 AbgEO).

Soweit das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Berufung gegen den Abweisungsbescheid vom in die Richtung zielt, dass auch im Sicherungsverfahren gemäß § 78 AbgEO ein effektiver Rechtsschutz gegeben sein muss, kommt ihm Berechtigung zu. Der Gesetzgeber hat einen solchen auch normiert. Dass im Sicherungsverfahren ein Aufschiebungsantrag gemäß § 18 Z 1 AbgEO zulässig ist, wurde bereits von Stoll (a.a.O.) zutreffend bejaht. Grundsätzlich bleiben bei einer Aufschiebung der Vollstreckung bereits erworbene Pfandrechte aufrecht. § 19 Abs. 1 zweiter Halbsatz AbgEO schließt jedoch nicht aus, dass die Abgabenbehörde im Einzelfall eine über die Aufschiebung der Vollstreckung hinausgehende Anordnung erlässt, also auch bereits vollzogene Vollstreckungsakte aufhebt (Liebeg, AbgEO, § 19 Tz 2). Wird daher mit einem Rechtsmittel gegen einen Sicherstellungsauftrag begründet dessen Aufhebung beantragt und dieser Aufhebungsantrag mit einem Antrag gemäß § 18 Z 1 AbgEO verbunden, kann die Vollstreckung nicht nur in dem Sinne aufgeschoben werden, dass keine weiteren Sicherungsmaßnahmen mehr gesetzt werden, sondern es können auch bereits bewirkte Forderungspfändungen aufgehoben werden.

Dies ist aber nur in begründeten Ausnahmefällen denkbar. Im Allgemeinen kann eine Exekution zur Sicherstellung ebenso wenig aufgeschoben werden wie der Vollzug einer einstweiligen Verfügung, weil diese beiden Verfahren von vornherein nur auf eine Sicherung des betriebenen bzw. zu sichernden Anspruches gerichtet sind und keine Exekutionsakte gesetzt werden dürfen, die einen irreversiblen Zustand und damit einen nicht wieder gutzumachenden Schaden herbeizuführen geeignet sind. Wenn aber im Einzelfall doch ein nicht oder nur schwer ersetzbarer Vermögensnachteil droht, können auch solche Verfahren aufgeschoben werden (Angst, EO, § 42 Tz 9).

Ob die Bestimmung des § 18 AbgEO als Ermessensbestimmung gedeutet wird oder nicht, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidend. Die Aufschiebung der Exekution (bzw. im begründeten Einzelfall auch die Einstellung der Exekution) darf nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung nur dann bewilligt werden, wenn die Aktion des Aufschiebungswerbers, die den Aufschiebungsgrund bildet, nicht "aussichtslos" ist (Angst, EO, § 42 Tz 65 mwN; Liebeg, AbgEO, § 18 Tz 9). Stoll fordert dass mit dem Rechtsmittel gegen den Sicherstellungsauftrag "begründet" dessen Aufhebung beantragt wird. Es wäre daher grundsätzlich in einem dem "Begleitverfahren" des § 212a Abs. 2 lit. a BAO ähnlichen "Zwischenverfahren" zu prüfen, wie "erfolgversprechend" die Anfechtung des Exekutionstitels (Sicherstellungsauftrages) ist (vgl. ).

Das Bundesfinanzgericht hat sich somit mit den Erfolgsaussichten der Beschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag, dessen Inhalt bereits wiedergegeben wurde zu beurteilen.

Dazu ist festzustellen, dass das sich das Bundesfinanzgericht bereits einen identen Fall unter der Geschäftszahl GZ.RV/7102140/2017 (wortidenter Sicherstellungsauftrag, wortidente Beschwerde, lediglich unterschiedliche Beträge) zu beurteilen hatte und im diesbezüglichen Erkenntnis ausgeführt hat:

„-) Unwirksame Zustellung des Sicherstellungsauftrages

Dem Einwand der Bf., dass der Sicherstellungsauftrag nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei, ist zu entgegnen, dass ein Berufen auf einen Zustellmangel dann nicht möglich ist, wenn dem Zustellinhalt gemäß – diesfalls durch Einbringen einer Beschwerde- reagiert wurde. Ein bei der Zustellung unterlaufener Mangel wird gemäß § 7 ZustG dann geheilt, wenn das Schriftstück in die Hände des Empfängers gelangt. Dies ist anzunehmen, wenn eine Verfügung über das Schriftstück getroffen wurde und es zu einer „Heilung durch Einlassung“ gekommen ist (; ; ).

Im Übrigen wird auf die zutreffende Begründung des Finanzamtes im Vorlagebericht vom verwiesen.

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabenpflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung zu begegnen.

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setzt somit die Entstehung eines noch nicht vollstreckbaren Abgabenanspruches sowie die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgaben voraus.

I. Verwirklichung des Tatbestandes

Folgender aufgrund des vorgelegten Akteninhaltes und der belegten Aussagen der Bf. erwiesene Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:

Die Bf. betrieb im gegenständlichen Zeitraum 03/2016 bis 02/2017 an den Standorten A, (seit ), B, (seit ) und D, ( bis ) sogenannte „Pokercasinos“, in welchen sie als Veranstalterin interessierten Personen die Möglichkeit bot, zusammen mit anderen Besuchern organisierte Kartenspiele mit Geldeinsätzen zu spielen. Es wurde vorwiegend Poker in unterschiedlichen Spielvarianten in Form von Cash Games und Turnieren angeboten.

Sie verfügt über vom Magistrat der Stadt A, der Bezirkshauptmannschaft B und der Bezirkshauptmannschaft D ausgestellte aufrechte Gewerbeberechtigungen zur Durchführung erlaubter Kartenspiele ohne Bankhalter. Sie stellt die Spieltische gegen Entgelt zur Verfügung und betreut die Kartenspieler in gastronomischer Hinsicht. An den Spielen selbst nimmt sie nicht teil und auch keine Einsätze entgegen.

Die Anträge auf Festsetzung der Glücksspielabgabe für den Zeitraum 03/2016 bis 02/2017 betreffen ausschließlich den Standort in B.

Zu den Beschwerdepunkten:

-) Nichtanwendbarkeit des Glücksspielgesetzes aufgrund der Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 36 GSpG

Gemäß § 60 Abs. 36 GSpG ist § 2 Abs. 4 auf Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung, die zum aufrecht war, ab anzuwenden (StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118 ab ).

Verbotene Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 4 GSpG Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

Die Bf. bekämpft die Anwendbarkeit des GSpG mit dem Einwand, dass sie aufgrund ihrer Gewerbeberechtigung zum „Halten von erlaubten Kartenspielen ohne Bankhalter“ der Meinung ist, dass sie mit diesen Spielen automatisch aus dem Geltungsbereich des Glückspielgesetzes ausscheide.

Die Gewerbeberechtigung schiebt gemäß § 60 Abs. 36 GSpG jedoch lediglich die Strafbarkeit des an sich „verbotenen Spiels“ hinaus, löst aber nicht die Bf. aus den Glücksspielabgaben heraus (), da es sich bei der Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 36 GSpG um eine ordnungspolitische Vorschrift handelt, die die abgabenrechtlichen Bestimmungen der §§ 57-59 GSpG nicht berührt.

Da der VfGH in seiner Entscheidung vom , G 26/2013, G 90/2012, für bestimmte Pokerangebote auf Grundlage einer Gewerbeberechtigung einen gewissen Vertrauensschutz vorsieht, wurde eine Übergangszeit gemäß § 60 Abs. 36 GSpG bis bestimmt. Diese Rechte von Inhabern einer Gewerbeberechtigung erlöschen mit Ablauf der gewerberechtlichen Bewilligung, spätestens jedoch mit Ablauf des ; der Betrieb solcher Pokerangebote stellt dann eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG dar.

§ 60 Abs. 36 GSpG und seine Vorgängerbestimmungen (§ 60 Abs. 24 GSpG bis , § 60 Abs. 33 GSpG bis ) haben keinen Konnex zu den Glücksspielabgaben und vermögen auch die Ansicht der Bf. nicht zu begründen, dass sie aus dem Glücksspielgesetz – insbesondere aus den Glücksspielabgaben - „herausfällt“ ().

-) Kein Glücksspiel

Gemäß § 1 Abs. 1 GSpG ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind gemäß § 1 Abs. 2 GSpG insbesondere die Spiele Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, aus Gründen der Rechtssicherheit durch Verordnung weitere Spiele als Glücksspiele im Sinne des Abs. 1 zu bezeichnen.

Die Bf. moniert, dass bei den in ihrem Lokal veranstalteten Spielen das Spielergebnis nicht ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall, sondern von der Geschicklichkeit der Spieler abhänge, weshalb kein Glücksspiel iSd § 1 Abs. 1 GSpG vorliege. Auch könne die ausdrückliche Nennung des Pokerspiels in § 1 Abs. 2 GSpG diese Eigenschaft nicht tatsachenwidrig festlegen.

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2010, BGBl I 2010/73 wurde eine zusätzliche ausschließlich auf Poker ohne Bankhalter im Lebendspiel beschränkte Spielbankkonzession in § 22 GSpG geschaffen. § 22 GSpG hielt jedoch der Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht stand. Der Verfassungsgerichtshof (, G 90/2012) hob über Initiativantrag das Wort Poker in § 1 Abs. 2 GSpG, § 22 GSpG samt Überschrift und § 60 Abs. 24 GSpG als verfassungswidrig auf. Es ging um die Anzahl der Pokersalonkonzessionen in § 22 GSpG, doch der Verfassungsgerichtshof hob auch das Wort „Poker“ in § 1 Abs. 2 GSpG auf: „ (…) auch wenn diese Regelung für sich genommen nicht verfassungswidrig ist. (...) Der Gesetzgeber ist jedoch von Verfassungs wegen nicht gehindert, angesichts des Suchtpotentials nicht nur von Glücksspielen im engeren Sinn, sondern auch von Spielen mit Glücksspiel- und Geschicklichkeitskomponenten (...) das Pokerspiel generell dem Regime des Glücksspielgesetzes zu unterwerfen. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes daher nicht entgegentreten, wenn dieser das Pokerspiel allgemein in den Katalog der Glücksspiele in § 1 Abs. 2 GSpG aufnimmt.“

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 BGBl I 2014/13 wurde „Poker“ per wieder in § 1 Abs. 2 GSpG aufgenommen.

Da der Verfassungsgerichtshof (, G 90/2012) dezidiert ausgesprochen hat, dass die Aufnahme des Wortes Poker für sich genommen nichtverfassungswidrig ist, und das Bundesfinanzgericht an die gesetzliche Regelung gebunden ist, dass Poker in seinen Spielvarianten ein Glücksspiel ist, erübrigen sich weitere Ermittlungen, ob Poker ein Glücksspiel ist ().

Das Bundesfinanzgericht stimmt dem Finanzamt zu, dass sich nicht mehr die Frage stellen kann, ob Poker ein Glücksspiel oder ein Geschicklichkeitsspiel ist, wenn der Gesetzgeber ausdrücklich normiert, dass es sich bei Poker um ein Glücksspiel handelt.

Da die gegenständlichen Sachverhalte bereits im Geltungszeitraum des § 1 Abs. 2 GSpG idF BGBl I 2014/13 verwirklicht wurden, ist eine Klärung der Frage, ob Poker ein Glücksspiel oder ein Geschicklichkeitsspiel ist, über Literatur nicht erforderlich, da § 1 Abs. 2 GSpG über authentische Interpretation „insbesondere Poker und dessen Spielvarianten“ als Glücksspiele bezeichnet ().

-) Keine Ausspielung

Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 1 GSpG Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird.

Gemäß § 2 Abs. 2 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

Die Bf. stellt in Abrede, Unternehmer iSd Bestimmung des § 2 Abs. 2 GSpG zu sein oder ein öffentliches Glücksspielangebot zu machen, weshalb keine Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 GSpG vorliege.

Der Bf. ist entgegenzuhalten, dass sie bzw. die Gruppe-1 auf ihrer Internetseite www.XXX anbietet:

„Über uns

Die Gruppe-1 stehen für geballte Poker Kompetenz. Zahlreiche Standorte und mehr als 20 Jahre Erfahrung haben die Gruppe-1 zu einem europäischen Vorzeigeunternehmen gemacht.

Die Gruppe-1 hat sich seit ihrer Gründung in Wien im Jahre Jahr-1 zu Europas größtem und bekannntestem Live-Poker Unternehmen entwickelt. Die konsequente Aufbauarbeit von Gründer Person1 ist mitverantwortlich dafür, dass das Strategiespiel Poker zu einem Massenphänomen geworden ist.

Viele Stars der internationalen Pokerszene (…) haben sich im Gruppe-1 Anschrift ihre ersten Sporen verdient. Alle großen internationalen Pokertouren (…) waren im Lauf der Jahre Partner und sorgten für denkwürdige Momente.

Durch ihre Innovationskraft begeistert die Gruppe-1 mit zahlreichen Angeboten PokerspielerInnen aus der ganzen Welt und gilt als leuchtendes Beispiel für unternehmerischen Erfolg in der Pokerbranche.“

Der Ausspielungsbegriff ist mit dem glücksspielgesetzeigenen Unternehmerbegriff gekoppelt. Ein der Definition des § 2 GSpG entsprechender Unternehmer muss ein Glücksspiel veranstalten, organisieren, anbieten oder zugänglich machen. Mit der gewählten Formulierung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass jede nur denkbare unternehmerische Mitwirkung an einem Glücksspiel dessen Ausspielungscharakter begründen kann (Kohl, Das österreichische Glücksspielmonopol, 34). Unerheblich ist es, ob die Leistung des Spielers an den Veranstalter der Ausspielung oder an einen Dritten erfolgt. Die vermögenswerte Leistung, der Einsatz, muss lediglich im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht werden. Zwischen wem sich Gewinn und Verlust wirtschaftlich realisieren, ist für die Qualifikation einer Ausspielung irrelevant (Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 1989 2 , § 2 Rz 7, dort zitiert: ; ). Spielen mehrere vom Unternehmer unabhängige Spieler gegeneinander, so treten Gewinn und Verlust nur zwischen den Spielern ein. Wirkt jedoch ein Unternehmer auf die in § 2 GSpG genannte Art und Weise mit, liegt jedenfalls eine Ausspielung vor (Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 1989 2, § 2 Rz 8).

Dabei hat auch die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wiederholt ausgesprochen, dass der Unternehmer die Gegenleistung nicht selbst erbringen muss, sondern dass es ausreichend ist, dass den Leistungen der Spieler im Gewinnfall eine Gegenleistung gegenübersteht. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass es gleichgültig ist, wem gegenüber der Spieler die vermögensrechtliche Leistung zu erbringen hat, und dass auch nicht erforderlich ist, dass die Leistung des Spielers dem Unternehmer (Veranstalter) zufließen muss (; ).

Entgegen der Meinung der Bf. ist damit eindeutig geklärt, dass sie Unternehmerin iSd § 2 GSpG ist, da sie interessierten Personen in spezifischen Einrichtungen, nämlich Pokercasinos, die Möglichkeit bietet, an von ihr angebotenen Kartenpokerspielen in Form des Cash Game oder in Turnierform teilzunehmen, zumal sie durch die Einhebung von sogenannten Tischgeldern Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen erzielt.

Da sie somit Pokerspiele veranstaltet, organisiert, anbietet und zugänglich macht (siehe die genannte Homepage), liegt auch eine Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 GSpG vor ().

-) Keine verbotene Ausspielung

Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen gemäß § 57 Abs. 1 GSpG – vorbehaltlich der folgenden Absätze – einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.

Gemäß § 57 Abs. 6 GSpG sind von der Glücksspielabgabe befreit

1. Ausspielungen in vom Bundesminister für Finanzen konzessionierten Spielbanken im Sinne des § 21,

2. Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung unter Einhaltung der Vorgabe des § 4 Abs. 2 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr. 73/2010,

3. die Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol des § 4 Abs. 3 bis 6.

Der Rechtsansicht der Bf., dass aufgrund der Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 36 GSpG keine verbotene Ausspielung vorliege, weshalb keine Abgabepflicht bestünde, da die Abgabepflicht zweifellos nur an verbotene Ausspielungen anknüpfe, kann nicht gefolgt werden, da die Vorschriften über die Verpflichtung zur Entrichtung von Glücksspielabgaben der §§ 57 und 58 GSpG sowohl verbotene als auch erlaubte Ausspielungen erfassen. Die von der Bf. behauptete Einschränkung auf verbotene Ausspielungen findet auch im Gesetzeswortlaut keine Deckung ().

Auch aus dem Vorbringen der Bf., dass Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt worden sei und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen seien, verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG seien, jedoch nach § 57 Abs. 6 GSpG erlaubte Ausspielungen von der Glücksspielabgabe befreit seien, lässt sich nichts gewinnen, weil der Gesetzgeber mit der Regelung nur Doppelbesteuerungen für konzessionierte Spielbanken, Wirtshauspoker und Glücksspielautomaten ausschließen wollte ().

Auch kommt nach der bereits zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine analoge Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung des § 57 Abs. 6 GSpG nicht in Betracht ().

-) Bf. ist nicht Abgabenschuldnerin

Gemäß § 59 Abs. 2 Z 1 GSpG sind Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57:

- der Konzessionär (§ 17 Abs. 6) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5);

- bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers,

der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.

Dem Einwand der Bf., sie sei weder Konzessionärin iSd § 17 Abs. 6 GSpG noch Bewilligungsinhaberin iSd § 5 GSpG noch fehle es ihr an einer Berechtigung, weshalb sie nicht Schuldnerin der Glücksspielabgabe iSd § 59 Abs. 2 Z 1 GSpG sei, ist erneut die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () entgegenzuhalten:

„Da die Revisionswerberin weder Konzessionärin noch Bewilligungsinhaberin für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten ist, kommt hier nur der zweite Teilstrich in Betracht. Um den Veranstalter der Ausspielung als Abgabenschuldner nach dem zweiten Teilstrich des § 59 Abs. 2 Z 1 GSpG ansehen zu können, verlangt das Gesetz das Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses. Systematisch soll nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes mit der Bestimmung des § 59 Abs. 2 GSpG geregelt werden, wer zur Zahlung der Abgabe verpflichtet ist. Die Frage, welche Ausspielungen einer Glücksspielabgabe unterliegen oder davon befreit sind, wird im § 57 GSpG geregelt. Um zu vermeiden, dass es für Ausspielungen, die nach § 57 GSpG einer Glücksspielabgabe unterliegen, keinen Abgabenschuldner geben soll, ist das ‚Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses‘ nach dem zweiten Teilstrich des § 59 Abs. 2 Z 1 GSpG im Sinn der im ersten Teilstrich leg. cit. genannten Berechtigungsverhältnisse zu verstehen, um die Z 1 des § 59 Abs. 2 GSpG als abgeschlossenes System sehen zu können. Nach Auffassung der Revisionswerberin, die hier auch eine Gewerbeberechtigung subsumieren will, käme es für diese Konstellationen zu einer Steuerbefreiung, die aber in § 57 Abs. 6 GSpG geregelt ist, und nicht bei einer Bestimmung, wer Schuldner der Abgaben ist, zu erwarten wäre.“

Da somit in § 59 Abs. 2 Z 1 zweiter Teilstrich GSpG unter dem Begriff „Berechtigungsverhältnis“ keine gewerberechtliche Bewilligung, sondern die Erteilung einer Konzession gemäß § 17 Abs. 6 GSpG oder Bewilligung von Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gemäß § 5 GSpG, zu verstehen ist, ist die Bf. als Veranstalterin der Ausspielung auch Abgabenschuldnerin, da es ihr an einem solchen Berechtigungsverhältnis fehlt.

-) Nicht erfüllbare Abgabepflicht

Der Verfassungsgerichtshof hat zu den Rechtsgeschäftsgeschäftsgebühren und Glücksspielabgaben immer wieder festgestellt, dass grundsätzlich die rechtspolitische Freiheit des Gesetzgebers besteht, Instrumente des Abgabenrechts einzusetzen, um für unerwünscht erachtete Entwicklungen entgegenzusteuern, sowie, dass der Abgabepflichtige es in der Hand hat, Vorkehrungen für die Entrichtung der Abgabenschuld zu treffen. Zur Frage, ob eine Abgabe, die bewirkt, dass die Steuerbelastung überhaupt zum Versiegen der Steuerquelle führen soll und eines damit verbundenen Eingriffes in die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und Freiheit der Erwerbsausübung sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass die Zielsetzung, eine Zunahme von (dort:) Spielautomaten zu verhindern und ihre Zahl eher zu verringern, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Der VfGH hat dazu unter anderem ausgeführt: „Sollten damit potentielle Spieler wegen mangelnder Attraktivität vom Spielen abgehalten werden, liegt dies genau in der – verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden - Absicht des Gesetzgebers.“ ( unter Verweis auf und , 2011/17/0116; siehe auch , sowie Beschlüsse ; ; B 1357; ua.; ; ).

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes liegt es grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft. Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ().

Das von der Bf. eingewendete Verhältnis der Glücksspielabgabe zu ihrem Jahresumsatz betrifft unternehmerische Parameter, die in der Ingerenz der Veranstalterin solcher Glücksspiele liegen und kein Kriterium für die hier in Rede stehende Besteuerung darstellen. Es ist Sache der Bf., die Kartenspiele so zu organisieren, dass die Glückspielabgabe entrichtet werden kann ().

-) Fazit

Die Abgabenschuld entsteht gemäß § 59 Abs. 1 Z 2 GSpG in den Fällen des § 57 mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht. (…)

Der Abgabenanspruch für die von der Bf. gemeldeten und sichergestellten Glücksspielabgaben 03/2016 bis 02/2017 wurde somit nach den obigen Ausführungen gemäß § 59 Abs. 1 Z 2 GSpG mit dem Abschluss der jeweiligen Glücksspielverträge () verwirklicht.

Ein Sicherstellungsauftrag ist kein abschließender Sachbescheid, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, aus deren Natur sich ergibt, dass die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erforderlich ist (), zumal er dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld

Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind ().

Weshalb die Bf. die betragliche Höhe der sichergestellten Glücksspielabgaben bestreitet, erscheint völlig unerklärlich, da sie die von den eingehobenen Tischgeldern hochgerechneten Bemessungsgrundlagen selbst bekanntgab. Die Berechnung der Glücksspielabgaben erfolgte seitens des Finanzamtes gesetzeskonform gemäß § 57 Abs. 1 GSpG mit 16% von den bekanntgegebenen Einsätzen bzw. vermögenswerten Leistungen.

II. Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Glücksspielabgaben

Von einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von Abgaben im Sinne der Bestimmung des § 232 BAO ist im Wesentlichen dann zu sprechen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ().

Im gegenständlichen Fall bringt die Bf. keine Einwände gegen die Annahme der Gefährdung der Abgabeneinbringung vor. Dennoch ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes derartige Gefährdungen oder Erschwerungen u.a. bei drohendem Insolvenzverfahren oder Exekutionsführung von dritter Seite gegeben sind. Eine erhebliche Verschuldung des Abgabenpflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, rechtfertigt eine Maßnahme nach § 232 BAO. In diesen Fällen genügt es, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ().

Die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der gegenständlichen Abgaben ist zu befürchten, weil der zu erwartende Abgabenbetrag die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bf. bei weitem übersteigt. Laut handelsrechtlicher Bilanz zum hat die Bf. ein negatives Eigenkapital von € 21.591.810,26 und einen Bilanzverlust von € 21.626.810,26. Die Verbindlichkeiten und Rückstellungen betreffen fast ausschließlich die gebuchten und sichergestellten Glücksspielabgaben.

Somit ist auch die weitere kumulative Voraussetzung des § 232 Abs. 1 BAO als erfüllt anzusehen.

III. Ermessen

Die Bf. brachte zum Ermessen vor, dass das Vorgehen der Abgabenbehörde nicht zweckmäßig sei, da sie damit lediglich erreiche, dass die Bf. wegen der Exekutionsmaßnahmen ihren Betrieb nicht weiter aufrechterhalten und somit in Zukunft keine Einkünfte mehr erzielen könne. Im Ergebnis erhalte somit die Abgabenbehörde durch die Exekutionsmaßnahmen nur einen Bruchteil der von ihr angenommenen Abgabenschuld und vergebe zudem die Chance auf zukünftige Abgabenzahlungen durch die Bf.

Das der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen (). Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergibt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung

der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder der zu erlangenden Sicherheit (Hinweis Ritz, Verwaltungsökonomie als Ermessenskriterium, ÖStZ 1996, 70) - ist daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen (; , 0044).

Dabei ist den Ausführungen des Finanzamtes, dass angesichts der voraussichtlichen Höhe des Abgabenanspruches, der dargestellten wirtschaftlichen Situation der Bf. und der aufgrund des Sicherstellungsauftrages im Zuge der Pfändung eines Guthabens am Abgabenkonto der Gesellschaft erlangten Sicherheit von einem derartigen Ausnahmefall, der die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht gerechtfertigt erscheinen ließe, keine Rede sein könne, und mit dieser Sofortmaßnahme zumindest ein Teil des Abgabenanspruches habe gesichert werden können, nichts hinzuzufügen.

Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.“

Gegen dieses Erkenntnis vom , RV/7102140/2017, wurde zur Zahl E 3200/2018, eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom ablehnte.

Das Bundesfinanzgericht muss daher im Hinblick auf die Sachverhaltsidentität von der Erfolglosigkeit der Beschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag ausgehen, wobei bei der Bf. die Gefährdung oder Érschwerung der Einbringung der gegenständlichen Abgaben zu befürchten ist, weil der zu erwartende Abgabenbetrag die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bf. bei weitem übersteigt. Laut handelsrechtlicher Bilanz zum hat die Bf. ein negatives Eigenkapital von € 83.260.137,45 und einen Bilanzverlust von € 83.301.105,40.

Ein im Sinne dieser Bestimmung  unersetzlicher oder schwer zu ersetzender Vermögensnachteil liegt nach der Rechtsprechung beispielsweise vor, wenn bei einer Vollstreckung auf eine Geldforderung ausreichend glaubhaft gemacht wird, dass die Vermögenslage des betreibenden Gläubigers derart sei oder sein werde, dass der Anspruch auf Rückstellung des beim Drittschuldner zu Unrecht hereingebrachten Forderungsbetrages ganz oder teilweise uneinbringlich werden würde (-F/12 mit Hinweis auf ; ; ). Davon ist im Hinblick darauf, dass betreibender Gläubiger im Verfahren nach der AbgEO das Finanzamt bzw. die Republik Österreich ist, wohl nicht auszugehen. Ein unersetzlicher oder schwer zu ersetzender Vermögensnachteil im aufgezeigten Sinn liegt im Fall einer Forderungspfändung durch die Republik daher weder im Regelfall noch im gegenständlichen Fall vor.

Weiters kann es im Hinblick auf das am Datum1 eröffnete Konkursverfahren über das Vermögen der Bf. zu keinen Vollstreckungsmaßnahmen seitens der belangten Behörde mehr kommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Antrag der Bf. auf Durchführung einer mündliche n Verhandlung ist zu bemerken, dass die Bf. durch das Unterbleiben einer mündliche n Berufungsverhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwar in ihrem aus § 274 Abs. 1 BAO erfließenden Verfahrensrecht verletzt wird. Ein Verfahrensmangel führt jedoch nur dann zur Auf hebung eines Bescheides, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können (). Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz, ÖStZ 1996, 70) wurde jedoch im Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden kann, dass bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündliche n Verhandlung ) es zu einem anderen Erkenntnis gekommen wäre, von der Durchführung einer mündliche n Verhandlung abgesehen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da diese Voraussetzung im Hinblick auf die zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 18 Z 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 18 Z 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 78 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 78 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 19 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 19 Abs. 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103014.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at