Geschäftsführerhaftung Abgabenschuldigkeiten wurden erst nah Beendigung der Geschäftsführertätigkeit fällig.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende den-Senat in der Beschwerdesache MV, Adresse1, als Insolvenzverwalterin im Insolvenzverfahren des HS, Adresse2, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johannes Eltz, Währinger Straße 48, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom betreffend gemäß §§ 9 und 80 BAO in der Sitzung am zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurde HS (in der Folge Haftungspflichtiger genannt) gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff Bundesabgabenordnung als ehemaliger Geschäftsführer der Firma F GmbH (Firma), für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 36.154,49 Euro (Umsatzsteuer 2011 in Höhe von € 17.637,27 und Umsatzsteuer 2012 in Höhe von € 18.517,22 zur Haftung herangezogen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 80 Abs. 1 BAO die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen hätten, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet würden.
Der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet habe, hafte für diese Abgaben, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden könnten und er nicht beweise, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet hätten werden können.
Der Bf. sei von bis Geschäftsführer der Firma, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen. Er sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.
Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für Umsatzsteuer sei festzuhalten:
Die Umsatzsteuer sei nicht oder unzureichend gemeldet und entrichtet worden. In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers sei, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe (, 0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.
Es seien keinerlei Beweise erbracht worden, die die schuldhafte Pflichtverletzung entkräften könnten. Es sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde führte der steuerliche Vertreter aus, dass der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten und wegen der Arbeitsüberlastung ohne Anspruch auf Vollständigkeit, wie folgt ausgeführt werde.
Vorweg geschickt werde, dass eine mündliche Beschwerdeverhandlung und ein Beschwerdesenat beantragt werde.
Der Beschwerdeführer habe sämtliche Abgaben ordnungsgemäß aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet.
Die derzeitige Not-Geschäftsführerin RA C.verfüge nach ihren eigenen Angaben über ausreichende Mittel, um sämtliche Verbindlichkeiten zu bezahlen und habe darüber hinaus, vertreten durch ihren Rechtsanwalt R., vorgebracht, dass die Firma vermögend sei.
Es sei daher unverständlich, wie die Finanzbehörden auf die Idee kommen würden, dass eine Haftung zur Einbringlichmachung beim ehemaligen Geschäftsführer erforderlich sei. Für den Rückgriff auf diesen gebe es keine gesetzliche Grundlage.
Des Weiteren seien dem Beschwerdeführer die zugrundeliegenden Bescheide, auf die sich der Haftungsbescheid gründe, nicht zur Kenntnis gebracht worden und es müsse diesem, wenn hier eine Haftung behauptet werde, möglich sein, dazu Rechtsmittel zu erheben. Zumindest müssten diesem die Bescheide tauglich zur Kenntnis gelangen, was nicht erfolgt sei.
Es läge daher weder ein schuldhaftes Verhalten - nicht einmal ein fahrlässiges – noch überhaupt eine Pflichtverletzung des Bf. vor.
Es seien sohin grobe Verfahrensmängel und Rechtswidrigkeit des Inhaltes gegeben, weshalb höflich der Antrag gestellt werde, den Haftungsbescheid vom ersatzlos aufzuheben, in eventu eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den Haftungsbescheid vom ersatzlos aufzuheben.
Die Entscheidung möge durch den Senat gefällt werden.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum** wurde über das Vermögen des Haftungspflichtigen der Konkurs ohne Eigenverwaltung des Schuldners der Konkurs eröffnet und Rechtsanwältin MV zur Masseverwalterin bestellt.
Mit einer an Rechtsanwältin MV als Masseverwalterin im Konkursverfahren des Haftungspflichtigen adressierten Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise statt, schränkte die Haftung auf die Umsatzsteuer 2011 in Höhe von € 16.893,68 als unbegründet ab und führte dazu begründend aus, dass der Bf. mit Haftungsbescheid vom als Haftungspflichtiger gemäß §§ 9 und 80 BAO für Abgabenschuldigkeiten der Firma in der Höhe von € 36.154,49 in Anspruch genommen worden sei. Gegen diesen Bescheid habe er mit Schreiben datiert mit , eingelangt am fristgerecht Beschwerde erhoben, die Aufhebung des Haftungsbescheides beantragt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Haftungspflichtige sämtliche Abgaben ordnungsgemäß aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet hätte, die Gesellschaft über ausreichende Mittel verfüge, um sämtliche Verbindlichkeiten zu bezahlen und dem Beschwerdeführer die zugrundeliegenden Bescheide, auf die sich der Haftungsbescheid gründet, nicht zur Kenntnis gebracht worden wären.
Dazu werde Folgendes ausgeführt:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben in Folge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet würden.
Fest stehe, dass der Haftungspflichtige laut Firmenbuch vom Datum1 bis zum Datum2 handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma gewesen sei.
Hinsichtlich dieses Unternehmens sei das Finanzamt mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom Datum3 über die beabsichtigte amtswegige Löschung infolge Vermögenslosigkeit informiert worden. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom Datum4 sei Frau C. gemäß § 15a GmbHG zur Notgeschäftsführerin des Unternehmens bestellt worden. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom Datum5 sei ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zurückgewiesen worden. Mit Schreiben des Finanzamtes vom sei das Unternehmen aufgefordert worden, einen Betrag von € 20.000 zu erlegen und für den verbleibenden Rückstand einen geeigneten Zahlungsvorschlag zu unterbreiten, da sonst ein Konkursverfahren beantragt werden müsse.
Am sei vom Finanzamt ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Finanzprokuratur gestellt worden, da seit mehreren Monaten mit Zwangsvollstreckung vorgegangen sei, dadurch aber keine Reduzierung des Rückstandes erreicht werden habe können. Die in der Beschwerde aufgestellt Behauptung, die derzeitige Notgeschäftsführerin C verfüge nach ihren eigenen Angaben über ausreichende Mittel, um sämtliche Verbindlichkeiten des Unternehmens zu bezahlen, habe nach Rücksprache mit der Notgeschäftsführerin nicht bestätigt werden können. Daraus sei ersichtlich, dass die offenen Abgabenschuldigkeiten bei der Firma uneinbringlich seien.
Zum Argument, dass der Beschwerdeführer sämtliche Abgaben ordnungsgemäß aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet habe, sei darauf hinzuweisen, dass Einwendungen gegen die Richtigkeit der Höhe der Nachforderung durch den zur Haftung Herangezogenen nur im Verfahren gemäß § 248 BAO gegen die später erlassenen Abgaben- bzw. Nachforderungsbescheide zu erheben seien und nicht im Haftungsverfahren selbst, in dem eine Bindung an die Abgabenbescheide bestehe, zu prüfen seien. Im vorliegenden Fall seien Vorsteuern geltend gemacht worden, jedoch haben, wie dem Bericht vom zu entnehmen sei, im Rahmen einer Außenprüfung weder von der bisherigen steuerlichen Vertretung noch der Notgeschäftsführerin Unterlagen vorgelegt werden können, anhand derer die Berechtigung zum beantragten Vorsteuerabzug nachgewiesen habe werden können.
In der Beschwerde sei behauptet worden, dem Haftungspflichtigen seien die zugrundeliegenden Bescheide, auf die sich der Haftungsbescheid gründet, nicht zur Kenntnis gebracht worden.
Dem sei aber zu entgegnen, dass dem Haftungspflichtigen Kopien der Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2012 als Anlagen des Haftungsbescheides übermittelt worden seien.
Allerdings sei zu Gunsten des Haftungspflichtigen ein Umstand von Amts wegen aufzugreifen, der von ihm nicht ins Treffen geführt worden sei: Da der Haftungspflichtige bereits Ende 2011 gegenüber der Firma seinen Rücktritt als Geschäftsführer erklärt gehabt habe, treffe ihn an der Uneinbringlichkeit der Umsatzsteuer 2012 kein Verschulden.
Dementsprechend sei der Spruch des Bescheides abzuändern und um die Umsatzsteuer 2012 zu reduzieren gewesen.
Betreffend die Heranziehung zur Haftung für die spruchgegenständlichen Abgaben sei in der Begründung des Haftungsbescheides auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen worden. Es sei demnach unter anderem Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zur erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe. Demnach hafte der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet habe und die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe, als alle anderen Verbindlichkeiten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Vertreter somit darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen dürfe. Habe der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde weiters davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich gewesen sei.
Der Geschäftsführer hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausreichen, es sei denn, er weise nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen liquiden Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Nur dann, wenn eine Abgabe nicht entrichtet werde, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel habe, verletze der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht.
Im vorliegenden Fall habe der Geschäftsführer in der Beschwerde nicht einmal behauptet, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe. Er habe daher die zu den Fälligkeitstagen vorhandenen liquiden Mittel nicht bekannt gegeben, durch Vorlage der Bankkonten nicht ausreichend nachgewiesen und keinerlei Berechnungen und Belege vorgelegt, aus denen ersichtlich wäre, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlichen Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Dass damals keine ausreichenden Mittel zur fälligkeitsgerechten vollständigen Entrichtung zur Verfügung gestanden wären, sei vom Bf. nicht behauptet worden und sei auch aus dem Akt nicht erkennbar. Damit sei weder der Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung erbracht worden noch das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der vorhandenen liquiden Mittel zum jeweiligen Fälligkeitstag und auch nicht der Betrag, der bei Gleichbehandlung aller Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, im Rahmen einer ordnungsgemäßen Liquiditätsrechnung dargestellt worden. Die Behörde sei daher zu der Annahme berechtigt, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung schuldhaft nicht nachgekommen sei. Konsequenter Weise hafte der Geschäftsführer dann für die von der Haftung betroffenen Abgabenschuldigkeiten zur Gänze.
Nach Lehre und Rechtsprechung sei die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen sei. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Im vorliegenden Fall werde von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme unter anderem nicht gesprochen werden können, da die Abgabenschuld vom Hauptschuldner nicht eingebracht werden könne und dies dem Bf. wegen seiner schuldhaften Pflichtverletzung hinsichtlich der Entrichtung der Abgaben vorwerfbar sei. Insgesamt gesehen sei daher die Geltendmachung der Haftung unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben geboten.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum6 sei zwar das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Haftungspflichtigen eröffnet worden. Im Zuge des Verfahrens sei aber ein Sanierungsplanvorschlag eingebracht worden, wonach die Bezahlung sämtlicher Forderungen zu 100 % nach Rechtskraft der Feststellung binnen 14 Tagen erfolgen sollte, aber nicht, dass bestrittene Forderungen sofort, und damit unberechtigt, bezahlt werden sollten. Daran sei erkennbar, dass der Haftungspflichtige über Vermögen verfüge und damit bei ihm unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse keine Unbilligkeit gegeben sei.
Vom Beschwerdeführer seien keine weiteren Gründe vorgebracht worden, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.
Auf Grund des bereits im Haftungsbescheid dokumentierten Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 9 und 80 BAO sei die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der Firma hinsichtlich eines Betrages in der Höhe von € 16.893,68 somit zu Recht erfolgt. Im Übrigen werde auf die Begründung des Haftungsbescheides vom verwiesen.
Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Dagegen brachten sowohl der Haftungspflichtige als auch die Masseverwalterin, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Eltz in einem Schriftsatz einen Vorlageantrag mit folgendem Inhalt ein.
I. VOLLMACHTSBEKANNTGABE:
1. Der Haftungspflichtige und die Masseverwalterin im Insolvenzverfahren des Haftungspflichtigen als Haftungsbeteiligte hätten Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt, Währinger Straße 48/1/7, 1090 Wien bevollmächtigt und beauftragt. Der gefertigte Rechtsanwalt berufe sich gemäß § 8 RAO iVm BAO und § 10 AVG auf seine Vollmacht und ersuche um künftige Zustellungen ausschließlich in dieser Beschwerdeangelegenheit zu seinen Händen.
2.Vorweg wird die Rechtsproblematik bekannt gegeben, dass sich der Abgabenpflichtige durch das Insolvenzverfahren nicht ändere. Die diesbezügliche Judikatur, die einen anderen Anschein möglicherweise erwecke, sei nicht so auszulegen, bzw. verfehlt.
Es handle sich hier zwar gegenständlich um einen Haftungsbescheid, doch habe dieser zum Inhalt, HS habe einen Haftungstatbestand verwirklicht, in welchem Sinne dieser jedenfalls als „Abgabepflichtiger“, als seinerzeitiger Geschäftsführer der GmbH auch unabhängig vom Konkursverfahren betroffen sei.
Gegenstand des Konkursverfahrens sei ausschließlich das der Exekution unterliegende Vermögen in den Grenzen des § 14 EO, sowie der Ausscheidungs- und Nicht-Eintrittsbestimmungen der IO. Der Masseverwalter sei nicht Erwachsenenvertreter des von einem Konkursverfahren Betroffenen.
Der vom Insolvenzverfahren Betroffene sei in seiner Handlungsfähigkeit unbeschränkt. Die Beschränkungen gälten nur für das der Exekution unterliegende Vermögen, sohin auch Einkommen in den zuvor angeführten Grenzen, sowie auch des Existenzminimums bzw. der für eine einfache Lebensführung notwendige Vermögens- und Einkommensbestandteil.
Da es sich auch um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handle, sei die Zuständigkeit der Masse, vertreten durch die Masseverwalterin als Haftungsbeteiligte gegeben. Sämtliche nachfolgenden Ausführungen würden unter dieser Prämisse gemacht und seien diese in diesem Sinne zu würdigen.
II. Vorlageantrag
HS und die Insolvenzverwalterin (Masseverwalterin) im Insolvenzverfahren des HS stellten binnen offener Frist höflich den Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und ersuchten um Vorlage des Aktes an dieses, sowie den Antrag auf mündliche Verhandlung und Senatsentscheidung der Beschwerde vom .
4. Die Zustellung an die Masseverwalterin und die Weiterleitung von der Masseverwalterin an HS etc. werde für HS als nicht rechtswirksam anerkannt. Die Beschwerdevorentscheidung hätte HS (auch) direkt und vor allem auch RA Dr. Johannes Eltz zugestellt werden müssen.
5. (a) Die Masseverwalterin sei nicht befugt HS im Haftungsverfahren gemäß § 9 iVm § 80 BAO betreffend die Abgabenschuldigkeiten der GmbH allein zu vertreten.
(b) die Masse, vertreten durch die Masseverwalterin sei nicht befugt und nicht berechtigt allein als Haftungsbeteiligte im gegenständlichen Verfahren einzuschreiten.
6. Haftungssubjekt sei HS, auch hinsichtlich der ausgeschiedenen Vermögenswerte und nicht nur die Masse.
7. Steuersubjekt sei die F GmbH.
8. Ein Masseverwalter sei weder Erwachsenenschutzbeauftragter, noch Verlassenschaftsverwalter. Gegenstand des Insolvenzverfahrens sei ausschließlich das der Exekution unterworfene Vermögen innerhalb der Grenzen des § 14 EO.
9. Die Masseverwalterin könne und habe Bereiche ausgeschieden, sei in Gerichtsverfahren nicht eingetreten und damit ebenfalls ausgeschieden, die also Angelegenheiten seien, die HS direkt wahrnehme und welche Gerichtsverfahren von HS selbst fortgeführt worden seien bzw. fortgesetzt würden.
10. Damit sei weder die Masse noch der Masseverwalter gleich zu setzen mit der Person HS, der die Verantwortung über sämtliche Vorgänge ihn betreffend habe und nichts „ausscheiden“ könne. Wer nicht die volle Verantwortung für sämtliche Handlungen und Entscheidungen treffe, könne nicht Steuersubjekt sein.
Der § 80 Abs. 2 BAO betreffe nur Massen, aus denen NICHT ausgeschieden werden könne, also Verlassenschaftsangelegenheiten sowie Erwachsenenschutzangelegenheiten.
11. Die diesbezüglichen (auch zitierten) Verwaltungsgerichtshofsentscheidungen beträfen andere Sachverhalte und seien überdies aufgrund von rechtlich verfehlten Beschwerdevorbringen ebenso verfehlt.
Beschwerden des Masseverwalters seien parallel zu Beschwerden der Partei des Insolvenzverfahrens als Haftungsbeteiligte zulässig und daher denkmöglich, wie diese Parallelität bei Haftungsbescheiden regelmäßig gesetzliche Praxis sei.
Die Verwaltungsgerichtshofsentscheidungen seien einer gewissen „Unbedarftheit“ und „Überheblichkeit“ der Masseverwalter geschuldet, da allein mit der gesetzlichen Vorgabe - das der Exekution unterzogene Vermögen, Möglichkeit des Ausscheidens, Möglichkeit des Nichteintretens (alles hier der Fall) - Masseverwalter und Masse als Steuersubjekt, statt der Partei des Insolvenzverfahrens, ausscheide, aber diese weiterhin Haftungsbeteiligte seien.
13. Selbstverständlich seien die Angelegenheiten, die ausgeschieden worden seien und in die der Masseverwalter nicht eingetreten sei, nicht steuerliches und haftungsrechtliches „Niemandsland“, -woraus sich allein-schon die-Absurdität, des Masseverwalters als steuerlichen Verantwortlichen, statt Haftungsbeteiligten zeige.
14. Die Masseverwalterin als Haftungsbeteiligte sei daher nicht befugt in Haftungsangelegenheiten für HS aufzutreten, soweit es nicht die Masse als Haftungsbeteiligte betrifft. Nur so - parallele Haftung - sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verstehen und anzuwenden. Als Haftungsbeteiligte sei diese Partei dieses Verfahrens.
15. Die Begründung des Finanzamtes Wien „Die in der Beschwerde aufgestellt Behauptung, die derzeitige Notgeschäftsführerin C verfüge nach ihren eigenen Angaben über ausreichende Mittel, um sämtliche Verbindlichkeiten des Unternehmens zu bezahlen, konnte nach Rücksprache mit der Notgeschäftsführerin nicht bestätigt werden. Daraus ist ersichtlich, dass die offenen Abgabenschuldigkeiten bei der GmbH uneinbringlich sind." sei unrichtig und beinhalte, wenn es wahr wäre das Eingeständnis der betrügerischen Krida, was die Beamten der Abgabenbehörde zur sofortigen Strafanzeige gemäß § 78 StPO bei sonstigem Amtsmissbrauch und überdies Amtshaftungsfolgen verpflichte.
Wie bereits dargelegt handle die Notgeschäftsführerin C kollusiv zulasten des unter anderem HS, W. u.a.
17. Die GmbH sei Eigentümerin einer Liegenschaft in Adresse3, welche Euro 600.000,00 bis 800.000,00 wert sei. Eine Nachschau der erkennenden Behörde im offenen Grundbuch hätte dies erhellt.
18. Des Weiteren ergebe sich aus dem Kontoauszug eines Kontos der GmbH bei der Bank ein Kontoguthaben von Euro 154.200,56 zum .
19. Das Finanzamt Wien wäre dazu angehalten gewesen, die Behauptungen der C HS zur Kenntnis und Stellungnahmemöglichkeit zu übermitteln, sowie die Angaben der C auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
20. Das Verfahren sei grob mangelhaft, leide an inhaltlicher und formeller Unrichtigkeit.
21. Zudem sei das-Gehör des HS und der Masseverwalterin, beide vertreten durch den Beschwerdeführervertreter, die immerhin zur Haftung herangezogen werden sollten, gröblichst verletzt. Das Verfahren verstosse gegen Art. 6 EMRK sowie Art 41 EU GrCh und sei nichtig. Die Parteierechte des HS, vertreten durch den hier Beschwerdeführervertreter seien nicht gewahrt worden.
22. HS und der Masseverwalterin, beide vertreten durch den hier Beschwerdeführervertreter, sei der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis zu bringen und diesen die Möglichkeit einer Replik/Stellungnahme zu den „Beweisergebnissen“ zu geben. Dies sei eine amtswegige Pflicht der Behörde.
23. Davon unberührt bleibe das Recht des HS und der Masseverwalterin, beide vertreten durch den hier Beschwerdeführervertreter; auf Akteneinsicht.
24. Nachforderungen, die entstanden seien zu einem Zeitpunkt, als HS nicht mehr Geschäftsführer gewesen sei, begründeten keine Haftung dieses. Nachforderungen seien auch von der Gesellschaft selbst zu begleichen.
25. Die GmbH sei in der Lage ihre Abgabenverbindlichkeiten zu bezahlen. Wenn die Notgeschäftsführerin behauptet habe, dass diese keine Insolvenz anmeldet habe, obwohl diese erklärt habe, die hier gegenständliche Abgabenschuld nicht zahlen zu können, hafte diese wegen dolosem Verhalten persönlich. Diese sei nur aufgrund ihrer Malversationen nicht bereit dazu.
26. Die Finanzbehörden hätten überdies als Voraussetzung für diesen Haftungsbescheid den Beschwerdeführern die Möglichkeit geben müssen im Grundverfahren, gegen diese Abgabenfestsetzung sich am Verfahren zu beteiligen, oder dies nachholen zu können.
27. Die Beschwerdeführer hätten keine Kenntnis aus welchem Sachverhalt und welchen Rechtsfolgen sich die gegenständliche Inanspruchnahme gründe.
28. Vor dem Handelsgericht Wien zu Az. XXXX sei ein Verfahren zur Enthebung der Notgeschäftsführerin anhängig, unter anderem da diese dolos keine Firmenbuchsbilanzen einreiche. Es sei die Finanzbehörde mehrmals aufgefordert worden, diesbezüglich die entsprechenden Anträge beim Handelsgericht Wien zu stellen.
29. Es werde ausdrücklich, mangels jedweder Kenntnis, die Richtigkeit der Abgabenforderung bestritten.
30. Die Beischaffung des zitierten Aktes werde explizit beantragt.
Beweis : ZV HS, Adresse2;
ZV L., Adresse4;
Kontoauszug
Amtswegig beizuschaffender Akt zu Az. XXXX des Handelsgericht Wien;
Weitere Beweise würden ausdrücklich vorbehalten;
31. Es werde sohin höflich gestellt der Antrag
- auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und Vorlage des Aktes an dieses
- mündliche Verhandlung
- Senatsentscheidung
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtmäßigkeit der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung:
Der angefochtene Haftungsbescheid war an HS adressiert und erging am .
Mit Beschluss des HG Wien vom Datum6 wurde über das Vermögen des HSdas Konkursverfahren ohne Eigenverwaltung des Schuldners eröffnet und MVzurInsolvenzverwalterin bestellt. Die Beschwerdevorentscheidung wurde an RA MV als Masseverwalterin im Konkursverfahren gegen HS adressiert.
Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurse s erlangt (Insolvenz masse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 2 Abs. 2 der Insolvenzordnung - IO). Der Insolvenzverwalter (Masseverwalter) ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Insolvenz masse - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners iSd § 80 BAO (vgl. die Erkenntnisse des , und vom , 2002/14/0053). Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Konkur seröffnung (nunmehr Insolvenzeröffnung) der Masseverwalter (Insolvenzverwalter) an die Stelle des Gemeinschuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkurs masse (Insolvenzmasse) handelt. Die Abgaben sind daher während des Konkurs verfahrens (Insolvenzverfahrens) gegenüber dem Masseverwalter (Insolvenzverwalter) , der insofern den Gemeinschuldner repräsentiert, festzusetzen (vgl. die Beschlüsse des , und vom , 97/13/0023 sowie das Erkenntnis des ).
Die Beschwerdevorentscheidung konnte daher gegenüber dem Haftungspflichtigen, dem in den die Masse betreffenden Angelegenheiten gemäß § 2 Abs. 2 IO die Verfügungsfähigkeit entzogen ist, nicht wirksam erlassen werden. Diese war vielmehr an die Insolvenzverwalterin und nicht an den Haftungspflichtigen zu richten und dem Insolvenzverwalter (Masseverwalter) zuzustellen (vgl. , s.o.).
Haftung:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung des Bf. als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.
HS fungierte gemäß den vorliegenden Akten im Zeitraum Datum1 bis Datum2 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH.
Die Haftung erstreckt sich auf Abgaben, deren Zahlungstermin (Fälligkeit) in die Zeit der Vertretungstätigkeit fällt.
Die mittels Bescheid vom festgesetzte Umsatzsteuer 2011 wurde am und die ebenfalls am festgesetzte Umsatzsteuer 2012 am fällig.
Mittels monatlicher Umsatzsteuervoranmeldungen wurden in den Jahren 2011 und 2012 stets Gutschriften geltend gemacht, die auch über den Zeitpunkt des Ausscheidens des Bf. als handelsrechtlicher Geschäftsführer hinaus zu einem ansteigenden namhaften Guthaben auf dem Abgabenkonto geführt haben.
Bei einem Guthabensstand von fast € 90.000,00 gab es beginnend mit drei Rückzahlungen, sodass bei Abhaltung einer abgabenbehördlichen Prüfung zunächst noch ein Guthaben von € 13.492,67 bestand.
Da im Zuge der Prüfung keinerlei Unterlagen vorgelegt werden konnten, wurden die geltend gemachten Gutschriften nicht anerkannt, was eben zu den Nachforderungsbeträgen für die Jahre 2011 und 2012 führte, die rein unter der Jahreszahlenangabe Gegenstand der Haftungsinanspruchnahme wurden und damit die Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem BFG vorgeben.
Eine schuldhafte Pflichtverletzung kann daher in diesem Fall nur in der Einreichung unrichtiger Voranmeldungen liegen, mit denen zu Unrecht eine Gutschrift geltend gemacht wurde.
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu
entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuß sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuß ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes zurück.
Wäre eine entsprechende Aufgliederung auf einzelne Monate erfolgt, hätte der Bf. bei Bejahung der weiteren Voraussetzungen für Zeiträume in Anspruch genommen werden können, in denen die Fälligkeit einer Abgabe in den Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit fiel (UVA en 1-9/2011).
Für Abgabenschuldigkeiten deren Fälligkeit nicht in den Zeitraum der handelsrechtlichen
Geschäftsführung des Bf. fällt, käme lediglich eine Haftungsinanspruchnahme nach § 9a BAO wegen faktischer Geschäftsführung in Frage.
Der Bf. teilte mit Schreiben vom Datum2 dem Handelsgericht Wien mit, dass er seinen Rücktritt als Geschäftsführer erklärt habe. Die Eintragung der Löschung der Funktion des Bf. als Geschäftsführer im Firmenbuch erfolgte am .
Zum Zeitpunkt der Fälligkeiten der Umsatzsteuernachforderungen laut Bescheiden nach der abgabenbehördlichen Prüfung war HS nicht mehr Geschäftsführer der GmbH und kann somit gemäß § 9 BAO nicht zur Haftung herangezogen werden.
Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe. Damit wird auch die Sache des konkreten Haftungsverfahrens und insoweit auch der Rahmen für eine Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes im Beschwerdeverfahren festgelegt. Eine Abänderung bei einer Haftungsinanspruchnahme ist durch das BFG nur dann möglich, wenn im Bescheid die Zeiträume genannt sind, für die eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen wurde.
Ein monatsweiser Ausspruch der Haftung im Rahmen einer Abänderung des Haftungsbescheides war dem Bundesfinanzgericht nicht möglich, weil dies über den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens (Umsatzsteuer 2011 und 2012) hinausgehen und einer erstmaligen Geltendmachung eines Haftungsanspruches gleichkommen würde.
Der angefochtene Haftungsbescheid war daher aufzuheben.
Zum Antrag auf Durchführung einer mündliche n Verhandlung ist zu bemerken, dass zwar die Masseverwalterin und der Abgabepflichtige durch das Unterbleiben einer mündliche n Berufungsverhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () in ihrem aus § 274 Abs. 1 BAO erfließenden Verfahrensrecht verletzt werden. Ein Verfahrensmangel führt jedoch nur dann zur Auf hebung eines Bescheides, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können (). Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz, ÖStZ 1996, 70) wurde jedoch im Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden kann, dass es bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündliche n Verhandlung ) zu einem anderen Erkenntnis gekommen wäre, von der Durchführung einer mündliche n Verhandlung abgesehen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage, ob eine schuldhafte Pflichtverletzung durch den Geschäftsführer zum Abgabenausfall bei der Primärschuldnerin vorliegt, stellt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.
Es war daher keine ordentliche Revision zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | §§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 2 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106022.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at