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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.05.2020, RV/7101472/2019

Einzelfallprüfung, ob die vereinbarten Kündigungsgründe so umfassend sind, dass man von einer Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit auszugehen hat

Entscheidungstext

und RV/7101489/2019

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache BF, ADR, vertreten durch Dr. Wolfgang Raming, Hauptplatz 2, 3830 Waidhofen an der Thaya, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ERFNR, betreffend 1. Gebühren und 2. Gebührenerhöhung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die BF war grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ, mit dem einzigen Grundstück Nr. 19. Auf dieser Liegenschaft befand sich unter anderem das Haus mit der ADR-MG, welches in den Jahren 2012 und 2013 abgebrochen und als dreigeschoßiges Wohn- und Geschäftshaus neu errichtet wurde (Nutzwertgutachten vom , Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom ).

Mit Mietvertrag vom hat die BF als Vermieterin, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., in diesem Wohn- und Geschäftshaus das im Erdgeschoß gelegene Geschäftslokal Top 6 im Ausmaß von 67,04 m² sowie das dazugehörige Kellerabteil im Ausmaß von 4,91 m² an M als Mieterin zu den nachstehenden, entscheidungswesentlichen Bedingungen vermietet:

III.) Verwendungszweck
Das Geschäftslokal wird zum Betrieb eines Solariums sowie eines Friseur- und Kosmetikstudios in Bestand gegeben.
Jede andere Verwendung oder eine Erweiterung oder Änderung des Unternehmensgegenstandes bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Vermieterin, welche ihre Zustimmung aber nicht verweigern wird, soweit es sich um einen artverwandten Unternehmensgegenstand handelt ...

IV.) Vertragsdauer, Kündigung
Das Mietverhältnis beginnt am und wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen.
Das Mietverhältnis kann von beiden Vertragsteilen … gekündigt werden, wobei die nachfolgenden Einschränkungen vorrangig Gültigkeit haben.
Der Mieter verzichtet auf die Dauer von zehn Jahren ausdrücklich auf die Ausübung seines Kündigungsrechtes.
Die Vermieterin darf das Mietverhältnis innerhalb der ersten fünfzehn Jahre nur bei Vorliegen gesetzlicher Kündigungsgründe im Sinne der §§ 30 und 31 Mietrechtsgesetz (MRG) kündigen. 

V.) Hauptmietzins
Der monatliche Hauptmietzins beträgt netto 8 €/m² Nutzfläche [ohne Kellerraum], sohin insgesamt 536,32 €.
Weiters ist der Mieter zur Zahlung der gesetzlichen Umsatzsteuer und der Betriebskosten verpflichtet.
Der Mietzins ist wertgesichert zu leisten ...

VI.) Betriebs- Heiz- und sonstige Nebenkosten
Neben dem Hauptmietzins hat der Mieter sämtliche Betriebskosten, öffentliche Abgaben ... sowie die Heiz- und Warmwasserkosten zu tragen.

VII.) Erhaltungs- und Reparaturpflichten
Die Mieterin bestätigt, den Bestandgegenstand in neuem und grundsätzlich mängelfreiem
Zustand übernommen zu haben und verpflichtet sich, diesen pfleglich zu behandeln und mit Beendigung des Bestandverhältnisses in möglichst gutem Zustand unter Berücksichtigung normaler Abnützung gereinigt zurückzustellen. ... 

IX.) Untermietverbot
Die Mieterin ist nicht berechtigt, das Bestandobjekt oder Teile davon ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Vermieterin unterzuvermieten, sonst weitergeben oder auch nur zur faktischen Benützung zu überlassen.

Der Schriftenverfasser VERF, =RA, hat die Mietvertragsgebühr vom 3-fachen Jahresentgelt (unbestimmte Dauer) und ohne Heizkosten mit 253,30 € selbst berechnet. 

Im Zuge einer Prüfung bei RA, ABNR, hat das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, =GVG, festgestellt, dass die Berechnung obiger Gebühr hinsichtlich der Dauer unrichtig erfolgt sei, weil beide Vertragsteile während einer Dauer von 10 Jahren an den Vertrag gebunden und die Heizkosten nicht einbezogen worden seien.

Das GVG hat daher mit Bescheiden je vom

  • gemäß § 201 BAO die Gebühr für den Mietvertrag vom gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 Gebührengesetz (GebG) von einer Bemessungsgrundlage von 115.421,93 € mit 1 % in Höhe von 1.154,22 € festgesetzt. Der Bescheid ist an die Bf. ergangen. 

  • Zusätzlich hat das GVG gemäß § 9 Abs. 2 GebG eine Gebührenerhöhung von 10 % der Nachforderung in Höhe von 90,09 € vorgeschrieben.

Zur Begründung führt das GVG aus, die Festsetzung erfolge auf Grund der unrichtigen Selbstberechnung. Die Selbstberechnung sei vom 3-fachen Jahresentgelt und ohne Heizkosten erfolgt. … Der Vermieter könne nicht jederzeit das Vertragsverhältnis beenden und der Mieter verzichte auf die Dauer von 10 Jahren auf sein Kündigungsrecht. … Die Berechnung der Gebühr gem. § 33 TP 5 GebG erfolge daher von 10 Jahren bestimmter und anschließend unbestimmter Dauer, ergibt gesamt 13 Jahre. Die Heizkosten als Teil der Bemessungsgrundlage seien mit € 435,65 brutto jährlich bekanntgegeben worden.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
jährlicher Mietzins
7.722,96 €
jährliche Betriebskosten
720,00 €
jährliche Heizkosten
435.65 €
jährliches Gesamtentgelt
8.878,61 €
x 13 Dauer = Bemessungsgrundlage
115.421,93 €

Die gegenständliche Beschwerde vom richtet sich gegen beide Bescheide vom .
Die Bf. bekämpft unter Verweis auf die Gebührenrichtlinie und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) die Gebührenfestsetzung, soweit die Behörde der Berechnung der Bemessungsgrundlage eine Gesamtvertragsdauer von 13 Jahren statt drei Jahren zugrunde gelegt hat. Die Bescheide bleiben unbekämpft, soweit die Behörde der Bemessungsgrundlage jährliche Heizkosten von EUR 435,65 €, und zwar für die Dauer von drei Jahren, zusätzlich zugrunde gelegt hat.

"Der VwGH hat jedenfalls beginnend ab 1974 in zahlreichen Erkenntnissen durchgehend und ausnahmslos den Rechtsstandpunkt vertreten, dass bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach (früher) § 19 Abs. 2 Mietengesetz bzw. (nunmehr) § 30 Abs. 2 MRG keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit darstellt und sohin wegen der weitreichenden Kündigungsbefugnisse des Vermieters ein Vertrag auf unbestimmte Zeit vorliegt. (VwSlg. 5066F76; 82/15/0019; 85/15/0112; 86/15/0102; 88/15/0037; 88/15/0040; 2011/16/0169; Ro2014/16/0072 u.v.m.) Zuletzt hat der VwGH nochmals mit Erkenntnis vom zu Ra 2017/16/0111 diese gefestigte Rechtsprechung aktuell bestätigt. Genau dieser Sachverhalt wurde mit Errichtung und Unterfertigung des Mietvertrages verwirklicht."

In seiner abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom weist das GVG demgegenüber ausführlich auf die Bezug habende VwGH Judikatur und die zuletzt vorherrschende Entscheidungspraxis des Bundesfinanzgerichtes (BFG) hin. 

"Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne, im Vertrag ausdrücklich
bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer
Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden
beantwortet werden muss …
Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen …"

Diese Rechtslage verlange eine Einzelfallüberprüfung, welcher der VwGH in seinen Beschlüssen vom , Ra 2017/16/0111 und vom , 2018/16/0040, nicht entgegengetreten sei.

"Zu bedenken ist hier, dass die Bestimmungen des MRG primär auf Wohnraummiete abstellen, aber auch bei einer bloß sinngemäßen Auslegung gewisse Kündigungsmöglichkeiten auf den vorliegenden Fall einer Geschäftsraummiete gar nicht anwendbar sind … 
Die der Bf. verbleibenden Gründe haben allesamt ein Fehlverhalten des Pächters zur Ursache. Betrachtet man die vorliegenden Kündigungsgründe der Verpächterin, so ist festzustellen, dass diese nicht im Belieben der Verpächterin stehen, sondern ausschließlich in der Person der Pächterin liegende Umstände beinhalten (Zahlungsverzug, sonstige Vertragsverletzungen, Insolvenz, rücksichtsloses Verhalten), die dem Einfluss der Verpächterin entzogen sind.
Ist die Geltendmachung des Kündigungsgrundes von einem schuldhaften Verhalten des anderen Vertragspartners abhängig, kann keine Rede davon sein, dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses gewährleistet ist ().
Das BFG hat sich mehrfach mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben, sich aus den übrigen Vertragsbestimmungen bzw. aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können. Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe verbleiben, wurden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt (RV/7102780/2012; RV/5100710/2015; RV/7105923/2015; RV/7100225/2012; RV/1100501/2016; RV/7105121/2016; RV/7101160/2017)."

Bezüglich der Beschwerde gegen die Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 2 GebG führt das GVG aus, dass eine Voraussetzung für die (seinerzeitige) Bewilligung zur Selbstberechnung der Gebühren gemäß § 33 GebG der steuerlichen Vertretung die Gewähr für die ordnungsgemäße Einhaltung der Gebührenvorschriften gewesen sei. Das Finanzamt habe daher insbesondere bei Inhabern solcher Bewilligungen angenommen, dass das Erkennen der Gebührenpflicht zumutbar gewesen sei.

In ihrem Vorlageantrag vom verweist die Bf. ergänzend darauf, dass

  • die Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs. 2 Z 9, 14 und 15 MRG, welche dem Einfluss der Vermieterin nicht entzogen seien, verblieben und

  • beim gegenständlichen Mietgegenstand (Wohnungseigentum in einem Gebäude mit mehr als zwei selbständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten) eine "ordentlichen Kündigung" ohnedies nicht möglich gewesen wäre und

  • die BVE in ihrer Gesamtheit der Rechtsprechung des VwGH widerspreche.

Das GVG hat die Beschwerde am dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

Rechtslage

Die auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des GebG 1957 lauten:

§ 33 TP 5  GebG 1957 idF BGBl. 112/2012

(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert

  • im allgemeinen .......................................................................................1 vH;

  • beim Jagdpachtvertrag ............................................................................2 vH.

(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. ...

§ 9 Abs. 2 GebG idF BGBl. 54/2010

Das Finanzamt kann zur Sicherung der Einhaltung der Gebührenvorschriften bei nicht ordnungsgemäßer Entrichtung oder nicht ordnungsgemäßer Gebührenanzeige … eine Erhöhung bis zum Ausmaß der verkürzten (gesetzmäßigen) Gebühr erheben. Bei Festsetzung dieser Gebührenerhöhung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Gebührenschuldner bei Beachtung dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Gebührenpflicht einer Schrift oder eines Rechtsgeschäftes zugemutet werden konnte, ob eine Gebührenanzeige geringfügig oder beträchtlich verspätet erstattet wurde sowie, ob eine Verletzung der Gebührenbestimmungen erstmalig oder wiederholt erfolgt ist.

§ 30 MRG idF BGBl. 161/2001 lautet:

(1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

        1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

        2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

        3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

        4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

        5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

        6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, dass der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

        7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, dass der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

        8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

        9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

      10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

      11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

      12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

      13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

      14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

      15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, dass selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

      16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie „D“ weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

(3) Eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen soll, ist rechtsunwirksam. Überdies kann der Vermieter, der das Miethaus durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, aus dem Grund des Abs. 2 Z 8 nur kündigen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Erwerbung und dem Kündigungstermin mindestens zehn Jahre liegen. Ein Miteigentümer kann die Kündigungsgründe des Abs. 2 Z 8 bis 11 überdies nur geltend machen, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist.

§ 31 MRG - Teilkündigung - idF BGBl. 520/1981 lautet:

(1) Benötigt der Vermieter oder ein Miteigentümer des Hauses, der wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist, einzelne Teile eines Mietgegenstandes für sich oder für Verwandte in gerader Linie dringend, so kann er den Mietvertrag in Ansehung dieser Teile aufkündigen, wenn der restliche Teil des Mietgegenstandes abgesondert benutzbar ist oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden kann und zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters und der schon bisher mit ihm im gemeinsamen Haushalt darin wohnenden eintrittsberechtigten Personen oder zur Besorgung seiner Geschäfte ausreicht. Die hiefür erforderlichen Kosten hat mangels anderweitiger Vereinbarung der Vermieter zu tragen.

(2) Im Rechtsstreit auf Grund von Einwendungen gegen eine Aufkündigung kann auf Antrag die Kündigung hinsichtlich einzelner Teile des ganz aufgekündigten Mietgegenstandes oder anderer als der vom Vermieter in Anspruch genommenen Teile als wirksam erkannt, hinsichtlich der übrigen aber aufgehoben werden, wenn der Kündigungsgrund nicht hinsichtlich des ganzen Mietgegenstandes gegeben ist und eine abgesonderte Benutzung der entstehenden Teile des Mietgegenstandes möglich ist oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten möglich gemacht werden kann. Die Bestimmung des Abs. 1 über die Kosten findet Anwendung.

(3) Wird eine Kündigung nur hinsichtlich eines Teiles des Mietgegenstandes als wirksam erkannt, so steht es dem Mieter frei zu erklären, dass er den Mietvertrag auch hinsichtlich des restlichen Teiles des Mietgegenstandes nicht fortsetzen will. Eine solche Erklärung ist, um rechtsgültig zu sein, ohne Verzug nach Rechtskraft des Urteils gegenüber dem Vermieter abzugeben; der Mietvertrag endet dann hinsichtlich des ganzen Mietgegenstandes an dem Tage, der sich für den wirksam gekündigten Teil aus dem Urteil ergibt. Muss der restliche Teil des Mietgegenstandes erst abgesondert benutzbar gemacht werden, so hat der Mieter dem Vermieter den diesem zugesprochenen Teil erst zu übergeben, wenn der ihm verbleibende Teil abgesondert benutzbar gemacht ist. Die erforderlichen Arbeiten hat der Mieter zu gestatten. Dies ist im Urteil auszusprechen

(4) In Fällen der in den vorhergehenden Absätzen bezeichneten Art hat der Mieter für den verbleibenden Teil des Mietgegenstandes einen Mietzins zu entrichten, der gegenüber dem bisher entrichteten Mietzins angemessen vermindert ist. Entsteht darüber Streit, so kann der Vermieter oder der Mieter bei Gericht den Antrag auf Entscheidung stellen.

(5) Die vorstehenden Bestimmungen gelten sinngemäß, wenn der Vermieter, der den Mietgegenstand mit Einrichtungsgegenständen vermietet hat, die Einrichtungsgegenstände oder einzelne von ihnen dringend benötigt, desgleichen für Nebenräume, wie Keller- oder Dachbodenräume, oder Nebenflächen, wie Terrassen, Hausgarten, Abstell- oder Ladeflächen, die mit einer Wohnung, einem Wohnraum oder einer sonstigen Räumlichkeit mitvermietet worden sind.

(6) Überdies kann auch der Mieter die Miete von mitgemieteten Nebenräumen oder Nebenflächen aufkündigen, wenn die aufgekündigten Nebenräume oder Nebenflächen abgesondert benutzbar sind oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden können. In diesen Fällen hat die für die Abtrennung erforderlichen Kosten mangels anderweitiger Vereinbarung der aufkündigende Mieter zu tragen.

Gemäß § 201 Abs. 1 BAO kann, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder sie gestatten, nach Maßgabe des Abs. 2 von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. 
Nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn ... bei sinngemäßer Anwendung des "§ 303" die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

Erwägungen

A) Gebühr

Im zu beurteilenden Fall ist ausschließlich strittig, ob - aus gebührenrechtlicher Sicht - der vorliegende Bestandvertrag als befristet oder unbefristet anzusehen ist.

Die Bf. vertritt diesbezüglich den Standpunkt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG ein Vertrag auf unbestimmte Zeit vorliegt.

Dies ist nach der jüngsten Judikatur des VwGH im Einzelfall zu beurteilen:

und 0112

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht entgegen steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss.

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. auch Twardosz, GebG6 (2015) § 33 TP 5 Rz 37).
Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. auch nochmals und 0112).

In seinem zuletzt gefassten Beschluss vom , Ro 2018/16/0004, führt der VwGH in diesem Sinne zusammenfassend aus:

"Die Revision erweist sich aus folgenden Gründen als nicht zulässig:

Das BFG prüfte im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung des von der revisionswerbenden Partei abgeschlossenen Mietvertrages das Gewicht und die Wahrscheinlichkeit der Realisierung der vereinbarten Kündigungsgründe und lehnte den in der Beschwerde erhobenen Einwand, im Falle der Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG habe eine Einzelfallprüfung zu unterbleiben, ausdrücklich ab.

Nach der Rechtsprechung des VwGH hängt die für die Bemessung der Rechtsgeschäftsgebühr für Bestandverträge nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957 entscheidende Vertragsdauer davon ab, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig auflösen zu können, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden behandelt werden muss (vgl. etwa ). Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des §  30 Abs. 2  MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl.  bis 0112, und ).

Indem das BFG nicht allein die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG heranzog, sondern sein Erkenntnis tragend auf eine Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der vereinbarten Kündigungsgründe stützte, wich es nicht von der dargestellten Rechtsprechung des VwGH ab."

Diese Rechtslage bedeutet, dass die Frage, ob die eingeräumten Kündigungsgründe so umfassend sind, dass man von einer Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit auszugehen hat, von Fall zu Fall unterschiedlich zu beantworten ist. Auf Grund des Urkundenprinzips kommt es bei der Vergebührung auf den konkreten Mietvertrag an; diesbezüglich ist aber auf den erklärten Vertragswillen abzustellen und nicht bloß auf die Erklärung. 

Gemäß Punkt IV. - Vertragsdauer - des Mietvertrages vom haben die Vertragspartner das Mietverhältnis zunächst auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, die Mieterin verzichtet allerdings in  den ersten 10 Jahren auf die Ausübung ihres Kündigungsrechtes und die Bf. darf das Mietverhältnis  innerhalb der ersten fünfzehn Jahre nur bei Vorliegen gesetzlicher Kündigungsgründe im Sinne der §§ 30 und 31 MRG kündigen. 

Im gegenständlichen Fall gilt es daher vom Gericht in einer Einzelfallprüfung konkret zu beurteilen, ob beide Vertragsparteien nach ihrem erklärten Willen für die ersten 10 Jahre an den Vertrag gebunden sein wollten oder nicht und insbesondere ob nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit eine Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe der Bf. nach den §§ 30 und 31 MRG während dieser Zeit möglich erscheint, weil die formularhafte Vereinbarung aller Kündigungsgründe im Sinne des MRG für sich alleine nicht genügt, um gebührenrechtlich von einem Bestandvertrag auf unbestimmte Dauer auszugehen. 

§ 30 Abs. 2 Z 1-4 und 7 MRG  - Vertragsverletzungen des Mieters

Zu den Kündigungsgründen betreffend Vertragsverletzungen des Mieters kann grundsätzlich vorausgestellt werden, dass sie nicht nach Belieben der Bf. als Vermieterin ausgeübt werden können sondern ein bestimmtes, vertragswidriges Verhalten der Mieterin voraussetzen. Dies bedeutet aber, dass die Kündigungsgründe nicht im Einflussbereich der Bf. liegen und  somit keine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Bf. darstellen.

Die  Kündigungsgründe sind teilweise von einem (schuldhaften) Fehlverhalten der Mieterin abhängig (zB Zif. 1 Rückstand bei der Mietenzahlung , Zif. 3erheblich nachteiliger Gebrauch); Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verhaltens sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
Der Kündigungsgrund der Zif. 2 (Verweigerung von Dienstleistungen) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Mietzins nicht in Dienstleistungen besteht, sondern in einem monatlichen, wertgesicherten Hauptmietzins zuzüglich USt samt Betriebs- Heiz- und sonstiger Nebenkosten, welcher in Geld in der Währung € zu bezahlen ist (Vertragspunkte V und VI).
Auch der Kündigungsgrund der Zif. 4 (vertragswidrige Weitergabe des Mietgegenstandes) stellt keine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Bf. dar, weil er einen Verstoß der Mieterin gegen das Untermietverbot lt. Vertragspunkt XI. voraussetzt. 
Der Kündigungsgrund nach Zif. 7 (Verwendung nicht zur vereinbarten geschäftlichen Betätigung) liegt ebenfalls in der Sphäre des Mieterin und setzt deren Verstoß gegen Vertragspunkt III. voraus, wonach die Verwendung des Geschäftslokales auf den Betrieb eines Solariums sowie eines Friseur- und Kosmetikstudios beschränkt ist.

§ 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 12 MRG  -Wohnraummiete

Mehrere Kündigungsgründe stellen primär auf eine Wohnraummiete ab. Es wird zB auf Wohnräume (Zif. 5), Wohnung (Zif. 6) und dringendes Wohnbedürfnis des Mieters oder der Eintrittsberechtigten abgestellt. Bei Zif. 8 kommt es auf den Eigenbedarf an Wohnräumen an, nach Zif. 12 auf die Unzumutbarkeit der Wohnungsgemeinschaft für den Untermieter. 

Diese Kündigungsgründe scheiden daher im vorliegenden Fall einer Geschäftsraummiete aus, da die Bf. den Mietgegenstand nicht zur Befriedigung eines Wohnbedürfnisses vermietet, sondern das Geschäftslokal ausschließlich dem Betrieb eines Solariums sowie eines Friseur- und Kosmetikstudios oder allenfalls eines artverwandten Unternehmensgegenstandes dienen soll (Vertragspunkt III.).

§ 30 Abs. 2 Z 9-11 MRG - Eigenbedarf

Zif. 9 sieht ein Kündigungsrecht für den Vermieter im Falle eines Eigenbedarfes "für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie" vor. Im gegenständlichen Fall handelt es sich bei der Bf. um eine AG. Nach der Judikatur des OGH kann auch eine juristische Person den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs geltend machen, wenn sie die von ihr vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zwecks dringend benötigt. Der Kündigungsgrund "Eigenbedarf" liegt somit zwar grundsätzlich in der Sphäre der Bf., allerdings erscheint er in Anbetracht des  67,04 m² kleinen, speziell dem Geschäftszweck der Mieterin angepassten Bestandobjektes und dem Geschäftsfeld der Bf. wenig wahrscheinlich.
Die Zif. 10 greift nicht, weil das vermietete Geschäftslokal zur Unterbringung von Arbeitern oder Angestellten nicht geeignet erscheint.
Die Zif. 11 kommt nicht in Betracht, weil die Bf. als Vermieterin keine Körperschaft öffentlichen Rechts ist und daher der Kündigungsgrund des öffentlichen Interesses nicht gegeben ist.

§ 30 Abs. 2 Z 14-16 MRG - abbruchreife Häuser, Substandardwohnungen

Die  Zifn. 14 und 15 kommen nicht in Betracht, wenn ein Abbruch oder eine Sanierung des "Miethauses" in Anbetracht der Umstände als unwahrscheinlich gilt. Nachdem sich das vermietete Geschäftslokal Top 6 in einem neu von der Bf. in den Jahren  2012 und 2013 errichteten  Wohn- und Geschäftshaus befindet, ist eine Realisierung dieses Kündigungsgrundes nicht anzunehmen.
Der Kündigungsgrund der Zif. 16 - Verweigerung einer Standardverbesserung einer „Wohnung der Ausstattungskategorie D“ - ist nicht anwendbar, weil es sich bei einer Geschäftsfläche nicht um eine Substandardwohnung handelt.

§ 30 Abs. 2 Z 13 MRG

Nicht zuletzt kann der Vermieter kündigen, wenn ein schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der für ihn als wichtig und bedeutsam anzusehen ist (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1051). Dies ist kein eigenständiger Kündigungsgrund, sondern sieht bloß die Möglichkeit der Vereinbarung von weiteren Kündigungsgründen vor. Da im Mietvertrag vom pauschal nur die Kündigungsmöglichkeiten der §§ 30 und 31 MRG vereinbart wurden, ist Zif. 13 ohne Bedeutung.

§ 31 MRG - Teilkündigung

Diese Kündigungsgründe behandeln eine Teilkündigung von abgesondert benutzbaren Teilen des Mietgegenstandes, welche in Ansehung der geringen Größe des Geschäftslokales nicht realistisch ist. Theoretisch wäre eine Teilkündigung hinsichtlich des mitvermieteten Kellerabteils im Ausmaß von 4,91 m² denkbar, ist aber als Einzelfall nicht entscheidungsrelevant.  

Zusammenfassend beurteilt das BFG den vorliegenden Sachverhalt insgesamt ohne Zweifel dahingehend, dass beide Vertragsparteien zumindest während der ersten 10 Jahre gebunden bleiben wollten. Die Mieterin hat einen dahingehenden Verzicht abgegeben. Die Kündigungsmöglichkeiten der Bf. beschränken sich auf einzelne, eher unwahrscheinliche Möglichkeiten. Eine Kündigung von Seiten der Bf. ist somit im Sinne der Judikatur "nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe" nicht anzunehmen, vielmehr sprechen alle Indizien für einen längerfristigen Bindungswillen der Vertragsparteien.

Soweit die Bf. vermeint, die Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs 2 Z 9, 14 und 15 MRG seien ihrem Einfluss nicht entzogen, so mag das am Papier zutreffen, diese Kündigungsgründe sind aber von ihrer Gewichtung und der Möglichkeit ihrer Realisierung nicht so bedeutend, dass sie dem erklärten Willen der Parteien, sich auf eine bestimmte Dauer zu binden, entgegenstehen. Insbesondere steht eine Abtragung oder ein Umbau des neu erbauten Wohn- und Geschäftshauses (Z 14, 15) nicht im Raum und hinsichtlich eines Eigenbedarfes der Bf. (Z 9) siehe oben.

In Hinblick auf die gebotene Einzelfallprüfung ist die fehlende Möglichkeit einer "ordentlichen Kündigung" nicht relevant und hat das GVG zu Recht die bloße Widergabe der Gesetzeslage als nicht ausreichend für die Vereinbarung einer beliebigen Kündigungsmöglichkeit der Bf. befunden.

Betreffend den Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des VwGH ist anzumerken, dass bereits seit 1964 der VwGH auf den Vertragswillen abstellt.
Auch wenn "alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG" vereinbart werden, beurteilt der VwGH die Frage der Dauer des Mietverhältnisses danach, welche Kündigungsgründe sich tatsächlich realisieren können (z.B. ; ; ; ; ; ; ; ). 
Dementsprechend hat auch das BFG in zahlreichen Erkenntnissen zuletzt dargetan, dass eine Einzelfallprüfung  „wie verhält sich der individuelle Bestandvertragsinhalt zu den einzelnen Ziffern des § 30 Abs. 2 MRG“ geboten ist. Beispielhaft kann auf das BFG Erkenntnis vom , RV/71020148/2018, mit zahlreichen Literatur- und Judikaturverweisen hingewiesen werden. 

Die vereinbarten Kündigungsgründe sind daher nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben ist, weshalb damit die grundsätzlich vereinbarte Bindung der Vertragsparteien über einen bestimmten Zeitraum hindurch, nicht aufgehoben wird.

Das Finanzamt hat somit die Mietvertragsgebühr richtigerweise von einer bestimmten Dauer berechnet - im übrigen sind die Art der Berechnung und die Bemessungsgrundlage (Heizkosten) unbestritten geblieben, sodass d er Beschwerde kein Erfolg beschieden sein kann.

B) Gebührenerhöhung

Das Finanzamt kann gemäß § 9 Abs. 2 GebG zur Sicherung der Einhaltung der Gebührenvorschriften bei nicht ordnungsgemäßer Entrichtung oder nicht ordnungsgemäßer Gebührenanzeige bei den Rechtsgeschäftsgebühren eine Erhöhung bis zum Ausmaß der verkürzten (gesetzmäßigen) Gebühr erheben. Bei Festsetzung dieser Gebührenerhöhung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Gebührenschuldner bei Beachtung dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Gebührenpflicht einer Schrift oder eines Rechtsgeschäftes zugemutet werden konnte.

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Bei Ausübung des Ermessens ist maßgeblich „inwieweit dem Gebührenschuldner bei Beachtung dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Gebührenpflicht einer Schrift oder eines Rechtsgeschäfts zugemutet werden konnte“. Unmaßgeblich ist daher, ob der Gebührenschuldner das Gebührengesetz kannte oder nicht. Die Kenntnis – und darüber hinaus – die Beachtung des Gebührengesetzes werden vorausgesetzt. Nur wenn trotz Kenntnis (und Beachtung) des Gebührengesetzes das Erkennen der Gebührenpflicht nicht zumutbar war, ist dies für die Festsetzung der Gebührenerhöhung maßgeblich (Twardosz Kommentar zum GebG, § 9 Rz 16).

Das GVG hat zur Begründung der Erhöhung dargetan, dass Inhabern der Bewilligung zur Selbstberechnung die Einhaltung der Bestimmungen über die ordnungsgemäße Vergebührung zumutbar sei. Dieser Begründung ist die Bf. in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

In Einzelfällen wurde die Zumutbarkeit des Erkennens der Gebührenpflicht von der Judiktur bei einem Rechtsanwalt, Notar, Realitätenvermittler, einem (als Diplomkaufmann) kaufmännisch versierten Beschwerdeführer, einer Bank und einem „anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer“ bejaht. War dem Gebührenschuldner aber das Erkennen der Gebührenpflicht zumutbar, so liegt kein Begründungsmangel vor, wenn auf die Frage der Entschuldbarkeit der Gebührenverkürzungen nicht eingegangen wird ().

Das GVG hat daher die Gebührenerhöhung, welche ohnedies im unteren Bereich angesiedelt ist, zu Recht vorgeschrieben.

Die Beschwerde war daher sowohl hinsichtlich der Gebühr als auch betreffend die Gebührenerhöhung spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen Judikatur des VwGH erfolgt, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 9 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 30 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981
§ 31 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981
§ 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101472.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at