Pfändungsschutz bei Pfändung eines Bankguthabens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Invalidenstraße 13/15, 1030 Wien , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 4/5/10 vom , betreffend Pfändung eines Bankguthabens gemäß § 65 AbgEO, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO insoweit Folge gegeben, als die Pfändung des Guthabens von € 2.991,00 für den Betrag von € 909,00 aufgehoben wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom pfändete die Abgabenbehörde wegen Abgaben in Höhe von € 13.505,76 die dem Beschwerdeführer (Bf) angeblich gegen die B-AG zustehende Forderungen in unbekannter Höhe gemäß § 65 AbgEO.
Der Pfändung unterliege das Konto Nr. Z1 und alle auf anderen Konten erliegende Guthaben des Abgabenschuldners.
Mit Beschwerde vom führte der Bf durch seine Vertreterin wie folgt aus:
„Herr CM hat das gepfändete Guthaben bei der B-AG angespart aus erhaltenen Mindestsicherungsbeträgen und übermittle ich ihnen dazu in der Anlage den Bescheid der MA 40 vom . Die Ansparung erfolgte unter-Verzicht auf viele Lebensnotwendigkeiten zur Anschaffung einer notwendigen Zahnprothese. Ich verweise auf die ständige Judikatur und auch auf die Praxis des Finanzamts, dass angesparte Beträge aus unpfändbarem Einkommen (Mindestsicherung) nicht der Pfändung unterliegen. Ich beantrage daher meiner Beschwerde stattzugeben und von der positiven Erledigung auch die B-AG zu verständigen.“
Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die Abgabenbehörde der Beschwerde teilweise statt. Der Betrag in Höhe von € 909,00 werde in den nächsten Tagen von amtswegen zurückbezahlt.
Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:
„Die Höhe des Existenzminimums beträgt für das Kalenderjahr 2018 monatlich € 909,00. Gemäß § 54 Abs. 3 Abgabenexekutionsordnung wird daher der Betrag in Höhe von € 909,00 von der Pfändung freigegeben, der Restbetrag wird auf den vollstreckbaren Abgabenrückstand angerechnet. Ihr Vorbringen im Schreiben vom , die Beschwerde richte sich ebenfalls gegen den Pfändungsbescheid vom geht ins Leere, da zum Zeitpunkt des Einbringens der Beschwerde () dieser noch nicht einmal ausgestellt war. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerdefrist gegen den Pfändungsbescheid vom bereits abgelaufen ist und dieser daher bereits in Rechtskraft erwachsen ist.“
Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf durch seine Vertreterin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht mit folgender Begründung:
„Ende Mai erhielt ich den beiliegenden Bescheid vom mit Anhang „Bescheid-Pfändung einer Geldforderung“ über einen Betrag von € 13.505,76. Gegen diesen Bescheid habe ich fristgerecht mit die beiliegende Beschwerde eingebracht.
Eigenartigerweise erhielt ich dann inhaltsgleiche Bescheide nochmals am , jedoch mit einem reduzierten Betrag von € 10.514,76. Da in meiner Beschwerde vom bereits der Betrag von € 13.505,76 erfasst war, war selbstverständlich gegen den nunmehr geringeren Betrag nicht ein neuerliches Rechtsmittel notwendig.
Die nunmehrige Begründung, dass der Bescheid vom rechtskräftig geworden ist, da die Beschwerde am eingebracht wurde, ist somit sinnwidrig, weil ja die eingebrachte Beschwerde sogar einen höheren Betrag erfasst hat, als in dem späteren Bescheid. Es wäre nahezu absurd, wenn das Finanzamt beispielsweise laufend inhaltsgleiche Bescheide erlässt und sich danach darauf beruft, dass nicht gegen jeden dieser Bescheide ein Rechtsmittel ergriffen wurde.
Im gegenständlichen Fall wurde fristgerecht ein Rechtsmittel gegen die Pfändung der Geldforderung von € 13.505,76 eingebracht, weil es sich um unpfändbare Beträge handelt. Die Begründung der Beschwerdevorentscheidung ist auch sonst nicht nachvollziehbar. Es wird bestätigt, dass das Existenzminimum 2018 monatlich € 909,- betragen hat, es müsste daher der gesamte gepfändete Betrag zurückbezahlt werden, weil dieser nur aus unpfändbaren Einkünften besteht. Wieso die Beschwerdevorentscheidung zum Ergebnis kommt, dass nur ein Betrag von € 909,- zurückbezahlt wird, ist weder begründet, noch nachvollziehbar. Es ergeht daher der Antrag, dass das gepfändete Guthaben, das aus monatlichen Existenzminimumbeträgen von € 909,- besteht, an CM zurückzuzahlen ist.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei gemäß § 65 Abs. 2 AbgEO mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.
Gemäß § 65 Abs. 3 AbgEO ist die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
Gemäß § 53 AbgEO sind im abgabenbehördlichen Forderungspfändungsverfahren die Bestimmungen der §§ 290 bis einschließlich 291a, der §§ 291d, 291e, 292, 292d, 292e, 292f, 292g, 292h Abs. 1, 292j Abs. 2 bis Abs. 5 und 299a der EO anzuwenden.
Werden beschränkt pfändbare Geldforderungen auf ein Konto des Abgabenschuldners bei einem Kreditinstitut oder der Österreichischen Postsparkasse überwiesen, so ist gemäß § 54 Abs. 1 AbgEO eine Pfändung des Guthabens auf Antrag des Abgabenschuldners vom Finanzamt insoweit aufzuheben, als das Guthaben dem der Pfändung nicht unterworfenen Teil der Einkünfte für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin entspricht.
Gemäß § 54 Abs. 3 AbgEO hat das Finanzamt die Pfändung des Guthabens über Antrag des Abgabenschuldners für den Teil aufzuheben, dessen dieser bis zum nächsten Zahlungstermin dringend bedarf, um seinen notwendigen Unterhalt zu bestreiten und seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten zu erfüllen. Der freigegebene Teil des Guthabens darf den Betrag nicht übersteigen, der dem Abgabenschuldner voraussichtlich nach Abs. 1 zu belassen ist. Der Abgabenschuldner hat im Antrag wenigstens glaubhaft zu machen, dass beschränkt pfändbare Geldforderungen auf das Konto überwiesen worden sind und dass die Voraussetzungen des ersten Satzes vorliegen.
§ 54 AbgEO übernimmt im Wesentlichen inhaltsgleich § 292i EO. Ausdrückliche Bestimmungen über den Pfändungsschutz von Bankguthaben sollen den Pfändungsschutz wirksamer gestalten als die bisherige analoge Anwendung des LPfG. Über die laufende Zahlungsperiode hinausgehende Rücklagen, die der Schuldner gebildet hat, sind hingegen nicht geschützt (Sperling ÖJZ 2000, 18; Liebeg, AbgEO § 54 Tz 1).
Da Geldeingänge auf dem bei einem Kreditinstitut geführten Konto weder Gehaltsforderungen noch andere laufende Bezüge sind, erlischt die beschränkt pfändbare Geldforderung des Verpflichteten mit der Durchführung der Kontogutschrift, womit der Pfändungsschutz endet (vgl. Feil, Exekutionsordnung, § 292i Tz 1).
Mit der EO-Nov 1991 wurde § 292i eingefügt, um ausdrückliche Bestimmungen über den Pfändungsschutz von Bankguthaben zu schaffen, da der Arbeitslohn in aller Regel vom Arbeitgeber auf ein Konto des Arbeitnehmers bei einem Kreditinstitut überwiesen wird und mit diesem Zeitpunkt an sich dem Pfändungsschutz der EO entzogen wäre. § 292i dehnt den Pfändungsschutz auf diesen Fall aus. Der Pfändungsschutz erstreckt sich nur auf den Betrag, der dem der Pfändung nicht unterworfenen Teil der Einkünfte entspricht, allerdings nur für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin. Dann beginnt wieder ein neuer Schutz bzw wird die Lohnforderung direkt gepfändet ( Markowetz/Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 292i EO Rz 9 ).
Laut Aktenlage liegt der gegenständlichen Pfändung eines Bankguthabens der Rückstandsausweis vom über € 13.505,76 zugrunde. Die Pfändung führte zu einer Überweisung eines Betrages von € 2.991,00 auf das Abgabenkonto des Bf, wobei am der Betrag von € 909,00 zurückgezahlt wurde.
Aufgrund des Vorliegens eines Rückstandsausweises erfolgte die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Bescheid vom hinsichtlich dieses Betrages grundsätzlich zu Recht.
Bestritten wurde die gegenständliche Pfändung lediglich aus dem Grunde, dass angesparte Beträge aus unpfändbarem Einkommen (Mindestsicherung) nach ständiger Judikatur nicht der Pfändung unterlägen.
Entgegen der Meinung des Bf erfolgt nach der Rechtsprechung () die Berechnung des pfändbaren Betrags nach § 292i EO dergestalt, dass dem Schuldner der Teil seines Guthabens auf dem Girokonto zu verbleiben hat, das dem der Pfändung nicht unterworfenen Teil seiner Einkünfte für den Zeitraum von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin entspricht (Neumayr in ZellKomm 2 § 292i EO Rz 1; Markowetz/Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 292i EO, Rz 9).
§ 292i EO geht davon aus, dass der Schuldner seine Lebenshaltungskosten während der Auszahlungsperiode mehr oder weniger gleichförmig bestreitet (vgl dazu Eder, Der Schuldnerschutz in der gerichtlichen Exekution 75 f); längerfristige finanzielle Dispositionen durch ein Ansparen von Guthaben fallen nicht in den Schutzbereich des § 292i EO (Oberhammer in Angst/Oberhammer, EO 3 § 292i EO Rz 2).
Zusammengefasst ist das Berufungsgericht daher zutreffend davon ausgegangen, dass die auf das Girokonto des Klägers überwiesenen Beträge, die im Zeitraum von der Pfändung bis zum (fiktiven) nächsten Zahlungstermin vom Kläger nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verwendet wurden, sondern am Girokonto – angespart – verblieben, nicht dem Pfändungsschutz des § 292i EO unterliegen () .
Die auf das Konto des Bf überwiesenen Beträge, die vom Bf nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verwendet wurden, sondern am Girokonto angespart verblieben, unterliegen daher - soweit das Guthaben nicht dem der Pfändung nicht unterworfenen Teil der Einkünfte für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin in Höhe des Existenzminimums von € 909,00 entspricht - nicht dem Pfändungsschutz des § 54 AbgEO.
Zum Hinweis auf den Bescheid vom ist zu bemerken, dass Gegenstand des Verfahrens die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom ist, sodass die den Bescheid vom betreffenden Ausführungen unerheblich und deshalb nicht zielführend sind.
Lediglich zur Meinung des Bf, es wäre nahezu absurd, wenn das Finanzamt laufend inhaltsgleiche Bescheide erlässt und sich danach darauf beruft, dass nicht gegen jeden dieser Bescheide ein Rechtsmittel ergriffen wurde, sei darauf hingewiesen, dass wenn wie im gegenständlichen Fall bloß Bankguthaben und nicht bereits die gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Lohnforderungen gepfändet wird, das Einkommen des Verpflichteten nicht an seiner Quelle erfasst wird und jede Überweisung, die wiederum zu Kontoguthaben führt, als anderes Exekutionsobjekt einen neuerlichen Pfändungsakt erfordert (vgl. Feil, Exekutionsordnung, § 292i Tz 1).
Dem Einwand, es sei weder begründet noch nachvollziehbar, wieso die Beschwerdevorentscheidung zum Ergebnis komme, dass nur ein Betrag von € 909,00 zurückbezahlt werde, ist vorerst zu entgegnen, dass infolge der Anführung der Höhe des Existenzminimums und der betraglichen Identität die Höhe der Rückzahlung laut Beschwerdevorentscheidung wohl in der Höhe des Existenzminimums 2018 begründet ist.
Vielmehr ist in Hinblick auf § 54 AbgEO und § 292i EO nicht nachvollziehbar, warum aufgrund der Bestätigung, dass das Existenzminimum 2018 monatlich € 909,- betragen habe, der gesamte gepfändete Betrag zurückbezahlt werden müsste.
Dass der gepfändete Betrag nur aus unpfändbaren Einkünften besteht, ist im Fall der Forderungspfändung beschränkt pfändbarer Forderungen (etwa des Arbeitseinkommens) gemäß § 291a EO beachtlich, nicht jedoch für die gegenständliche Pfändung eines Bankguthabens, welche dem Pfändungsschutz des § 54 AbgEO unterliegt.
Entsprechend der Beschwerdevorentscheidung war somit gemäß § 54 Abs. 3 AbgEO die Pfändung des Guthabens von € 2.991,00 für den Betrag von € 909,00 aufzuheben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierte Entscheidung), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 54 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103959.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at