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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2020, RV/7100371/2019

Geschäftsführerhaftung, Konkursforderungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache A.B., Adresse, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Wolfgang Anton Winkler, Ditscheinergasse 2 Tür 4, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom , 09 222/3478, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Haftung auf folgende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 13.291,19 anstatt bisher € 160.800,27 eingeschränkt.


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
01/13
5.473,92
Lohnsteuer
08/12
929,33
Lohnsteuer
01/13
3.345,46
Lohnsteuer
02/13
3.080,47
Dienstgeberbeitrag
08/12
88,29
Dienstgeberbeitrag
01/13
152,92
Dienstgeberbeitrag
02/13
183,09
Dienstgeberzuschlag
08/12
7,85
Dienstgeberzuschlag
01/13
13,59
Dienstgeberzuschlag
02/13
16,27

Im Übrigen wird Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) als Geschäftsführer der Firma G GmbH‚ ansässig in Betriebsadresse, Firmenbuchnummer: FN xxxx, gemäß § 9 i.V.m. § 80 Bundesabgabenordnung (BAO) für deren nachstehenden Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von € 160.800,27 zur Haftung herangezogen.


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag
Umsatzsteuer
01/13
25.075,22
Umsatzsteuer
02/13
9.264,43
Lohnsteuer
08/12
929,33
Lohnsteuer
01/13
3.345,46
Lohnsteuer
02/13
3.080,47
Lohnsteuer
03/13
1.316,66
Körperschaftsteuer
2011
113.763,37
Anspruchszinsen
2011
1.367,18
Dienstgeberbeitrag
08/12
404,46
Dienstgeberbeitrag
01/13
700,51
Dienstgeberbeitrag
02/13
838,70
Dienstgeberbeitrag
03/13
497,49
Dienstgeberzuschlag
08/12
35,95
Dienstgeberzuschlag
01/13
62,27
Dienstgeberzuschlag
02/13
74,55
Dienstgeberzuschlag
03/13
44,22
Summe:
 
 
160.800,27

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Bescheide der im Rückstand angeführten, festgesetzten Abgaben dem Bf. bereits im Haftungsvorverfahren zur Kenntnis gebracht worden seien. Bei den übrigen angeführten Abgaben handle es sich um selbst gemeldete Selbstbemessungsabgaben.

Durch die Selbstbemessung sei die Rechtswirkung der Abgabenfestsetzung geschaffen worden ().

Der Rückstand bestehe infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum bis fällig gewordenen Abgaben. Der Bf. sei laut Firmenbuch vom Datum1 bis Datum2 zum Geschäftsführer der abgabenschuldnerischen GmbH bestellt und daher
gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum3, AZ XXXX, sei das am
Datum4 eröffnete Insolvenzverfahren nach Schlussverteilung aufgehoben worden. Am Datum2 sei die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch erfolgt. Der Rückstand sei daher beim Primärschuldner uneinbringlich.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen habe.

Der Unternehmer habe eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu
entrichten. Daraus folge: Die zu den Selbstbemessungsabgaben zählende Umsatzsteuer sei vom Abfuhrpflichtigen selbst zu berechnen und zu entrichten, ohne dass eine vorherige abgabenbehördliche Tätigkeit wie etwa die bescheidmäßige Festsetzung abgewartet werden dürfe.

Hinsichtlich der Heranziehung für die aushaftende Lohnsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 sei der Arbeitgeber verpflichtet, die Lohnsteuer des
Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Gemäß § 79 Abs. 1 EStG habe der
Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten gewesen sei, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag abzuführen.

Nach § 78 Abs. 3 EStG 1988 habe der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des voll vereinbarten Arbeitslohnes ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten.

Werde in einem solchen Fall die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen (vgl. ).
Mit dem Schreiben vom sei der Bf. aufgefordert worden, darzulegen, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu sorgen.

Der Bf. sei dieser Aufforderung - sohin seiner Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun, trotz zweimaliger Fristverlängerung nicht nachgekommen. Die höchstgerichtliche Judikatur gehe davon aus, dass der Vertreter, der auf Grund gesetzlicher Bestimmungen abgabenrechtliche Pflichten zu erfüllen habe, diesen ihm obliegenden Pflichten aber nicht nachkomme, einer besonderen Darlegungspflicht unterliege. Es treffe ihn die Beweislast, nämlich die besondere Verpflichtung, "darzutun", aus welchen Gründen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden dürfe, er wäre seinen Pflichten schuldhafterweise nicht nachgekommen (vgl. , und , 2002/16/0168).

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung i.S.d. § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium sei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls.

Die Geltendmachung der Haftung stelle im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, zumal der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden könne.

Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform sei, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei (vgl. ). Letzteres stehe hier fest. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

*****

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass über das Vermögen der Hauptschuldnerin mit Beschluss des HG HG vom Datum5 zur GZ XXXX ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Die geltend gemachten Lohnabgaben für 2/2013 sowie die Umsatzsteuer 1/2013 hätten vom Bf. als Geschäftsführer nicht mehr bezahlt werden können, da er bereits einen Insolvenzeröffnungsantrag gestellt gehabt habe und eine Zahlung eine anfechtbare Gläubigerbevorzugung dargestellt hätte. Soweit die Fälligkeit überhaupt erst nach Insolvenzeröffnung eingetreten sei (Lohnabgaben 3/2013) könne den Bf. überhaupt keine Haftung treffen, da ihm als Geschäftsführer eine Bezahlung nach Insolvenzeröffnung nicht mehr möglich sei. Zudem seien in Hinblick auf die Insolvenzantragstellung im März 2013 keine Zahlungen von Altverbindlichkeiten mehr geleistet worden, sodass sämtliche Gläubiger gleich behandelt worden seien.

Den Bf. könne daher nur insoweit eine Haftung treffen, als die Finanzbehörden gegenüber anderen Gläubigern schlechter gestellt worden seien. Der Einschreiter werde mit seinem Steuerberater einen entsprechenden Gleichbehandlungsnachweis erstellen und diesen der Behörde vorlegen. Jedenfalls treffe den Bf. kein Verschulden hinsichtlich des geltend gemachten Gesamtbetrages. Auch werde die Finanzbehörde darzulegen haben, in wie weit sie vom Insolvenzentgeltfonds befriedigt worden sei. Zudem bestehe keine Haftung für die Lohnabgaben 2013, soweit auch die entsprechenden Nettolöhne nicht von der Schuldnerin bezahlt hätten werden können. Inwieweit der Insolvenzfonds für Nettolöhne 2013 Zahlungen geleistet habe, ergebe sich aus den vom Insolvenzfonds beim Finanzamt eingereichten Lohnzetteln.

Zu der geltend gemachten Haftung für KöSt 2011 führe der Bf. aus, dass die Fälligkeit erst am und somit nach Insolvenzeröffnung eingetreten sei. Auch hier sei dem Bf. als Geschäftsführer der Hauptschuldnerin eine Zahlung nicht mehr möglich gewesen, da zum Zeitpunkt der Fälligkeit bereits das Insolvenzverfahren eröffnet gewesen sei. Zudem sei die hohe KöSt-Verbindlichkeit 2011 auf fakturierte Kundenforderungen zurückzuführen, die letztlich nicht bezahlt worden seien und zur Insolvenz der Hauptschuldnerin geführt hätten. Nach entsprechender Wertberichtigung der Forderungen werde sich eine geringere KöSt-Verbindlichkeit ergeben. Aus diesem Grund beantrage der Bf. die Zustellung des KöSt Bescheides 2011 und erhebe nachstehend Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid.

Zudem hafte der Bf. nur, insofern ihn ein Verschulden an der Nichtzahlung treffe. Worauf
sich dieses Verschulden gründe, bleibe im bekämpften Bescheid gänzlich unbegründet. Die Behörde werde darzulegen haben, woraus sie konkret das Verschulden des Einschreiters ableite. Mangels entsprechender Begründung bleibe eine Ergänzung der Beschwerde vorbehalten.

Der Einschreiter erhebe als Beschwerdeführer im Haftungsverfahren gegen den oben genannten Grundlagenbescheid für KöSt 2011 Beschwerde. Da der Grundlagenbescheid dem Haftungsbescheid nicht angeschlossen gewesen sei, beantrage er vorab die Zustellung des entsprechenden Bescheides. Wie ausgeführt, sei die KöSt 2011 auf Grund von erforderlichen Rechnungskorrekturen und Forderungsabschreibungen deutlich geringer als noch im Bescheid ausgewiesen.

*****

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte nach Zitierung der §§ 9 und 80 BAO aus, dass der Bf. Geschäftsführer der GmbH im Zeitraum von Datum1 bis Datum2 gewesen sei. Die Abgabenschuld sei während des Zeitraums seiner Vertretungsfunktion fällig gewesen.
Über die in der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid geltend gemachten Gründe werde abgesprochen wie folgt:

Mit Beschluss des Handelsgerichts HG vom Datum5 sei über die GmbH das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet worden. Im Sanierungsverfahren mit
Eigenverwaltung verblieben die Verpflichtungen hinsichtlich den Abgabenbehörden nach
wie vor beim Geschäftsführer der GmbH. Erst mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom Datum4 sei der Gesellschaft die Eigenverwaltung entzogen und das Konkursverfahren eröffnet worden. Sei die Insolvenz eröffnet, so gehe die Geschäftsführung auf den Insolvenzverwalter über. Für ab diesem Zeitpunkt entstandene und fällige Abgaben hafte ausschließlich der Insolvenzverwalter. In der Folge sei das über das Vermögen der GmbH eröffnete Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung am Datum3 aufgehoben worden und es sei die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch erfolgt. Der Rückstand sei daher beim Primärschuldner uneinbringlich.

Im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung behalte der Schuldner grundsätzlich seine
Dispositionsfähigkeit. Rechtshandlungen, die nicht zum gewöhnlichen Unternehmensbetrieb gehörten oder unter anderem die Auflösung von Arbeitsverhältnissen beträfen, bedürften bei sonstiger Unwirksamkeit gegenüber den Gläubigern der Genehmigung des Sanierungsverwalters. Eine Geschäftsführerhaftung sei auch nach Eröffnung eines Sanierungsverfahrens möglich, wenn es sich um ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung handle (vgl. ; Reissner in Neumayr/Reissner, Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht (2018) § 3 IO Rz. 1).

Im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung verbleibe die Befugnis zur Vornahme aller
Verwaltungs- und Rechtshandlungen gem. § 169 Abs. 1 IO grundsätzlich beim
Insolvenzschuldner. § 173 IO normiere, dass der Schuldner in Angelegenheiten der
Eigenverwaltung zur Führung von Rechtsstreitigkeiten und sonstigen Verfahren befugt sei.

Die Prozessführungsbefugnis verbleibe bei ihm. Durch die Einleitung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung würden daher grundsätzlich weder die
materiellrechtliche Verfügungsbefugnis noch die Prozessführungsbefugnis des Schuldners
berührt (vgl. Nunner-Krautgasser in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze II/1 (2014)
§ 1 ZPO Rz. 31).

In Bezug auf die Fälligkeit der Abgabenschuld sei auszuführen, dass die
Geschäftsführertätigkeit des Abgabenschuldners von Datum1 bis Datum2 gedauert habe und somit die Fälligkeit der Abgabenschuld in den Zeitraum der Vertretungsfunktion falle.

Der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorhandensein der für die Abgabenentrichtung
erforderlichen Mittel bestimme sich danach, zu welchem Zeitpunkt die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären.
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen habe. Die Voranmeldung gelte als Steuererklärung. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Somit sei die zu den Selbstbemessungsabgaben zählende Umsatzsteuer vom Abfuhrpflichtigen selbst zu berechnen und zu entrichten, ohne dass eine vorherige abgabebehördliche Tätigkeit wie etwa die bescheidmäßige Festsetzung abgewartet werden dürfe.

Gemäß § 78 EStG habe der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder
Lohnzahlung einzubehalten. Gem. § 79 Abs. 1 EStG habe der Arbeitgeber die gesamte
Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten gewesen sei, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonats in einem Betrag an das Finanzamt abzuführen. Ebenso habe der Arbeitgeber den Dienstgeberbeitrag und Dienstgeberzuschlag zum Dienstgeberbeitrag gemäß § 43 FLAG für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten.

Gemäß § 24 KStG sei die KöSt samt Anspruchszinsen nach Ablauf des Kalenderjahres 2011 (Veranlagungszeitraum) nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, den der Bf. in diesem Veranlagungszeitraum bezogen habe, veranlagt und dem Bf. mit Haftungsbescheid vom vorgeschrieben worden. Gem. § 210 BAO würden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig.

Betreffend die Struktur der Abgabenzuordnung werde auf den Körperschaftssteuerbescheid aus dem Jahr 2011 und den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen aus dem Jahr 2011 verwiesen.

Zur Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger und zur Beweislastpflicht sei auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs der Vertreter darzutun habe, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen dürfe (vgl. ). Vom Vertreter des Abgabenschuldners seien hierzu - wie in der Beschwerde angekündigt - keine Nachweise erbracht worden. Daher sei dem Abgabenschuldner die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorzuschreiben (vgl. ).
Betreffend die Bekämpfung des Grundlagenbescheids, nämlich des
Körperschaftsteuerbescheids 2011, sei auszuführen, dass grundsätzlich dem
Abgabepflichtigen das Recht zustehe, gegen den Abgabenanspruch mittels Beschwerde
seine Rechte wahrzunehmen. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gegen den
vorliegenden Haftungsbescheid sei aber einzig und allein die Frage, ob der Bf. zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft herangezogen worden sei, nicht jedoch, ob die dieser Gesellschaft vorgeschriebenen Abgaben zu Recht bestünden. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben könnten daher in diesem Verfahren nicht erfolgreich erhoben werden (, 81/14/0169, ÖStZB 351; , 85/14/0161, ÖStZB 1989, 141; , 89/13/0250; , 89/15/0067).

Die Erlassung von Haftungsbescheiden iSd. § 224 BAO liege im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO sei innerhalb der vom
Gesetzgeber gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der Ermessensübung sei vor allem der Zweck der Haftungsbestimmung zu berücksichtigen.
Haftungen seien Besicherungsinstitute, mit denen die Vermeidung eines endgültigen
Abgabenausfalls vermieden werden solle. Im vorliegenden Fall stelle die Geltendmachung
der Haftung die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruchs dar, besonders da der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden könne. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Abgabennorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform sei, wenn die betreffende
Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei (vgl. ).

Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

****

Mit Eingabe vom stellte der Bf. den Antrag, die gegen den Haftungsbescheid vom erhobene Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Die Finanzbehörde habe im beiliegenden Schreiben vom selbst zugestanden, dass die Körperschaftsteuer 2011 erst nach Insolvenzeröffnung fällig geworden und daher jedenfalls aus der gegenüber dem Bf. geltend gemachten Haftung auszuscheiden sei. Zudem halte der Bf. nochmals fest, dass ihn mangels Verschuldens keine Haftung für die KöSt 2011, fällig am , treffen könne, da zu diesem Zeitpunkt bereits ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin eröffnet gewesen sei, und der Bf. nicht mehr in der Funktion gewesen sei, irgendwelche Zahlungen für die Primärschuldnerin zu leisten. Diesbezüglich dürfe u.a. auf die Entscheidung des verwiesen werden. Auch die Lohnabgaben März 2013 seien erst nach Insolvenzeröffnung fällig gewesen, sodass der Bf. auch dafür nicht zur Haftung herangezogen werden könne.

Zudem sei es stRspr des VwGH, dass die Begründung von Haftungsbescheiden nicht nur das Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen darzulegen, sondern auch die Ermessensübung zu begründen habe (vgl. zB , AW 96/17/0316). Dies fehle dem Haftungsbescheid, weshalb dieser schon aus diesem Grund rechtswidrig sei.

****

Mit Vorhalt vom wurde dem Bf. mitgeteilt, dass es sich bei den Haftungsverbindlichkeiten um Insolvenzforderungen und nicht um Masseforderungen handle.

Hinsichtlich jener im Haftungsbescheid angeführten Verbindlichkeiten, deren Fälligkeitstag nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens liege, beabsichtige das BFG, der Beschwerde Folge zu geben.

Haftungsrelevant seien demnach die Umsatzsteuer 1/12, 1/13 und 2/13.

Soferne die Löhne nicht vollständig ausbezahlt worden seien, werde ersucht, entsprechende berichtigte Meldungen vorzulegen und zum Nachweis der Berechnungen das Bankkonto und Kassabuch ab August 2012 bis März 2013 offenzulegen.

Weiters werde um Vorlage eines Gleichbehandlungsnachweises für die Umsatzsteuer 1/13 und die vom Bf. ermittelten Abgabenschuldigkeiten an Dienstgeberbeiträgen und Zuschlägen für die Dienstgeberbeiträge je 8/12, 1/13 und 2/13 ersucht.

Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer würden Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz gelten (, , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht  zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten sei.

****

Eingabe vom :

"in der Anlage übermittle ich Ihnen die zum Nachweis der Gleichbehandlung vom Steuerberater des Einschreiters erstellten Urkunden. Weitere Belege können zum besseren Verständnis jederzeit vorgelegt werden. Zudem beantragt der Einschreiter die Einvernahme des Steuerberaters im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zur Erläuterung des Gleichbehandlungsnachweises."

Der Gleichbehandlungsnachweis wies einen Quotenschaden von 21,83% aus.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 9 Abs. 1 BAO lautet: Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80 Abs. 1 BAO: Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum5 wurde über das Vermögen der GmbH das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet, das mit Beschluss vom Datum4 in ein Konkursverfahren abgeändert und die Eigenverwaltung entzogen wurde. In der Folge wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben und die Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten, die nach wie vor unberichtigt aushaften, sind daher bei der GmbH uneinbringlich.

Gemäß Firmenbuchauszug vertrat der Bf. ab Datum1 die Gesellschaft als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer bis zur Konkurseröffnung (Datum4) und kann somit, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen, gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung herangezogen werden.

Schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters:

a) Haftungsschuldigkeiten, deren Fälligkeitstag nach der Eröffnung des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung liegt (Umsatzsteuer 2/13, Lohnabgaben 3/13, Körperschaftsteuer und Anspruchszinsen 2011).  

Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme.

Das Finanzamt leitet aus dem Umstand, dass mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum5 das Sanierungsverfahren mit Eigenverantwortung eröffnet wurde und daher die Vertreterfunktion (bis zur Konkurseröffnung) weiter bestand, ab, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten, die nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens fällig wurden, vom Bf. zu entrichten gewesen wären und da dies unterlassen wurde, eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliege.

Diese Betrachtung trägt dem österreichischen Insolvenzrecht nicht Rechnung, da die Insolvenzordnung die Befriedigung sämtlicher Forderungen gegen einen zahlungsunfähigen Schuldner regelt.

Insolvenzforderungen sind Forderungen von Gläubigern, denen vermögensrechtliche Ansprüche an den Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zustehen (§ 53 IO).

Gemäß § 141 IO muss den Insolvenzgläubigern angeboten werden, die Quote innerhalb von längstens zwei Jahren vom Tag der Annahme des Sanierungsplans zu zahlen.

 § 150  IO regelt:

Abs. 1: Massegläubiger müssen voll befriedigt werden.
Abs. 2:  Insolvenzgläubiger müssen, unbeschadet der sinngemäßen Anwendung des § 56, im Sanierungsplan gleich behandelt werden. Eine ungleiche Behandlung ist nur zulässig, wenn die Mehrheit der zurückgesetzten, bei der Tagsatzung anwesenden stimmberechtigten Insolvenzgläubiger zustimmt und die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Insolvenzgläubiger wenigstens drei Viertel der Gesamtsumme der Forderungen der bei der Tagsatzung anwesenden zurückgesetzten Insolvenzgläubiger beträgt.

Da die Insolvenzordnung Vorschriften enthält, die einer gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger dienen, haben Vorschriften der Insolvenzordnung , die eine vom abgabenrechtlichen Fälligkeitstag abweichende Entrichtung (Befriedigung) einer Abgabe (eines Abgabenanspruches) vorsehen, den Vorrang gegenüber den einschlägigen abgabenrechtlichen Bestimmungen (Hinweis ).

Es ist somit zu prüfen, ob es sich bei den haftungsgegenständlichen Verbindlichkeiten, deren Fälligkeitstag nach der Eröffnung des Sanierungsverfahrens liegt, um Insolvenz- oder um Masseforderungen handelt.

Gemäß § 46 IO sind Masseforderungen

1. die Kosten des Insolvenzverfahrens
2. alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind, einschließlich der Forderungen von Fonds und anderen gemeinsamen Einrichtungen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, sofern deren Leistungen Arbeitnehmern als Entgelt oder gleich diesem zugute kommen, sowie der die Masse treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Insolvenzverfahrens verwirklicht wird. Hiezu gehören auch die nach persönlichen Verhältnissen des Gemeinschuldners bemessenen öffentlichen Abgaben; soweit jedoch diese Abgaben nach den verwaltungsbehördlichen Feststellungen auf ein anderes als das für die Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielte Einkommen entfallen, ist dieser Teil auszuscheiden. Inwieweit im Insolvenzverfahren eines Unternehmers die im ersten Satz bezeichneten Forderungen von Fonds und von anderen gemeinsamen Einrichtungen sowie die auf Forderungen der Arbeitnehmer (arbeitnehmerähnlichen Personen) entfallenden öffentlichen Abgaben Masseforderungen sind, richtet sich nach der Einordnung der Arbeitnehmerforderung;

Da der die Abgabepflicht betreffend Umsatzsteuer 2/13, Lohnabgaben 3/13, Körperschaftsteuer und Anspruchszinsen 2011 zugrundeliegende Sachverhalt vor der Eröffnung des Sanierungsverfahrens verwirklicht wurde, folgt aus den zitierten Bestimmungen der IO, dass es sich dabei um Insolvenzforderungen handelt, die nicht gemäß ihrer Fälligkeit, sondern entsprechend dem Sanierungsplan und keinesfalls vor dessen Annahme (vgl. § 141 IO) zu entrichten gewesen wäre.

Zum Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit war der Bf. aufgrund der Bestimmungen gar nicht befugt, diese Verbindlichkeiten zu tilgen, wobei dem Umstand dass eine Eigenverwaltung vorlag, keine Bedeutung zukommt, zumal dadurch § 150 IO keine Änderung erfährt. Eine (vorzeitige) Tilgung würde das Gleichbehandlungsgebot verletzen.

Der Beschwerde war daher hinsichtlich der Umsatzsteuer 2/13, Lohnabgaben 3/13, Körperschaftsteuer und Anspruchszinsen 2011 stattzugeben.

b) Haftungsschuldigkeiten, deren Fälligkeitstag vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens liegt (Umsatzsteuer 1/2013, Lohnabgaben 8/2012, 1/2013 und 2/2013).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war.

Nur der Vertreter wird in der Regel jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (vgl. beispielsweise , mwN). Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welchen Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe allerdings zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. für viele , und vom , 2007/13/0137).

Die aushaftenden Lohnsteuern sind gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () vom Gleichheitsgrundsatz ausgenommen, da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.

Wird Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 91/13/0037,0038, Slg.N.G. Nr. 7038/F, ausdrücklich aufrechterhaltenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fällt es nämlich einem Vertreter im Sinne des § 80 BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet ().

Es mag zwar zutreffen, dass der IEF Zahlungen für diese Monate getätigt hat, jedoch kann daraus nicht geschlossen werden, dass von der GmbH keinerlei Zahlungen an die Dienstnehmer erfolgten.

Hinsichtlich der Lohnabgaben wurden keine berichtigten Meldungen (vgl. Vorhalt des ) vorgelegt, weshalb von der Richtigkeit der gemeldeten, jedoch nicht entrichteten Lohnabgaben 8/2012, 1/2013 und 2/2013 auszugehen ist.

Anmerkung: Zur Aufnahme von Erkundungsbeweisen ist das Bundesfinanzgericht - wie der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der abgabenrechtlichen Haftung von Geschäftsführern bereits wiederholt ausgeführt hat - nicht verpflichtet (vgl. die Erkenntnisse vom , 98/14/0082, vom , 2001/14/0207). Es bestand daher keine Verpflichtung die Lohnsteuer anhand der vorgelegten Konten zu überprüfen bzw. zu ermitteln.

Da die Lohnsteuer vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen ist und dem Bf. zur Last fällt, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet, haftet der Bf. für diese Abgabenschuldigkeiten zur Gänze.

Der Bf. hat eine Gleichbehandlungsberechnung vorgelegt, die der Entscheidung zu Grunde gelegt wird. Gemäß der Berechnung des Bf. betrug die Schadensquote 21,83%.

Die Haftung für die Umsatzsteuer 1/2013, Dienstgeberbeitrag und Dienstgeberzuschlag 8/2012, 1/2013 und 2/2013 reduziert sich daher wie folgt:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag lt. HB
Quotenschaden
Umsatzsteuer
01/13
25.075,22
5.473,92
Dienstgeberbeitrag
08/12
404,46
88,29
Dienstgeberbeitrag
01/13
700,51
152,92
Dienstgeberbeitrag
02/13
838,70
183,09
Dienstgeberzuschlag
08/12
35,95
7,85
Dienstgeberzuschlag
01/13
62,27
13,59
Dienstgeberzuschlag
02/13
74,55
16,27
 
 
 
 
 

Vorbringen, die eine schuldhafte Pflichtverletzung ausschließen würden, wurden nicht erstattet, weshalb das Bundesfinanzgericht vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen hat.

Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Abgabenausfall:

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung betreffend die haftungsgegenständlichen Abgaben konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ( ) auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabe war.

Ermessen:

Die im Rahmen des § 224 BAO zutreffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftung folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ( ). Mit der gegenständlichen Beschwerde hat die Bf. ohnehin keine Einwendungen zum Ermessen vorgebracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

mündliche Verhandlung:

Hinsichtlich des im Schriftsatz vom gestellten Antrag es auf Durchführung einer mündliche n Verhandlung ist darauf hinzuweisen, dass über eine Beschwerde gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO - abgesehen von hier nicht interessierenden Fällen einer Beitrittserklärung oder eines Bescheides, der an die Stelle eines anderen Bescheides tritt - eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat, wenn es in der Beschwerde (lit. a) oder im Vorlageantrag (lit. b) beantragt wird. Anträg e, die erst in einem die Beschwerde ergänzenden Schreiben bzw. wie im Beschwerdefall in einer Vorhaltsbeantwortung gestellt werden, begründen somit keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündliche n Verhandlung (vgl. , mwN, und , mwN) und konnte eine solche im Beschwerdefall daher unterbleiben. Im Übrigen wurde der Gleichbehandlungsberechnung gefolgt, weshalb auch aus diesem Grunde der Bf. in seinen Rechten nicht beeinträchtigt wurde.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung eines Vertreters gemäß § 80ff BAO zu prüfen war. Da die Entscheidung auch nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 53 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 141 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 150 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 46 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100371.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at