TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.04.2020, RV/7101633/2016

Fortbildungskosten einer AHS-Lehrerin für Montessori-Lehrgang

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7101633/2016-RS1
Die berufliche Notwendigkeit ist bei der Beurteilung von Fortbildungskosten dann nicht entscheidend, wenn kein Zusammenhang mit der privaten Lebensführung, sondern nur eine berufliche Veranlassung zu erkennen ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter GK in der Beschwerdesache Mag. Bf, vertreten durch stV, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht:

I.

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG in Verbindung mit § 25a VwGG ist nichtzulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Das Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Die Beschwerdeführerin (Bf) machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 unter anderem Ausgaben für Fortbildungsmaßnahmen (Montessori-Diplomlehrgang für die Sekundarstufe I und II) geltend.

Das Finanzamt erließ nach Beantwortung eines Ergänzungsersuchens vom am den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014, wobei die erwähnten Fortbildungskosten nicht als Werbungskosten anerkannt wurden und begründete dies wie folgt:

"Weiters konnten die Kosten für Ihre Aus-/Fortbildung an der Montessori-Schule B/Institut für ganzheitliches Lernen nicht berücksichtigt werden. Mögen die Ausbildungsgrundsätze zwar in Ihrer pädagogischen Tätigkeit einfließen, so stellen diese jedoch mangels einer konkreten Umsetzung im Lehrplan (Notwendigkeit und berufliche Veranlassung), noch aufgrund des Lehrinhaltes (nicht zielgerichtet für AHS-Pädagogen sondern für alle an ganzheitlicher Erziehung Interessierte sowie anhand der Schwerpunkte vordergründig persönlichkeitsbildende Inhalte) keine abzugsfähigen Aus-/Fortbildungskosten dar."

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom mit dem Vorbringen, "dass dieser Kurs von der Schulleitung ausdrücklich als gewünschte Fortbildungsmaßnahme im Interesse der Schule bekundet wurde. Die Inhalte des Kurses decken sich nicht nur mit den Bildungszielen und -aufgaben des österr. Lehrplanes für AHS (vgl. Allgemeine Bildungsziele der Lehrpläne der AHS, Bildungs- und Lehraufgaben für lebende Fremdsprachen), sondern sind besonders in der Arbeit mit der Oberstufe ausdrücklich erwünscht und gefordert (siehe beiliegendes Schreiben vom der Schulleitung). Seitens der Schulleitung und des Landesschulrates wurde die Genehmigung der Freistellung vom Unterricht für den betreffenden Lehrgang erteilt. Dies stellte die Grundlage für die Teilnahme an der gegenständlichen Fortbildung dar. Ohne Freistellung vom Unterricht hätte diese Fortbildung nicht absolviert werden können. Da den ganzheitlichen, vernetzenden, und persönlichkeitsbildenden Ansätzen in Fortbildungen für die Oberstufe oft nicht ausreichend Rechnung getragen wird, wurde dieser Lehrgang gewählt, der explizit auch für die Schuljahre bis zur Reife-/Schulabschlussprüfungen angelegt ist (bis zu 19-jährige Schüler)".

Die Bf verwies zusätzlich darauf, dass sie beinahe ausschließlich Oberstufenklassen in Englisch und Russisch bis zur Matura unterrichte und es dabei nicht nur um den Fremdsprachenunterricht, sondern genauso um die Vermittlung von Kompetenzen, Werten, um selbständiges Denken, kritische Reflexion, kreativen Selbstausdruck, Identitätsfindung, Finden eigener Stärken, etc. gehe.

Zusätzlich wurde die Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte in der gesonderten Begründung vom im Wesentlichen aus, dass eine konkrete Umsetzung bzw. berufliche Notwendigkeit jedoch nicht gegeben ist und aufgrund des Lehrinhaltes (nicht zielgerichtet für AHS-Pädagogen sowie anhand der Schwerpunkte vordergründig persönlichkeitsbildende Inhalte) die Kosten keine abzugsfähigen Aus-/Fortbildungskosten darstellen.

"Wenn der Arbeitgeber einen wesentlichen Teil der Kosten für die Teilnahme an einem Seminar trägt oder beispielsweise Seminare für Lehrer vom pädagogischen Institut (mit homogenem Teilnehmerkreis) veranstaltet werden, ist dies ein Hinweis auf die berufliche Notwendigkeit. Dienstfreistellungen für die Kursteilnahme oder eine Bestätigung des Arbeitgebers über die dienstliche Zweckmäßigkeit einer Schulungsmaßnahme reichen für sich allein für die Abzugsfähigkeit der Aus- und Fortbildungskosten nicht aus ()."

Die Lehrinhalte seien im Hinblick auf die Erfüllung der dienstlichen Pflichten, nämlich der vorgegebene Lehrplan für Englisch und Russisch in der Oberstufe, nicht notwendig. Die beantragten Kosten scheiden mangels objektiven Zusammenhangs mit der nichtselbständigen Tätigkeit als Werbungskosten aus.

Im Vorlageantrag vom beantragte die Bf, die Veranlagung unter Berücksichtigung der Beschwerdeausführung erklärungsgemäß durchzuführen und ergänzte ihre Argumentation:

"Aus- und Fortbildungsmaßnahmen können nur dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie iZm der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit stehen. Ein Zusammenhang mit der ausgeübten oder artverwandten Tätigkeit ist jedenfalls anzunehmen, wenn die erworbenen Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten beruflichen Tätigkeit verwertet werden können. Darüber hinaus reicht aber jeder Veranlassungszusammenhang mit der ausgeübten (verwandten) Tätigkeit aus ().

Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Eignung der dafür getätigten Aufwendungen an sich zur Erreichung dieses Ziels ist dabei ausreichend. Fortbildungskosten sind wegen ihres Zusammenhanges mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den darauf beruhenden Einnahmen abzugsfähig. Wie die Bescheidbegründung zutreffend ausführt, ist die Notwendigkeit dahingehend zu verstehen, ob die Aufwendungen objektiv für die Erwerbstätigkeit sinnvoll sind. Die Sinnhaftigkeit wurde einerseits durch die Direktion der Schule bestätigt und andererseits durch die Genehmigung des Landesschulrates unter Beweis gestellt. Da die Notwendigkeit im vorliegenden Fall gegeben ist, kann uE nicht erkannt werden, warum die Abzugsfähigkeit nicht gegeben sein sollte.

Bildungsmaßnahmen, die auch bei nicht berufstätigen Personen von allgemeinen Interesse sind, sind nicht abzugsfähig. Beim gegenständlichen Lehrgang handelt es sich um keinen Kurs, der nach Programm und Durchführung in einem wesentlichen Ausmaß die Verfolgung privater Erlebnis- und Erholungsinteressen zulässt oder grundsätzlich der privaten Lebensführung dient. Es ist weder ein Einführungskurs, noch ein Basiskurs sondern ein Diplomlehrgang für die Sekundarstufe (12 — 19 jährige), für dessen Teilnahme ein fortgeschrittenes pädagogisches Wissen erforderlich ist. Der homogene Teilnehmerkreis und das hohe Niveau des Lehrgangs sprechen gegen eine private Veranlassung. Die konkrete Umsetzung dieser Bildungsmaßnahme erfolgt in den Oberstufenklassen, wo besonders bei pubertierenden Jugendlichen eine qualifizierte pädagogische Arbeit gefordert ist. Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt, werden beinahe ausschließlich Oberstufenklassen in Englisch und Russisch bis zur Matura unterrichtet. Da geht es nicht nur um den Fremdsprachenunterricht an sich (der im Rahmen dieses Kurses im Übrigen sehr ausführlich und erstklassig behandelt wurde), sondern genauso um die Vermittlung von Kompetenzen, Werten, um selbständiges Denken, kritische Reflexion, kreativen Selbstausdruck, Identitätsfindung, Finden eigener Stärken, etc. Diese Ausbildung bietet diesbezüglich umfassende Möglichkeiten, die im Beruf direkt umgesetzt werden können.

Ohne Unterstützung durch den Landesschulrat durch Freistellung vom Unterricht (gegen Weiterzahlung des Gehaltes) wäre es nicht möglich gewesen, den Lehrgang zu absolvieren. Damit trägt der Arbeitgeber sehr wohl einen wesentlichen Teil der Kosten für die Teilnahme am Seminar. Es ist daher nicht zutreffend, dass der Arbeitgeber keine Kosten übernommen hat, wie in der Bescheidbegründung ausgeführt wird."

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde zur Entscheidung und folgender Stellungnahme vorgelegt:

"Fortbildungskosten dienen dazu, im jeweils ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben, um den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Merkmal beruflicher Fortbildung ist es, dass sie der Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten im bisher ausgeübten Beruf dient (). Von einem Zusammenhang mit der ausgeübten oder verwandten Tätigkeit ist dann auszugehen, wenn die durch die Bildungsmaßnahme erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang im Rahmen der ausgeübten (verwandten) Tätigkeit verwertet werden können. Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen, die auch bei nicht berufstätigen Personen von allgemeinem Interesse sind oder die grundsätzlich der privaten Lebensführung dienen sind nicht abzugsfähig.

Bei Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahe legen, bei denen jedoch ebenso ein Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung nicht auszuschließen ist, liegen nur dann abzugsfähige Kosten vor, wenn sich die Aufwendungen für die betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit als notwendig erweisen. Die Notwendigkeit ist dabei dahingehend zu verstehen, ob die Aufwendungen objektiv für die Erwerbstätigkeit sinnvoll sind (, ).

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der ha. durchgeführten Erhebungen ist der Lehrgang geeignet für ErzieherInnen, LehrerInnen und grundsätzlich für alle an ganzheitlicher Erziehung Interessierte und damit nicht beschränkt auf einen homogenen Teilnehmerkreis.

Mögen sicherlich positive Aspekte in die Unterrichtsgestaltung einfließen, so stehen anhand der Schwerpunkte (auszugsweise Berücksichtigung der emotionalen und rationalen Interelligenz, Betätigung des optisch-räumlichen sowie bildlichen Vorstellungsvermögens, senso-motorische Erfahrungen, Entwicklung von Rhythmusgefühl, Selbstwahrnehmung etc.) vordergründig persönlichkeitsbildende Inhalte. Eine Notwendigkeit ist jedoch dabei im Hinblick auf die Erfüllung der dienstlichen Pflichten, nämlich der Fremdsprachenerwerb Russisch und Englich in der Oberstufe laut vorgegebenem Lehrplan, nicht gegeben. Auch können grundsätzlich aufgrund der vordergründigen Fremdsprachenvermittlung nur einzelne Aspekte im Rahmen der Unterrichtsgestaltung einfließen, eine Anwendung der erworbenen Kenntnisse im wesentlichen Umfang wäre nur im Rahmen einer zielgerichteten Unterrichtseinheit denkbar.

Lt. Landeslehrer-Dienstrechtgesetz (LDG 1984) idgF ist eine Freistellung vom Dienst unter Wahrung der dienstlichen Interesse (insbesonder Diensttausch, Einarbeitung etc.) grundsätzlich möglich. Anhand der vorgelegten Unterlagen wurde die Dienstfreistellung im Jahr 2014 für 2 Tage (Montag, 27.10. und Dienstag, ) sowie im Jahr 2015 für drei Tage (Freitag, ; Freitag, und Freitag, ) beantragt. Weitere Details hinsichtlich der Freistellung und internen Verrechnung ist jedoch der Behörde nicht bekannt. Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Seminare mit Ausnahme im Oktober 2014 ausschließlich am Wochenende stattgefunden haben.

Die Dienstfreistellungen für die Kursteilnahme oder eine Bestätigung des Arbeitgebers über die dienstliche Zweckmäßigkeit einer Schulungsmaßnahme reichen für sich allein für die Abzugsfähigkeit der Aus- und Fortbildungskosten daher nicht aus ()."

Mit Eingabe vom , eingelangt am Bundesfinanzgericht am , wurde der Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den steuerlichen Vertreter zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Rechtssache der nunmehr zuständigen Geschäftsabteilung am  zugeteilt.

Der Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den steuerlichen Vertreter ist zurücknehmbar (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 272 Anm 4 bzw. Ritz, BAO6, § 274 Rz 8 mit weiteren Nachweisen). Durch die Zurücknahme des Antrages auf Entscheidung durch den Senat hat gemäß der Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichts in der gültigen Fassung der Berichterstatter als Einzelrichter zu entscheiden.

Eine mündliche Verhandlung hat gemäß § 274 Abs 1 Z 2 BAO nach Zurücknahme des Antrages durch die beschwerdeführende Partei nur mehr stattzufinden, wenn es der Einzelrichter bzw. Berichterstatter für erforderlich hält.

Strittig ist, ob die Teilnahmegebühren, Fahrt- und Nächtigungskosten im Zusammenhang mit dem Besuch des Montessori-Diplomlehrganges für die Sekundarstufen I und II in B/Deutschland dem Grunde und der Höhe nach als Werbungskosten abzugsfähig sind.

1. Sachverhalt

Die Bf ist AHS-Lehrerin und unterrichtet beinahe ausschließlich Englisch und Russisch in der Oberstufe. In den Jahren 2014 und 2015 besuchte sie einen Montessori-Diplomlehrgang für die Sekundarstufen I und II in Deutschland und machte dafür die Anzahlung und die erste Rate für den Lehrgang sowie Übernachtungs- und Fahrtkosten in der Einkommensteuererklärung 2014 von insgesamt 2.027,64 € (davon 90,00 € als Kosten für zwei Übernachtungen) als Werbungskosten geltend.

Die angefallenen Kosten wurden zur Gänze von der Bf getragen. Die Höhe sowie der Zahlungsabfluss in 2014 wurden belegmäßig nachgewiesen. Die Akademie Montessori B bestätigte die Teilnahme der Bf an den Modulen in 2014.

Da der Besuch einzelner Module nicht nur am Wochenende, sondern auch während der Dienstzeit stattfand, wurde auf Antrag der Bf bzw. des Direktors ihrer Schule die Bf in dieser Zeit vom Unterricht zwecks Fortbildung freigestellt.

Der Direktor der Schule der Bf bestätigte, dass die Fortbildungsmaßnahme im Interesse der Schule war und durchaus erwünscht ist. Er wies darauf hin, dass zwar keine Kostentragung durch den Bund möglich war, die Lehrinhalte jedoch in sehr großem Ausmaß sowohl den allgemeinen Bildungszielen der AHS-Lehrpläne als auch konkret den Bildungs- und Lehraufgaben für lebende Fremdsprachen entsprechen. Er hob hervor, dass es sich um einen Lehrgang für die Sekundarstufe I und II handelt, "der definitiv auch für Lehrpersonen einer Oberstufe (hier Sekundarstufe II genannt) gedacht ist". Eine Liste von Lehrinhalten des Kurses, die sich mit den Lehrzielen des AHS-Lehrplanes decken, wurde beigefügt.

Der Diplom-Lehrgang bietet nach eigener Definition ein Kursprogramm für alle, die ganzheitliche Montessori-Pädagogik praktizieren wollen. Er richtet sich an Pädagoginnen/Pädagogen und alle Fachleute, die sich mit den Bedürfnissen von Jugendlichen, den schulischen Anforderungen und neuen Lerngelegenheiten vertieft auseinander setzen wollen (https://www.montessori-B.de/akademie-B/montessori-ausbildung/information-sekundarstufenlehrgang/ , Website abgerufen am , zum aktuellen, vom Lehrinhalt her vergleichbaren Diplom-Lehrgang).

Die Referentinnen und Referenten des Instituts sind angehalten, enge Fachgrenzen zu überwinden und nach Verbindungen zwischen Themen und Stoffen zu suchen. (https://web.archive.org/web/20150213141605/http://ifgl.de/?q=node/3, Website zum Zeitpunkt , abgerufen am )

Die Schwerpunkte des Lehrganges liegen auszugsweise in der Befähigung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, neue pädagogische Erkenntnisse zu gewinnen, innovative Unterrichtsmodule zu entwickeln, Klarheit über die Rolle des Pädagogen bei der Entwicklung der Persönlichkeit der Jugendlichen zu gewinnen, die kommunikative Kompetenz der Schülerinnen und Schüler vor allem beim Sprachenerwerb zu stärken, die Lehrerrolle zu reflektieren und Classroom-Management und Kommunikation zu erlernen (https://web.archive.org/web/20141024164603/http://ifgl.de/?q=node/15, Website zum Zeitpunkt , abgerufen am ).

Die Jugendlichen sollen unter anderem interdisziplinär und durch Bewegung, Sprache und Musik motiviert werden, nach den Grundsätzen von Montessori zu lernen. Maria Montessori hat ein Entwicklungskonzept auf der Grundlage der spontan arbeitenden schöpferischen Auffassungskraft des Kindes geschaffen. Dem Kind wird es möglich, seine individuellen Begabungen selbst zu entwickeln und zu bilden. (https://www.montessori-wien.org/index.php/montessori-paedagogik/grundsaetze-der-montessori-paedagogik, Website abgerufen am )

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung sowie Erhebungen des Bundesfinanzgerichts, vor allem hinsichtlich der unter 1. angeführten Websiteabfragen.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde hinsichtlich der Zielgruppe und der Schwerpunkte fälschlicherweise die Daten des Basislehrganges herangezogen hat. Die Bf hat nachweislich am Lehrgang für die Sekundarstufen I und II und nicht am Basislehrgang teilgenommen.

Die Empfehlung, dass der Lehrgang für ErzieherInnen, LehrerInnen und grundsätzlich für alle an ganzheitlicher Erziehung Interessierte geeignet ist, findet sich ausschließlich in der Kursbeschreibung des Basislehrganges für 3 bis 14 Jährige. Nichtsdestotrotz wird auch in der Beschreibung des Basislehrganges erklärt, dass Menschen verschiedenster Berufe in Kindergärten und Schulen durch den Besuch befähigt werden, eine gute Montessoriarbeit leisten zu können.

Laut Finanzamt stehen des Weiteren persönlichkeitsbildende Schwerpunkte im Vordergrund und es listet zur Untermauerung Lehrziele des Lehrgangs auf (Berücksichtigung der emotionalen und rationalen Intelligenz, Betätigung des optisch-räumlichen sowie bildlichen Vorstellungsvermögens, senso-motorische Erfahrungen, Entwicklung von Rhythmusgefühl, Selbstwahrnehmung, etc.). Auch diese Informationen lassen sich nahezu wortwörtlich der Kursbeschreibung des Basislehrganges entnehmen, wodurch verstärkt der Eindruck entsteht, dass als Grundlage der Entscheidungsfindung der belangten Behörde ein konkret nicht zutreffender Sachverhalt herangezogen wurde.

Die Behörde weist im Vorlagebericht darauf hin, dass anhand der vorgelegten Unterlagen nachgewiesen ist, dass die Dienstfreistellungen beantragt wurden, jedoch weitere Details hinsichtlich der Freistellung und internen Verrechnung der Behörde nicht bekannt sind.

Abgesehen von der amtswegigen Ermittlungspflicht, die die Behörde befähigt hätte, diese Informationen zu gewinnen, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass eine Dienstfreistellung gegen Weiterzahlung des Gehalts vorliegt.

Auf dem Ansuchen des Direktors um Freistellung der Bf findet sich ein handschriftlicher Vermerk, dass die Freistellung genehmigt wurde. Im Schreiben vom erwähnt die Bf, dass sie für die entsprechenden Freitage vom Unterricht freigestellt wurde. In der Beschwerde wird die Freistellung als notwendige Voraussetzung einer Teilnahme am Lehrgang beschrieben. Im Vorlageantrag wird vom steuerlichen Vertreter angeführt, dass der Landesschulrat die Freistellung gegen Weiterzahlung des Gehalts genehmigt und damit auch einen Kostenbeitrag geleistet hat.

Da die Teilnahme an den Modulen durch die Bestätigungen des Veranstalters feststeht, ist in freier Beweiswürdigung dem Vorbringen der Bf zu folgen und daher festzustellen, dass - auch in Anbetracht der sonst drohenden dienstrechtlichen Konsequenzen - eine Dienstfreistellung durch den Landesschulrat erfolgt ist.

3. Rechtslage

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Die Werbungskosten werden von den Einnahmen eines Steuerpflichtigen abgezogen und mindern die Steuerbemessungsgrundlage.

Gemäß § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 sind Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, Werbungskosten. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des den Bundesbediensteten zustehenden Nächtigungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung des § 13 Abs 7 der Reisegebührenvorschrift 1955 zu berücksichtigen.

§ 13 Abs 7 Reisegebührenvorschrift 1955 lautet:

"Wenn der Beamte nachweist, daß die tatsächlichen unvermeidbaren Auslagen für die in Anspruch genommene Nachtunterkunft die ihm zustehende Nächtigungsgebühr übersteigen, kann ihm ein Zuschuß zur Nächtigungsgebühr bis zur Höhe der tatsächlich nachgewiesenen Auslagen, höchstens aber bis zu 600% der Nächtigungsgebühr, gewährt werden. Beheizungszuschläge dürfen hiebei, soweit sie in dem Zuschuß nicht Deckung finden, gesondert in Rechnung gestellt werden."

Die Nächtigungsgebühr beträgt gemäß § 25c Abs 1 Reisegebührenvorschrift 1955 iVm § 1 der Verordnung der Bundesregierung über die Festsetzung der Reisezulagen für Dienstverrichtungen im Ausland BGBl II Nr 434/2001 für Dienstverrichtungen in Deutschland in der Höchststufe 27,90 €.

Demgegenüber dürfen gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Lässt sich eine Veranlassung durch die Erwerbssphäre nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen und der gebotenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen nicht feststellen, ist die Abziehbarkeit der Aufwendungen insgesamt nicht gegeben ().

4. Rechtliche Beurteilung (siehe I.)

Aus-, Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen können nur dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit stehen. Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden bzw. den Beruf besser ausüben zu können (). Die Eignung der getätigten Aufwendungen an sich zur Erreichung des Zieles ist ausreichend ().

Ob eine Tätigkeit mit der ausgeübten Tätigkeitsart verwandt ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung. Ein Zusammenhang mit der ausgeübten oder artverwandten Tätigkeit ist jedenfalls anzunehmen, wenn die erworbenen Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten beruflichen Tätigkeit verwertet werden können. Darüber hinaus reicht aber jeder Veranlassungszusammenhang mit der ausgeübten (verwandten) Tätigkeit aus ().

Fortbildungskosten sind wegen ihres Zusammenhanges mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den darauf beruhenden Einnahmen abzugsfähig ().

Legen Bildungsmaßnahmen einen Zusammenhang mit der privaten Lebensführung nahe, weil sie beispielsweise soziale Fähigkeiten vermitteln oder der Persönlichkeitsentwicklung dienen, darf die Veranlassung durch die Einkunftserzielung nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Die Notwendigkeit bietet in derartigen Fällen das verlässliche Indiz der beruflichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung (, ).

Für die berufliche Notwendigkeit einer Bildungsmaßnahme spricht es, wenn sich der Teilnehmerkreis im Wesentlichen aus Angehörigen der Berufsgruppe des Steuerpflichtigen zusammensetzt.

Die Dienstfreistellungen für die Kursteilnahme oder eine Bestätigung des Arbeitgebers über die dienstliche Zweckmäßigkeit einer Schulungsmaßnahme reichen für sich allein für die Abzugsfähigkeit der Aus- und Fortbildungskosten nicht aus (). Trägt der Arbeitgeber einen Teil der Kurskosten oder stellt er den Arbeitnehmer für die Zeit der Schulungsmaßnahme gegen Weiterbezug des Gehalts dienstfrei, ist dies jedoch ein Indiz für die berufliche Notwendigkeit ().

Dienen die Bildungsmaßnahmen sowohl beruflichen als auch privaten Bedürfnissen, so reicht ein Nutzen für die Berufstätigkeit für die Abzugsfähigkeit alleine noch nicht aus (zB Persönlichkeitsentwicklung, Sport, Esoterik, B-Führerschein).

Dem Abgrenzungskriterium der Notwendigkeit eines Aufwandes ist dann keine
entscheidende Bedeutung beizumessen, wenn ein Aufwand seiner Art nach nur eine berufliche Veranlassung erkennen lässt (; ).

Die belangte Behörde geht richtigerweise davon aus, dass Dienstfreistellungen für die Kursteilnahme oder eine Bestätigung des Arbeitgebers über die dienstliche Zweckmäßigkeit einer Schulungsmaßnahme für sich allein nicht für die Abzugsfähigkeit der Aus- und Fortbildungskosten ausreichen, obwohl diese Tatsachen sehr wohl als Indizien für eine berufliche Notwendigkeit zu sehen sind ().

Eine Prüfung der beruflichen Notwendigkeit ist jedoch beim konkreten Sachverhalt nicht entscheidend, da diese nach der zitierten verwaltungsgerichtlichen Judikatur nur dann wesentlich ist, wenn die Bildungsmaßnahme einen Zusammenhang mit der privaten Lebensführung aufweist.

Dieser Zusammenhang liegt jedoch nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts unter Verweis auf den festgestellten Sachverhalt zweifellos nicht vor, da, wie die Bf richtigerweise anführt, für die Teilnahme am konkreten Lehrgang ein fortgeschrittenes pädagogisches Wissen erforderlich ist.

Der Lehrgang richtet sich an Pädagoginnen/Pädagogen und alle Fachleute, die sich mit den Bedürfnissen von Jugendlichen, den schulischen Anforderungen und neuen Lerngelegenheiten vertieft auseinander setzen wollen. Es liegt daher - am Rande bemerkt - im Gegensatz zur Ansicht des Finanzamts ein homogener Teilnehmerkreis vor.

Die Lehrinhalte lassen eine nahezu ausschließliche Verwertung des erworbenen Wissens als Lehrerin/Lehrer oder im verwandten Beruf der Pädagogin/des Pädagogen als sehr wahrscheinlich erscheinen. Dass die Bildungsmaßnahmen, wie von der belangten Behörde im Vorlagebericht erwähnt, auch für nicht berufstätige Personen von allgemeinem Interesse sind, ist aufgrund der Zielgruppendefinition, des umfassenden Lehrinhalts, der Lehrgangsdauer und -kosten nicht plausibel.

Es ist nach den Feststellungen offensichtlich, dass die bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert werden, um im bereits konkret ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden bzw. diesen Beruf besser ausüben zu können.

Der Einwand der belangten Behörde, dass der Lehrgang vordergründig persönlichkeitsbildende Schwerpunkte aufweist, geht fehl. Natürlich können im Zuge von Fortbildungsmaßnahmen auch persönlichkeitsbildende oder -verändernde Erfahrungen gemacht werden. Diese dienen aber nach dem konkreten Lehrplan in erster Linie der Anwendung in der beruflichen Praxis.

Die Bf unterrichtet Englisch und Russisch in der Oberstufe. Der Beruf einer AHS-Lehrerin erfordert neben dem zweifellos notwendigen sprachlichen Fachwissen auch pädagogische Kompetenzen. Erwachsen Fortbildungskosten mit dem Ziel, die Herangehensweisen bzw. die Werkzeuge zur Wissensweitergabe - auch interdisziplinär und vor allem an pubertierende Jugendliche - zu erweitern, ist jedenfalls eine berufliche Veranlassung gegeben.

Die geltend gemachten Ausgaben im Zusammenhang mit der Teilnahme am Diplom-Lehrgang sind daher dem Grunde nach als Werbungskosten abzugsfähig.

Da auch die gemäß § 16 Abs 1 Z 10 2. Satz EStG 1988 vorgesehenen Höchstsätze für Nächtigungen (600% von 27,90 €, das sind 167,40 € für eine Nächtigung) nicht überschritten wurden, stehen die Ausgaben auch in der geltend gemachten Höhe von insgesamt 2.027,64 € zu und ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

5. Unzulässigkeit der Revision (siehe II.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hinsichtlich des Bestehens und der Abzugsfähigkeit von Fortbildungskosten als Werbungskosten wurde vom Bundesfinanzgericht in Entsprechung der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ; ; ) entschieden. Es liegt daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs 2 iVm § 1 Abs 1 des Art 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl I Nr 16/2020).

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at