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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2020, RV/4100377/2017

Gewinnerhöhende Auflösung von Sparguthaben, die seit über 30 Jahren nicht bewegt wurden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Ri in der Beschwerdesache Bank, Adr1, vertreten durch Vertr1 - Rechenzentrum und Revisionsverband, reg. Gen.m.b.H., Adr2 über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Körperschaftsteuer 2015 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Das Einkommen beträgt € 547.453,18. Die festgesetzte Körperschaftsteuer beträgt € 136.863,29.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine Bank. In einer die Jahre 2013 bis 2015 umfassenden Außenprüfung stellte der Prüfer in seinem Bericht ua. nachstehendes fest: 

"Tz 1 Unbewegte Sparbücher 

In  der Bank werden unter der Position „Einlagen“ (Passiva) / Einlagen (Sparbücher) ausgewiesen, welche über einen längeren Zeitraum (30 Jahre und mehr) nicht mehr bewegt wurden.
Nach Ansicht der AP ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr mit der Einlösung dieser zu rechnen.
Liegt eine solche Wahrscheinlichkeit der Nichteinlösung vor, so sind diese (vgl. ), auch wenn sie formal noch nicht verjährt sind, nicht mehr zu bilanzieren.
Die Verringerung der Verbindlichkeit führt in Folge zu einer Erhöhung des Jahresgewinnes.
Die AP nimmt die entsprechende Korrektur kumulativ für den Bilanzstichtag im Wege einer außerbilanzmäßige Hinzurechnung vor (unabhängig eines unternehmensrechtlichen Ausweises). Durch die Bank wurde insgesamt ein Betrag in von € 29.644,88 ermittelt (s. Niederschrift vom ).

Bank:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
1.1.-
Vor Bp
0,00
Nach Bp
29.644,80
Differenz
29.644,80

[..]"

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ im wiederaufgenommenen Verfahren einen entsprechendenKörperschaftsteuerbescheid.

In der dagegen erhobenen Beschwerde führte die Bf folgendes aus:

"Die Bank unterliegt als Bank den unternehmensrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften, dies auch unter Bezugnahme des § 43 BWG. Gemäß § 5 EStG sind in diesem Falle die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung maßgebend.

Die Aufnahme von Verbindlichkeiten in die Bilanz ist nach unternehmensrechtlichen Grundsätzen vorzunehmen, wobei Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung des Höchstwertprinzips mit ihren Rückzahlungsbeträgen anzusetzen sind.

Auch im UGB-Kommentar Straube Tz. 13 zu § 196 UGB wird u. a. angeführt:
„Der Begriff der Verbindlichkeit ist gesetzlich nicht definiert. Er erfasst nach hA nicht nur Verbindlichkeiten im rechtlichen Sinn, die einklagbar sind, sondern auch solche, bei denen aus faktischen Umständen trotz fehlender Erzwingbarkeit die Erfüllung nicht abgelehnt werden kann (z.B. die an sich verjährte Forderung eines wichtigen Kunden, mit Verweis auf Beck Bilanzkommentar, § 247 Rz 221, RdA 1998 429 ua.).

Ist eine Verbindlichkeit bereits verjährt, so muss sie nicht mehr ausgewiesen werden, wenn der Wille besteht, von der Einrede der Verjährung Gebrauch zu machen. Soll zum Beispiel aus Gründen der guten Geschäftsbeziehung und der öffentlichen Wirkung nicht die Verjährung eingewendet werden, muss die Verbindlichkeit weiter mit ihrem vollen Betrag bilanziert werden, obwohl keine durchsetzbare rechtliche Verbindlichkeit besteht (Stefaner, im Hamerle/Zöchling/Fraberger, Aktuelles Bilanzierungshandbuch für die Praxis).

Eine derartige faktische Verpflichtung zur Begleichung einer rechtlich nicht mehr einklagbaren Schuld liegt im Rahmen von Sparguthaben vor. Aus der Sicht der betreffenden Bank (bzw. aller Banken) ist es faktisch unumgänglich, derartige unbewegte Sparguthaben evident zu halten und auch bereits verjährte Sparguthaben an den Kunden oder Rechtsnachfolger des Kunden tatsächlich auszuzahlen. Die Einrede der Verjährung und die damit verbundene Weigerung, das verjährte Sparguthaben auszuzahlen, wäre für das betreffende Institut mit gravierenden negativen Folgen verbunden. Die damit einhergehende Wahrnehmung in der Öffentlichkeit wäre für den ganzen Sektor sehr negativ. Eine Weigerung der Auszahlung würde zu einer negativen Berichterstattung in den Medien führen. In Zeiten, in denen Konsumentenrechte immer mehr an Bedeutung gewinnen und vielfach eine breite mediale Resonanz erfahren, kann ein einzelner Anlassfall eine massive Schädigung der öffentlichen Darstellung des gesamten Sektors bewirken.

Daher besteht für jede einzelne Bank eine absolute faktische Verpflichtung, bei verjährten Sparguthaben auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und das Sparguthaben auf Verlangen des Kunden oder seines Rechtsnachfolgers auszuzahlen.

Hinsichtlich der Einlagensicherung ist zu bemerken, dass auch verjährte Einlagen gesicherte Einlagen darstellen und die Kreditinstitute auch für diese Einlagen die entsprechenden Zahlungen an die Einlagensicherungssysteme und (gesetzlich vorgeschriebenen) Fonds zu leisten haben.

Diese Vorgehensweise ist auch aus steuerrechtlicher Sicht geboten (vgl. dazu Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke: Einkommensteuergesetz, § 6 Anm. 68): Eine verjährte Schuld ist weiterhin bilanziell als solche auszuweisen, wenn der Steuerpflichtige beispielsweise aus geschäftlichen Rücksichten von einer möglichen Verjährungseinrede nicht Gebrauch machen will. Diese Absicht muss aus dem Verhalten des Steuerpflichtigen erkennbar sein (, ) und manifestiert sich nach der Judikatur des VwGH gegenüber der Außenwelt erst „durch entsprechende Ausbuchung im Rechenwerk" ().

Die Absicht von den Verjährungseinreden keinen Gebrauch zu machen, ist aus dem Verhalten der Banken eindeutig erkennbar. Durch die Bank werden laufend Sparguthaben an Kunden ausbezahlt, für die bereits Verjährung eingetreten ist. Ein vom VwGH geforderter nach außen in Erscheinung tretender Akt, der den Willen, die verjährte Schuld nicht mehr zu tilgen, hinreichend dokumentiert (Ausbuchung im Rechenwerk), erfolgte zu keiner Zeit.

In der Vergangenheit getätigte Auszahlungen seitens der Bank aufgrund der Vorlage von bereits verjährtenSpareinlagen zeigen, dass – entgegen den Aussagen im BP-Bericht – nicht von einer mit an Sicherheit grenzenden "Wahrscheinlichkeit der Nichteinlösung" dieser Speichereinlagen auszugehen ist. Von der Einrede der Verjährung wird in keinem Fall Gebrauch gemacht.

Die Verbindlichkeiten aus den verjährten Spareinlagen sind daher weiterhin bilanziell als solche auszuweisen, da die Bank von einer Verjährungseinrede aus geschäftlichen Rücksichten jedenfalls keinen Gebrauch machen wird und diese Absicht aus dem Verhalten der Bf auch eindeutig erkennbar ist.

Schon im Jahre 2003 wurde von Universitätsprofessor Dr. Peter Quantschnigg unsere Vorgangsweise bestätigt.

Weiters weisen wir auf die geltenden Grundsätze des „Nachholverbots" und der „periodengerechte Gewinnermittlung"hin. Diese Grundsätze (vlg. Jakom, EStG Kommentar, 2016, Rz. 216 zu § 4, unter Verweis auf Rz. 647, 648 EStR und Judikatur) stehen unseres Erachtens dem Ansinnen der abgabenbehördlichen Außenprüfung, einen Gesamtbetrag in einem Jahr (2015) aufzulösen, entgegen.

Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz:

Da es im angeführten Sachverhalt keine zwingenden steuerlichen Vorschriften gibt, die von den unternehmensrechtlichen Vorschriften abweichen, kann eine Auflösung nicht bloß für steuerliche Zwecke vorgenommen werden. Es müsste die Bilanz berichtigt werden. Eine steuerliche Bilanzberichtigung ist aber nicht möglich, da die erstellte Bilanz den Erfordernissen des § 5 EStG (Maßgeblichkeitsprinzip) entspricht. Außerdem wurden diese Bilanzen von den Bankprüfern mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen.

Willkürliche Ermittlung des Auflösungsbetrages:

Die pauschale Auflösung der am seit 30 Jahren unbewegten Sparguthaben erscheint willkürlich und entspricht nicht den von der abgabenbehördlichen Außenprüfung selbst genannten Grundsätzen.

Aufgrund dieser Argumente ersuchen wir Sie höflich um Aufhebung bzw. Korrektur des Körperschaftsteuerbescheides 2015. Eine steuerliche Zurechnung der verjährten Spareinlagen soll nicht erfolgen.

Abschließend weisen wir auf die bereits laufenden Rechtsmittelverfahren bei weiteren Banken aufgrund von identischen Feststellungen hin. An den in diesen Verfahren vorgebrachten Argumenten wird auch in der vorliegenden Beschwerde festgehalten."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde als unbegründet ab und führt dabei aus:

"In der Bilanz der Bank wurde unter der Position „Einlagen“ (Passiva) – Einlagen Sparbücher ausgewiesen, welche über einen sehr langen Zeitraum (dreißig Jahre und mehr) nicht mehr bewegt wurden. Die Bp geht davon aus, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr mit der Einlösung zu rechnen ist und verringert die Verbindlichkeit (vgl. , 96/14/0141; BFH ; I R 3/95), was zu einer Erhöhung des Jahresgewinnes führt. Die Korrektur wird kumulativ für den Bilanzstichtag 31/12/2015 in Form einer außerbilanzmäßigen Hinzurechnung vorgenommen.

Der BFH (siehe oben angeführtes Erkenntnis) stellt bei der Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht darauf ab, ob mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit  der Geltendmachung durch die Gläubiger nicht mehr zu rechnen ist. Im gleichen Sinne erkennt auch der VwGH (siehe oben), dass „Verbindlichkeiten nicht mehr bilanziert werden dürfen, wenn mit dem Versuch der Durchsetzung der Forderung durch den Gläubiger praktisch nicht mehr zu rechnen ist“.

An der Bilanzierung von Verbindlichkeiten aus Spareinlagen wird auch vom BFH nicht gezweifelt, insoweit die o. a. allgemeinen Kriterien erfüllt werden.

Im besonderen Fall von sog. „unbewegten Sparguthaben“ lässt der BFH – abweichend vom Prinzip der Einzelbewertung – eine pauschale Bewertung gleichartiger oder annähernd gleichwertiger Verpflichtungen zu.

Somit wird in diesem speziellen Fall das Prinzip der Einzelbewertung zurückgestellt, zu Gunsten der besonderen pauschalen Bewertung. Das von der Beschwerdeführerin angeführte „Prinzip der Maßgeblichkeit“ wird durch die speziellen Pauschalbewertungen bei „unbeweglichen Sparguthaben“ nicht aufgehoben. Die kumulative Auflösung ist nach dem Urteil des BFH ebenfalls im gelten Recht gedeckt. Im besonderen Fall von unbewegten Sparguthaben ist die Durchführung des Periodenprinzips somit zulässig. Das durch die Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Argument der „willkürlichen Auflösung“ ist somit zurückzuweisen.

Die Bewertung unbewegter Sparguthaben als nicht mehr bilanzierungsfähig hat keinerlei zivilrechtliche Auswirkung gegenüber den Gläubigern. Eine spätere Einlösung führt konsequenterweise zur einer steuerlichen Betriebsausgabe. Die (steuerliche) Auflösung bedingt nicht den automatischen Verzicht auf die Einrede der Verjährung.

Die Aussage in der Beschwerdeschrift, dass die gewählte Vorgangsweise von Dr.  Quantschnigg im Jahr 2003 bestätigt wurde, kann seitens der Finanzverwaltung nicht verifiziert werden, da dazu keine näheren Aussagen getroffen wurden und somit keinerlei Verknüpfung mit der gegenständlichen Beschwerdeschrift erkennbar ist."

Im eingebrachten Vorlageantrag führte die Bf ergänzend aus:

"[.] Es wird nochmals betont, dass laut Rechtsprechung des VwGH verjährte Schulden solange als solche auszuweisen sind, als der Steuerpflichtige aus z.B. geschäftlichen Rücksichten von einer möglichen Verjährungseinrede nicht Gebrauch machen will (, ). Das trifft auf die Bf jedenfalls zu, da auch Sparguthaben ausbezahlt werden, hinsichtlich derer bereits Verjährung eingetreten ist. Wie aus den EStR hervorgeht, vertritt auch das BMF selbst unmissverständlich diese Position (EStR Rz 2421 idF Wartungserlass 2015).

Als Replik auf die Begründung zur Beschwerdevorentscheidung wird vorgebracht, dass eine „pauschale Bewertung gleichartiger oder annähernd gleichwertiger Verpflichtungen" - welche laut dem FA aufgrund eines Urteils des deutschen BFH im geltenden Recht gedeckt sei - mit dem zwingend anzuwendenden Prinzip der Einzelbewertung gem. § 201 Abs. 2 Z 3 UGB in Konflikt gerät. Ein Abweichen von diesem Prinzip ist gem. § 201 Abs. 2 letzter Satz UGB nur bei Vorliegen besonderer Umstände zulässig. Eine pauschale Wertberichtigung von Verbindlichkeiten ist dem österreichischen UGB dem Grunde nach fremd. Eine Übertragung der Grundsätze des vom FA zitierten BFH-Urteils auf das österreichische Rechnungslegungsrecht ist aus unserer Sicht nicht möglich. Aufgrund des von der Bank anzuwendenden Maßgeblichkeitsprinzips schlägt dies auch auf die steuerrechtliche Gewinnermittlung durch.

Darüber hinaus wird festgehalten, dass, wenngleich ein Abweichen vom Prinzip der Einzelbewertung und die Vornahme einer pauschalen Bewertung von Verbindlichkeiten als solche problematisch bzw. rechtlich nicht gedeckt sind, der Verweis darauf als Begründung für die Vorgehensweise seitens des FA unpassend ist, da dem Grunde nach keine pauschale Bewertung durch das FA F erfolgte.

Eine „pauschale Bewertung" durch das FA könnte lediglich darin erblickt werden, dass pauschal alle - und somit konkret identifizierbare - Spareinlagen aufgelöst wurden, die per 30 Jahre und länger unbewegt waren. Diese Vorgehensweise steht aber im klaren Widerspruch zur schon zitierten Rechtsprechung des VwGH wonach verjährte Verbindlichkeiten erst dann aufzulösen sind, wenn seitens des Abgabepflichtigen die Absicht besteht, von der Verjährungseinrede Gebrauch zu machen. Seitens der Bank besteht aber weder hinsichtlich der betroffenen Spareinlagen, noch im  Allgemeinen die Absicht, von der Verjährungseinrede Gebrauch zu machen. Wie schon in der Beschwerdebegründung ausgeführt, wäre eine solche Vorgehensweise seitens der Bank mit verheerenden Imageschäden verbunden. [..]"

Im Vorlagebericht wiederholte das Finanzamt im Wesentlichen seine Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde der Bf mit Ergänzungsvorhalt vom mitgeteilt, dass der Ansatz gebrachte und nunmehr strittige Hinzurechnungsbetrag von € 29.644,80 sich einerseits aus diversen Sparbuchkonten, deren Einlagen im Streitjahr 2015 allesamt verjährt seien, andererseits aus den beiden Sammelkonten Nr. ***393 (€ 9.497,06) und Nr. ***647 (€ 4.046,84) zusammensetzen würde. Bei Durchsicht der aktenkundigen Sparbuchkonten ergäbe sich, dass im Jahre 2015 ein Kapitalsaldo in Höhe von insgesamt € 481,14 in die Verjährung hineingewachsen sei. Dabei handle es sich um Sparbücher, die im Jahre 1985 letztmalig bewegt worden seien.

In Bezug auf die angeführten Sammelkonten wurde der Bf aufgetragen, bekanntzugeben, bei welchen Beträgen im Jahre 2015 eine Verjährung eingetreten sei sowie in welchem Ausmaß die im Jahre 2015 verjährten Forderungen tatsächlich von Kunden eingefordert worden seien.

Der Bf wurde zudem zur Kenntnis gebracht, dass - sollte eine Erforschung der Sachlage aufgrund des verstrichenen Zeitraumes nicht mehr möglich sein - das Gericht in Anlehnung an das BFG-Erkenntnis vom , Gz RV/4100588/2016, davon ausgehen werde, dass 99% der Einlagenstände von den jeweiligen Kontoinhabern nicht mehr rückgefordert worden seien.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom gab die steuerliche Vertretung bekannt, dass im Jahr 2015 auf den Sparsammelkonten folgende Beträge in die Verjährung hineingewachsen seien:

Sammelkonto Nr. ***393: € 203,55 und Sammelkonto Nr. ***647: € 129,87, sohin insgesamt € 333,42.

Weiters wurde ausgeführt, dass im Streitzeitraum es in Bezug auf die verjährten Beträge zu keinerlei Behebungen oder Anforderungen durch Kunden gekommen sei; dies gelte für die angeführten Sammelkonten gleichermaßen wie für die Sparbuchkonten.

Das Finanzamt erstattete keine Gegenäußerung.

Über die vorliegende Beschwerde wurde erwogen:

In Streit steht, ob die vom Finanzamt vorgenommene Auflösung der Spareinlagen in Höhe von insgesamt  € 29.644,80 dem Grund und der Höhe nach der Rechtslage entspricht.

Mit der Frage der gewinnerhöhenden Auflösung von Spareinlagen hat sich das Bundesfinanzgericht bereits in seinen beiden Erkenntnisses vom , RV/2100053/2017 und vom , RV/4100588/2016, beschäftigt und dabei festgehalten, dass seit 30 Jahren unbewegte Spareinlagen insofern als gewinnerhöhend aufzulösen sind, als diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr eingelöst würden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass gemäß dem Grundsatz des Nachholverbotes für die gewinnerhöhende Auflösung nur jene Guthaben heranzuziehen seien, die im Streitjahr genau 30 Jahre keine Kontobewegung mehr aufweisen. Die Wertminderung sei in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem sie eingetreten sei.

Im gegenständlichen Fall steht außer Streit, dass jene Guthaben, die im Streitjahr 2015 genau 30 Jahre nicht bewegt wurden, in Summe € 814,56 betragen. Dieser Betrag setzt sich zusammen einerseits aus den im Jahre 2015 in den Verjährung hineingewachsenen Sparbuchkonten Nr. ** 1630, ** 3338, ** 6777, ** 9334, und ** 4532 in Höhe von insgesamt € 481,14, andererseits aus den beiden Sammelkonten Nr. ***393 und Nr. ***647 mit einem (seit 30 Jahren unbewegten) Einlagestand von insgesamt € 333,42. 

Unstrittig ist auch, dass die genannten im Streitjahr zur Verjährung gelangten Beträge von Seiten der Kunden weder rückgefordert noch in sonstiger Weise gegenüber der Bf geltend gemacht wurden.

In Anlehnung an die bisherige Judikatur des BFG ergibt sich, dass im Streitjahr ein Betrag in Höhe von € 814,56 gewinnerhöhend aufzulösen ist.

Die Bestimmung des § 4 Abs. 2 EStG 1988 kommt in Bezug auf den vorliegenden Fall nicht zum Tragen.  

Demgemäß war der gegenständlichen Beschwerde (teilweise) Folge zu geben.

Das Einkommen der Bf beträgt auf Grundlage dieser Entscheidung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkommen lt FA
576.283,42
- Gewinnerhöhung unbew Sparguthaben lt Bp
29.644,80
+ Gewinnerhöhung unbew. Sparguthaben lt BFG
814,56
Einkommen lt BFG
547.453,18
Körperschaftsteuer (25% d BMGL)
136.863,29

Begründung gemäß § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall eine Rechtsprechung des VwGH fehlt, war eine Revision für zulässig zu erklären. 

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
unbewegte Spareinlagen
gewinnerhöhende Auflösung unbewegter Sparguthaben
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100377.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at