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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.04.2020, RV/7100221/2019

Säumniszuschlag - Vorliegen eines groben Verschuldens

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch SRT Wirtschaftstreuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft & Co KG, Breitenfeldergasse 7/2, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Säumniszuschlag, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO von den nachstehend angeführten Abgabenschuldigkeiten erste Säumniszuschläge mit jeweils 2 % fest.


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Abgabe
Frist
Betrag in Euro
Säumniszuschlag in Euro
Umsatzsteuer 06/2018
4.038,36
80,77
Körperschaftsteuer 2012
24.974,00
499,48
Körperschaftsteuer 2013
38.222,00
764,44
Summe
 
 
1.344,69

Die Festsetzungen seien erforderlich gewesen, weil die angeführten Abgabenschuldigkeiten nicht innerhalb der obenstehenden Fristen entrichtet worden seien.

Mit Eingabe vom erhob der Beschwerdeführer (Bf) durch seinen Vertreter gegen den Bescheid betreffend Körperschaftsteuer 2012 und 2013 das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde und den Antrag auf Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO und führte wie folgt aus:

„Die Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen hinsichtlich Körperschaftsteuer 2012 und 2013.

Wir stellen daher den Beschwerdeantrag und Antrag gem. § 217 Abs. 7 BAO, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu streichen, also die Säumniszuschläge hinsichtlich Körperschaftsteuer 2012 und 2013 gem. § 217 Abs. 7 BAO nicht festzusetzen und begründen dies wie folgt:

Sofort nachdem das Ergebnis der Betriebsprüfung feststand (große Nachzahlung), hat der Geschäftsführer Herr MK unsere Kanzlei mit der Durchführung eines Zahlungserleichterungsansuchens beauftragt (mit Raten über 12 Monate).

Am am Vormittag hat uns Herr MK über den exakten Zahlungsplan in einem persönlichen Gespräch in unserer Kanzlei informiert. Wir haben Ihm die rechtzeitige Einbringung des ZE- Ansuchens zugesichert.

Aufgrund einer EDV Umstellung unserer Kanzlei auf Office 365 kam es leider an diesem Tag (Freitag) zu Problemen, eine Bearbeitung (Fertigstellung) des Zahlungserleichterungsansuchens war daher nicht möglich. Dies wurde daher auf Montag „vertagt“ und die Aufgabe dabei einer anderen Mitarbeiterin zugeteilt. Infolge dieser EDV Problematik mit Outlook 365 wurde dabei bedauerlicherweise die Frist zur rechtzeitigen Übermittlung des Zahlungserleichterungsansuchens um einen Tag versäumt.

Den Abgabepflichtigen trifft daher an der Säumnis kein grobes Verschulden (siehe Rz 974 RAE).

Unseres Erachtens liegt hier auch nur eine ausnahmsweise Säumnis nach § 217 Abs. 5 BAO vor, da die Säumnis nur einen Tag beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate davor alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet hat.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde vom hinsichtlich der Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt € 1.263,92 als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:

§ 217 Bundesabgabenordnung bestimmt:
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines ersten Säumniszuschlages ein. Da die Körperschaftsteuer 2012 in der Höhe von € 24.974,00 nicht bis zum Fälligkeitstag () entrichtet wurde war mit Ablauf des Fälligkeitstages ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 499,48 (2% von € 24.974,00 gemäß § 217 Abs. 2 Bundesabgabenordnung) verwirkt. Da die Körperschaftsteuer 2013 in der Höhe von € 38.222,00 nicht bis zum Fälligkeitstag () entrichtet wurde war mit Ablauf des Fälligkeitstages ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 764,44 (2% von € 38.222,00 gemäß § 217 Abs. 2 Bundesabgabenordnung) verwirkt. Ein grobes Verschulden am Eintritt der Säumnis im Sinn des § 217 Abs. 7 BAO ist dann anzunehmen, wenn die für die Einhaltung von Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen wird, wenn also eine ungewöhnliche und auffallende Sorgfaltsvernachlässigung vorliegt. Im Fall eines Antrages nach § 217 Abs. 7 BAO hat der Abgabepflichtige aus eigenem Antrieb konkret und nachvollziehbar darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ihn an der verspäteten Entrichtung kein grobes Verschulden trifft.

Grobes Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten. Da im Rahmen der allgemeinen Dienstaufsicht eine angemessene Kontrolle von Mitarbeitern grundsätzlich vorausgesetzt wird und eine entsprechend Wahrnehmung dieser Aufsichtspflicht nicht nachgewiesen wurde, liegt ein der Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO entgegenstehendes grobes Verschulden vor. Laut Ihren Ausführungen gab es am Freitag () auf Grund einer EDV-Umstellung Probleme. Das Zahlungserleichterungsansuchen wurde jedoch elektronisch über Finanz- Online erst am Dienstag () verspätet eingebracht. Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet wird. Der Begriff Säumnis bezieht sich nur für Fälle verspäteter Entrichtung, nicht aber auch für sonstige verspätet gesetzte Handlungen, wie einem verspätet eingebrachten Zahlungserleichterungsansuchen. Weiters wird bemerkt, dass nicht alle Abgabenschuldigkeiten innerhalb der letzten sechs Monate zeitgerecht entrichtet wurden.

Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf durch seinen Vertreter den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und führte Folgendes aus:

„Die Beschwerde bzw, der Antrag gem. § 217 Abs. 7 BAO richtet sich gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen hinsichtlich Körperschaftsteuer 2012 und 2013.

Wir bitten die Säumniszuschläge hinsichtlich Körperschaftsteuer 2012 und 2013 gem. § 217 Abs. 7 BAO nicht festzusetzen und möchten den in der Beschwerdevorentscheidung erhobenen Vorwurf des groben Verschuldens zurückweisen.

Beim Geschäftsführer Herr MK liegt kein grobes Verschulden vor, er hat unsere Kanzlei rechtzeitig mit der Durchführung eines Zahlungserleichterangsansuchens beauftragt,

Auch im Verantwortungsbereich unserer Kanzlei sehe ich kein grobes Verschulden, nach meiner Ansicht liegt im gegenständlichen Fall nur ein minderer Grad des Versehens vor.

In unserer Kanzlei gibt es ein internes Kontrollsystem. Im Kanzleiinformationssystem KIS von RZL werden Aufgaben erstellt und Fristen ausschließlich darüber verwaltet. Dadurch ist eine laufende Überwachung der Mitarbeiter und auch die regelmäßige Kontrolle der durchgeführten Tätigkeiten sichergestellt. Durch die EDV Umstellung unserer Kanzlei auf Office 365 kam es zu Problemen, die auch für unseren EDV Spezialisten nicht vorhersehbar waren. Infolge dieser EDV Problematik mit Outlook 365 (der Daten-Transfer in die cloud wurde auch von Al mengenmäßig unterschätzt) konnte KIS am Montag nicht ordnungsgemäß geöffnet werden, auch das Outlook selber funktionierte nur eingeschränkt. Dass die Probleme am Montag (und darüber hinaus andauerten), damit hatten wir nicht gerechnet, an unserem Standort in Mattersburg war die Umstellung nach einem Tag positiv erledigt. Bedauerlicherweise wurde dabei von einer sonst äußerst verlässlichen und sorgfältiger Kanzleiangestellten die Frist zur rechtzeitigen Übermittlung des Zahlungserleichterungsansuchens um einen Tag versäumt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 4 BAO sind Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist, b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist, c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt, d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebracht, so dürfen gemäß § 230 Abs. 3 BAO Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz handelt.

Anträge gemäß § 217 Abs. 7  BAO können auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagbescheid gestellt werden (vgl. Ritz, SWK 2001, S 343) und sind diesfalls in der Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen.

Grobes Verschulden liegt vor, wenn das Verschulden nicht nur als leichte Fahrlässigkeit zu qualifizieren ist. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (). Grobe Fahrlässigkeit wird mit auffallender Sorglosigkeit gleichgesetzt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt ().

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt.

Grobes Verschulden von Arbeitnehmern der Partei oder des Parteienvertreters ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst bzw ihrem Vertreter grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist ().

Außer Streit steht im Beschwerdefall, dass die am fällige Körperschaftsteuer 2012 in Höhe von € 24.974,00 und Körperschaftsteuer 2013 in Höhe von € 38.222,00 zum Fälligkeitstag nicht entrichtet wurde, sondern erst am elektronisch über Finanz- Online ein Zahlungserleichterungsansuchen verspätet eingebracht wurde.

Zeitgerecht im Sinne des § 230 Abs. 3 BAO ist ein Zahlungserleichterungsansuchen nur dann, wenn es vor Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist (Fälligkeitstag) eingebracht wird. Infolge der Einbringung des Zahlungserleichterungsansuchens erst am und somit nach Ablauf des Fälligkeitstages erfolgte die Säumniszuschlagsvorschreibung als objektive Säumnisfolge grundsätzlich zu Recht.

Dass der Begriff der Säumnis iSd § 217 Abs. 5 BAO nur jene Fälle erfasst, in denen eine Abgabenschuldigkeit nicht bis zum Fälligkeitstag oder einem sonst maßgeblichen Zahlungstermin getilgt wurde, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art, wie z.B. verspätete Ansuchen um Zahlungserleichterungen (), wurde dem Bf bereits mit Beschwerdevorentscheidung vorgehalten, ohne dass der Bf dem etwas entgegnet hätte.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten, nicht jedoch ein Verschulden anderer Personen. Führt das Fehlverhalten anderer Personen, etwa das von Angestellten, zu einer Fristversäumung, so ist zu prüfen, ob der Parteienvertreter selbst bzw. die Partei selbst dadurch ein schuldhaftes Verhalten gesetzt hat, dass er bzw. sie eine ihr auferlegte Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen hat (z.B. Auswahlverschulden, mangelnde Überwachungstätigkeit oder sonstiges Organisationsverschulden. Lediglich rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann der Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen.

Die Büroorganisation von Gebietskörperschaften (z.B. Gemeinden) oder Kapitalgesellschaften muss in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation entsprechen. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind. Das Fehlen jeglicher Kontrollmaßnahme in der Büroorganisation ist als ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzusehen ().

Entsprechend dem Vorbringen des Bf liegt ein grobes Verschulden des Bf für die eingetretene Säumnis nach dem geschilderten Sachverhaltes wohl nicht vor, doch ist aufgrund des Umstandes, dass das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ist, auch maßgebend, ob den Parteienvertreter ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden trifft.

Dieses ist dann auszuschließen, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleibediensteten nachgekommen ist (). Dabei kann sich ein Parteienvertreter mit einem ordnungsgemäßen Kanzleibetrieb im Allgemeinen, solange er nicht durch Fälle von Unzuverlässigkeit zu persönlicher Aufsicht und weitergehenden Kontrollmaßnahmen genötigt wird, darauf verlassen, dass sein Kanzleipersonal die ihm übertragenen Agenden ordnungsgemäß ausführt.

In einem vom Antragsprinzip beherrschten, auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichteten Verfahren tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund (vgl. Ritz, BAO4, § 115 Tz 12). Wer eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Dazu wurde vorerst vorgebracht, dass a ufgrund einer EDV Umstellung der Kanzlei auf Office 365 es leider am zu Problemen gekommen sei, eine Bearbeitung (Fertigstellung) des Zahlungserleichterungsansuchens sei daher nicht möglich gewesen. Dies sei daher auf den vertagt und die Aufgabe dabei einer anderen, sonst äußerst verlässlichen und sorgfältiger Kanzleiangestellten zugeteilt worden, welche die Frist zur rechtzeitigen Übermittlung des Zahlungserleichterungsansuchens um einen Tag versäumt habe.

Durch die auch für EDV Spezialisten nicht vorhersehbar EDV-Problematik mit Outlook 365 (Daten-Transfer in die cloud) habe am und darüber hinaus KIS nicht ordnungsgemäß geöffnet werden können, auch das Outlook selber habe nur eingeschränkt funktioniert.

Die unvorhersehbare Fehlfunktion eines EDV-Systems mag unter Umständen geeignet sein, ein Verschulden an der Versäumung einer Frist auszuschließen (vgl. -I/05). Die behauptete Störung wurde nach Art und Umfang bzw. Dauer darlegt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Herabsetzung oder Unterlassung der Festsetzung eines Säumniszuschlages auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Grobes Verschulden von Arbeitnehmern der Partei oder des Parteienvertreters ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst bzw. ihrem Vertreter grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist.

Entscheidend ist zunächst das Verhalten der Beschwerdeführerin in Bezug auf die organisatorische Einrichtung und die Eintragung der Frist in den Fristenvormerk.

Dazu wurde vorgebracht, dass es in der Kanzlei des Vertreters ein internes Kontrollsystem gibt. Im Kanzleiinformationssystem KIS von RZL würden Aufgaben erstellt und Fristen ausschließlich darüber verwaltet. Dadurch sei eine laufende Überwachung der Mitarbeiter und auch die regelmäßige Kontrolle der durchgeführten Tätigkeiten sichergestellt.

Dass die verspätete Abfuhr der Körperschaftsteuer 2012 und 2013 dadurch nicht verhindert worden ist, ändert am Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems grundsätzlich nichts, weil auch Kontrollorganen Fehler unterlaufen können und die einmalige Versäumung einer Frist für sich allein noch nicht den Schluss zulässt, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen nicht sichergestellt ist.

Die Bf hat laut Abgabenkonto von Juli 2016 bis abgesehen von den gegenständlichen - durch eine Fristversäumnis von einem Tag bewirkten - Säumniszuschlägen die Abgaben über Jahre hinweg rechtzeitig zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt, sodass in Bezug auf die hier zu beurteilende Säumnis zu Unrecht vom Vorliegen eines groben Verschuldens ausgegangen wurde (vgl. ).

Von einem Kontrollverschulden wird wohl ebenfalls noch nicht bei einmaliger Versäumung einer Frist für sich allein noch nicht sondern bei einer wiederholten Nichteinhaltung von Zahlungsterminen auszugehen sein, sodass entsprechend dem Vorbringen im Vorlageantrag nicht von einem groben Verschulden des Vertreters, sondern lediglich einer Fehlleistungen einer ansonsten äußerst verlässlichen und sorgfältigen Kanzleiangestellten auszugehen ist.

Eine Kontrolle jeder einzelnen Tätigkeit, im konkreten Fall die Fertigstellung und Übermittlung des Zahlungserleichterungsansuchens, die die - aus Sicht des Bf bisher verlässliche Mitarbeiterin - durchgeführt hat, also eine Überwachung auf Schritt und Tritt ist nicht erforderlich. Wird eine solche Weisung verletzt und konnte der Bf im Hinblick auf das bisherige Verhalten seiner Mitarbeiterin mit der Befolgung dieser Weisung rechnen, so kann aus der vorliegenden Missachtung einer solchen Weisung ein Verschulden des Bf nicht abgeleitet werden (vgl ) .

Aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100221.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at