Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.04.2020, RV/5100257/2020

Verlängerungstatbestand bei einem Masterstudium (Unterrichtsfächer Englisch und Latein)?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christoph Kordik in der Beschwerdesache Name, SV-Nr. 000*, Adresse , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom , betreffend Familienbeihilfe für ihre Tochter Name ,SVNr. 000*, ab Dezember 2018 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahren

Der Antrag der Kindesmutter v. hinsichtlich Familienbeihilfe für das Kind Name, geb. am 000*, ab dem Zeitraum 12/2018 wurde mit Bescheid v. als unbegründet abgewiesen. Die Voraussetzungen für den Verlängerungstatbestand des § 2 Abs. 1 lit j FLAG 1967 (Familienbeihilfe bis zum 25. Lebensjahr) in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung lägen nicht vor.

Mit Beschwerde v. wurde innerhalb offener Frist Folgendes ausgeführt:

Seit November 2018 haben wir keine Familienbeihilfe mehr erhalten, da meine Tochter, SV-Nr. 000*, bereits 24 Jahre alt ist. Meine Tochter studiert in Ort das Lehramtsstudium für die Oberstufe Bachelorstudium mit 8 Semester und anschließenden Masterstudium mit 4 Semestern. Nach meiner persönlichen Rückfrage Anfang des Jahres im Finanzamt A wurde mir mitgeteilt, dass für die Erhaltung der Familienbeihilfe die Studienbestätigung für das Masterstudium noch vorzulegen sei. Das habe ich prompt erledigt. Da ich weiterhin keine Familienbeihilfe erhalten habe, wurde mir persönlich mitgeteilt, dass der Antrag "In Bearbeitung" sei und es noch länger dauern werde. Jetzt, ein halbes Jahr später, habe ich einen Abweisungsbescheid erhalten .Gleichzeitig jedoch steht in diesem Schreiben, dass eine Verlängerung des Familienbeihilfenanspruchs bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres möglich ist ,wenn z.B. ein Studium mit einer gesetzlichen Studiendauer von mindestens zehn Semestern betrieben wird. Die gesetzliche Studiendauer für das gewählte Lehramt beträgt 12 Semester. Warum erhielt ich trotzdem einen Abweisungsbescheid? Mit der Bitte um eine positive Erledigung und gleichzeitiger Vorlage von zwei Beilagen v. verbleibe ich mit freundlichen Grüßen, die Bfin."

Mit Beschwerdevorentscheidung v. wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Auf die Begründung wird verwiesen.

Mit rechtzeitigem Vorlageantrag v. wurde Folgendes ausgeführt:

"Sehr geehrte Frau P., in Ihrer Beschwerdevorentscheidung begründeten Sie die Abweisung damit, dass meine Tochter ihr Studium erst im Oktober 2014 begonnen hatte, obwohl sie sich bereits im Wintersemester 2013 für das Lehramtstudium inskribiert hatte, folglich vor Vollendung ihres 19. Lebensjahres. Des Weitem begründeten Sie die Abweisung damit, dass mit dem Abschluss eines Bachelorstudiums die Berufsausbildung abgeschlossen sei, was jedoch in diesem Fall nicht der Wahrheit entspricht. Denn die Berufsausbildung meiner Tochter gliedert sich in ein Bachelor- und Masterstudium um die Befähigung zu erhalten die Fächer Latein und Englisch in der Sekundarstufe unterrichten zu können. Folglich beträgt die gesetzliche Studiendauer bis zum ehestmöglichen Abschluss dieses Lehramtstudiums mindestens 12 Semester (Bachelorstudium 8 Semester + Masterstudium 4 Semester Mindeststudienzeit). Aus den oben angeführten Gründen ist eine Verlängerung des Familienbeihilfenanspruchs wegen Berufsausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gerechtfertigt. Mit der Bitte um eine positive Erledigung verbleibe ich mit freundlichen Grüßen samt Beilage 1 (Inskriptionsbestätigung für das Lehramtstudium im Wintersemester 2014 und Hinweis auf Homepage Universität Ort).

Mit Vorlagebericht v. wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Sachverhalt

Die Tochter der Bfin. ist am 000* geboren. Sie hat ihr Lehramtsstudium (Bachelorstudium) mit den Unterrichtsfächern Englisch und Latein mit Wintersemester 2014, im Oktober 2014, begonnen. Am wurde ihr der akad. Grad eines Bachelors verliehen. Im Sommersemester 2019 wurde von ihr ein Masterstudium in den Unterrichtsfächern Englisch u. Latein begonnen.

Beweiswürdigung

Der im Wege der freien Beweiswürdigung gem. § 167 BAO festgestellte Sachverhalt betreffend Bachelorstudium zu den Unterrichtsfächern Englisch u. Latein sowie dem im Sommersemester 2019 begonnenen Masterstudium zum Lehramt Englisch und Latein ergibt sich aus der elektronischen Aktenlage , insbesondere aus der FB-Mitteilung , dem Erstantrag v. inklusive Beilagen, der Verleihungsurkunde des akad. Grades Bachelor v. sowie dem Auszug der Studienfakultät v. betreffend Masterstudium Englisch u. Latein.

Über die Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht erwogen:

Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. j Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) besteht für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Studienabschluss eines Studiums, Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie

aa) bis zum Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.

Das Bachelorstudium (siehe Universitätsgesetz BGBl. I Nr. 120/2002 geändert durch BGBl. I Nr. 45/2014 hat eine gesetzliche Mindeststudiendauer von 8 Semestern. Mit dem Abschluss eines Bachelorstudiums ist eine Berufsausbildung abgeschlossen.

Nach § 54 UG 2002 idF BGBl. I Nr. 45/2014 bzw. BGBl. I Nr. 131/2015 bzw. BGBl. I Nr. 129/2017 ist ein Bachelorstudium als eigenständiges Studium anzusehen. Für die Berechnung, ob die gesetzliche Studiendauer zehn oder mehr Semester beträgt ist daher ein (daran anschließendes) Masterstudium nicht miteinzubeziehen (vgl. , und ,2011/16/0086. Eine "Zusammenrechnung" ist daher nicht möglich.

Der erste mögliche Studienabschluss war das Bachelorstudium nach 8 Semestern . Da somit das Kriterium, dass die gesetzliche Studiendauer bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt , nicht erfüllt ist, ist eine Gewährung der Familienbeihilfe bis zum 25. Lebensjahr schon aus diesem Grund nicht möglich (vgl. zu dieser Thematik FLAG Kommentar, Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2 lit j FLAG (Rz 33) zu längerdauernde Studien).

Auch der VwGH führt im Erkenntnis , 2011/16/0066, unter Hinweis auf , wörtlich aus:

"Die belangte Behörde geht zutreffend davon aus, dass der Sohn der Bfin. mit dem Abschluss des Bachelorstudiums eine Berufsausbildung abgeschlossen hatte und dass das mit September 2007 begonnene Masterstudium ein davon getrenntes neues Studium und eine neuerliche weitere Berufsausbildung darstellt." Im angeführten Erkenntnis , leitete der Gerichtshof diese Rechtsansicht aus den Bestimmungen der § 3 bis 5 FHStG ab. Vergleichbare Bestimmungen finden sich auch im UniversitätsG 2002 (UG), wobei nach § 51 Abs 2 Z 2 UG die Diplomstudien, die Bachelorstudien, die Masterstudien, die Doktoratsstudien und die Erweiterungsstudien als (eigenständige) ordentliche Studien qualifiziert werden. § 51 Abs 2 Z 10 UG normiert, dass Bachelorgrade die akademischen Grade sind, die nach dem Abschluss der Bachelorstudien verliehen werden. Ebenso wenig darf ein zweijähriger Vorbereitungslehrgang als Zugangsvoraussetzung für eine Aufnahme an der Universität in die Gesamtstudienzeit eingerechnet werden ( ).

In der Beschwerde wird von der Bfin. ausgeführt, dass offenbar durch deinen Mitarbeiter des Finanzamtes eine unrichtige Aussage zum Thema Familienbeihilfe und Masterstudium geäußert worden seien. Ein diesbezüglicher Aktenvermerk des Finanzamtes liegt dem Bundesfinanzgericht nicht vor.

Der Vollständigkeit halber wird dazu noch erwähnt:

Das von der Tochter bereits im WS 2013 inskribierte Unterrichtsfach Geschichte ist bei der Würdigung dieses Falles auszublenden. Schutz auf das Vertrauen in eine unrichtige Rechtsauskunft wird von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur in besonderen Fällen eingeräumt und zwar bei Ermessensentscheidungen oder vereinzelt auch bei der Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe, jedenfalls muss der Behörde ein Volllzugsspielraum eingeräumt sein (vgl. u. ; , VwSlg. 8528/F, mit weiteren Nachweisen). Dieser Fall liegt aber nicht vor. Eine allenfalls unrichtige Rechtsauskunft ist daher unbeachtlich und ein Vertrauen darauf nicht geschützt. Eine unrichtige Rechtsauskunft kann daher entgegen § 2 Abs. 1 lit j FLAG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 ab nicht dazu führen, der Antragstellerin Familienbeihilfe für ihre Tochter zu gewähren.

Da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, war die Beschwerde abzuweisen.

Unzulässigkeit einer (ordentlichen) Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Verfahren handelt es sich weder um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die zu lösende Rechtsfrage wurde in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht uneinheitlich beantwortet. Das Bundesfinanzgericht ist in rechtlicher Hinsicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2011/16/0086 und vom , 2011/16/0066) gefolgt. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 54 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
§ 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 51 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
Schlagworte
Unterrichtsfächer Englisch und Latein
lange Studiendauer und Masterstudium
Familienbeihilfe
Abschluss des Bachelorstudiums
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100257.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at