Übertragung eines Grundstückes im Zuge eines Scheidungsvergleichs
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , ***ErfNr***, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
Mit Scheidungsvereinbarung vom , abgeschlossen zwischen dem Beschwerdeführer und seiner damaligen Ehegattin ***AB***, wurde die Übertragung eines der Ehegattin des Beschwerdeführers gehörenden Miteigentumsanteiles an der Liegenschaft ***EZ***, ***Grundbuch***, auf den Beschwerdeführer vereinbart.
Anlässlich der Verbücherung der oa Scheidungsvereinbarung wurde die für den Grundstückserwerb anfallende Grunderwerbsteuer mit Bescheid der belangten Behörde vom (***ErfNr***) im Betrag von 1.559,89 Euro festgesetzt. Der Grunderwerbsteuer wurde dabei eine Bemessungsgrundlage in Höhe von insgesamt 77.994,66 Euro zugrunde gelegt (vom Beschwerdeführer übernommene Verbindlichkeiten iHv 37.994,66 Euro zzgl einer vom Beschwerdeführer zu leistenden Ausgleichszahlung iHv 40.000,- Euro).
Gegen den oa Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit am bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben das Rechtsmittel der Beschwerde ein, die sich gegen die Einbeziehung der Ausgleichszahlung iHv 40.000,- Euro in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer richtete. Dies wurde damit begründet, dass die Ausgleichszahlung in keinem Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes stehe. Vielmehr werde der Betrag rückwirkend für die Zeit, die der Beschwerdeführer in der Wohnung seiner Ehegattin gewohnt habe, bezahlt. Dabei handle es sich um Aufwendungen für Miete, Betriebskosten, Versicherungen, Anschaffungen in der Wohnung sowie Ankauf eines Autos.
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde dazu wie folgt aus: „Da in der Vereinbarung vom lediglich die Ehewohnung und ansonsten keinerlei andere Vermögenswerte aufgeteilt werden, ist davon auszugehen, dass die Ausgleichszahlung als Gegenleistung für die Übertragung des Liegenschaftsanteiles vereinbart wurde. In der Urkunde gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass die Ausgleichszahlung — wie in der Beschwerde vorgebracht — für vergangene Aufwendungen zu leisten ist.“
Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht ein. Darin wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein im Rahmen der Beschwerde erfolgtes Vorbringen und führte ua ergänzend aus, dass der gegenständlichen Scheidungsvereinbarung keinerlei Hinweise dafür zu entnehmen seien, dass die Ausgleichzahlung iHv 40.000,- Euro als Gegenleistung für die Übertragung des Liegenschaftsanteiles erfolgt sei. Insbesondere sei die Vereinbarung der Ausgleichszahlung in einem gesonderten Punkt – und nicht unter jenen Punkten, welche die Übertragung des Miteigentumsanteils an der Liegenschaft zum Gegenstad hätten – vereinbart worden.
Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der gegenständlichen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer schloss im Rahmen seiner Ehescheidung mit seiner damaligen Ehegattin am einen Vergleich mit folgendem, auszugsweise wiedergegebenem Inhalt:
„…
4) Die Ehegatten verzichten wechselseitig auf Unterhalt, auch für den Fall geänderter Verhältnisse, geänderter Rechtslage und unverschuldeter Not.
5) Der Ehemann verpflichtet sich, der Ehefrau eine Ausgleichszahlung in der Höhe von € 40.000,-- bei sonstiger Exekution zu leisten.
Festgehalten wird, dass der Ehemann bereits einen Betrag von € 20.000,-- an die Ehefrau bezahlt hat. Der Ehemann verpflichtet sich, den Restbetrag von € 20.000,-- in monatlichen Raten á € 200,--, beginnend mit , die weiteren Raten jeweils fällig mit dem folgenden Monatsersten, bei sonstiger Exekution zu leisten.
6) Bezüglich der ehelichen Wohnung in ***Adresse*** wird festgehalten. dass die Eigentumsrechte an diesem Haus auf beide Ehegatten lauten. Dieses Haus verbleibt dem Ehemann.
Die gesamte Einrichtung und Ausstattung dieses Hauses geht in das Eigentum des Ehemannes über
Die Ehefrau verpflichtet sich, die obbezeichnete Ehewohnung bis unter Mitnahme der ihr persönlich gehörigen Habe unter ausdrücklichen Verzicht auf einen Räumungsaufschub dem Ehemann geräumt zu übergeben.
7) Die Ehegatten sind derzeit gesamtschuldnerisch aus den Kreditverhältnissen (...) verpflichtet. Die Antragsteller vereinbaren im Innenverhältnis, dass der Ehemann Hauptschuldner, die Ehefrau hingegen nur Ausfallsbürgin wird. Demnach verpflichtet sich der Ehemann, die Ehefrau wegen der weiteren Rückzahlung ab der Rate vom schad- und klaglos zu halten.
Gleichzeitig wird der Antrag im Sinne des § 98 EheG gestellt, die vorstehende Haftungsbeschränkung mit Wirkung für den Gläubiger beschlußmäßig auszusprechen.
8) Die Ehefrau ***AB***, ***Geburtsdatum***, überträgt und übergibt den ihr gehörigen Liegenschaftsanteil der ***EZ***, ***Grundbuch***, ***Grundstücksadresse***, dem Ehemann, der diesen Liegenschaftsanteil in sein Eigentum übernimmt.
Die Ehefrau ***AB***, ***Geburtsdatum***, erteilt ihre ausdrückliche Einwilligung, dass ob dem ihr gehörigen Liegenschaftsanteil der ***EZ***, ***Grundbuch***, mit den Grundstücken ***Grundstücksnummer***, das Eigentumsrecht für ***Bf***, ***Geburtsdatum***, einverleibt werden kann, womit dieser unter Berücksichtigung seines Voreigentums nunmehr Alleineigentümer dieser Liegenschaft wird.
Die Liegenschaftsanteile B-LNr. *** und **** sind zusammenzuziehen.
Der Ehemann verpflichtet sich, sämtliche ob der bezeichneten Liegenschaft aushaftenden Hypotheken zur alleinigen Rückzahlung zu übernehmen und diesbezüglich die Ehefrau schad- und klaglos zu halten.
Die im Zusammenhang mit der Liegenschaftsübertragung anfallenden Steuern, Gebühren bzw. Abgaben werden zur Gänze vom Ehemann getragen.
9) Die Ehegatten erklären, auf weitere Ansprüche hinsichtlich der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (§§ 81 ff EheG), sowie hinsichtlich der Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Betrieb des anderen (§§ 98 ff ABGB) zu verzichten, weil die entsprechende Aufteilung bereits außergerichtlich erfolgt ist.
Mit diesem Vergleich sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche bereinigt und verglichen.
…“
Die Punkte 1 bis 3 der Vereinbarung enthalten Regelungen betreffend die Obsorge für das minderjährige Kind sowie betreffend den Unterhalt des Kindes.
2. Beweiswürdigung
Die obigen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und können somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 1 Abs 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.
Gemäß § 4 Abs 1 GrEStG idF BGBl I 2009/135 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Betreffend den Erwerb eines Grundstückes im Rahmen eines Scheidungsvergleiches hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 88/16/0107, zunächst ausgesprochen, dass bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse iSd §§ 81 ff EheG eine Gegenleistung in der Regel nicht zu ermitteln sei. Die Ausgleichszahlung iSd § 94 Abs 1 EheG sei keine Gegenleistung, zumal sie ihrem Wesen nach kein Entgelt, sondern einen Spitzenausglich darstellt (, ÖStZB 1989, 287).
In seinem Erkenntnis vom , 92/16/0149, stellte der VwGH jedoch klar, dass die vorgenannte, wegen des üblichen Globalcharakters derartiger Vereinbarungen getroffene Grundsatzaussage nicht ausschließt, dass im konkreten Einzelfall auch betreffend die in einem sogenannten Scheidungsvergleich vorgenommenen, grunderwerbsteuerpflichtigen Transaktionen Gegenleistungen zu ermitteln sind. Dient eine Vereinbarung nur der Transferierung eines Grundstückes und wird im Rahmen dieser Vereinbarung die Leistung einer Ausgleichszahlung sowie die Übernahme diverser Hypothekarschulden durch den Erwerber des Grundstückes vereinbart, seien sowohl die Ausgleichszahlung als auch die übernommenen Hypothekarschulden als Gegenleistung für das Grundstück – und nicht als Spitzenausgleich einer umfassenden Auseinandersetzung iSd §§ 81 ff EheG bzw einer vergleichbaren Aufteilung unter nicht verheirateten Lebensgefährten – anzusehen (). Dies ungeachtet des Wortlautes der getroffenen Vereinbarung, da der Begriff der Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinne (§ 21 Abs 1 BAO) zu verstehen ist (vgl dazu ). Gemäß § 21 Abs 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen grundsätzlich der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, im Beschwerdefall sei eine Gegenleistung zu ermitteln und diese betrage 77.994,66 Euro. Sie setze sich zusammen aus vom Beschwerdeführer übernommenen Verbindlichkeiten iHv 37.994,66 Euro und der vom Beschwerdeführer zu leistenden Ausgleichszahlung iHv 40.000,- Euro.
Diese Ansicht der belangten Behörde bekämpft der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit dem Argument, aus dem Wortlaut der Vereinbarung ergebe sich kein Zusammenhang zwischen Ausgleichszahlung und Liegenschaftsübertragung. Die Ausgleichszahlung sei zudem nicht unter dem Punkt geregelt, in welchem die Übertragung der Liegenschaftsanteile vereinbart worden sei.
Nach der Gliederung des im Beschwerdefall zu beurteilende Vergleiches betreffen die Punkte 6 bis 8 ausschließlich einen Grundstücksanteil samt Haus und die damit verbundenen Belastungen. Die Vereinbarung betreffend die im Beschwerdefall strittige Ausgleichszahlung findet sich unter Punkt 5. Aus Punkt 9. ergibt sich, dass weiteres eheliches Gebrauchsvermögen, eheliche Ersparnisse und eheliche Schulden einerseits nicht vorhanden seien bzw bereits geteilt seien und insofern keine Ansprüche mehr bestünden.
Da der im Beschwerdefall zu beurteilende Vergleich insbesondere bei Anwendung der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl dazu , 0212) vermögensseitig nur der Transferierung der in Punkt 6 des Vertrages bezeichneten ehelichen Wohnung auf den Beschwerdeführer diente, ist die in Punkt 5 des gegenständlichen Vergleiches vereinbarte „Ausgleichszahlung“ von 40.000,- Euro verbunden mit der Übernahme diverser Hypothekarschulden – wie auch der VwGH zu einem vergleichbaren Fall ausgesprochen hat (vgl ) – als Gegenleistung für den Miteigentumsanteil an der ehelichen Wohnung, keinesfalls aber als Spitzenausgleich einer umfassenden Auseinandersetzung iSd §§ 81 ff EheG anzusehen. Aus dem Inhalt des gegenständlichen Vergleiches ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung des Betrages – wie vom Beschwerdeführer vorgebracht – als Abgeltung auch für andere Rechte und Vermögensteile als den Liegenschaftsanteil vereinbart war. Da der Begriff der Gegenleistung – wie bereits im Zuge der hier erfolgten Ausführungen dargelegt wurde – im wirtschaftlichen Sinne (§ 21 Abs 1 BAO) zu verstehen ist, ist es für die Qualifizierung der gegenständlichen Ausgleichszahlung als Gegenleistung für den Grundstückserwerb ohne Bedeutung, ob nach dem Wortlaut der Vereinbarung eine Verbindung zwischen der Ausgleichszahlung und dem Grundstückserwerb hergestellt wird oder nicht.
In seiner auf das oa Erkenntnis vom , 92/16/0149, folgenden Judikatur hat der VwGH wiederholt ausgesprochen, dass keine Globalvereinbarung vorliegt, wenn sich die vermögensrechtliche Seite einer Scheidungsfolgenvereinbarung in (einer) Grundstücksübertragung(en) und der Leistung einer Ausgleichszahlung erschöpft und anderes Vermögen nicht Gegenstand der Vereinbarung ist. Diesfalls qualifizieren nach der stRsp des VwGH nicht nur mit dem Grundstück übernommene Hypothekarschulden, sondern auch eine vom Erwerber des Grundstückes zu leistende Ausgleichszahlung als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstückes (vgl ; ; ).
Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht vermag sich vor diesem Hintergrund auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu stützen (vgl zu einem ähnlichen Fall zB auch ). Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
4. Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen sind, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der erfolgten rechtlichen Beurteilung (Punkt 3.) zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.
Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde – nicht mit Zustellung, sondern mit zu laufen (§ 6 Abs 2 iVm § 1 Abs 1 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes [Art 16 2. COVID-19-Gesetz, BGBl I 2020/16]).
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 21 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100292.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at