Bauherrenproblematik - keine Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch NN., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. zzz, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid gem. § 201 BAO vom , ErfNr. zzz, setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel dem nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf.), Herrn BF, damals wohnhaft in Adresse1, die Grunderwerbsteuer in der Höhe von € 7.105,00 fest. Auf Grund der festgesetzten Abgabe und des selbstberechneten Betrages ergebe sich eine Nachforderung in Höhe von € 3.255,00.
Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges sei der Zustand des Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden solle. Der Bf. habe ein Haus erworben, das von der Firma NNGesmbH aufgestellt worden sei und dessen Innenarbeiten er selbst veranlasst habe. Da der Erwerbsvorgang auf ein Haus mit Liegenschaftsanteilen im Wohnungseigentum gerichtet gewesen sei, liege ein einheitlicher Erwerbsvorgang vor. Als Bemessungsgrundlage sei daher die gesamte Gegenleistung für Grundstücksanteile und Haus heranzuziehen.
Damit die einzelnen Erwerber als Bauherren angesehen werden könnten, sei unabdingbar die Fassung eines Beschlusses, der auf den Erwerb von Liegenschaftsanteilen und die Errichtung der (des) Gebäude(s) abziele, notwendig gewesen. Bei einer Miteigentümergemeinschaft sei die Bauherreneigenschaft nur dann gegeben, wenn sämtliche Miteigentümer gemeinsam tätig werden (). Da ein solcher Beschluss nicht vorliege, fehle es an der Grundvoraussetzung für die Bauherreneigenschaft auf Seiten der Erwerber.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom . In der Begründung trägt der Bf. vor, es läge kein einheitlicher Erwerbsvorgang vor. Im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses sei nicht vorhersehbar gewesen „wer und wie das gegenständliche Grundstück bebaut werden sollte“. Im Übrigen handle es sich bei der Verkäuferin der Liegenschaft und den ausführenden Baufirmen um unterschiedliche Vertragspartner. Die Baubewilligung sei vom Bf. selbst eingeholt worden und sei dieser Bauführer gewesen. Der Erwerbsvorgang sei auf die Errichtung eines Grundstückes gerichtet gewesen.
Auf Antrag des Bf. unterblieb die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung und das Finanzamt legte die Beschwerde direkt dem Bundesfinanzgericht vor (§ 262 Abs. 2 lit. a BAO).
Dem vorliegenden Abgabenverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf. von der XGmbH, 306/666 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ zZz KG Ort1 mit der Grundstücksnummer ZzZ.
Die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erfolgte durch Rechtsanwalt S. am unter Erfassungsnummer xXx Als Bemessungsgrundlage wurde dabei von dem im Vertrag ausgewiesenen Gesamtkaufpreis in der Höhe von € 110.000,00 ausgegangen.
Im Zuge einer nachträglichen Überprüfung kam das Finanzamt zum Schluss, dass diesem Betrag Kosten im Ausmaß von € 93.000,00 für die Errichtung eines Einfamilienhauses hinzuzurechnen wären und erließ den angefochtenen Abgabenbescheid.
Denn die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung dieses Hauses sei von der Marktgemeinde Ort1 am der XGesmbH erteilt worden. Die Firma NNGesmbH sei mit der Aufstellung des Hauses beauftragt worden. Der Bf. sei gegenüber diesem Unternehmen als Generalunternehmer verpflichtet gewesen. Der handschriftliche Vertrag weise einen Ausführungszeitraum von bis auf. Mit dem Bau sei also bereits 12 Tage nach Unterfertigung des grundbuchfähigen Kaufvertrages begonnen worden.
Am sprach der Bf. persönlich beim Bundesfinanzgericht vor, um sein Beschwerdevorbringen zu ergänzen.
Er erklärte, er sei im Jahr 2014 auf der Suche nach einem geeigneten Grundstück gewesen, um ein Haus errichten zu können. Über die Internetplattform „Willhaben“ habe er schließlich das verfahrensgegenständliche Grundstück in Ort1 gefunden. Als Verkäuferin sei die Firma XGesmbH aufgetreten. Der Kaufpreis habe € 110.000,00 betragen. Er habe zunächst überlegt, ein Fertigteilhaus auf diesem Grundstück errichten zu lassen. Zu diesem Zweck sei er auch in der "Blauen Lagune" gewesen, um sich Angebote unterbreiten zu lassen. Er habe aber schnell gemerkt, dass die dortigen Angebote seine finanziellen Möglichkeiten bei Weitem überstiegen. Er habe sich deshalb dazu entschlossen, selbst einen Baumeister zu suchen, der ihm ein Haus bauen könne. Über Internet sei er dann auf Herrn B. von der Firma NNGesmbH gestoßen. Dieser habe ihm zugesagt, er könne ihm ein Haus nach seinen Vorstellungen um € 93.000,00 errichten. Er habe ihm daraufhin den Auftrag erteilt und der Unternehmer habe auch tatsächlich gleich eine Woche nach Auftragserteilung mit dem Hausbau begonnen. Die Verrechnung sei dergestalt konzipiert gewesen, dass er (der Bf.) z.B. vom Lagerhaus die Rechnung über das Baumaterial erhalten habe. Dadurch sei der Bauunternehmer nie gezwungen gewesen, die Baumaterialien selbst vorzufinanzieren. Herr B. habe die Maurer und sonstigen Handwerker organisiert. Das Ganze habe grundsätzlich gut funktioniert und der Großteil der Arbeiten sei auch schon im Herbst 2014 zum Abschluss gebracht worden.
Er habe später erfahren, dass die XGesmbH bereits im Jahr 2012 einen Einreichplan für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dieser Liegenschaft eingereicht hatte. Aus ihm nicht näher bekannten Gründen habe die Behörde auf dieser Liegenschaft einen Baustopp verfügt und die XGesmbH habe daher den Liegenschaftsanteil an ihn unabhängig davon verkauft, ob er über dieses Unternehmen ein NNFertighaus errichten lasse. Sein Freund und Nachbar, Herr Name1 könne dies jederzeit bestätigen. Seines Wissens nach habe Herr NAME1 im Gegensatz zu ihm sehr wohl ein NNFertighaus errichten lassen. Die Verkäuferin der Liegenschaft sei auf Grund der jahrelangen Bausperre schlicht nur mehr daran interessiert gewesen, das Grundstück „loszuwerden“, um das gesamt Projekt zu einem Abschluss zu bringen. Er versichere, dass die XGesmbH keinerlei Einfluss darauf genommen habe, ob und wann er ein Haus baue und wem er der Auftrag erteile, bzw. welchen Plan er zur Errichtung seines Bauvorhabens verwende. Der ursprünglich vorhandene Einreichplan aus dem Jahr 2012 habe ihm nicht zugesagt, weil dort das Wohnzimmer im Erdgeschoss vorgesehen war, wohingegen er das Wohnzimmer im Obergeschoß errichten habe lassen. Das von ihm errichtete Haus sehe daher ganz anders aus, als das ursprünglich geplante.
Am hat das Bundesfinanzgericht Herrn NAME1, den ehemaligen Nachbar des Bf. zur Sache telefonisch befragt.
Dieser gab bekannt, er habe damals ein NNFertighaus samt Baugrund in ORT1, erworben. Ursprünglich hätten die Verkäufer vorgehabt, auch auf jenen Liegenschaftsanteilen, die später Herr Bf gekauft habe (also auf dem verfahrensgegenständlichen Bauplatz), ein Einfamilienhaus zu errichten und gemeinsam (also Haus samt Grundstück) zum Kauf anzubieten.
Dieses Vorhaben hätten die Verkäufer aber nicht umsetzen können. Herr NAME1 habe auf Grund dieser Umstände zunächst überlegt, selbst diese Liegenschaftsanteile dazuzukaufen, um einen größeren Garten zu haben, habe es sich aber dann doch anders überlegt.
Die Verkäufer hätten dann entschieden, diese Liegenschaftsanteile als Baugrund ohne Haus zum Kauf anzubieten. Als Käufer habe schließlich der Bf. gefunden werden können. Seines Wissens nach habe der Bf. das Haus nicht über die Firma NNFertighaus errichten lassen. Er habe den Hausbau vielmehr selbst organisiert. Von einer Bausperre sei ihm nichts bekannt.
Das Bundesfinanzgericht hat daraufhin dem Finanzamt sowohl die Niederschrift über die persönliche Vorsprache des Bf. vom als auch den Aktenvermerk über das erwähnte Telefonat vom zur allfälligen Gegenäußerung übermittelt.
In der dazu ergangenen Stellungnahme vom verwies das Finanzamt auf das bisherige Vorbringen. Laut Kaufvertrag habe der Bf. Liegenschaftsanteile eines Grundstücks erworben, auf welchem ein Doppelhaus auf Bauplätzen mit 306 bzw. 360 m² errichtet werden sollte. Es habe keinen gemeinsamen Beschluss der Miteigentümer für die Planung oder Errichtung von Gebäuden gegeben. Die Einholung der Baubewilligung sei bereits durch die XGesmbH erfolgt und die Planung des Hauses habe die Firma NNGesmbH vorgenommen. Der Bf. habe nur den Innenausbau selbst gestalten können. Der vom Bf. dargestellte Sachverhalt könne von diesem nicht belegt werden. Es sei realitätsfern, wenn über einen Hausbau keinerlei Unterlagen aufbewahrt werden.
Am befragte das Bundesfinanzgericht telefonisch die Geschäftsführerin der XGesmbH. Diese bestätigte, dass ihr Unternehmen dem Bf. tatsächlich nur den bloßen Liegenschaftsanteil verkauft hat. Im Gegensatz zur FamilieName1, die auf ihren Liegenschaftsanteilen über die Firma XGesmbH ein Haus errichten habe lassen, hätte sich der Bf. dazu entschlossen, den Hausbau selbst zu organisieren.
Rechtslage
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge, die sich auf inländische Grundstücke beziehen, der GrESt.
Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
§ 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 bestimmt, dass Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen ist.
Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 ist für das Entstehen der Steuerschuld auf den Zeitpunkt des steuerpflichtigen Erwerbsvorganges (Kauf des Grundstückes) abzustellen.
§ 201 BAO bestimmt:
(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013)
3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
Erwägungen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Finanzamt nicht im Recht ist, wenn es im Vorlagebericht anführt, im Jahr 2014 sei die XGesmbH infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst worden. Ebensowenig tritt es zu, dass im Jahr 2015 die amtswegige Löschung der Firma im Firmenbuch eingetragen worden sei. Bei den diesbezüglichen Angaben dürfte es sich um einen Irrtum handeln und die diesbezüglichen Angaben betreffen offensichtlich die Firma NNGesmbH.
Nach dem Besteuerungsgrundsatz des § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die GrESt Steuerberechnung vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Gegenleistung ist nach der Rechtsprechung des VwGH auch alles, was der Erwerber über den Kaufpreis hinaus für das unbebaute Grundstück aufwenden muss.
Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges ist der Zustand eines Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden soll. Gegenstand eines nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 der GrESt unterliegenden Erwerbsvorganges ist das Grundstück in bebautem Zustand auch dann, wenn die Verträge über den Erwerb des unbebauten Grundstücks einerseits und des darauf zu errichtenden Gebäudes andererseits zwar nicht durch den Willen der Parteien rechtlich verknüpft sind, zwischen den Verträgen jedoch ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält. Dies ist dann der Fall, wenn der Veräußerer auf Grund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot als einheitliches annimmt oder nur insgesamt annehmen kann (vgl. ).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist Gegenleistung auch alles, was der Erwerber über den Kaufpreis hinaus für das unbebaute Grundstück aufwenden muss. Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges ist der Zustand eines Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden soll. Erbringt der Käufer im Hinblick auf die Bebauung eines Grundstücks neben dem als Kaufpreis bezeichneten Betrag – an wen auch immer – weitere Leistungen, ist zur Ermittlung der zutreffenden Bemessungsgrundlage auf den Besteuerungsgegenstand zurückzugreifen und zu fragen, in welchem körperlichen Zustand des Grundstückes der Rechtserwerb von der GrESt erfasst wird. Diese Leistungen können also auch an Dritte erbracht werden, insbesondere an einen vom Veräußerer verschiedenen Errichter eines Gebäudes auf dem erworbenen Grundstück. Voraussetzung für die Einbeziehung der Baukosten ist, dass die Errichtung des Gebäudes mit dem Grundstückserwerb in einer finalen Verknüpfung steht. Wenn also etwa der Grundstückserwerber an ein bestimmtes, durch die Planung des Verkäufers oder eines mit diesem zusammenarbeitenden Organisators vorgegebenes Gebäude gebunden ist, dann ist ein Kauf mit herzustellendem Gebäude anzunehmen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass über Grundstückskauf und Gebäude Errichtung unterschiedliche Verträge abgeschlossen wurden (zB ).
Auch nach der hier ebenfalls maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zum sogenannten einheitlichen Vertragsgegenstand sollen anhand objektiver Merkmale die Fälle, in denen die Bebauung eines im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch unbebauten Grundstückes auf der alleinigen Initiative des Grundstückserwerbers beruht, von den Fällen abgegrenzt werden, in denen es der Anbieterseite gelungen ist, den Erwerber entweder durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen oder durch die Herstellung eines objektiven Zusammenhanges zwischen Grundstücks Kaufvertrag und Bauerrichtungsvertrag an die geplante Bebauung des Grundstückes zu binden (siehe BFH vom , II R 17/99).
Ergibt sich die Verpflichtung zur Übereignung des Grundstückes und zur Errichtung des Gebäudes aus zwei an sich selbständigen Verträgen, kann (einheitlicher) Gegenstand des Erwerbsvorganges das Grundstück in bebautem Zustand unter anderem auch dann sein, wenn ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen besteht, d.h. wenn der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält. Diese Voraussetzungen liegen ua. in den Fällen regelmäßig vor, in denen der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluss des Grundstücks Kaufvertrages in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Bebauung gegenüber der Veräußerer Seite nicht mehr frei war, und - bei einer Personen Mehrheit auf der Veräußererseite - die auf der Veräußererseite auftretenden Personen auf Grund von Abreden bei der Veräußerung zusammenarbeiten bzw. durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss aller Verträge (Übereignung des Grundstückes und Errichtung des Gebäudes) hinwirken. Des Abschlusses eines auf die gemeinsame Verschaffung des (bebauten) Grundstückes gerichteten Vertrages bedarf es nicht, vielmehr reicht ein Zusammenwirken auf der Veräußererseite aus (BFH , II R 17/99).
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass ein Miteigentümer nur dann als Bauherr eines auf seinen Liegenschaftsanteilen zu errichtendem Gebäude anzusehen ist, wenn er
1) auf die bauliche Gestaltung des Hauses Einfluss nehmen kann,
2) das Baurisiko zu tragen hat, und
3) das finanzielle Risiko tragen muss.
Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen ().
Ad 1) Bei der Einflussnahme auf die bauliche Gestaltung des Hauses ist entscheidend, ob dem Abgabepflichtigen das Recht und die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Gestaltung des Gesamtbauvorhabens oder das Recht zu wesentlichen Änderungen des Projektes zugestanden werden.
Im vorliegenden Fall konnte der Bf. nach der Aktenlage, die Planung frei und ohne jede Einflussnahme durch die Verkäuferin vornehmen und hat sich entschlossen, ein Gebäude errichten zu lassen, das vom ursprünglichen Bauplan der Verkäuferin deutlich abweicht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem vom Bf. umgesetzten Bauprojekt entgegen den Ausführungen im Vorlagebericht des Finanzamtes nicht um eine Doppelhaushälfte handelt. Der Bf. hat vielmehr ein eigenes Einfamilienhaus errichten lassen, das mit dem Nachbarhaus der FamilieName1 nicht verbunden ist. Wenn das Finanzamt in seiner Stellungnahme vom meint, der Bf. sei deshalb nicht als Bauherr anzusehen, weil er das Haus über die Firma NNGesmbH planen habe lassen, kann ihm nicht gefolgt werden. Denn nach der Aktenlage erachtet es das Bundesfinanzgericht als erwiesen, dass der Bf. dieses Unternehmen aus freien Stücken und ohne jede Beeinflussung durch die XGesmbH beauftragt hat.
Ad 2) Das Baurisiko trägt, wer den bauausführenden Unternehmen gegenüber unmittelbar berechtigt und verpflichtet ist (vgl. ).
Der Bf. hat die Firma NNGesmbH mit der Errichtung des Einfamilienhauses beauftragt. Den diesbezüglichen Kontakt hat der Bf. nach einer entsprechenden Internetrecherche selbst hergestellt. Nach der Aktenlage war ausschließlich er und kein Dritter gegenüber dieser Baufirma berechtigt und verpflichtet.
Ad 3) Nach ständiger Rechtsprechung wird das preisliche Risiko der Bauherstellung nicht vom Erwerber eines mit einem ideellen Grundstücksanteil verbundenen Gebäudeanteiles zu einem „Fixpreis“ getragen. Bei Vereinbarung eines Fixpreises für die fertige Wohnstätte schafft also nicht der Erwerber, sondern der Veräußerer diese Wohnstätte ().
Das Finanzamt sieht die Bauherreneigenschaft des Bf. auch deshalb als nicht gegeben an, weil dieser mit dem Errichter des Hauses, der Firma NNGesmbH, bezüglich des Bauvorhabens einen Festpreis vereinbart hatte. Dem ist zu entgegnen, dass das Kriterium „Fixpreisvereinbarung“ nicht isoliert betrachtet werden darf. So wird z.B. ein Bauwerber, dem ein Grundstück seit Jahren gehört, die Bauherreneigenschaft nicht dadurch verlieren, dass er mit dem Bauunternehmer eine Fixpreisvereinbarung eingeht. Auch wäre es in einem solchen Fall unerheblich, ob mit den einzelnen Professionisten gesonderte Verträge abgeschlossen werden, oder ob sich der Bauherr eines Generalunternehmers bedient. Entscheidend ist für die Bauherrenfrage vielmehr, mit wem eine solche Fixpreisvereinbarung getroffen wird: Ist der Vertragspartner der Verkäufer oder ein Organisator und wird an diese Personen das Risiko der planmäßigen Ausführung überwälzt, dann spricht das gegen die Bauherreneigenschaft des Erwerbers (, 0214).
Die im Streitfall vorliegende Festpreisvereinbarung stellt sich als Ergebnis der Verhandlungen dar, die der Bf. mit der NNGesmbH geführt hat. Gerade in der Baubranche sind derartige Verträge durchaus üblich, weil sich angesichts der im Allgemeinen sehr hohen Kosten der Errichtung von Einfamilienhäusern die Konsumenten gerne absichern. Die entsprechende Vereinbarung ist ohne jede Vorgabe bzw. Beeinflussung oder Beteiligung der XGesmbH zustande gekommen. Vertragspartner waren ausschließlich der Bf. und die NNGesmbH. Es gibt weder Anhaltspunkte dafür, dass die Liegenschaftsverkäuferin mit der Baufirma oder mit einem zwischengeschalteten Organisator in der Weise zusammengearbeitet hat, dass der Bf. bei Unterzeichnung des Kaufvertrages an die Errichtung eines durch das Zusammenwirken der genannten Personen vorgegebenen Gebäudes gebunden war noch gibt es Hinweise darauf, dass sich die Verkäuferin gegenüber dem Erwerber verpflichtet hat, das Grundstück künftig in einen bebauten Zustand zu versetzen.
Die angesprochene Festpreisvereinbarung kann daher bei dem hier zu betrachtenden Einzelfall entgegen der Ansicht des Finanzamtes nicht als Argument dafür verwendet werden, dem Bf. die Bauherreneigenschaft abzusprechen.
In ihrer Gesamtheit sprechen daher die vom Bf. gewählten Vertragsgestaltungen, die es ihm ermöglicht haben, völlig frei sowie auf eigenes Risiko und auf eigene Kosten die Bauaufträge zu vergeben, gegen die Annahme, es sei von einer finalen Verknüpfung zwischen Grundkauf und Errichtung des Eigenheimes auszugehen.
Das Finanzamt vertritt dennoch die Ansicht, im vorliegenden Fall sei nicht das bloße Grundstück, sondern ein Grundstück samt Gebäude Gegenstand des Erwerbsvorganges gewesen und geht somit insofern vom Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsvorgangs aus.
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass der Gegenstand des Erwerbsvorgangs zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt wird. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das bei Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsvorgang (BFH , II R 20/13 und II R 32/13).
Ein einheitlicher Erwerbsvorgang ist auch gegeben, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen auf Grund eines abgestimmten Verhaltens auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken und diese zur Veränderung des körperlichen Zustand des Grundstücks verpflichtet sind (BFH , II R 3/10).
Fehlt es jedoch an einer solchen Verpflichtung, betrifft die vom Erwerber geschuldete Vergütung aus den geschlossenen Verträgen nicht den Erwerb des bebauten Grundstücks, sondern lediglich Dienstleistungen iZm dem vom Erwerber selbst herzustellenden Gebäude, die Lieferung beweglicher Gegenstände (z.B. Baumaterialien) oder die Bereitstellung von Planungsunterlagen. Solche Leistungen unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer (BFH , II R 56/12).
Nur dann, wenn sich ein verkaufsbereiter Grundstückseigentümer bewusst oder gewollt in ein Vertragskonzept einbinden lässt, das sicherstellt, dass nur solche Interessenten Grundstückeigentum erwerben können, die sich an ein im Wesentlichen vorgegebenes Baukonzept binden, sind auch die betreffenden Verträge in den grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbsvorgang einzubeziehen ().
Wesentlich für den gegenständlichen Fall ist somit, ob der Bf. als Grundstückserwerber in eine Vorplanung auf der Veräußererseite eingebunden war, bzw. ein Zusammenwirken zwischen den Anbietern von Grundstück und Hauserrichtung erkennbar ist, sodass der Käufer als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhalten hat. Es gilt festzustellen, ob der für die Einbeziehung der Gebäudekosten in die GrESt-Bemessungsgrundlage geforderte enge (rechtliche und tatsächliche) sachliche Zusammenhang zwischen Grundstückskauf und Errichtung des Gebäudes besteht oder ob die beiden Erwerbsvorgänge (angesichts des oben geschilderten zeitlichen Ablauf des Geschehens) bloß zeitlich zusammenfallen.
Das Bundesfinanzgericht erachtet es angesichts der vorliegenden Ermittlungserkenntnisse als erwiesen, dass sich die Vertragspartner in kein derartiges Vertragskonzept haben einbinden lassen, es gab schlicht keines. Angesichts der durchaus glaubwürdigen Aussagen des Bf., die im Kern von seinem ehemaligen Nachbar und von der Verkäuferin bestätigt wurden, kann vielmehr als gesichert angenommen werden, dass die XGesmbH keinerlei Einfluss auf die Planung, Errichtung und Finanzierung des vom Bf. errichteten Einfamilienhauses ausgeübt hat.
Nach der Aktenlage war der Wille der Vertragspartner nicht darauf gerichtet, einen ideellen Grundstücksanteil samt einer fertigen Wohnungseinheit zu erwerben bzw. zu veräußern. Für diese Bewertung spricht auch der Umstand, dass es dem NAME1 auch möglich war, die gegenständliche Liegenschaftsanteile zum Zweck der Gartenvergrößerung (also nicht zum Zweck der Errichtung einer weiteren Wohneinheit) zu erwerben.
Es ist daher von keinem einheitlichen Erwerbsvorgang iSd zitierten Rechtsprechung auszugehen.
Das Finanzamt meint, es habe nie einen gemeinsamen Beschluss [aller Miteigentümer] für die Planung oder Errichtung von Gebäuden gegeben und der Bf. sei daher nicht als Bauherr zu sehen.
Dem ist zu entgegnen, dass nach ständiger Rechtsprechung die geforderte Zustimmung aller Miteigentümer zur intendierten Bebauung des ihnen gemeinsam gehörigen Grundstücks bloß ein weiteres Indiz für die Bauherreneigenschaft darstellt ().
Im vorliegenden Fall hat sich der Veräußerer verpflichtet, die Zustimmung zur Bebauung und Einräumung des zugesagten Wohnungseigentumsrechts zugunsten des Bf. bei den anderen Liegenschaftseigentümern (dem Ehepaar FamName1) einzuholen (siehe Pkt. VI des Vertrags).
U.a. diese Zustimmung hat es dem Bf. letztlich ermöglicht, nach Erwerb der Liegenschaft eigenständig (also ohne jegliche Vorgaben des Verkäufers) über das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung frei zu entscheiden und alle aus seiner persönlichen Sicht für die Errichtung des Hauses erforderlichen Schritte in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko zu setzen.
Die von der oben zitierten Rechtsprechung entwickelten Kriterien, die gegen eine Bauherreneigenschaft des Bf. sprechen, treffen somit im Streitfall nicht zu.
Somit ist die für die Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer geforderte finale Verknüpfung von Grundstückserwerb und Errichtung eines Gebäudes nicht gegeben.
Die Selbstberechnung erweist sich somit nicht als unrichtig iSd § 201 Abs. 1 BAO. Daher lagen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides nach der zitierten Norm nicht vor.
Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte Rechtsprechung stützen. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 8 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | BFH , II R 17/99 BFH , II R 20/13 BFH , II R 3/10 BFH , II R 56/12 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105910.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at