Zurückweisung der Säumnisbeschwerde bezüglich eines zurückgesandten Formulars "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe"
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Einzelrichter in der Beschwerdesache A.B., Adresse1, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Z. betreffend „Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe ab August 2019“ vom beschlossen:
Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 284 Abs. 7 lit. b BAO i.V.m. § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
1. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin (BF) A.B. ein mit datiertes Formular „Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe“, in welchem die der belangten Behörde bekannten Angaben vorausgefüllt waren. Das Formular enthielt die Aufforderung diesem Schreiben ein „Prüfungsdekret oder Nachweis über abgelegte Prüfungen sowie eine Schulbestätigung zu 2019/20“ beizulegen.
2. Die BF gab im Formular an, dass das anspruchsvermittelnde Kind derzeit Schülerin an einem berufsbildenden Gymnasium sei und diese Tätigkeit voraussichtlich bis 2021 dauere. Beigelegt wurde eine Übersetzung einer Bescheinigung aus dem Bulgarischen, wonach B.B. im Schuljahr 2018/19 erfolgreich die zehnte Klasse beendet habe und die Ausbildung ohne Unterbrechung fortsetzen werde.
Am lange das unterfertigte Formular samt Beilage bei der belangten Behörde ein.
3. Die Auszahlung der Familienbeihilfe war von der belangten Behörde vorläufig begrenzt gewesen und wurde mit Juli 2019 eingestellt, um das Ergebnis der Arbeitnehmerveranlagung 2019 des anspruchsvermittelnden Kindes abzuwarten.
4. Die BF gab in ihrer Säumnisbeschwerde vom an, dass sie am das Formular zur „Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe“ ausgefüllt samt Unterlagen per Post an die belangte Behörde, welche den Eingang auch telefonisch bestätigte, versendet habe.
Da bis noch keine Entscheidung ergangen sei, werde darum gebeten über den Bezug der Familienbeihilfe zu entscheiden.
Die Beschwerde war an das Finanzamt Z. adressiert und ging dort am ein.
5. Die belangte Behörde fertigte am an die BF eine Mitteilung über die Gewährung der Familienbeihilfe betreffend den Zeitraum August 2019 bis Juni 2021 aus. Am selben Tag wurde die Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für den Zeitraum August 2019 bis März 2020 veranlasst und somit dem Begehren der BF entsprochen.
6. Am leitete die belangte Behörde die Säumnisbeschwerde an das Bundesfinanzgericht weiter, mit dem Hinweis, dass der Antrag auf Familienbeihilfe inzwischen stattgebend erledigt worden sei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
I. Sachverhalt:
Das Finanzamt übermittelte der BF ein mit datiertes Formular "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe", welches die BF ausfüllte und mit einer Schulbesuchsbestätigung des anspruchsvermittelnden Kindes zurücksandte, sodass es am beim Finanzamt einlangte.
Die Auszahlung der Familienbeihilfe war von der belangten Behörde vorläufig begrenzt gewesen und wurde mit Juli 2019 eingestellt.
Es ist zu klären, ob es sich bei dem von der BF zurückgesandten und teilweise händisch ergänzten Formular „Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe“ um einen Antrag gem. § 10 Abs. 1 FLAG handelt oder ob es sich bei der Übermittlung des Formulars an die BF um einen Ergänzungsauftrag iSd § 161 BAO handelt, aufgrund dessen die BF durch die Rücksendung eine Verpflichtung gegenüber dem Finanzamt erfüllte.
II. Rechtsgrundlagen rechtliche Würdigung:
Gemäß § 10 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) gelten für den Bezug der Familienbeihilfe u.a. folgende Bestimmungen:
„(1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.“
Gemäß § 12 FLAG 1967 hat der Gesetzgeber folgende Verständigungspflichten vorgesehen:
„(1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.
(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.“
Gemäß § 13 FLAG 1967 hat das Wohnsitzfinanzamt der antragstellenden Person über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.
Wird die Familienbeihilfe aufgrund eines Antrages ausbezahlt, kommt es zu fortlaufenden Verlängerungen des Bezuges, bis zum Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen oder Hinzukommen eines Ausschließungsgrundes.
Erlangt das Finanzamt Kenntnis von Umständen, die ein Erlöschen des Anspruches auf Familienbeihilfe bewirken, sieht das Gesetz lediglich eine Verständigung gemäß § 12 FLAG vor.
§ 25 FLAG 1967 sieht eine Meldepflicht jener Personen vor, an welche Familienbeihilfe ausbezahlt wird:
„Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, sind verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, daß der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, bei dem nach § 13 zuständigen Finanzamt zu erfolgen.“
Die Abgabenbehörden können die Anspruchsvoraussetzungen auch noch überprüfen, nachdem bereits Familienbeihilfenzahlungen erfolgt sind.
Gemäß § 161 BAO gilt Folgendes:
„(1) Die Abgabenbehörde hat die Abgabenerklärungen zu prüfen (§ 115). Soweit nötig, hat sie, tunlichst durch schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, daß die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag).
(2) Wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt, hat sie die Ermittlungen vorzunehmen, die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie kann den Abgabepflichtigen unter Bekanntgabe der Bedenken zur Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt). Erforderliche Beweise sind aufzunehmen.
(3) Wenn von der Abgabenerklärung abgewichen werden soll, sind dem Abgabepflichtigen die Punkte, in denen eine wesentliche Abweichung zu seinen Ungunsten in Frage kommt, zur vorherigen Äußerung mitzuteilen.“
Gemäß § 2 lit. a Z 1 BAO gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, soweit sie hierauf nicht unmittelbar anwendbar sind und nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden des Bundes zuzuerkennenden oder rückzufordernden bundesrechtlich geregelten Beihilfen aller Art.
Überprüfungen des Anspruches auf Gewährung der Familienbeihilfe in Form von Ergänzungsersuchen des Finanzamtes sind üblich. Die Überprüfungen sind vor allem deshalb erforderlich, weil die Familienbeihilfe fortlaufend über einen längeren Zeitraum hinweg ausbezahlt wird und nicht alle meldepflichtigen Umstände und Verhältnisse auch tatsächlich gemeldet werden.
Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
Gemäß § 85a BAO sind die Abgabenbehörden verpflichtet, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden
Gemäß § 284 Abs. 1 BAO kann die Partei wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.
Ob tatsächlich eine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt, hängt davon ab, ob das Formular zur "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe", welches die BF teilweise ergänzte, als Anbringen anzusehen ist, aufgrund dessen ein Bescheid zu ergehen hätte.
Die Übermittlung des Überprüfungsschreibens an den Familienbeihilfenbezieher ist eine verfahrensleitende Verfügung in Form eines Ergänzungsauftrags (vgl. § 161 Abs. 1 BAO). Mit der Rücksendung des Überprüfungsschreibens kommt der Beihilfebezieher seiner sich aus § 119 und § 143 BAO ergebenden Auskunftsverpflichtung nach. Dabei handelt es sich um ein Anbringen iSd. § 85 Abs. 1 BAO zur Erfüllung einer Verpflichtung.
Aus der Erfüllung dieser Verpflichtung ergibt sich jedoch nicht, dass das Finanzamt einen entsprechenden Bescheid zu erlassen hätte. Wurde der seinerzeitige Antrag auf Familienbeihilfe durch Auszahlung erledigt, ist entweder bei weiterem Vorliegen der Voraussetzungen die Auszahlung unverändert beizubehalten oder bei Wegfall einer Voraussetzung für den Familienbeihilfenbezug die Auszahlung einzustellen und darüber eine Mitteilung auszufertigen. Ein Bescheid ist nicht zu erlassen. Erst wenn nach Einstellung des Familienbeihilfenbezuges ein neuer Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfe (§ 10 Abs. 1 FLAG 1967) gestellt wird, ist über diesen durch Auszahlung oder durch bescheidmäßige Abweisung zu entscheiden.
Die bloße Rücksendung eines Überprüfungsschreibens ist kein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten und kein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ().
Zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Gewährung der Familienbeihilfe wurde das Formular Beih 1 aufgelegt.
Auch wenn es für die Beurteilung von Anbringen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen ankommt, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes (vgl. ), besteht keine Befugnis oder Pflicht der Behörde, von der Partei tatsächlich nicht erstattete Erklärungen aus der Erwägung als erstattet zu fingieren, dass der Kontext des Parteienvorbringens die Erstattung der nicht erstatteten Erklärung nach behördlicher Beurteilung als notwendig, ratsam oder empfehlenswert erscheinen lässt (vgl. ).
Dem von der BF übermittelten Formular "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe" kann nicht entnommen werden, dass es sich dabei um einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe handelte. Die Absicht des Finanzamtes, den Anspruch zu überprüfen, kam darin hingegen deutlich zum Ausdruck. Die Rücksendung des Formulars war daher nicht als Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe zu betrachten, sondern stellte eine Verpflichtung der BF dar, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken.
Die Beschwerde wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht war daher zurückzuweisen.
III. Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, da die Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.
Z., am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 161 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 lit. a Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 284 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 161 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 12 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 13 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 25 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RS.5100006.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at