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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.03.2020, RV/3100137/2020

Kfz-Sachbezug bei Mitfahrgelegenheit in arbeitgebereigenen Kfz

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. A in der Beschwerdesache Bf, Adresse, vertreten durch Stb, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A-Stadt vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang
1) Der Beschwerdeführer (Bf) bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beantragte er in der am eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 ein Pendlerpauschale in der Höhe von 560 EUR und den Pendlereuro in Höhe von 41,70 EUR. Nach dem übermittelten Lohnzettel der Arbeitgeberin wurde das Pendlerpauschale und der Pendlereuro im Rahmen der Lohnverrechnung nicht berücksichtigt. Allerdings wurde dem Bf nach dem Ausweis im Jahreslohnzettel für 2016 für 12 Monate ein arbeitgebereigenes Kfz als Sachbezug verrechnet.

2) Das Finanzamt führte unter Berücksichtigung des beantragten Pendlerpauschales und des Pendlereuro mit Bescheid vom eine erklärungsgemäße Veranlagung durch.

3) In der gegen diesen Bescheid am eingebrachten Beschwerde beantrage der Bf den Sachbezug in Höhe von 1.592,58 EUR aus den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auszuscheiden. Ihm sei für die Mitbeförderung durch einen Arbeitskollegen, dem ein arbeitgebereigenes Fahrzeug zur Verfügung stehe, ein Sachbezug hinzugerechnet worden. Er habe aber weder die vertragliche noch die faktische Möglichkeit zur Benützung des arbeitgebereigenen Fahrzeuges für Privatfahrten gehabt.
Das kleine Pendlerpauschale sowie der Pendlereuro habe er im Rahmen der Veranlagung nur für jene Monate angesetzt, in denen er an 4 bis 7 Tagen die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen PKW und auf eigene Kosten durchgeführt habe.

4) In Beantwortung eines Vorhalts vom führte der Bf aus, das Pendlerpauschale habe er für eine Strecke von 75 km (Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte), die er in den Kalendermonaten 01-10/2016 (ab 11/2006 Krankenstand) an mindestens 4 bis 7 Tagen pro Monat zurückgelegt habe, berechnet. Das Pauschale betrage laut beiliegendem Nachweis 56 EUR monatlich, sohin für 10 Monate 560 EUR. Der analog berechnete Pendlereuro betrage 41,70 EUR. Er habe die Berücksichtigung eines Sachbezuges beim Arbeitgeber beanstandet, ihm sei jedoch trotz mehrmaliger Urgenzen mitgeteilt worden, dass der Sachbezug bei jedem Dienstnehmer pauschal berücksichtigt werde. De facto stehe ihm jedoch kein firmeneigenes Kfz zur Benützung zur Verfügung. An mindestens 2 Tagen wöchentlich habe er auch keine Mitfahrgelegenheit und müsse die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte auf eigene Kosten zurücklegen. Die Kosten, die ihm an diesen Tagen erwachsen, seien daher jedenfalls im Rahmen der Veranlagung in Höhe des berechneten und erklärten Pendlerpauschales und Pendlereuros zu berücksichtigen.

5) In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom kürzte das Finanzamt die Werbungskosten um das im bekämpften Bescheid angesetzte Pendlerpauschale von 560 EUR und die Absetzbeträge um den Pendlereuro von 41,70 EUR. Dem vom Arbeitgeber angesetzten Sachbezug für das arbeitgebereigene Kfz ließ es unverändert.

6) In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlich aus, mangels ausreichender Vorlage von Unterlagen sei es nicht möglich, von der Beurteilung der übermittelten Daten abzugehen. Der Bescheid sei im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen (Streichung des Pendlerpauschales wegen Eintragung eines Sachbezuges im Lohnzettel) abgeändert worden.

7) Im Vorlageantrag vom führte der Bf ergänzend aus, das Dienstverhältnis sei mittlerweile nicht mehr aufrecht (Austritt per ), weshalb die Einholung der vom Finanzamt angeforderten schriftlichen Stellungnahme bei der ehemaligen Arbeitgeberin nicht in der vorgegebenen Frist möglich gewesen sei. Überdies seien seine zahlreichen Anfragen auf nochmalige Überprüfung des verrechneten Sachbezuges, welche er noch während des aufrechten Dienstverhältnisses gestellt habe, jeweils abgelehnt worden. Die Pflicht, die angeforderte schriftliche Stellungnahme einzuholen, werde daher als unzumutbar und nicht zielführend erachtet.
Inzwischen habe auch seine steuerliche Vertreterin Kontakt mit der ehemaligen Dienstgeberin aufgenommen und um eine schriftliche Auskunft zu den maßgeblichen Daten der Lohnabrechnung, insbesondere zu dem im Jahr 2016 berücksichtigten Sachbezug, angefragt. Die erhaltene E-Mail vom samt Auszug aus den bezugnehmenden Lohnsteuerrichtlinien werde in der Beilage übermittelt.
In diesem E-Mail wird nach Rücksprache mit dem Lohverrechnungsbüro mitgeteilt, dass der anteilige Sachbezug des Bf aufgrund der Lohnsteuerrichtlinie Bsp. 10184 berechnet worden sei. Der Bf sei Teil einer Fahrgemeinschaft für die von der Arbeitgeberin ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt worden sei. Laut Aussage von Rochus S. hätte der Bf das Fahrzeug jederzeit nützen können, wenn er gewollt hätte.
Dazu entgegnete der Bf im Vorlageantrag, diese Aussage entspreche nicht den tatsachlichen Gegebenheiten, diese würden sich wie folgt darstellen.
Er sei sowohl an seinem Nebenwohnsitz in 9999 N-Dorf, X-Straße 1 als auch an seinem Hauptwohnsitz in 8888 A-Stadt, Y-Weg 1 wohnhaft. Die Arbeitsstatte habe sich in B-Dorf befunden. Zwei weitere Dienstnehmer und Arbeitskollegen seien in A-Stadt, Stadtteil-W wohnhaft und hätten wie er, eine ähnliche Strecke Wohnung - Arbeitsstatte zurücklegen müssen.
Tatsachlich sei nur einem Dienstnehmer ein arbeitgebereigenes Kfz für die Fahrten Wohnung - Arbeitsstatte und einer allenfalls weiteren privaten Nutzung zur Verfügung gestanden. Ihm selbst sei jedoch zu keiner Zeit ein Kfz für genannte Zwecke zur eigenen Nutzung überlassen worden. Vielmehr sei ihm lediglich die Mitfahrgelegenheit eingeräumt worden, wobei hinzuzufügen sei, dass diese Mitfahrgelegenheit auch nur für einen Teil der Strecke möglich gewesen sei.
Er habe auf eigene Kosten von seinem Wohnort in N-Dorf bzw. A-Stadt zur Abholstelle nach B-Stadt und zurück gelangen müssen, wofür er auch jeweils sein eigenes Kfz verwenden habe müssen. Von einer dem zugerechneten Sachbezugswert entsprechenden gleichmäßigen Verteilung der Nutzungsmöglichkeit des Kfz, könne allein deswegen nicht die Rede sein.
Weiters sei noch anzuführen, dass dem dritten Dienstnehmer, der das angeblich jedem gleichermaßen zur Verfügung gestellte Fahrzeug auch tatsachlich hin und wieder für eigene Zwecke habe nutzen wollen, auf diese Anfrage hin, ein anderes firmeneigenes Kfz zur Verfügung gestellt worden sei, da besagtes Gemeinschaftsfahrzeug von jenem Dienstnehmer benötigt worden sei, der dieses auch täglich zur Nutzung zur Verfügung gestellt bekommen habe.
Es könne nicht von einer Fahrgemeinschaft in dem Sinne gesprochen werden, dass jeder Mitfahrer gleichermaßen auch Fahrer sein hätte können. Auch habe nicht gewährleistet werden können, dass dieses Fahrzeug, für das ihm ein Sachbezugswert zugerechnet worden sei, in jeglicher Hinsicht für private Zwecke zur Verfügung gestanden sei.
Seines Erachtens decke sich der tatsachliche Sachverhalt mit dem in der Rz 10184 der LStR angeführten 1. Fall, in welchem der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer ein Kfz zu Verfügung stelle, damit er andere Arbeitnehmer auf der Wegstrecke Wohnung - Arbeitsstatte befördere.
Ihm als mitbeförderten Arbeitnehmer seien keine, bzw. durch die Anfahrt Wohnung N-Dorf - B-Stadt nur verminderte Kosten entstanden, sodass ihm für diese Fahrten kein Pendlerpauschale zustehe, es sei ihm aber auch kein Sachbezugswert zuzurechnen. Ein Sachbezug sei jedenfalls gänzlich ungerechtfertigt.
Überdies sei klarzustellen, dass er an einigen Tagen infolge von zeitlichen Verschiebungen in der Anreise und aufgrund von abweichenden Tätigkeiten, die gebotene Mitfahrgelegenheit eben nicht nutzen und das Kfz auch nicht für seine eigenen Zwecke verwenden habe können. Zur Durchführung von Versuchsreihen zur Testung von Materialbeständigkeit sei er im Auftrag seiner Arbeitgeberin an der Universität A-Stadt, Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften, Arbeitsbereich Materialtechnologie, vor Ort gewesen und habe im wöchentlichen Rhythmus Material getestet und wiederum die Woche darauf das Ergebnis überprüft. Es sei sowohl der Arbeitgeberin als auch den Arbeitskollegen bewusst gewesen, dass ihm der Aufwand für das Zurücklegen der Strecke Wohnung – Arbeitsstatte dadurch selbst erwachsen sei und es sei ihm an diesen Tagen auch kein weiteres arbeitgebereigenes Kfz zur Verfügung gestellt worden.
Entsprechend sei für diese Strecke von 75 km sowohl das Pendlerpauschale als auch der Pendlereuro in entsprechender Höhe beantragt worden. Die Anzahl der Fahrten, die er auf eigene Kosten durchgeführt habe, seien der beiliegenden Zeitdatenübersicht  für das Jahr 2016 samt zusammenfassender Übersicht zu entnehme und beliefen sich monatlich auf 4 bis 7 Tage. Jene Tage, die in der Detailaufstellung in der Spalte „Zeitbuchungen“ jeweils mit vollen oder halben Stunden beginnen und enden, würden darauf hindeuten, dass die Zeitbuchungen händisch erfolgt seien. Diese händische Zeitbuchungen seien jeweils erforderlich gewesen, wenn er nicht wie an den übrigen Tagen die Mitfahrgelegenheit nutzen habe können und getrennt von seinen Kollegen in die Arbeit gefahren sei, weil er vorher an der Universität A-Stadt, wie oben beschrieben, zur Durchführung von Versuchsreihen tätig gewesen sei. An diesen Tagen sei keine automatische Zeitbuchung, die wiederum durch die minutengenaue Erfassung an diesen Tagen ersichtlich sei, sondern eine nachträgliche Zeitbuchung vorgenommen worden.
Aus den dargelegten Gründen stehe ihm ein Drittel des jährlichen Pendlerpauschales, das seien 56 EUR monatlich und ein Drittel des Pendlereuros, das seien 4,17 EUR monatlich, jeweils für die Monate Janner bis Dezember 2016 zu. Hinsichtlich der Monate April, September, Oktober, November und Dezember sei auf Randziffer 252 der LStR zu verweisen, wonach durch Krankenstands- und Urlaubstage dann keine Änderung eintrete, wenn das Pendlerpauschale im Regelfall, wie es aus den Vormonaten ersichtlich sei, zustehe. Da er regelmäßig zwischen 4 und 7 Tage monatlich in einem gewissen wöchentlichen Rhythmus keine Mitfahrgelegenheit nutzen habe können, sei dieser Regelfall seines Erachtens auch zu bejahen und werde nunmehr beantragt, das Pauschale für das gesamte Jahr zu berücksichtigen.

Aus den dargelegten Gründen und Erläuterungen sei in dem von der Arbeitgeberin für das Jahr 2016 übermittelten Lohnzettel zu Unrecht ein Sachbezugswert für die Überlassung eines arbeitgebereigenen Kfz für die Fahrten Wohnung - Arbeitsstatte hinzugerechnet worden.
Er beantrage die ersatzlose Streichung desselben und zudem die Berücksichtigung eines Drittels des Pendlerpauschales im Ausmaß von 672 EUR für 12 Monate im Kalenderjahr 2016 sowie eines Drittels des Pendlereuros im Ausmaß von 50 EUR für 12 Monate im Kalenderjahr 2016 für die in diesem Zeitraum angefallenen Kosten für die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte.

8) In einem weiteren Vorhalteverfahren vom gab der Bf die Namen und Anschrift der beiden Arbeitskollegen bekannt, die mit ihm die Fahrgemeinschaft bildeten und lege die monatlichen Gehaltsabrechnungen vor. Ergänzend führte er aus, Rochus S. (einer der beiden Arbeitskollegen der Fahrgemeinschaft) sei Projektleiter gewesen und wohne ganz im Westen von A-Stadt. Er habe das Auto durchgehend, auch an den Wochenenden benutzt. Ein zusätzliches Privatauto habe Rochus S. nicht besessen. Die tägliche Fahrt zur Arbeitsstätte nach B-Dorf habe Rochus S. von seinem Wohnsitz aus mit dem betroffenen Fahrzeug begonnen. Er habe zuerst Edmund H. am R-Weg abgeholt und sei dann weiter zu dem mit ihm vereinbarten Abholtreffpunkt bei der Autobahnauffahrt B-Stadt Mitte gefahren. Die Anreise zu diesem Treffpunkt habe er mit seinem eigenen Kfz zurücklegen müssen, das er in der Zwischenzeit dort geparkt habe. An jenen Tagen, an denen er im Auftrag der Arbeitgeberin in der Früh zunächst zur Universität A-Stadt habe fahren müssen, um dort an den jeweiligen Forschungsprojekten weiterzuarbeiten und erst im Anschluss daran in die Firma nach B-Dorf gefahren sei, habe sich keine Mitfahrgelegenheit für ihn geboten. Er habe an diesen Tagen die Fahrten zur Universität A-Stadt und weiter nach B-Dorf sowie zurück nach Hause, jeweils auf eigene Kosten vorgenommen. Durchschnittlich sei dies ca. einmal wöchentlich vorgekommen.
Die Mitfahrgelegenheit habe sich für ihn somit de facto weder an sämtlichen Arbeitstagen noch für die gesamte Streck Wohnung – Arbeitsstätte sondern lediglich für einen Teil dieser Strecke geboten.

9) Rochus S. gab auf Anfrage in einer E-Mail vom gegenüber dem Finanzamt an, die Nutzung des Fahrzeuges für die Fahrt zur Arbeitsstätte und zurück sei großteils durch ihn erfolgt. Da seine Wohnung am weitesten entfernt gewesen sei, sei das Firmenfahrzeug nach der Arbeit fast immer bei ihm gestanden.

10) Auf Nachfrage des Finanzamtes gab er ergänzend an, der Bf habe das Fahrzeug nie zur privaten Nutzung zur Verfügung gehabt. Er sei ein reiner Mitfahrer gewesen und sei mit dem eigenen PKW zu dem vereinbarten Treffpunkt in B-Stadt gekommen.

11) Im Vorlagebericht vom beantragte das Finanzamt, nach einer ausführlichen Darstellung des Verfahrensgangs, die Stattgabe der Beschwerde.
Zur Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, grundsätzlich gelte, dass wenn ein Kfz mehreren Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber zur gemeinsamen Nutzung (Fahrgemeinschaft) zur Verfügung gestellt werde, dass der Sachbezugswert „einmal“ zu ermitteln und nach Maßgabe des Ausmaßes an der Teilnahme an der Fahrgemeinschaft, zwischen den teilnehmenden Arbeitnehmern aufzuteilen sei. Nach dieser Vorgehensweise sei auch die Aufteilung des Sachbezugs durch die Lohnverrechnungsabteilung der Arbeitgeberin des Bf erfolgt.
Es entspreche jedoch auch der Verwaltungspraxis, dass sofern einem Arbeitnehmer ein Pkw zur Verfügung gestellt werde, damit er andere Arbeitnehmer auf der Wegstrecke Wohnung – Arbeitsstätte befördere, den mitbefördernden Arbeitnehmern kein Aufwand entstehe, sodass ein Pendlerpauschale nicht zustehe aber auch kein Sachbezugswert anzusetzen sei.
Aufgrund der angestellten Erhebungen gehe das Finanzamt davon aus, dass es sich beim Bf lediglich um einen „mitbeförderten“ Arbeitnehmer handle. Als mitbeförderten Arbeitnehmer sei dem Bf kein Sachbezug zu seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hinzuzurechnen.
Anhand des beigebrachten Fahrtenbuchs und dessen Abstimmungen mit den vorgelegten Zeitaufzeichnungen sei es für die Abgabenbehörde glaubhaft, dass der Bf in den Monaten Jänner, Februar, März, Mai, Juni, Juli, August zumindest vier Fahrten pro Monat mit dem eigenen Pkw zurückgelegt habe. In den Lohnsteuerzeiträumen April, Oktober, November und Dezember habe der Bf tatsächlich weniger als vier Fahrten mit dem eigenen PKW zurückgelegt. In diesen Monaten fänden sich aber sowohl Urlaubs- als auch Krankenstandstage. Aufgrund des aus den Zeitaufzeichnungen ersichtlichen Musters könne davon ausgegangen werden, dass der Bf tatsächlich durchschnittlich einmal wöchentlich vor seinem Arbeitsantritt an der Uni A-Stadt tätig gewesen und im Anschluss mit dem eigenen PKW zur Arbeitsstätte nach B-Dorf angereist sei. Das Pendlerpauschale sei auch für Feier-, Urlaubs- und Krankheitstage zu berücksichtigten. Sofern das Pendlerpauschale im Regelfall zustehe, trete durch derartige Zeiträume keine Änderung ein.
Das Pendlerpauschale stehe daher im Jahr 2016 im Ausmaß von einem Drittel zu.
Es werde daher beantragt der Beschwerde stattzugeben

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

12) Der Bf hat seinen Hauptwohnsitz in A-Stadt am Y-Weg und einen Nebenwohnsitz in N-Dorf in der X-Straße. Im Beschwerdejahr war er bei der E. K. GmbH in B-Dorf als Dienstnehmer beschäftigt. Die Strecke zwischen dem Wohnort in A-Stadt bzw. N-Dorf und der Arbeitsstätte in B-Dorf beträgt rd. 75 km.

13) Der Bf bildete mit zwei weiteren Arbeitskollegen für die Fahrt zur Arbeitsstätte eine Fahrgemeinschaft. Das Kfz, ein firmeneigener Pkw, wurde von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt. Für die Verwendung des arbeitgebereigenen Kfz setzte die Arbeitgeberin beim Bf als Lohnbestandteil 1.592,73 EUR (ein Drittel des insgesamt für das Kfz berechneten Sachbezuges) an. Die Fahrgemeinschaft war in der Art organisiert, dass der von der Arbeitsstätte am weitesten entfernte Arbeitskollege Rochus S. den zweiten Arbeitskollegen am R-Weg in A-Stadt abholte und der Bf als letzter der drei Arbeitskollegen, auf der Autobahnauffahrt in B-Stadt zustieg, wobei er für die Strecke zwischen seiner Wohnung und der Autobahnauffahrt in B-Stadt seinen privaten Pkw benutzte. Von dort fuhren sie gemeinsam mit dem arbeitgebereigenen Kfz zur Arbeitsstelle in B-Dorf. Auf der Rückfahrt stieg der Bf wiederum als erster auf der Autobahnausfahrt in B-Stadt aus. Geparkt wurde das arbeitgebereigene Fahrzeug bei dem am weitesten entfernten Arbeitskollegen.

14) Eine private Nutzung des arbeitgebereigenen Kfz durch den Bf, das sich nach der Rückfahrt von der Arbeitsstätte bei dem am weitesten entfernten Arbeitskollegen befand, ist nicht erfolgt. Dem Bf wurde nur eine Mitfahrgelegenheit eingeräumt, von der er aber nicht an allen Arbeitstagen Gebrauch machen konnte. Er führte nämlich zumindest einmal in der Woche, in der Früh bevor er seinen Dienst in der Betriebsstätte in B-Dorf antrat, im Auftrag seiner Arbeitgeberin am Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften der Universität A-Stadt Versuchsreihen zur Testung von Materialbeständigkeit durch und konnte dadurch arbeitsbedingt nicht gemeinsam mit seinen Arbeitskollegen mit dem arbeitgebereigenen Kfz, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt auf eigene Kosten mit seinem privaten Pkw bzw. mit einem öffentlichen Verkehrsmittel nach B-Dorf fahren.

15) Dieser unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen des Bf, den vorgelegten Unterlagen, aus dem von der Arbeitgeberin für das Beschwerdejahr übermittelten Lohnzettel und aus den Angaben von Rochus S., dem damaligen Arbeitskollegen des Bf.

Rechtslage und Erwägungen:

16) Pendlerpauschale:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten abzugsfähig.
Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt nach den hier relevanten lit. a bis c, e, f, h und i leg.cit.:

a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

b) Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu.

c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:


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Bei mindestens 20 km bis 40 km
696 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km
1.356 Euro jährlich,
bei mehr als über 60 km
2.016 Euro jährlich.

d) (…)

e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:

- (…)

- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

Einem Steuerpflichtigen steht im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu.

f) Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgebend.

g)  (…)
h) Das Pendlerpauschale ist auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder Urlaub befindet.

i) Wird ein Arbeitnehmer, bei dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales vorliegen, überwiegend im Werkverkehr gemäß § 26 Z 5 befördert, steht ihm ein Pendlerpauschale nur für jene Wegstrecke zu, die nicht im Werkverkehr zurückgelegt wird. Erwachsen ihm für die Beförderung im Werkverkehr Kosten, sind diese Kosten bis zur Höhe des sich aus lit. c, d oder e ergebenden Betrages als Werbungskosten zu berücksichtigen.

17) Pendlereuro:
Gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis unter anderem folgender Absetzbetrag zu:

"Ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend."

18) Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges:
In der Sachbezugsverordnung BGBl II 416/2001 in der ab geltenden Fassung BGBl II 243 bzw. 295/2015 wird in dem hier relevanten § 4 Abs. 1 bestimmt:

Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, gilt Folgendes:

1. Es ist ein Sachbezug von 2% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 960 Euro monatlich, anzusetzen.

2. Abweichend von Z 1 ist für Kraftfahrzeuge mit einem CO2-Emissionswert von nicht mehr als 130 Gramm pro Kilometer ein Sachbezug von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 720 Euro monatlich, anzusetzen. Dabei gilt:

a) Für Kalenderjahre bis 2016 ist als CO2-Emissionswert 130 Gramm pro Kilometer maßgeblich. (…..) Für die Ermittlung des Sachbezugs ist die CO2-Emissionswert-Grenze im Kalenderjahr der Anschaffung des Kraftfahrzeuges oder seiner Erstzulassung (Abs. 4) maßgeblich.

(…)

19) Auf Basis der festgestellten Sach- und Rechtslage erweist sich das Beschwerdebegehren als berechtigt.

20) Nach § 4 Sachbezugswerteverordnung ist der Dienstgeber zum Ansatz eines Sachbezugswertes verpflichtet, wenn ein Dienstnehmer für Privatfahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt bekommt. Mit dem Ansatz eines Sachbezugswertes soll jener Vorteil steuerlich erfasst werden, der darin besteht, dass sich der Arbeitnehmer jenen Aufwand erspart, der ihm erwachsen würde, wenn er für die Kosten eines vergleichbaren Kraftfahrzeuges aus Eigenem aufkommen müsste (vgl. , mwN). Es soll somit jener Vorteil ausgeglichen werden, den der Arbeitnehmer durch die Privatnutzung (einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) des arbeitgebereigenen Kfz erhält.

21) Die Möglichkeit der Privatnutzung hat im gegenständlichen Fall für den Bf faktisch nicht bestanden, zumal sich das Fahrzeug außerhalb der Arbeitszeit im Gewahrsam seines Arbeitskollegen Rochus S. befand, der rd. 10 km vom Bf entfernt wohnte. Die "Möglichkeit" im Sinne des § 4 Abs. 1 der Verordnung ist nicht so zu verstehen, dass es auf die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit nicht ankäme. Ein Sachbezugswert ist nur anzusetzen, wenn nach der Lebenserfahrung auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer die eingeräumte Möglichkeit - wenn auch nur fallweise - nützt (vgl. ). Eine tatsächliche Nutzung des arbeitgebereigenen Kfz für private Fahrten durch den Bf ist aber nicht erfolgt.

22) Zu den nicht beruflich veranlasste Fahrten im Sinne des § 4 der Sachbezugswerteverordnung zählen zwar auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (vgl. ), der Ansatz eines Sachbezuges setzt aber voraus, dass dem Arbeitnehmer für die Zurücklegung dieser Strecke ein Kraftfahrzug zur Verfügung gestellt wird.

23) Über das streitgegenständliche Fahrzeug konnte der Bf aber nicht verfügen, sondern es wurde ihm lediglich eine Mitfahrgelegenheit geboten, die er zudem nur im beschränkten Ausmaß nutzen könnte.

24) Die Sachbezugswerteverordnung geht davon aus, dass der Arbeitnehmer zumindest die Möglichkeit hat, das arbeitgebereigene Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen. Diese Möglichkeit war im gegenständlichen Fall aber äußerst eingeschränkt. So musste der Bf für einen Teil der Strecke seien eigene Pkw benutzten und musste zudem an jenen Tagen an dem er in der Früh an der Universität in A-Stadt im Auftrag der Arbeitgeberin tätig war, die gesamte Strecke mit seinem eigenen Pkw bzw. mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zurücklegen.

25) Im gegenständlichen Fall ist daher nicht von einer zur Verfügungstellung eines Kfz zur außerbetrieblichen Nutzung, sondern von einer nur eingeschränkt nutzbaren Mitfahrgelegenheit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auszugehen.

26) Die Voraussetzungen für den Ansatz eines Kfz-Sachbezuges, mit dem jener Vorteil steuerlich erfasst werden soll, den sich ein Arbeitnehmer für ein vergleichbares eigenes Kfz erspart, sind im gegenständlichen Fall nicht erfüllt.

27) Die im Lohnzettel ausgewiesenen steuerpflichtigen Bezüge (KZ 245) von 27.655,53 EUR waren daher um den darin enthaltenen Kfz-Sachbezug von 1.592,73 EUR auf 26.062,80 EUR zu kürzen.

28) Soweit der Bf die Mitfahrgelegenheit zur Arbeitsstätte nutzen konnte, kann aber - mangels erwachsener Kosten - kein Pendlerpauschale berücksichtigt werden.
Die Kosten für die Fahrtstrecke von der Wohnung zum Treffpunkt in B-Stadt, die unter 20 km betragen hat und für die er auch ein öffentliches Verkehrsmittel nutzen hätte können, ist mit dem Verkehrsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 abgegolten.

29) Für jene Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Bf mit dem eigenen Pkw zurücklegen musste, weil er die Mitfahrgelegenheit nicht nutzten konnte, steht ihm das Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c iVm lit. e zweiter Teilstrich EStG 1988 zu.

30) Wie oben ausgeführt, hat der Bf in der Regel mindestens einmal in der Woche, somit mindestens 4 Mal im Monat seinen eigenen Pkw für diese Strecke von 75 km verwendet.
Soweit er in den Monaten April und September bis Dezember weniger als 4 Mal diese Strecke mit dem eigenen Pkw zurückgelegt hat, war dies nach den vorliegenden Aufzeichnung nur in den Monaten September bis Dezember auf Krankenstands- oder Urlaubszeiträume zurückzuführen, für die nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. h EStG 1988 keine Kürzung des Pendlerpauschales vorzunehmen ist. Im April 2016 ist der Bf nach den Aufzeichnungen nur einmal mit dem eigenen Pkw nach B-Dorf gefahren. Das Unterschreiten des Mindestausmaßes von 4 Fahrten war auch nicht auf Feier-, Krankenstands- oder Urlaubstage zurückzuführen, sodass eine pauschale Abgeltung des Fahrtaufwandes im Wege des Pendlerpauschales für diesen Monat nicht in Betracht kommt.
Das Pendlerpauschale war daher insgesamt für 11 Monate mit 638 EUR (11/12 v. 696 EUR) anzusetzen.

31) Entsprechend konnte auch der Pendlereuro als Absetzbetrag nach § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 nur mit 45,83 EUR (75 km x 2 EUR =150 EUR / 3 = 50 EUR, davon 11/12 = 45,83 EUR) berücksichtigt werden.

Zulässigkeit einer Revision

32) Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

33) Der Bf hat keine Argumente betreffend die Relevanz einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorgetragen. Das Gericht kann auch von sich aus keine solchen erkennen. Für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision besteht daher kein Anlass.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz:
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 iVm § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100137.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at