Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.03.2020, RV/2200008/2018

Aussetzungszinsen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0045. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/2200002/2023 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerde-sache A, Adresse1, vertreten durch V, Adresse2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Graz vom , Zahl: aa, betreffend die Festsetzung von Aussetzungszinsen zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Für den Zeitraum vom bis werden Aussetzungszinsen im Betrag von € 13.163,62 neu festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Aussetzungszinsen sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

a) Verfahrensverlauf:

Mit Bescheid vom , Zahl: aa, hat das Zollamt Graz für die A, Adresse1, als Beschwerdeführerin (kurz: Bf) für einen näher genannten Zeitraum näher genannte Aussetzungszinsen festgesetzt.
Der Bescheid wurde der Bf am zugestellt.

Dagegen wurde beim Zollamt Graz form- und fristgerecht die am beim Zollamt Graz eingelangte Beschwerde vom erhoben.

Die Beschwerde wurde vom Zollamt Graz mit Beschwerdevorentscheidung (kurz: BVE) vom , Zahl: bb, als unbegründet abgewiesen.
Die BVE wurde der Bf am zugestellt.

Dagegen wurde von der Bf mit der am zur Post aufgegebenen Eingabe vom form- und fristgerecht Vorlageantrag erhoben.

b) Sachverhalt:

Mit Sammelbescheid vom , Zahl: cc, wurden für die Bf vom Zollamt Graz für die Zeiträume jeweils erstes bis viertes Quartal der Jahre 2010 bis 2013 erstmalig Altlastenbeiträge und Nebenabgaben im Gesamtbetrag von € 1.284.553,92 (darin enthalten Altlastenbeiträge in der Höhe von € 1.235.148,00 sowie Säumnis- und Verspätungszuschläge in der Höhe von jeweils € 24.702,96) festgesetzt bzw. ausgemessen.
Dieser als Hauptsache ergangene Sammelbescheid wurde der Bf am zugestellt.

Dagegen hat die Bf form- und fristgerecht die beim Zollamt Graz am eingebrachte Beschwerde vom erhoben.
In der Beschwerdeschrift hat die Bf auch einen Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO gestellt.

Das Zollamt Graz hat über die dem Aussetzungsantrag zugrunde liegende und die Hauptsache betreffende Beschwerde mit BVE vom , Zahl: dd, entschieden und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen die BVE wendet sich der in offener Frist formgerecht eingebrachte Vorlageantrag der Bf vom .

In der Folge hat das Bundesfinanzgericht (kurz: BFG) in der Hauptsache mit Erkenntnis vom , GZ. ee, entschieden und in diesem den Spruchpunkt IV des Sammelbescheides (der Hauptsache) aufgehoben, die Spruchpunkte I bis III des Sammelbescheides hingegen unberührt gelassen und einer späteren Entscheidung vorbehalten.
Die diesbezügliche, die Spruchpunkte I bis III des Sammelbescheides (der Hauptsache) betreffende Beschwerde behängt beim BFG zur GZ: ff und wurde darüber noch nicht entschieden.

Der in der Beschwerdeschrift vom von der Bf gestellte Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO wurde vom Zollamt Graz mit Bescheid vom , Zahl: gg, abgewiesen.
Im Wesentlichen stützt sich das Zollamt Graz dabei auf die Judikatur des VwGH, wonach ab dem Zeitpunkt der Beschwerdeerledigung (hier durch die BVE) eine Bewilligung der Aussetzung nicht mehr in Betracht komme.

Dagegen hat die Bf einen frist- und formgerechten Vorlageantrag erhoben.

Mit Bescheid vom , Zahl: aa, hat das Zollamt Graz gemäß § 212a Abs. 9 BAO gegenüber der Bf für den Zeitraum vom bis zum Aussetzungszinsen im Betrag von € 24.635,28 festgesetzt.
Der Bescheid wurde der Bf am 21. April zugestellt.

Dagegen wendet sich die beim Zollamt Graz am eingebrachte Beschwerde vom .
Die Bf bringt in dieser im Wesentlichen vor:
Mit dem bekämpften Bescheid seien für sie vom Zollamt Graz für einen näher genannten Zeitraum Aussetzungszinsen im Betrag vom € 24.635,28 festgesetzt worden.
Die Bf bekämpft den Bescheid vom zur Gänze, weil er mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet sei.
Der Beschwerdesachverhalt sei jener, dass sie mit Schriftsatz vom einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt habe. Dieser sei mit Bescheid des Zollamtes Graz vom abgewiesen worden. Gegen diesen habe sie mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und dieses zusammengefasst damit begründet, die belangte Behörde habe mit der Abweisung gegen die ständige Judikatur des BFG verstoßen.
Mit Bescheid vom habe die belangte Behörde Aussetzungszinsen festgesetzt, obwohl der Aussetzungsantrag noch nicht erledigt sei. Gegen diesen Bescheid richte sich die Beschwerde.
Die Bf erachtet sich durch den Bescheid,
1) in ihrem Recht, dass nur dann Aussetzungszinsen berechnet werden, wenn der Antrag auf Aussetzung der Einhebung tatsächlich erledigt wurde;
2) in ihrem Recht, dass nur dann Aussetzungszinsen festgesetzt werden, wenn dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben wird;
3) in ihrem Recht, dass nur dann Aussetzungszinsen festgesetzt werden, wenn der Antrag auf Aussetzung der Einhebung rechtskräftig abgewiesen wurde;
4) in ihrem Recht auf angemessene Begründung eines Bescheides und
5) in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter
verletzt.

c) Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vom Zollamt Graz dem BFG vorgelegten Verwaltungsakt.

d) Rechtslage:

§ 212a Abs. 9 BAO:
Für Abgabenschuldigkeiten sind
a) solange aufgrund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über die noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder
b) soweit infolge der Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,
Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5 oder 5a) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

§ 230 Abs. 6 BAO:
Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212a Abs. 1, 2 lit. b und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

§ 279 Abs. 1 BAO:
Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

e) Zu den Vorbringen der Bf:

1) Zu den Vorbringen der Bf im Allgemeinen:

Nach Stellung eines Aussetzungsantrages dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zu seiner Erledigung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden. Die Wirkung der Aussetzung besteht gemäß § 212a Abs. 5 erster Satz BAO in einem Zahlungsaufschub (siehe Ritz, BAO6, § 212a, Tz 20 und Tz 25).

Ist eine meritorische Erledigung zulässig (liegt vor allem kein Grund zur Zurückweisung oder Erlassung eines Zurücknahmebescheides gemäß § 85 Abs. 2 BAO vor), so ist dem Antrag ganz oder teilweise stattzugeben bzw. ist er abzuweisen (siehe Ritz, BAO6, § 212a Tz 24).

Aussetzungszinsen sind nicht nur für die Dauer des (sich aus einem Aussetzungsbescheid ergebenden) Zahlungsaufschubes zu entrichten, sondern bereits für die Zeit, in der nach § 230 Abs. 6 aufgrund des Aussetzungsantrages Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Aussetzungszinsen stellen ein Äquivalent für den tatsächlich in Anspruch genommenen (jederzeit durch Entrichtung gemäß § 212a Abs. 8 BAO beendbaren Zahlungsaufschub) dar (siehe Ritz, BAO6, § 212a Tz 32 und die dort zitierte Judikatur).

Gemäß dem auch für Aussetzungszinsen geltenden § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Dabei knüpft § 212a Abs. 9 BAO die Verpflichtung zur Entrichtung von Aussetzungszinsen bereits an den Zeitpunkt, ab welchem infolge eines Antrages, über den noch nicht entschieden wurde, Einhebungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen, somit an die Antragstellung selbst. Der Umstand, dass die Festsetzung von Aussetzungszinsen vor der Erlassung des dem Aussetzungsantrag nicht stattgebenden Bescheides oder im Fall der Bewilligung der Aussetzung vor der Verfügung des Ablaufes oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen sind, ändert nichts daran, dass der Tatbestand, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft, bereits mit erfolgter Antragstellung verwirklicht ist, wobei der Aussetzungszinsenanspruch laufend während jener Zeit entsteht, in der der Zahlungsaufschub in Anspruch genommen wird (vgl. , ).

Allein dieser tageweisen Abgabenentstehung und dem sich dabei auch verändernden Aussetzungszinssatz nach § 212a Abs. 9 BAO hat die gesonderte Berechnung der Aussetzungszinsen für einzelne Zeiträume der Aussetzung Rechnung zu tragen (vgl. ).

Bemessungsgrundlage der Aussetzungszinsen ist der in Betracht kommende Abgabenbetrag bzw. die im Aussetzungsantrag angeführte Abgabenschuldigkeit (siehe Ritz, BAO6, § 212a Tz 33 du die dort zitierte Judikatur).

In der Zeit vom bis zum und damit für 89 Tage sind bei einem Jahreszinssatz von 1,88 und bei einem Tagessatz von 0,0052 Aussetzungszinsen im Betrag von € 5.888,536 angefallen. In der Zeit vom bis zum und damit für 386 Tage sind bei einem Jahreszinssatz von 1,38 und bei einem Tagessatz von 0,0038 Aussetzungszinsen im Betrag von € 18.746,745 angefallen. Als Summe ergibt sich sohin der Betrag von € 24.635,28.

Im nun bekämpften Bescheid wurden - ausgehend von Abgaben im Gesamtbetrag von € 1.284.553,92 als Bemessungsgrundlage - für den Zeitraum vom bis zum Aussetzungszinsen im genannten Gesamtbetrag festgesetzt.

Aus der Begründung der im Gegenstand ergangenen BVE vom , Zahl: bb, auf die verwiesen wird, ergibt sich detailliert der erwähnte Zeitraum, in dem Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden durften.

Es ist zulässig, im Rahmen der Begründung eines Bescheides zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen auf die Begründung eines anderen, der Partei zugestellten Bescheides zu verweisen (siehe Ritz, BAO6, § 280, Tz 11 und die dort angeführte Judikatur).

Eine allfällige Unrichtigkeit eines Aussetzungsbescheids ist in einem Rechtsmittel gegen den Aussetzungsbescheid geltend zu machen. Im Verfahren betreffend Aussetzungszinsen kann die Richtigkeit eines Aussetzungsbescheides nicht mehr bekämpft werden (vgl. ).

Eine nachträgliche Herabsetzung der Abgabenschuld (z.B. durch ein Erkenntnis oder durch eine Beschwerdevorentscheidung) ist zu berücksichtigen. Daher fallen grundsätzlich keine Aussetzungszinsen an, soweit der Beschwerde stattgegeben wird. Eine rückwirkende Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages (iSd § 212a Abs. 9 dritter Satz) hat von Amts wegen zu erfolgen (siehe Ritz, BAO6, § 212a Tz 34).

2) Zu den Vorbringen der Bf im Besonderen:

Im Gegenstand hat das BFG in der abgabenrechtlichen Hauptsache mit Erkenntnis vom , GZ. ee, entschieden und in diesem den Spruchpunkt IV des Sammelbescheides aufgehoben, die Spruchpunkte I bis III des Bescheides hingegen unberührt gelassen und einer späteren Entscheidung vorbehalten.

Ein Sammelbescheid (kombinierter Bescheid) umfasst in einer Ausfertigung mehrere isoliert der Rechtskraft fähige Bescheide (siehe Ritz, BAO6, § 93, Tz 31).

Hinsichtlich des Spruchpunktes IV fallen im Grunde des zuletzt erwähnten Erkenntnisses des BFG demnach keine Aussetzungszinsen an, was vom BFG im gegenständlichen Erkenntnis rückwirkend zu berücksichtigen war.

Auf die durch den Spruchpunkt IV des Sammelbescheides festgesetzten Altlastenbeiträge und ausgemessenen Säumnis- und Verspätungszuschläge entfielen € 11.471,66 an Aussetzungszinsen. Auf die durch die Spruchpunkte I bis III des kombinierten Bescheides festgesetzten Altlastenbeiträge und ausgemessenen Säumnis- und Verspätungszuschläge entfallen Aussetzungszinsen im Betrage von € 13.163,62, die - wie im Spruch des Erkenntnisses geschehen - neu festzusetzen sind.

Das Zollamt Graz konnte die Aussetzungszinsen bisher nicht von Amts wegen herabsetzen, weil die Aussetzungszinsen im gegenständlichen abgabenrechtlichen Verfahren strittig in der Zuständigkeit des BFG verfangen waren.

Das Zollamt Graz hat über die dem Aussetzungsantrag zugrunde liegende und die Hauptsache betreffende Beschwerde mit BVE vom entschieden, die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdesache abschließend erledigt.

Abschließende Erledigungen gemäß § 212a BAO sind Beschwerdevorentscheidungen, aufhebende, die Sache an die Abgabenbehörde zurückverweisende Beschlüsse und Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte (siehe Ritz, BAO6, § 212a Tz 28).

Der Aussetzungsantrag wurde durch die Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom , Zahl: gg, erledigt, womit die Hemmungswirkung weggefallen ist, sodass Einbringungsmaßnahmen wieder eingeleitet und fortgesetzt werden durften. Dadurch hat die hemmende Wirkung des § 230 Abs. 6 BAO, namentlich der Zahlungsaufschub, geendet. Das Zollamt Graz hat sich dabei zu Recht auf die Judikatur des VwGH, wonach ab dem Zeitpunkt der Beschwerdeerledigung (hier durch die BVE) eine Bewilligung der Aussetzung nicht mehr in Betracht kommt, gestützt (vgl. ).

Bei der Bestimmung de § 212a Abs. 9 BAO handelt es sich um einen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ex lege bestehenden Anspruch. Aus einem sinngemäß auf den Gegenstand anzuwenden Erkenntnis ergibt sich, dass die hier strittige Festsetzung von Aussetzungszinsen gesetzliche Folge der durch Bescheid abgewiesenen Aussetzung der Einhebung von Abgaben ist ().

Aus den beiden letzten Sätzen der eben genannten Bestimmung ("Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.") ergibt sich, dass die bescheidmäßige Festsetzung der Aussetzungszinsen (erst) nach der Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung oder im Falle der Stattgabe des Antrages (erst) nach Ablauf oder Widerruf der Aussetzung der Einhebung erfolgen darf.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Nebengebühren (Säumniszuschlag, Stundungs- und Aussetzungszinsen) setzt die Pflicht zur Erhebung dieser Nebengebühren nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern einer formellen Abgabenschuld voraus. Im Fall der Abänderung der formellen Abgabenschuld sind nach den ausdrücklichen Regelungen in der BAO die genannten Nebengebühren abzuändern (§§ 212 Abs. 2, 212a Abs. 9 und 221a Abs. 2). Wenn eine Behörde den Bestand der formellen Abgabenschuld als Grundlage für die Vorschreibung der Säumniszinsen machte, dann ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen (vgl. ).

Die Bf wurde damit nicht in ihrem Recht, dass nur dann Aussetzungszinsen berechnet werden, wenn der Antrag auf Aussetzung der Einhebung tatsächlich erledigt wurde, dass nur dann Aussetzungszinsen festgesetzt werden, wenn dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben wird, dass nur dann Aussetzungszinsen festgesetzt werden, wenn der Antrag auf Aussetzung der Einhebung rechtskräftig abgewiesen wurde, verletzt.

Nach Maßgabe des § 93 Abs. 3 BAO hat ein Bescheid eine Begründung zu enthalten, weil erst die Begründung den Bescheid für einen Abgabepflichtigen nachvollziehbar und kontrollierbar macht. Zentrale Begründungselemente sind eine Sachverhaltsdarstellung, Erwägungen der Behörde, eine Beweiswürdigung und eine rechtliche Beurteilung. Begründungsmängel in einem Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden. Daher kann z.B. die Begründung einer Beschwerdevoretscheidung einen Begründungsmangel sanieren (siehe Ritz, BAO6, § 93, Tz 10 ff).

Diesen Anforderungen entspricht die im Gegenstand ergangene BVE des Zollamtes Graz vom , Zahl: bb; jedenfalls aber das gegenständliche Erkenntnis.

Die Bf wurde damit auch nicht in ihrem Recht auf eine angemessene Begründung des strittigen Bescheides verletzt.

Inwieweit das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt wurde, hat die Bf nicht näher dargetan, weshalb sich das BFG mit diesem Vorbringen nicht näher auseinander zu setzen vermag.

Sollte damit - wie in der Beschwerdeschrift in der Hauptsache vom vorgebracht - ein nicht beachteter Antrag auf Unterbleiben der BVE gemäß § 262 Abs. 2 BAO gemeint sein, sodass die BVE des Zollamtes Graz unterbleiben hätte sollen, darf vom BFG daran erinnert werden, dass nach § 45 ZollR-DG (idF AbgÄG 2013) in Zollverfahren die Regelungen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO nicht anzuwenden sind. Die Bestimmung des § 262 Abs. 1 BAO ist jedoch anzuwenden. Daraus ergibt sich, dass von jenem Zollamt, das den angefochtenen Bescheid erlassen hat, jedenfalls mittels BVE über die Beschwerde zu entscheiden ist, eine BVE zwingend zu erfolgen hat.

f) Berechnung der neu festgesetzten Aussetzungszinsen:

Der mit Erkenntnis des GZ. ee, ersatzlos behobene Gesamtbetrag an Abgaben für das erste bis vierte Quartal des Jahres 2013 (Spruchpunkt IV des kombinierten Bescheides) als Gutschrift setzte sich wie folgt zusammen:
Altlastenbeitrag: € 575.157,00
Säumniszuschlag: € 11.503,14
Verspätungszuschlag: € 11.503,14
Gesamtbetrag: € 598.163,28

Der Aussetzungszinsbetrag, der auf diesem Abgabenbetrag (€ 598.163,28) als Bemessungsgrundlage für die diesbezüglichen Aussetzungszinsen (0AU) lastet, hat € 11.471,66 betragen.

Der Aussetzungszinsbetrag, der auf dem durch die Spruchpunkte I bis III des kombinierten Bescheides erfassten und durch das BFG noch nicht entschiedenen Abgabenbetrag in der Höhe von insgesamt € 686.390,64 als Bemessungsgrundlage für die diesbezüglichen Aussetzungszinsen (0AU) lastet, beträgt € 13.163,62.

Beide Beträge (€ 11.471,66 und € 13.163,62) zusammen gerechnet ergeben in Summe den ursprünglich festgesetzten Aussetzungszinsenbetrag in Höhe von € 24.635,28.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des BFG ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das BFG stützt seine Entscheidungen auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und auf die im Erkenntnis zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt, sodass eine Revision nicht zugelassen wird.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz:

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder zur Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Rechtskraft der Hauptsache nicht erforderlich
Aussetzung der Einhebung
gesetzlicher Richter
Begründung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2200008.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at