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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.03.2020, RV/7102478/2018

Haftungsbescheid gemäß §§ 9 iVm 80 BAO - betragsmäßige Inanspruchnahme entsprechend Quote bei Schuldenregulierungsverfahren des Haftungsschuldners mit Abschluss eines Zahlungsplans

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Haftungsinanspruchnahme gemäß §§ 9 iVm 80ff Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt: 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, als dass die Haftung gemäß den §§ 9 und 80ff BAO in der Höhe von bisher 53.170,06 Euro auf nunmehr 14.328,59 Euro eingeschränkt wird.

Eine Aufgliederung der Haftungssumme ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt, das einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet, zu entnehmen.

Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Mit Haftungsbescheid vom nahm die belangte Behörde die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge abgekürzt Bf) als ehemalige Geschäftsführerin der X-GmbH (in weiterer Folge Gesellschaft) als Haftungspflichtige gemäß §§ 9 iVm 80ff Bundesabgabenordnung (BAO) für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft im Gesamtausmaß von 53.170,06 Euro in Anspruch. Bei den betroffenen Abgabenschuldigkeiten handelt es sich um Beträge betreffend die Umsatzsteuer, die Körperschaftsteuer, die Lohnsteuer, die Dienstgeberbeiträge samt Zuschlägen sowie diverse Nebenansprüche aus dem Zeitraum 2014 bis 2016.  

Zur Begründung führte das Finanzamt wie folgt aus:

„1. Gemäß § 80 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
2. Gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. haften die in § 80 Abs. 1 leg. cit. erwähnten Personen neben
den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben
infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden
können.
3. Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner
gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.
4. Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich, dass der wirksam bestellte
Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
5. Sie waren im Zeitraum von bis unbestritten handelsrechtlicher
Geschäftsführer der Fa. X-GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.
6. Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer ist folgendes festzuhalten: Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und Abs. 2 und des § 16 leg. cit. selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für folgende Zeiträume - siehe Haftungsbescheid - wurde die Umsatzsteuer gemeldet bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet.
7. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers ist, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (, 0038). Demnach haftet der Geschäftsführer
für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.
8. Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer ist festzuhalten,
dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1972 bzw. 1988 der Arbeitgeber die Lohnsteuer des
Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten hat. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, für
eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Sie hingegen haben die Abfuhr der
angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es wird in diesem Zusammenhang
hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 leg. cit. für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen, verpflichtet ist, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung
gelangenden, niedrigeren Betrag, zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der
Nichtbeachtung dieser Verpflichtung ist jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken.
(vgl. ).
9. Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person
nicht erfolgsneutral sind, ist es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun,
weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die anfallenden Abgaben rechtzeitig
entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung
angenommen werden darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen
ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende
Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden (§ 77 Abs. 2
BAO), die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg. cit.) wie den
Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines
pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat. Der zur Haftung herangezogene
Geschäftsführer hat daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung
nachzuweisen. Außerdem hat er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der
Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (vgl. ; , 85/17/0035 und , 87/14/0148). Da Sie Ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sind und die Abgaben bei der o.a. Gesellschaft uneinbringlich sind, war wie im Spruch zu entscheiden.
10. Letztlich wird auf die Bestimmungen des § 7 Abs. 2 BAO verwiesen, wonach sich
persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstrecken. Ebenso sind Zwangs- und
Ordnungsstrafen im Wege der Geschäftsführerhaftung geltend zu machen.
11. Die Schuldhaftigkeit ist damit zu begründen, dass durch Ihr pflichtwidriges Verhalten
als Vertreter der Gesellschaft, die Uneinbringlichkeit eingetreten ist.“

Mit Eingabe vom erhob die Bf fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Zur Begründung führte sie aus, dass sie als Geschäftsführerin der Gesellschaft rechtzeitig den Konkurs für die Gesellschaft angemeldet habe und dieser am eröffnet worden sei. Es habe keine Gläubigerbevorzugung gegeben, die Schlussrechnung sei mit genehmigt worden.

Am sei der Privatkonkurs über ihr Vermögen eröffnet worden. Die Frist zur Forderungsanmeldung sei der gewesen. Da es sich bei dem im Haftungsbescheid vom geforderten Betrag nicht um eine Neuschuld gehandelt habe, hätte diese Forderung, die ja schon zum Zeitpunkt der Privatkonkurseröffnung bestanden hat, in diesem Schuldnerregulierungsverfahren angemeldet werden müssen.

Der am angenommene Zahlungsplan mit einer Quote von 27,29 % sei bestätigt worden und am in Rechtskraft erwachsen. Aufgrund des Einkommens der Bf sei eine Quotenerhöhung bzw Mitaufnahme in den Zahlungsplan nicht möglich.

Die belangte Behörde erledigte die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise stattgebend. Der haftungsgegenständliche Betrag wurde auf die im Zahlungsplan festgelegte Quote von 27,29%, somit von 53.170,06 Euro auf nunmehr 14.510,11 Euro, reduziert.

Zur Begründung führte das Finanzamt zusammengefasst aus, dass die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Gesellschaft als Primärschuldnerin aufgrund der amtswegigen Löschung im Firmenbuch per zweifelsfrei feststehe.

Stehe die Uneinbringlichkeit bestimmter Abgabenbeträge bei der Primärschuldnerin fest, sei es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache der
Geschäftsführerin darzutun, weshalb sie nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die
Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Die Bf habe diesen Nachweis nicht erbracht, sondern lediglich ausgeführt, dass die Eröffnung ihres Privatkonkurses am stattgefunden habe und dass es sich bei dem im Haftungsbescheid geforderten Betrag nicht um eine Neuschuld handle, somit diese Forderung bereits im Schuldregulierungsverfahren angemeldet hätten werden müssen.

Ergehe ein Haftungsbescheid gegenüber einem nach Abgabenvorschriften Haftenden erst nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Haftenden, dann stelle die Haftungsforderung des Abgabengläubigers keine Konkursforderung im Konkursverfahren des Haftungsschuldners dar. Erfolge die Haftungsinanspruchnahme, nachdem im Konkursverfahren des Haftenden ein Ausgleich bzw Zahlungsplan rechtskräftig bestätigt wurde, dann sei bei der Geltendmachung der Haftung auf die Rechtswirkungen des rechtskräftig bestätigten Ausgleiches bzw Zahlungsplanes (Restschuldbefreiung nach §§ 156 Abs. 1 iVm 193 Abs. 1 zweiter Satz KO) grundsätzlich nicht Bedacht zu nehmen. Komme hinsichtlich des Haftenden ein Zwangsausgleich bzw Zahlungsplan zustande und werden die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches schon vor der Konkurseröffnung verwirklicht, dann entspreche es allerdings der bei Geltendmachung der Haftung im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit, dass sich die Inanspruchnahme betragsmäßig an der Ausgleichs- bzw der im Zahlungsplan festgelegten Quote orientiert, wenngleich es der Abgabenbehörde unbenommen sei, im Rahmen der Ermessensübung ergänzend noch auf andere Umstände Bedacht zu nehmen.

Mit fristgerechter Eingabe vom beantragte die Bf die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht sowie – hier nicht verfahrensgegenständlich – die Aussetzung der Einhebung des offenen Rückstandes gemäß § 212a BAO bzw die Nachsicht der Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 BAO aufgrund von persönlicher und sachlicher Unbilligkeit.

Begründend hielt die Bf fest, dass die Voraussetzungen für die haftungsmäßige Inanspruchnahme von Geschäftsführern gemäß § 9 BAO nicht vorliegen würden, da sie als Geschäftsführerin keine (schuldhafte) Pflichtverletzung begangen habe.

Die Bf habe alle Gläubiger gleichmäßig behandelt und keinen Gläubiger bevorzugt. Bei der Gebietskrankenkasse seien die Dienstnehmeranteile auf die ausgezahlten
Nettolöhne und beim Finanzamt die Lohnsteuer und die Dienstgeberbeiträge (DB,
DZ) auf die ausbezahlten Nettolöhne bis Ende April bezahlt worden. Danach seien keine Löhne mehr ausbezahlt worden. Dies sei auch auf dem Rückstandsausweis dahingehend zu ersehen, dass erst wieder Lohnabgaben ab Mai 2016 offen seien (passend zu den nicht ausbezahlten Löhnen, was damit die Geltendmachung von Lohnabgaben im Zeitraum Mai bis Juli 2016 fragwürdig mache).

Hinsichtlich der anderen Rückstände wie Umsatzsteuer seien laufend Raten bezahlt worden. Gleichlautende Ratenverpflichtungen seien mit sämtlichen Lieferanten (zB Lieferant_1, Steuerberater, Lieferant_2, Lieferant_3, weitere Getränkelieferanten) abgeschlossen worden.

Dass die Bf als Geschäftsführerin tatsächlich keine (schuldhafte) Gläubigerbevorzugung getätigt habe, ließe sich auch daran erkennen und beweisen, dass die Masseverwalterin im Rahmen des Insolvenzverfahrens keine Anfechtung wegen Gläubigerbevorzugung gemacht habe, was deren gesetzlich auferlegte Pflicht sei und von ihr auch untersucht worden sei. Einzige Ausnahme stelle eine Zahlung aus dem Juni 2016 an die Gebietskrankenkasse dar, welche im Wissen, dass sie rückgefordert wird, bezahlt worden sei. Die Gebietskrankenkasse habe den Konkursantrag gestellt und dieses Geld sei von der Gebietskrankenkasse vollständig zurückgefordert und dafür verwendet worden, um die Verfahrenseröffnungskosten und die Masseforderungen zu bedienen.

Die belangte Behörde legte daraufhin am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor ersuchte um Abweisung iSd Beschwerdevorentscheidung. In einer Stellungnahme brachte das Finanzamt ua vor, die Bf habe keine geeigneten Nachweise erbracht, sondern lediglich behauptet, dass keine Gläubigerbevorzugung stattgefunden habe.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Mit dem angefochtenen Haftungsbescheid vom wurde die Bf für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft iHv insgesamt 53.170,06 Euro in Anspruch genommen. Betroffen waren 73 einzelne Abgabenansprüche (Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge, Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag, erste und zweite Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge, Stundungszinsen, Pfändungsgebühren und Barauslagenersätze) aus dem Zeitraum 2014 bis 2016. Die Fälligkeitstage der betroffenen Abgaben liegen alle zwischen dem und dem .

Konkret hafteten die dem streitgegenständlichen Bescheid zugrundeliegenden Abgaben in folgender Höhe aus:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart 
Zeitraum 
Betrag
Dienstgeberbeitrag 
07/2014
21,06
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 
07/2014
31,11
Umsatzsteuer 
06/2014
1.713,00
Körperschaftsteuer 
07-09/2014
125,00
Umsatzsteuer 
07/2014
788,36
Lohnsteuer 
08/2014
128,83
Dienstgeberbeitrag 
08/2014
276,32
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 
08/2014
24,57
Lohnsteuer 
09/2014
144,97
Dienstgeberbeitrag 
09/2014
202,64
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 
09/2014
18,01
Säumniszuschlag 1 
2014
64,71
Körperschaftsteuer 
10-12/2014
1.062,00
Lohnsteuer 
10/2014
144,97
Dienstgeberbeitrag 
10/2014
199,51
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 
10/2014
17,74
Lohnsteuer 
11/2014
343,98
Dienstgeberbeitrag 
11/2014
394,86
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 
11/2014
35,10
Stundungszinsen 
2014
98,02
Umsatzsteuer 
04/2015
454,85
Säumniszuschlag 1 
2015
63,57
Umsatzsteuer 
05/2015
3.581,96
Säumniszuschlag 1 
2015
66,37
Stundungszinsen 
2015
118,76
Körperschaftsteuer 
07-09/2015
437,00
Umsatzsteuer 
06/2015
3.558,27
Lohnsteuer 
07/2015
273,20
Dienstgeberbeitrag 
07/2015
602,93
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 
07/2015
53,59
Umsatzsteuer 
07/2015
4.146,27
Säumniszuschlag 1 
2015
71,64
Lohnsteuer 
08/2015
157,60
Dienstgeberbeitrag
08/2015
586,12
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
08/2015
52,10
Lohnsteuer
09/2015
291,78
Dienstgeberbeitrag
09/2015
531,55
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
09/2015
47,25
Umsatzsteuer
08/2015
4.780,77
Säumniszuschlag 1
2015
71,17
Säumniszuschlag 1
2015
82,93
Körperschaftsteuer
10-12/2015
439,00
Körperschaftsteuer
2014
1,00
Säumniszuschlag 1
2015
95,62
Säumniszuschlag 1
2015
62,99
Körperschaftsteuer
01-03/2015
437,00
Umsatzsteuer
12/2015
2.899,08
Säumniszuschlag 1
2015
85,31
Säumniszuschlag 1
2015
74,25
Umsatzsteuer
02/2016
4.983,22
Säumniszuschlag 1
2016
133,08
Körperschafsteuer
04-06/2016
437,00
Umsatzsteuer
03/2016
5.069,59
Säumniszuschlag 1
2016
75,16
Umsatzsteuer
04/2016
4.852,10
Säumniszuschlag 1
2016
99,66
Lohnsteuer
05/2016
245,17
Dienstgeberbeitrag
05/2016
557,93
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
05/2016
49,59
Umsatzsteuer
05/2016
4.170,55
Lohnsteuer
06/2016
250,05
Dienstgeberbeitrag
06/2016
574,26
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/2016
51,05
Säumniszuschlag 2
2016
53,99
Säumniszuschlag 1
2016
101,39
Pfändungsgebühr
2016
100,00
Barauslagenersatz
2016
0,62
Lohnsteuer
07/2016
182,23
Dienstgeberbeitrag
07/2016
411,51
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
07/2016
36,58
Körperschaftsteuer
07-09/2016
437,00
Verspätungszuschlag
04/2016
242,60
Säumniszuschlag 1
2016
97,04
Summe
 
53.170,06

Die X-GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet und am im Firmenbuch eingetragen. Mit Beschluss des Gerichtes_1 vom wurde über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft aufgelöst. Mit Beschluss des Gerichtes vom wurde der Konkurs nach der Schlussverteilung mit einer Quote von 1,154 % aufgehoben. Am wurde die Gesellschaft gemäß § 40 Firmenbuchgesetz (FBG) im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht.

Die Bf war seit Gründung der X-GmbH zu 30 % Gesellschafterin und bis gemeinsam mit Herrn B Geschäftsführerin der Gesellschaft. Mit Beschluss des Gerichtes_2 vom wurde über das Vermögen der Bf das Schuldenregulierungsverfahrens mit Eigenverwaltung der Schuldnerin eröffnet. Mit Beschluss des Gerichtes vom wurde dieses Verfahren nach Annahme und Bestätigung des Zahlungsplans mit einer Quote von 27,29 % bestätigt.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und gründen sich auf die vorgelegten Akten, den elektronischen Steuerakt, das Firmenbuch sowie die Ediktsdatei des Bundesministeriums für Justiz.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall kommen folgende rechtliche Bestimmungen zur Anwendung:

Gemäß § 9 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche, wie beispielsweise Stundungszinsen, Aussetzungszinsen, Säumniszuschläge und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens.

Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO sind die Stellung als Vertreter der Gesellschaft, eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters und dessen Verschulden an dieser Pflichtverletzung sowie die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (vgl ).

Unbestritten ist, dass der Bf als kollektiv vertretungsbefugter Geschäftsführerin der Abgabepflichtigen ab Gründung der Gesellschaft bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens am neben einem weiteren Geschäftsführer die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Mit Erlassung des Haftungsbescheides am bestanden Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft iHv insgesamt 53.170,06 Euro.

Mit Beschluss des Gerichtes_1 vom wurde der am über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Konkurs nach der Schlussverteilung aufgehoben. In weiterer Folge wurde die Gesellschaft am im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Damit steht die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin fest.

Weder die Frage, ob den Geschäftsführer ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH trifft, noch andere als abgabenrechtliche Pflichten, etwa die Pflicht, rechtzeitig einen Konkursantrag zu stellen oder ein Ausgleichsverfahren zu betreiben, sind für die Haftung gemäß § 9 BAO von Bedeutung (, 0109; , 87/14/0148; , 89/14/0043).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Reichen die Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden, andernfalls haftet der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft. Eine Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers oder einiger Gläubiger stellt somit eine schuldhafte Pflichtverletzung durch den Vertreter dar, sofern dieses Verhalten eine Verkürzung der Abgaben bewirkt hat (vgl ). Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger – bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits – an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl ).

Die Bf hat in der gegenständlichen Berufung vom sowie im Vorlageantrag vom lediglich vorgebracht, dass alle Gläubiger gleichmäßig behandelt und keine Gläubiger bevorzugt worden seien. Ein Nachweis, welcher Abgabenbetrag bei einer derartigen gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre, wurde nicht erbracht.

Die bloße Behauptung, es habe keine Gläubigerbevorzugung gegeben, stellt keine ausreichend konkrete, sachbezogene Behauptung dar, die der der Bf obliegenden besonderen Behauptungs- und Beweislast genügt (vgl ).

Die Bf wurde sowohl in der Begründung des angefochtenen Bescheides als auch in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom auf die Erforderlichkeit des Nachweises, dass die vorhandenen liquiden Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft verwendet wurden, hingewiesen.

Diesbezüglich hat die Bf nur ausgeführt, dass hinsichtlich der Abgabenrückstände (bspw betreffend die Umsatzsteuer) laufend Raten bezahlt worden seien und gleichlautende Ratenverpflichtungen mit sämtlichen Lieferanten abgeschlossen worden seien. Weiters habe die Masseverwalterin im Rahmen des Insolvenzverfahrens der Gesellschaft keine Anfechtungsansprüche wegen möglicher Gläubigerbegünstigung geltend gemacht.

Dazu ist einerseits festzuhalten, dass auf dem Abgabenkonto der Gesellschaft die streitgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten trotz erfolgter (Teil-)Zahlungen, Gutschriften usw unberichtigt aushafteten bzw aushaften. Andererseits ergibt sich aus dem Nichtvorliegen eines Anfechtungstatbestandes im Sinne der Konkursordnung keineswegs zwingend, dass der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer die Abgabenbehörde insgesamt gleichbehandelt hat, da die Anfechtungsbestimmungen der Konkursordnung sich vor allem gegen kurz vor der Konkurseröffnung (vgl die Frist von 60 Tagen gemäß § 30 Abs. 1 IO) vorgenommene Vermögensverschiebungen zu Gunsten einzelner Gläubiger richten.

Ob bzw inwieweit von den Vertretern geleistete Zahlungen wegen Begünstigung von Gläubigern rechtsunwirksam bzw anfechtbar gewesen wären, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Haftungsverfahren nicht zu prüfen. Die im Haftungsverfahren zu beantwortende Frage, ob der Abgabengläubiger gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt wurde, bleibt davon unberührt ().

Mangels Behauptung und Nachweis des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der zu den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel, kommt eine Beschränkung der Haftung auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung der nicht den Abgabenvorschriften entsprechenden Entrichtung der Abgaben der Primärschuldnerin durch die Bf konnte das Finanzamt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass diese Pflichtverletzungen Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Im Vorlageantrag vom hat die Bf weiters vorgebracht, dass ab April 2016 keine Löhne mehr ausbezahlt worden seien und dementsprechend für den Zeitraum Mai bis Juli 2016 keine Abgabenansprüche betreffend die diesbezüglichen lohnabhängigen Abgaben entstanden seien.

Dazu ist festzuhalten, dass sich dieser Einwand gegen die Abgabenansprüche aus Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den erwähnten Zeitraum richtet. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist aber allein die Entscheidung über die Haftung gemäß § 9 BAO. In diesem Verfahren können Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben nicht mit Erfolg vorgetragen werden (vgl ; , 93/15/0010).

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme der Bf als Haftungspflichtige für die Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft im Ausmaß von 53.170,06 Euro grundsätzlich zu Recht.

Die Geltendmachung einer Haftung ist jedoch in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt. Die Ermessensübung hat sich außer der Heranziehung dem Grunde nach auch auf das Ausmaß der Haftungsinanspruchnahme innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens zu beziehen. In diesem Zusammenhang ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu berücksichtigen, mit der erkannt wurde, dass es dann, wenn hinsichtlich des Haftenden ein Zwangsausgleich bzw ein Zahlungsplan zustande kommt, und die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches vor Konkurseröffnung verwirklicht wurden, grundsätzlich der im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit entspricht, dass sich die Haftungsinanspruchnahme betragsmäßig an der im Zahlungsplan festgelegten Quote orientiert, wenngleich es der Behörde unbenommen ist, im Rahmen der Ermessensübung ergänzend auch noch auf andere Umstände Bedacht zu nehmen (; , 2002/14/0123; , 95/15/0173).

Entsprechend dieser Judikatur hat die belangte Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom im Rahmen der Ermessensübung von den haftungsgegenständlichen Abgaben iHv 53.170,06 Euro der Quote des Schuldenregulierungsverfahrens folgend einen Anteil von 27,29 %, das ist ein Betrag von 14.510,11 Euro, zu Recht als Haftungsschuld bestimmt.

Zudem wurde im Konkursverfahren der Gesellschaft laut genehmigter Schlussrechnung vom eine Quote von 1,154 % erzielt, welche ebenfalls auf alle im Haftungsbescheid enthaltenen Abgaben anzurechnen ist.

Schließlich waren die Abgabenschuldigkeiten betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgebertrag für den Zeitraum Juli 2014 iHv 21,06 Euro bzw 31,11 Euro wegen der diesbezüglich nicht nachvollziehbaren Abgabenverbuchung iVm der Geringfügigkeit der Beträge aus der Haftungssumme auszuscheiden.

Die Haftung war daher auf den Betrag in Höhe von 14.328,59 Euro laut beiliegendem Berechnungsblatt einzuschränken.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt,
insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der
bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet
wird.

Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da das Erkenntnis der angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102478.2018

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