Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2020, RV/7104865/2018

Familienbeihilfenanspruch bei grenzüberschreitendem Sachverhalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A.B., Anschr., gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Familienbeihilfe für die Monate Dezember 2014 bis März 2015, November 2015, Dezember 2015, Dezember 2016 bis Dezember 2017, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Monate Jänner 2015 bis März 2015, November 2015, Dezember 2015, Dezember 2016 bis Dezember 2017 betrifft, aufgehoben.

Was den Monat Dezember 2014 betrifft, wird der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass der Antrag vom , als unzulässig zurückgewiesen wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer beantragte am im elektronischen Weg die Zuerkennung von Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung) für seine Tochter C.B., geb. am xy2008, ab Dezember 2014.

Zum elektronisch eingebrachten Antrag übermittelte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom - wie er ausführt - "alle erforderlichen Dokumente".

In dem von der Abgabenbehörde vorgelegten Familienbeihilfenakt scheinen unter dem Schreiben vom folgende Unterlagen auf:

  • Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , GZ. xy, wonach der Beschwerde des Beschwerdeführers stattgegeben und der Bescheid des AMS-X vom , GZ. yz, aufgehoben wird;

  • Schreiben des Beschwerdeführers (undatiert) an die Abgabenbehörde, in dem dieser auf zwei Bescheide hinweist, mittels derer die Gewährung von Familienbeihilfe in Polen für die Zeiträume bis und bis versagt worden sei;

  • Schreiben der ROPS Regionalstelle für Sozialpolitik in Krakau (Abteilung für die Koordination der Sozialversicherungssysteme) vom (in polnischer Sprache samt deutscher Übersetzung), an das Bundesministerium für Familie und Jugend in Wien, in dem diese unter Bezugnahme auf Artikel 60 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 mitteilt, dass zur Gewährung von Familienleistungen primär Polen zuständig sei und mit dem sie an die Ehegattin des Beschwerdeführers, D.B., ergangene Bescheide betr. Familienleistungen hinsichtlich bestimmter Zeiträume zur Kenntnis und zur Auszahlung eines etwaigen Differenzbetrages als sekundär zuständigen Staat übermittelt;

  • Bescheide des Marschalls der Woiwodschaft Kleinpolen (in polnischer Sprache samt deutscher Übersetzung)
    a) vom , Nr. aa,
    b) vom , Nr. bb,
    c) vom , Nr. cc,
    d) vom , Nr. dd,
    wonach der Antrag der Ehegattin des Beschwerdeführers, D.B., auf Zuerkennung von Familienbeihilfe samt Zuschlag für das Kind C.B., geb. am xy2008,
    a) vom für den Zeitraum bis ,
    b) vom für den Zeitraum bis ,
    c) vom für den Zeitraum bis ,
    d) vom für den Zeitraum bis ,
    jeweils abgewiesen wird, weil das Einkommen der aus 3 Personen bestehenden Familie B. das für die Zuerkennung von Familienbeihilfe gesetzlich festgelegte Einkommenskriterium überschritten habe;

  • Bescheid des Marschalls der Woiwodschaft Kleinpolen (in polnischer Sprache samt deutscher Übersetzung), vom , Nr. ee, wonach der Antrag der Ehegattin des Beschwerdeführers, D.B., auf Zuerkennung von Erziehungsleistungen für das Kind C.B., geb. am xy2008, vom für den Zeitraum bis abgewiesen wird, weil das Einkommen der aus 3 Personen bestehenden Familie B. das für die Zuerkennung von Erziehungsleistungen gesetzlich festgelegte Einkommenskriterium überschritten habe (der Vater A.B. sei in Österreich berufstätig, die Mutter sei in Polen berufstätig [Landwirtin]);

  • Schulbesuchsbestätigung vom , wonach das Kind C.B., im Schuljahr 2017/2018 die 4. Klasse der Grundschule Nr. 6 in Y, besucht;

  • Versicherungsdatenauszug vom , in dem der Beschwerdeführer im Zeitraum bis in Österreich als Arbeiter bzw. Bezieher von Arbeitslosengeld/Krankengeld aufscheint;

  • von der polnischen Behörde am bestätigtes Formular E 401, wonach der Beschwerdeführer, dessen Ehegattin D.B. und das Kind C.B. in einem gemeinsamen Haushalt leben;

  • Bescheid der Abgabenbehörde vom , wonach der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Ausgleichszahlung für das Kind C.B. für den Zeitraum April 2014 bis November 2014 abgewiesen wird;

  • Antwortschreiben des Beschwerdeführers vom auf den Mängelbehebungsauftrag betr. "Abweisungsbescheid für Monate 01.-03.u.12.2013 und Abweisungsbescheid für Monate 01.-03.u.12.2014".

Am übermittelte X.Y. (österreichischer Arbeitgeber des Beschwerdeführers) der Abgabenbehörde noch einmal das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , GZ. xy.

Mit Schreiben vom ersuchte die Abgabenbehörde den Beschwerdeführer eine Bestätigung der polnischen Meldebehörde (samt Übersetzung) über die Zusammensetzung der Familie für den Zeitraum 2017 und 2018 sowie den Dienstvertrag, betreffend seine geringfügige Beschäftigung im Zeitraum bis (Nachweis über die Anzahl der Arbeitswochenstunden) vorzulegen.

In Beantwortung dieses Schreibens übermittelte der Beschwerdeführer am den Arbeitsvertrag vom , abgeschlossen zwischen X.Y. und ihm (Beginn des Arbeitsverhältnisses ) und eine Bestätigung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, wonach er ab geringfügig beschäftigt ist (8 Stunden pro Woche) sowie eine Meldebescheinigung des Gemeindeamtes O vom (in polnischer Sprache samt Übersetzung), wonach er seit unter der Adresse1, 1209042 Woiwodschaft Kleinpolen, Kreis Y, Gemeinde O, gemeldet ist und mit ihm in der gemeinsamen Wohnung seine Ehefrau D.B. und seine Tochter C.B., wohnen.

Unter den von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen finden sich noch folgende entscheidungsrelevante Schriftstücke:

  • Abfrage aus dem Zentralen Melderegister vom , wonach der Beschwerdeführer seit mit Hauptwohnsitz an der Adresse2, gemeldet ist;

  • Versicherungsdatenabfrage betreffend den Beschwerdeführer für den Zeitraum bis ;

  • Schreiben der Abgabenbehörde vom an den Beschwerdeführer, wonach der Bescheid vom (Beschwerdevorentscheidung vom ) und der Bescheid vom , mit denen die Anträge des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe für die Zeiträume 01-02/2013 und 12/2013 sowie 01-03/2014 und 12/2014 abgewiesen wurden, in Rechtskraft erwachsen seien und dem als Anregung auf Wiederaufnahme des Verfahrens gewerteten Schreiben des Beschwerdeführers vom nicht nähergetreten werde;

  • Bescheid vom , mit dem der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Ausgleichszahlung für die Zeiträume 01-03/2014 und 12/2014, abgewiesen wird.

Der vorgelegte Familienbeihilfenakt beinhaltet weiters ein Schreiben des Bundeskanzleramtes, Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend, vom , mit dem das vom polnischen Träger übermittelte Formular SED F001, betreffend D.B., an die Abgabenbehörde zur Bearbeitung im eigenen Wirkungsbereich weitergeleitet wird.

Mit Bescheid vom wies die Abgabenbehörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Gewährung einer Ausgleichszahlung für das Kind C.B. für die Zeiträume Dezember 2014 bis März 2015, November 2015 bis Dezember 2015 und Dezember 2016 bis Dezember 2017 ab.

Diese Entscheidung begründete sie wie folgt:

Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der ab gültigen Fassung regle, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet sei.

Vorrangig müsse grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt werde.

Für den Fall, dass die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig seien, treffe die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnten.

Seien die Familienleistungen im anderen Mitgliedsstaat höher, bestehe dort gegebenenfalls ein Anspruch auf Gewährung des Unterschiedsbetrages (Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004).

Werde in jenem Mitgliedstaat, der vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet sei, kein Antrag gestellt, so könne der andere Mitgliedsstaat dennoch jene Leistungen, die bei Antragstellung gewährt worden wären, bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages berücksichtigen.

Da sich der Beschwerdeführer in den im Spruch genannten Zeiträumen nicht überwiegend im Inland aufgehalten und sich in keinem Dienstverhältnis befunden habe, bestehe für diese Zeiträume kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gegen den genannten Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom Beschwerde ein.

In diesem Schreiben bringt er Folgendes vor:

Die im Abweisungsbescheid aufgestellte Behauptung, wonach er sich in den betreffenden Zeiträumen nicht überwiegend im Inland aufgehalten habe, sei falsch.

Er habe sich in den in Rede stehenden Zeiträumen ständig in Österreich (überwiegend in-X) aufgehalten, habe sich regelmäßig beim AMS in-X melden müssen (bei Abwesenheit hätte er auch kein AMS-Arbeitslosengeld erhalten), habe sich zudem unzähligen ärztlichen Behandlungen, Operationen unterzogen und sei auch 3 Wochen auf Reha-Kur in Oberösterreich gewesen. All das sei nachweislich belegbar und lege er der Beschwerde etliche Unterlagen in Kopie bei.

Da er sich schon 2016 gegen einen solchen Vorwurf ("Grenzgänger"), damals vom AMS, ausführlich mittels Vorlageantrag beim BVwG am habe rechtfertigen müssen (das BVwG habe zu seinen Gunsten entschieden, das Erkenntnis GZ. xy sei dem Finanzamt bereits übermittelt worden), habe ihm sein Rechtsbeistand geraten für die Zukunft auch sämtliche Rechnungen (Einkäufe etc.) zu sammeln, was er nach wie vor auch tue. Er übersende ein Foto von diesen vielen Rechnungen, gerne könnten diese auf Verlangen im Original vorgelegt werden.

Der Beschwerde fügte der Beschwerdeführer eine Reihe von Unterlagen an (eine Unterlage - Ambulanzbericht des Landesklinikums XY vom liegt außerhalb der Streitzeiträume), aus denen hervorgeht, dass er sich in den Streitzeiträumen in Österreich in medizinischer Behandlung befunden hat bzw. seine Arbeitsunfähigkeit seitens der NÖ Gebietskrankenkasse bestätigt wurde (auf die betreffenden Unterlagen wird verwiesen).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die Abgabenbehörde der Beschwerde keine Folge.

In der Begründung dieser Entscheidung führte sie nach Wiedergabe des § 2 Abs. 1 lit. a, § 2 Abs. 2, § 2a Abs. 1 und Abs. 2 (Abs. 2 auszugsweise) und § 53 Abs. 1 FLAG 1967 wie folgt aus:

Da der Beschwerdeführer als leiblicher Vater in Österreich erwerbstätig sei, die Kindesmutter mit der Tochter in Polen lebe, somit ein mitgliedstaatübergreifender Sachverhalt vorliege, sei die VO 883/2004 anzuwenden.

Aufgrund des Erkenntnisses des , Trapkowski komme es nunmehr zu einer geänderten Rechtsauslegung.

"Art. 60 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom (in der Folge: Durchführungsverordnung Nr. 987/2009) lautet:

"Verfahren bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung

(1) Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird."

Demnach ergebe sich aus Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 iVm Art 67 VO 883/2004, dass die Möglichkeit Familienleistungen zu beantragen, unionsrechtlich nicht nur den Personen zuerkannt sei, die in dem zur Gewährung verpflichtenden Mitgliedstaat wohnten, sondern auch allen beteiligten Personen, die berechtigt seien, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, zu denen die Eltern des Kindes gehörten, für das die Leistungen beantragt würden.

Das bedeute, dass - was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruches anlange - die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen sei, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betroffenen Mitgliedstaates fallen und dort wohnen.

Wenn demnach der leibliche Vater durch seine Erwerbstätigkeit eine Zuständigkeit Österreichs auslöse, seien nach der in Rede stehenden Bestimmung die beteiligten Personen - also Mutter und Kind - als in Österreich aufhältig zu betrachten. In diesem Fall sehe das FLAG 1967 einen vorrangigen Anspruch für die haushaltszugehörige Person vor.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht lebte dieser bereits seit 25 Jahren in Österreich und sei auch hier beschäftigt. Die Ehefrau und Tochter lebten beide im gemeinsamen Haushalt in Polen und würden vom Beschwerdeführer lediglich zwei Mal im Jahr an hohen Feiertagen besucht. Aufgrund dieser Umstände sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit der Ehefrau und Tochter keinen gemeinsamen Haushalt in Polen habe.

Da die Tochter bei der Kindesmutter haushaltszugehörig sei, bestehe nach österreichischem Recht für den Beschwerdeführer als Antragsteller kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Ein nach nationalem Recht nicht bestehender Anspruch könne nicht durch das Unionsrecht begründet werden. Der vorrangige Anspruch auf Familienbeihilfe stehe somit bei dem gegebenen Sachverhalt der Kindesmutter zu.

Für den Fall, dass tatsächlich ein gemeinsamer Haushalt in Polen mit der Kindesmutter und der Tochter bestehe, ändere das an der vorgenannten Schlussfolgerung nichts, da gemäß § 2a Abs. 1 FLAG bei gemeinsamem Haushalt vorrangig (bis zur Abgabe eines Verzichtes) der haushaltsführende Elternteil (sprich die Kindesmutter) Anspruch auf Familienbeihilfe habe.

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Darin führt er Folgendes aus:

Seine Beschwerde vom richte sich gegen den Abweisungsbescheid vom , in dem seine angebliche Abwesenheit (Nichtaufenthalt in Österreich) als Begründung herangezogen worden sei. Dass dieser Vorwurf ungerechtfertigt sei, habe er in seiner Beschwerde mittels umfangreicher Beilagen nachgewiesen.

In der Beschwerdevorentscheidung sei dieser Vorwurf (Nichtaufenthalt) aus dem Abweisungsbescheid nun offensichtlich kein Thema mehr, es werde auch in keinster Weise auf seine erbrachten Nachweise eingegangen. Stattdessen versuche man ihm mittels Auflistung diverser, teils unverständlicher Bestimmungen sein Recht auf Familienbeihilfe weiterhin abzusprechen.

Es ergebe sich die Frage, warum diese "Bestimmungen" nicht im Bescheid angeführt worden seien.

Seine Frau habe in Polen regelmäßig nachgewiesenermaßen kein Anrecht auf Kindergeld. Diese Tatsache hätte er mittels mehrseitigen Bestätigungsschreiben der zuständigen polnischen Behörde (sehr zeitintensiv und inkl. kostenintensiver Beauftragung eines schriftlichen Dolmetschers) dem Finanzamt jedes Jahr aufs Neue übermitteln müssen bzw. müsse dies tun. Selbstverständlich komme er dieser Verpflichtung regelmäßig nach.

Mit Schreiben vom legte der Beschwerdeführer eine Erklärung seiner Ehegattin D.B. vor, wonach diese gemäß § 2a Abs. 2 FLAG 1967 auf ihren Anspruch zugunsten des Beschwerdeführers verzichtet.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer A.B., dessen Ehegattin D.B., und deren gemeinsame Tochter C.B., geb. am xy2008, sind polnische Staatsbürger.

Alle drei genannten Personen lebten in den streitgegenständlichen Monaten in Polen in einem gemeinsamen Haushalt in O.

Der Beschwerdeführer war in den strittigen Monaten in Österreich nichtselbständig erwerbstätig bzw. bezog Arbeitslosengeld/Krankengeld, die Kindesmutter übte in Polen eine selbständige Tätigkeit aus.

Die Tochter besuchte in Polen die Grundschule in Y.

Die Kindesmutter bezog in Polen für die Tochter keine Familienleistungen.

Der Beschwerdeführer beantragte am die Zuerkennung von Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für die Tochter ab Dezember 2014.

Die Kindesmutter gab zugunsten des Beschwerdeführers eine Verzichtserklärung gemäß § 2a Abs. 2 FLAG 1967 ab.

Die Abgabenbehörde wies mit Bescheid vom den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Zuerkennung von Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für die Tochter C.B. für den Monat Dezember 2014 ab. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Angaben des Beschwerdeführers und die von ihm vorgelegten Unterlagen, die von der Abgabenbehörde anlässlich der Aktenvorlage den Beschwerdeunterlagen angeschlossene Abfrage aus dem Zentralen Melderegister, die Versicherungsdatenabfrage, den Bescheid der Abgabenbehörde vom und das Schreiben der Abgabenbehörde vom .

Dass der Beschwerdeführer mit der Kindesmutter und dem Kind in den strittigen Monaten im gemeinsamen Haushalt lebte, steht für das Bundesfinanzgericht aus nachstehenden Gründen fest:

Im mit den Aktunterlagen vorgelegten Formular E 401 bestätigt die zuständige polnische Behörde am die Zusammensetzung der Familie mit A.B. (Vater), D.B. (Mutter) und C.B. (eheliches Kind). Über Anforderung der Abgabenbehörde legte der Beschwerdeführer am noch einmal eine Meldebescheinigung der zuständigen polnischen Meldebehörde vom vor. Darin bestätigt die Behörde ausdrücklich, dass mit dem Beschwerdeführer in der gemeinsamen Wohnung noch folgende Personen wohnen: D.B., Ehefrau und C.B., Tochter. Auch aus den vorgelegten Bescheiden des Marschalls der Woidwodschaft Kleinpolen vom , , und geht hervor, dass die Familie B. aus drei Personen besteht und das Familieneinkommen dafür ausschlaggebend war, dass der Ehegattin in Polen keine Familienleistungen zuerkannt wurden. Im Bescheid vom , mit dem der Antrag auf Erziehungsleistungen abgewiesen wird, wird darüber hinaus ausdrücklich der Beschwerdeführer als Mitglied der Familie erwähnt. Nicht außer Betracht bleiben darf auch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , GZ. xy. Darin legt das Gericht mit näheren Ausführungen dar, dass sich der Wohnort des Beschwerdeführers durchgehend in Polen befindet, der dort einen Wohnsitz hat, an dem seine Frau, seine minderjährige Tochter und sein erwachsener Sohn leben und in Österreich lediglich eine Mietwohnung bewohnt, die er mit sechs anderen polnischen Staatsangehörigen teilt (siehe dazu die entsprechenden Ausführungen).

Rechtslage:

Nationales Recht:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs. 5 erster Satz FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Ein Kind gilt gemäß § 2 Abs. 5 dritter Satz FLAG 1967 bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht gemäß § 2a Abs. 1 FLAG 1967 der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

In den Fällen des Abs. 1 kann gemäß § 2a Abs. 2 FLAG 1967 der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt.

Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat gemäß § 13 FLAG 1967 das Wohnsitzfinanzamt der antragstellenden Person zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Unionsrecht:

I. Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit:

Nach Art. 2 Abs. 1 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. j umfasst der sachliche Geltungsbereich dieser Verordnung auch Familienleistungen.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben nach Art. 4 Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen nach Art. 7 Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

Vorbehaltlich der Art. 12 bis 16 unterliegt nach Art. 11 Abs. 3 lit. a eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

Eine Person hat nach Art. 67 erster Satz auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Sind für denselben Zeitraum und für denselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten nach Art. 68 Abs. 1 folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen gemäß Art. 68 Abs. 2 nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Abs. 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt, so gilt gemäß Art. 68 Abs. 3 Folgendes:

a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Absatz 2 genannten Unterschiedsbetrag;

b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.

II. Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit:

Nach Art. 60 Abs. 1 dieser Verordnung werden die Familienleistungen bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaates, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

Erwägungen:

Im vorliegenden Fall übte der Beschwerdeführer in den streitgegenständlichen Monaten in Österreich eine nichtselbständige Tätigkeit aus bzw. bezog Arbeitslosengeld/Krankengeld, die Kindesmutter war in Polen selbständig erwerbstätig, der gemeinsame Wohnort der Familie (Beschwerdeführer, Kindesmutter und Kind, allesamt polnische Staatsbürger) befand sich in Polen.

Es liegt somit ein grenzüberschreitender Sachverhalt mit Unionsbezug vor, sodass die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 zur Anwendung gelangen.

Die Verordnung 883/2004 sieht als tragenden Grundsatz vor, dass Personen, für die diese Verordnung gilt, immer nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegen (vgl. Art. 11 Abs. 1). Sind für einen Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten zu gewähren, weil Personen den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen, legt die Verordnung in Art. 68 mittels Prioritätsregeln fest, welche Rechtsvorschriften primär Anwendung finden.

Der Beschwerdeführer unterlag in den strittigen Monaten gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004 aufgrund seiner nichtselbständigen Tätigkeit bzw. dem Bezug von Arbeitslosengeld/Krankengeld in Österreich den österreichischen Rechtsvorschriften, die Kindesmutter gemäß derselben Bestimmung aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit in Polen den polnischen Rechtsvorschriften. Nach den zitierten Prioritätsregeln des Art. 68 VO 883/2004 (siehe oben) ist zur Erbringung von Familienleistungen Polen primär und Österreich sekundär (für die Gewährung einer Differenzzahlung) zuständig.

Diese Auffassung vertritt im Übrigen auch die mit der Anwendung der Vorschriften zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit befasste Behörde in Polen (siehe dazu das Schreiben der ROPS Regionalstelle für Sozialpolitik in Krakau vom an das Bundesministerium für Familie und Jugend in Wien).

Im Beschwerdefall herrscht Streit darüber, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Differenzzahlung zusteht.

Der (Tomislaw Trapkowski) Folgendes ausgeführt:

32 Zur Anwendbarkeit der Prioritätsregeln, die in Art. 68 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 für den Fall des Zusammentreffens von Ansprüchen vorgesehen sind, ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Annahme, dass in einem bestimmten Fall eine solche Kumulierung vorliegt, nicht genügt, dass Leistungen in dem Mitgliedstaat, in dem das betreffende Kind wohnt, geschuldet werden und zugleich in einem anderen Mitgliedstaat, in dem ein Elternteil dieses Kindes arbeitet, lediglich potenziell gezahlt werden können (Urteil Schwemmer, C-16/09, EU:C:2010:605, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

[…]

34 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen könnte, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist.

35 Zur Beantwortung dieser Frage ist erstens darauf hinzuweisen, dass die in Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 vorgesehene Fiktion zur Folge hat, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen für Familienangehörige, die in einem anderen als dem für die Gewährung dieser Leistungen zuständigen Mitgliedstaat wohnen, so erheben kann, als würden sie in dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen.

36 Zweitens sieht Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 vor, dass bei der Anwendung u. a. der Verordnung Nr. 883/2004, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Anspruchs auf Familienleistungen anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen.

37 Drittens geht aus Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 hervor, dass dann, wenn eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf Familienleistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahrnimmt, der 'andere Elternteil' zu den Personen und Institutionen gehört, die einen Antrag auf Gewährung dieser Leistungen stellen können.

38 Aus Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 ergibt sich zum einen, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen auch für Familienangehörige erheben kann, die in einem anderen als dem für ihre Gewährung zuständigen Mitgliedstaat wohnen, und zum anderen, dass die Möglichkeit, Familienleistungen zu beantragen, nicht nur den Personen zuerkannt ist, die in dem zu ihrer Gewährung verpflichteten Mitgliedstaat wohnen, sondern auch allen "beteiligten Personen", die berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, zu denen die Eltern des Kindes gehören, für das die Leistungen beantragt werden.

39 Folglich lässt sich, da die Eltern des Kindes, für das die Familienleistungen beantragt werden, unter den Begriff der zur Beantragung dieser Leistung berechtigten "beteiligten Personen" im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 fallen, nicht ausschließen, dass ein Elternteil, der in einem anderen als dem zur Gewährung dieser Leistungen verpflichteten Mitgliedstaat wohnt, diejenige Person ist, die, sofern im Übrigen alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, zum Bezug dieser Leistungen berechtigt ist.

40 Es obliegt jedoch der zuständigen nationalen Behörde, zu bestimmen, welche Personen nach nationalem Recht Anspruch auf Familienleistungen haben.

41 Nach alledem ist Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedsstaat wohnt, der für die Gewährung der Leistung zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind, was vom dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist."

Zu diesen Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2019/16/0133, Folgendes festgehalten:

"Damit verdeutlichte der EuGH fallbezogen, dass

- die in Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 vorgesehene Fiktion zur Folge hat, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen für Familienangehörige, die in einem anderen als dem für die Gewährung dieser Leistungen zuständigen Mitgliedstaat wohnen, so erheben kann, als würden sie in dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen,

- bei der Anwendung u. a. der Verordnung Nr. 883/2004, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Anspruchs auf Familienleistungen anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen,

- Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist,

- aus Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 hervorgeht, dass dann, wenn eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf Familienleistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahrnimmt, der "andere Elternteil" zu den Personen und Institutionen gehört, die einen Antrag auf Gewährung dieser Leistungen stellen können."

Damit habe - so der VwGH in seinem Erkenntnis weiter - der EuGH ausdrücklich zwischen Satz 2 und Satz 3 von Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 unterschieden. Von der Frage, wem aller ein Anspruch zustehen könne, sei die Frage zu unterscheiden, wer dieses Recht wahrnehmen könne. Nehme eine Person, die berechtigt sei, Anspruch auf Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, sei nach Art. 60 Abs. 1 Satz 3 VO 987/2009 auch ein Antrag der dort genannten anderen Personen zu berücksichtigen. Es sei daher ohne Bedeutung, welcher Elternteil den entsprechenden Antrag stelle (vgl. Csaszar in Csaszar/Lenneis/Wanke, Kommentar zum FLAG, Rz 208 zu § 53 FLAG mwN).

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wie sie u.a. im Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0067, zum Ausdruck gelange, sei durch das C- 378/14, nicht "überholt", zumal den Entscheidungen jeweils verschiedene Sachverhalte zugrunde lägen.

Der VwGH wies weiters darauf hin, Art. 60 Abs. 1 Satz 3 VO 987/2009, der gleichfalls Anwendungsvorrang beanspruche, verdränge hiedurch § 2 Abs. 2 letzter Halbsatz FLAG.

Für den vorliegenden Fall gilt Folgendes:

Die Tochter des Beschwerdeführers gehörte in den streitgegenständlichen Monaten dem gemeinsamen Haushalt ihrer Eltern (Beschwerdeführer und Kindesmutter) an.

Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so sieht der Gesetzgeber in § 2a Abs. 1 FLAG 1967 vor, dass der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt (bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass dies die Mutter ist) dem Anspruch des anderen Elternteiles vorgeht. In diesen Fällen kann jedoch der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteils verzichten (§ 2a Abs. 2 FLAG 1967).

Gegenständlich hat die Kindesmutter gemäß § 2a Abs. 2 FLAG 1967 auf ihren Anspruch zugunsten des Beschwerdeführers verzichtet. Dem Beschwerdeführer steht daher ein Anspruch auf Familienbeihilfe/Differenzzahlung zu. Diesen kann er auch geltend machen.

Der angefochtene Bescheid umfasst neben den Monaten Jänner 2015 bis März 2015, November 2015, Dezember 2015, Dezember 2016 bis Dezember 2017 auch den Monat Dezember 2014.

Der Monat Dezember 2014 war bereits Gegenstand des Bescheides der Abgabenbehörde vom . Mit dem genannten Bescheid hat die Abgabenbehörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für die Tochter C.B., geb. am xy2008, für den Monat Dezember 2014 abgewiesen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Auch im Abgabenverfahren sind neuerliche (wiederholte) Anträge, denen die materielle Rechtskraft einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegensteht, unzulässig (sogenanntes Wiederholungsverbot) - siehe mit Hinweis auf Stoll, BAO-Kommentar 944 Abs. 4.

Liegt demnach eine rechtskräftige Entscheidung betr. Familienbeihilfe für den Monat Dezember 2014 für die Tochter des Beschwerdeführers, C.B., vor, so erweist sich der (neuerliche) Antrag des Beschwerdeführers vom auf Gewährung von Familienbeihilfe für dasselbe Kind und für denselben Zeitraum als unzulässig, weil diesem Antrag die entschiedene Sache (res iudicata) entgegensteht (vgl. ).

Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist daher dahingehend abzuändern, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Zuerkennung von Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für die Tochter C.B., geb. am xy2008, soweit er den Monat Dezember 2014 betrifft, als unzulässig zurückzuweisen ist.

Zulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist daher nicht zulässig. Das Gericht folgt in seiner Entscheidung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 60 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Verweise

, Tomislaw Trapkowski

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104865.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at