Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2020, RV/2100375/2015

Keine Wohnsitzbegründung in vom Arbeitgeber befristet angemieteten Unterkünften

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch Huber & Rosenthal Steuerberatung KG, Stadtplatz 56, 5280 Braunau am Inn, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 und 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 wird im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte in den Erklärungen zu den Arbeitnehmerveranlagungen 2012 und 2013 Werbungskosten und Familienheimfahrten. Er ist deutscher Staatsbürger und war lt. Lohnzettel seines Arbeitgebers X Filmges.m.b.H vom 13.08. bis sowie vom 01.06. bis , vom 15.07. bis und vom 20.08. bis in Österreich als Kamera-Assistent unselbständig erwerbstätig. Die Abfrage im Zentralen Melderegister ergab, dass der Bf. verheiratet ist und vom 03.09. bis in Österreich an der Adresse Adr.2, und vom 06.06. bis an der Adresse Adr.3, jeweils mit Nebenwohnsitz gemeldet war.

In einem Vorhalteverfahren vor dem Finanzamt wurde der Bf. um konkrete Angaben zu seinem Aufenthalt in Österreich und um Übermittlung geeigneter Beweismittel (Miet- bzw. Kaufvertrag, Energiekostenrechnung/en, etc.) im Zsh. mit der beantragten unbeschränkten Steuerpflicht, um Nachweis der beantragten Ausgaben für Arbeitsmittel und der Berechnung der beantragten Aufwendungen für Familienheimfahrten ersucht und auf die Bestimmung des § 26 BAO hinsichtlich Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt hingewiesen.

Die steuerliche Vertretung des Bf. übermittelte Meldebestätigungen in Ort, die Heiratsurkunde, ausgestellt am in Deutschland, die Geburtsurkunde des Sohnes des Bf., geboren am in Deutschland, und die Rechnungen über die verpflichtende Arbeitsbekleidung mit dem Sicherheitshinweis der Filmgesellschaft. Für die Familienheimfahrten seien für das Jahr 2012 das große Pendlerpauschale über 60 km für 2 Monate und für das Jahr 2013 für 4 Monate angesetzt worden.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom wurde der Bf. auf Grund der Ergebnisse des Vorhalteverfahrens als beschränkt steuerpflichtig veranlagt und Familienheimfahrten in Höhe von 612 € berücksichtigt, sodass sich eine Abgabengutschrift von 1232 € ergab.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom wurde der Bf. auf Grund der Ergebnisse des Vorhalteverfahrens als beschränkt steuerpflichtig veranlagt und Familienheimfahrten in Höhe von 1.224 € berücksichtigt, sodass sich eine Abgabengutschrift von 962 € ergab. Bei den geltend gemachten Aufwendungen für Bekleidung (Schuhe) handle es sich nicht um typische Berufskleidung und seien diese daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht die Beschwerden erhoben mit der Begründung, dass der Bf. unbeschränkt steuerpflichtig sei, da er im Kj 2012 ca. 2 Monate und im Kj 2014 ca. 4 Monate für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig gewesen und für ihn eine Wohnung angemietet worden sei. Somit liege ein Wohnsitz iSd § 26 Abs. 1 BAO in Österreich vor, der zur unbeschränkten Steuerpflicht führe. Die Dauer des Aufenthaltes sei nach der Rechtsprechung des , nicht von erheblicher Bedeutung.
Davon abgesehen habe das Finanzamt ausgeführt, dass zur Begründung eines Wohnsitzes die Wohnung zwar nicht ununterbrochen, aber zumindest wiederkehrend längere Zeit (mehr als 10 Wochen) selbst benützt werden müsse.
In der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 wurde zusätzlich beantragt die Kosten für die Sicherheitsausrüstung von 179,95 € als Werbungskosten zu berücksichtigen.

In der Beschwerdevorentscheidung vom für das Veranlagungsjahr 2012 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt:
Gem. § 1 Abs. 2 EStG 1988 ist eine Person unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie in Österreich einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (länger als sechs Monate) hat.
Einen Wohnsitz hat gemäß § 26 Abs. 1 BAO jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dieses Beibehalten und Benutzen drückt unter anderem ein Zeitmoment aus, das sich auf die in Betracht kommende Wohnsitzbegründung bezieht. Entscheidend ist dabei, ob die ursprüngliche Absicht auf einen längeren Aufenthalt als sechs Monate gerichtet war. Ein von vornherein nur für wenige Monate beabsichtigtes Innehaben einer Wohnung kann nicht als Wohnsitzbegründung qualifiziert werden. Die in unserem Ergänzungsersuchen angeführten 10 Wochen beziehen sich auf die tatsächliche Nutzung einer Wohnung bei längerfristiger Wohnsitzbegründung (wie auch das zitierte VwGH E). Es war daher von einer beschränkten Steuerpflicht auszugehen
.“

In der Beschwerdevorentscheidung vom für das Veranlagungsjahr 2013 wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und nunmehr Werbungskosten von 1403,95 € (Familienheimfahrten und Sicherheitsausrüstung) berücksichtigt, sodass sich eine Abgabengutschrift von 1039 € ergab. Bezüglich der Behandlung als beschränkt Steuerpflichtiger wurde auf die Begründung des Vorjahresbescheides verwiesen.

Daraufhin stellte die steuerliche Vertretung des Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit der Begründung, dass der Bf. im Kj 2013 rund 6 Monate für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig gewesen sei; im Kj 2012 vom 23.07. bis 29.07. und vom 13.08. bis 05.10.; im Kj 2014 vom 17.03. bis 12.04. im Ort1 und vom 05.05. bis 29.09. in Ort2; im Kj 2015 würden die Dreharbeiten für verschiedene Filme (z.B. Film) voraussichtlich ab Februar im Ort1 und ab April in Ort2 beginnen und Anfang Oktober abgeschlossen sein.
Der Bf. sei also regelmäßig für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig, weshalb die Kj 2012 und 2013 nicht isoliert betrachtet werden könnten. Der Arbeitgeber stelle ihm für die Zeit des jeweiligen Aufenthaltes in Österreich eine Wohnung zur Verfügung, die er ausschließlich alleine nutzen könne. Eine Wohnstätte in Österreich sei also beruflich notwendig und es werde in der Regel auch immer wieder die gleiche Wohnung angemietet.
Daher liege ein Wohnsitz gemäß § 26 Abs. 1 BAO vor. Die Dauer des Aufenthaltes sei nach der Rechtsprechung des VwGH nicht von erheblicher Bedeutung ().
Es bestehe kein Unterschied, ob sich ein Steuerpflichtiger in einer ständigen Wohnstätte in Österreich jeweils nur für kurze Zeit im Kalenderjahr tatsächlich aufhalte oder ob sich jemand nur für die Dauer seiner beruflichen Tätigkeit – wie im vorliegenden Fall – maximal für sechs Monate im Kalenderjahr eine Wohnung anmietet. Es sei unzumutbar, eine Wohnung ganzjährig anzumieten, wenn man sie nicht das ganze Jahr benötigt.
Aber selbst wenn man nur von einem gewöhnlichen Aufenthalt gemäß § 26 Abs. 2 BAO ausgehe, liege ein solcher schon bei einem weniger als sechsmonatigen Inlandsaufenthalt vor, wenn sich bereits nach der Lage des Falles (z.B. auf Grund vertraglicher Inlandsverpflichtung über ein Jahr) ergebe, dass der Steuerpflichtige nicht nur vorübergehend im Inland verweilen will (s. Kommentar Quantschnigg/Schuch § 1 Rz 13). Die sechs Monate müssten daher nicht in einem Kalenderjahr liegen. Damit würde selbst nach § 26 Abs. 2 BAO die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht begründet.
In diesem Zusammenhang wird auch auf die Ausführungen in den LStR Rz 3 und 4 und auf die EStR Rz 21 verwiesen.
Im Vorlageantrag wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung über die Beschwerde beantragt.

Mit E-Mail vom übermittelte die steuerliche Vertretung des Bf. E9-Formulare für 2013 und 2014, die von einem deutschen Steuerberater unterfertigt sind, mit dem Hinweis, dass die E9-Bescheinigungen vom deutschen Finanzamt erst bestätigt werden würden, wenn die Bescheide ergangen sind; diese würden erst erstellt werden, wenn die österreichische Steuerangelegenheit erledigt ist.

Mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom wurde der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Bf. ist deutscher Staatsbürger, verheiratet und hat seinen Familienwohnsitz in Deutschland. Er war in den hier zu beurteilenden Jahren für eine deutsche Filmgesellschaft tätig. Der Arbeitgeber des Bf. beschäftigt sich mit Filmproduktionen aller Art, die auch in Österreich durchgeführt werden. So entstand ua. am Drehort in der Ort2 die Serie "Film", an der der Bf. als Kamera-Assistent mitgewirkt hat. In der Nähe des Drehorts mietete der Arbeitgeber Unterkünfte an, die er den Mitgliedern der Filmcrew zur Verfügung stellte (vgl. ).

Aus den dem Finanzamt übermittelten Lohnzettel ergeben sich folgende Beschäftigungszeiten für die Jahre 2012 und 2013:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012
Tage
13.08. -
53 = 1,8 Monate


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2013
Tage
01.06. -
21
15.07. -
11
20.08. –
92
gesamt
124 = 4,1 Monate

Lt. Abfrage im Zentralen Melderegister war der Bf. im Jahr 2012 vom 03.09. bis 02.11. in Adr.2, und im Jahr 2013 vom 06.06. bis in Adr.3, je bei der Unterkunftgeberin Frau A (Homepage: www.Ort-appartements.at ) mit einem Nebenwohnsitz gemeldet.

Festzustellen ist daher, dass weder die Lohnzettel noch die Anmeldungen im ZMR auf einen länger als sechs Monate dauernden inländischen Aufenthalt des Bf. in den Streitjahren hinweisen und wurde eine solche Behauptung auch gar nicht aufgestellt. Auch im Folgejahr 2014 war der Bf. bei derselben Unterkunftgeberin weniger als sechs Monate mit Nebenwohnsitz gemeldet und war der Bf. lt. übermitteltem Lohnzettel desselben Arbeitgebers in Österreich weniger als sechs Monate beschäftigt.

§ 1 EStG 1988 bestimmt Folgendes:
„(1) Einkommensteuerpflichtig sind nur natürliche Personen.
(2) Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
(3) Beschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte.
(4) Auf Antrag werden auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11000 Euro betragen. Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten in diesem Zusammenhang als nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegend. Die Höhe der nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte ist durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Abgabenbehörde nachzuweisen. Der Antrag kann bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gestellt werden.“

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften hat gemäß § 26 Abs. 2 BAO jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate. Das Bundesministerium für Finanzen ist ermächtigt, von der Anwendung dieser Bestimmung bei Personen abzusehen, deren Aufenthalt im Inland nicht mehr als ein Jahr beträgt, wenn diese im Inland weder ein Gewerbe betreiben noch einen anderen Beruf ausüben.

Für das Vorliegen eines Wohnsitzes müssen die Voraussetzungen „Wohnung“, „Innehabung derselben“ sowie die „Beibehaltung und Benutzung“ kumulativ vorliegen. Unter einer Wohnung sind Räumlichkeiten zu verstehen, die ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten ( ).

Unter dem Innehaben einer Wohnung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die rechtliche und/oder tatsächliche Möglichkeit zu verstehen, über die Wohnung zu verfügen, insbesondere sie für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können (vgl. ). Bei der Beurteilung des Tatbestandsmerkmales des Innehabens steht die tatsächliche Verfügungsmacht im Vordergrund (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, Seite 334).

Bei den Wohnungen, die der Bf. in den Streitjahren in Österreich benutzt hat, handelte es sich um Appartements, die von seinem Arbeitgeber (befristet) angemietet und bezahlt worden sind. Dem Bf. war es daher nicht möglich, die Wohnungen jederzeit ungehindert und uneingeschränkt benützen zu können. Der Arbeitgeber stellte dem Bf. (seinen Angaben zufolge) die jeweilige Wohnung für die Zeit des jeweiligen Aufenthaltes im Inland zur Verfügung. Dieser bestimmte die Zeit der Nutzung durch den Bf. und hatte es daher in der Hand, die Wohnung auch anderen Mitgliedern der Filmcrew zur Verfügung zu stellen (siehe ). Zudem handelte es sich nicht stets um dieselbe Wohnung, wie sich dies aus den unterschiedlichen Anmeldeadressen in den Jahren 2012 bis 2014 ergibt. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass der Bf. das jeweilige Appartement auch außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich benutzt hat oder benützen hätte können, noch gibt es Hinweise dafür, dass dem Vermieter oder dem Arbeitgeber nicht das Recht zugestanden wäre, die Wohnung anderweitig zu vergeben.

Darüber hinaus war auch das Beibehalten und Benutzen für eine längere Zeit nicht erkennbar. Ob die Wohnung vom Abgabepflichtigen auch tatsächlich benutzt wird, ist nicht entscheidend, sondern nur, ob Umstände dafür sprechen, dass sie ständig vom Abgabepflichtigen benutzt werden kann. Im vorliegenden Fall gibt es weder Hinweise dafür, dass der Bf. die Wohnung(en) unbefristet nutzen konnte, noch wurde dies vom Bf. behauptet. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen ist nicht davon auszugehen, dass der Bf. in den Kalenderjahren 2012 und 2013 über einen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO verfügt hat.

Die Bestimmung des § 26 Abs. 2 BAO verlangt (ebenso wie die des Abs. 1 das Vorliegen äußerer Umstände, und zwar solcher, die erkennen lassen, dass der Abgabepflichtige am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsland nicht nur vorübergehend verweilt. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist begrifflich im Gegensatz zu einem vorübergehenden Aufenthalt zu sehen. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist im Allgemeinen mit einem dauernden Aufenthalt gleichbedeutend. Daher erfüllt ein nur vorübergehender Aufenthalt nicht den Tatbestand des gewöhnlichen Aufenthalts (Stoll, BAO-Kommentar, 336 f). Ein gewöhnlicher Aufenthalt erfordert im Allgemeinen mehr als bloß ein körperliches Anwesendsein wegen der Arbeit (). Im gegenständlichen Fall hat sich der Bf. im Inland nur wegen seiner Arbeit aufgehalten. Seine Tätigkeit im Inland war von vornherein zeitlich beschränkt und es stand somit fest, dass der Bf. nur vorübergehend im Inland verweilen und er nach Beendigung seiner Tätigkeit wieder zu seinem (Haupt)Wohnsitz in Deutschland zurückkehren wird. Der Beschwerdeführer hat auch wöchentliche Familienheimfahrten zum Familienwohnsitz in Deutschland geltend gemacht und ist dadurch manifestiert, dass die Bindungen zum ausländischen Aufenthaltsort enger waren als die zum inländischen.

Als nicht nur vorübergehend gilt ein Aufenthalt auch dann, wenn er sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, wobei die Verwaltungspraxis in der Regel davon ausgeht, wenn sich der Zeitraum der Anwesenheit zumindest über sechs Monate erstreckt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () kann ein gewöhnlicher Aufenthalt auch bei einer unter Umständen wesentlich kürzer verbrachten Aufenthaltsdauer in Österreich vorliegen, sofern der Aufenthalt unter Umständen genommen wird, die erkennen lassen, dass es sich nicht um ein bloß vorübergehendes Verweilen handelt. In dem zitierten Rechtsfall (Beschäftigung von ausländischen Golftrainern) sah der VwGH in der vertraglichen Bindung der Arbeitnehmer, in Österreich ein Jahr tätig zu sein, einen solchen Umstand, der - trotz eines tatsächlich oft nicht einmal 6 Monate dauernden Aufenthaltes im Inland – die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes rechtfertigt. Dass ein derartiger Umstand vorliegt, wurde im gegenständlichen Fall aber nicht behauptet und liegt nach der Aktenlage auch diesbezüglich kein Hinweis vor.

Der Bf. meint, da er ca. zwei bzw. vier Monate für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig gewesen und für ihn eine Wohnung angemietet worden sei, habe er einen Wohnsitz nach § 26 Abs. 1 BAO begründet. Die Dauer des Aufenthaltes sei nach seiner Meinung nach der Rechtsprechung des , nicht von erheblicher Bedeutung.

Dem vom Bf. zitierten Erkenntnis des VwGH lag der Fall eines Abgabepflichtigen zu Grunde, der seine bisherige Wohnung in Österreich auch nach seiner Ernennung zum Universitätsprofessor an der Technischen Universität in Berlin beibehalten und wiederholt benutzt hat, wodurch die unbeschränkte Steuerpflicht gegeben war. Dieser Sachverhalt ist jedoch mit dem hier zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar, da der Bf. in den Streitjahren die Appartements in Ort nicht beibehalten und wiederholt benutzt hat. Vielmehr wurde auch in den Folgejahren an verschiedenen Adressen ein Nebenwohnsitz gemeldet.

Im hier vorliegenden Fall wurden in den Streitjahren lediglich unter 6 Monate liegende inländische Aufenthalte festgestellt. Auch in den zwei folgenden Jahren, hielt sich der Bf. weniger als sechs Monate bzw. drei Monate in Österreich auf.
Für einen gewöhnlichen Aufenthalt ist es nicht erforderlich, dass eine ununterbrochene Anwesenheit vorliegt. So wird ein gewöhnlicher Aufenthalt auch dann anzunehmen sein, wenn das Verweilen, die Anwesenheit, vorübergehend unterbrochen wird, die Umstände aber erkennen lassen, dass die (nicht nur vorübergehende) Verbundenheit mit diesem Ort oder diesem Land aufrecht bleibt. Aus diesem Blickwinkel sind vorübergehende Unterbrechungen unschädlich (Stoll, w.o., S 337) und ist es auch nicht Voraussetzung, dass der Aufenthalt von mehr als sechs Monaten im Inland innerhalb eines Kalenderjahres liegen muss (Fuchs in Hofstätter/Reichl, ESt-Kommentar, § 1 Tz 11). Im gegenständlichen Fall kann man allerdings nicht von vorübergehenden, kurzen Unterbrechungen sprechen, da diese mehrere Monate dauerten, und die Bindungen zum ausländischen Aufenthaltsort deutlich enger sind (siehe Familienheimfahrten zum Familienwohnsitz in Deutschland) als zum inländischen.

Auch wenn der Bf. sich nachweislich in vier aufeinanderfolgenden Jahren aus Arbeitsgründen im Inland aufgehalten hat, rechtfertigt dies noch nicht die Annahme, dass er nicht nur vorübergehend im Inland verweilen wollte, sondern vielmehr war sein Aufenthalt in Österreich tatsächlich nur vorübergehend – nämlich für die Zeit der Filmproduktion - gedacht (vgl. , zu Saisonarbeitern; Fuchs in Hofstätter/Reichl, w.o.).

Mangels eines Wohnsitzes im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO und mangels eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne des § 26 Abs. 2 erster Satz BAO war in weiterer Folge noch zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO gegeben waren. Allein der Zeitablauf des Aufenthaltes löst nach der zuletzt genannten Bestimmung die unbeschränkte Steuerpflicht aus (Stoll, BAO-Kommentar, S 340).

Im gegenständlichen Fall wurde nicht behauptet, dass ein mehr als 6-monatiger inländischer Aufenthalt in den strittigen Veranlagungsjahren vorliegt und ergibt auch die Aktenlage kein solches Bild. Die Auslandsaufenthalte können auch nicht als kurzfristige Unterbrechungen angesehen werden. Eine Anwendung des Ersatztatbestandes nach § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO kommt daher - anders als in dem vergleichbaren Fall, der vom BFG mit Erkenntnis vom , RV/2101824/2016, entschieden wurde - nicht in Betracht.

Soweit die Beschwerde auf die LStR und EStR verweist, lässt sich daraus für den Beschwerdefall nichts gewinnen, da ein BMF-Erlass keine für das Bundesfinanzgericht verbindliche Rechtsquelle darstellt. In Erlässen geäußerte Rechtsansichten des BMF sind mangels Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt rechtlich nicht verbindlich.

Eine E9-Bescheinigung der deutschen Steuerbehörde iSd § 1 Abs. 4 EStG 1988 wurde nicht vorgelegt, daher ist eine Option in die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG 1988 nicht möglich .

Aus den dargestellten Erwägungen war in den Streitjahren zu Recht von einer beschränkten Steuerpflicht des Bf. auszugehen und es war spruchgemäß zu entscheiden. Im Jahr 2013 wurden - wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung - die Kosten für die Sicherheitsausrüstung von 179,95 € zusätzlich als Werbungskosten berücksichtigt.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfragen, wann von einem Wohnsitz bzw. einem gewöhnlichen Aufenthalt auszugehen ist, sind durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinlänglich geklärt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zugelassen wurde.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz, BGBl. I Nr. 16/2020).

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100375.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at