Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.02.2020, RV/5100900/2018

Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer bei widerrechtlicher Verwendung im Inland

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Freilinger in der Beschwerde­sache Bf., Adresse, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs vom , betreffend Norm­verbrauchs ­abgabe für den Zeitraum November 2015 und Kraftfahrzeugsteuer für die Monate November bis Dezember 2015, Jänner bis Dezember 2016 und Jänner bis September 2017, St.Nr. 000/0000, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ( im Folgenden kurz als Bf. bezeichnet) wurde am durch Beamte einer Polizeiinspektion in Wien kontrolliert. Dabei wurde festgestellt, dass das von ihm gelenkte Fahrzeug der Marke V ein ausländisches Kenn­zeichen mit der tschechischen Nummer A*** besitzt. Zugelassen war dieses Kraft­fahr­zeug auf die Firma S in Tschechien. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Fahrzeug einen Kilometerstand von 165.407 und es war die österreichische Autobahn­vignette für das Jahr 2017 angebracht.

Aufgrund des Verdachtes auf ein Vergehen nach § 82 Abs. 8 Kraftfahrgesetz wurde der Bf. durch die Polizeibeamten angezeigt und diese Anzeige an die Finanz­verwaltung weiter­geleitet.

Erhebungen der Finanzpolizei ergaben, dass der Bf. seit durchgehend in Österreich mit dem Hauptwohnsitz gemeldet war. Seine Ehegattin war seit an derselben Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet. Das auf die Firma S zugelassene Kraft­fahrzeug wurde von dieser Firma am in Deutschland gekauft und der Erwerbsbesteuerung in Tschechien unterzogen.

Am wurde der Bf. an seinem Wohnort durch die Finanzpolizei einvernommen Dort befand sich auch das beschwerdegegenständliche Fahrzeug und hatte zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 169.741.
In der darüber aufgenommenen Niederschrift gemäß § 87 BAO gab der Bf. an, dass das Fahrzeug von ihm, seiner Ehegattin und weiteren Mitarbeitern der Firma in Tschechien und der Slowakei benutzt werde. Rechtsgrund für die Verwendung des Fahrzeuges sei die Firmenbeteiligung. Er sei mit 30 Prozent an der Firma beteiligt und sei Prokurist. Es gebe keinen schriftlichen Vertrag bzw. keine Verfügungsberechtigung. Die Verwendung sei mit seiner Frau mündlich vereinbart worden. Er sei überwiegend in Tschechien berufstätig und die Firma habe im Inland keine Betriebsstätte. Hinsichtlich der betrieblichen Fahrten gebe es keine Vorgaben durch die Firmenleitung. Er nutze das Fahrzeug sowohl für betriebliche Fahrten als auch privat und besitze sonst kein weiteres Fahrzeug. Ein Fahrtenbuch werde nicht geführt. Der Mittelpunkt seines Lebens­interesses sei in Österreich.
Auf die Frage, ob der Bf. auch in Österreich einer Beschäftigung nachgehe, gab er keine Antwort. Ebenfalls gab er keine Antwort auf die Frage, wie hoch sein Einkommen bei der ausländischen Firma sei.

Mit Bescheid setzte das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs die Norm­verbrauchs­abgabe ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 23.600,00 € für den Zeitraum November 2015 in Höhe von 5.736,00 Euro fest.

In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt:
Die Festsetzung war erforderlich, weil die Selbstberechnung der Normverbrauchsabgabe unterblieb. Der Verspätungszuschlag war wegen nicht entschuldbarer Unterlassung der Einreichung der Erklärung festzusetzen.
Im Zuge einer Kontrolle durch Beamte der Polizeiinspektion wurde das Fahrzeug der Marke V mit dem tschechischen Kennzeichen A*** am in 1230 Wien angehalten und überprüft,
sowie am im Zuge der Erhebun­gen nach den Bestimmungen des § 12 AVOG durch die Finanzpolizei, am Hauptwohnsitz in Adresse, wahrgenommen.
Aufgrund dieser Wahrnehmungen wurde der Bf. durch die Finanzpolizei, am niederschriftlich einvernommen und betreffend der Verwendung dieses Fahr­zeuges in Österreich befragt.
Er gab an, dass dieses Fahrzeug im Eigentum der Fa. S steht und von ihm als Geschäftsführer sowie seiner Frau als Geschäftsführerin gelenkt wird.
§ 40 Abs. 1 KFG 1967 bestimmt u.a., dass als dauernder Standort eines Fahrzeuges der Hauptwohnsitz des Antragstellers gilt, bei Fahrzeugen von Unternehmungen der Ort, von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsachlich verfügt.Gemäß § 82 Abs. 8 Kraftfahrgesetz sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, welche von Personen mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet verwendet werden als Fahrzeuge mit dauerndem Stand­­ort im Inland anzusehen. Der Bf. hat das Fahrzeug der Marke V im November 2015 nach Österreich eingebracht. Eine Verwendung ohne österreichische Zulassung ist nur einen Monat ab Einbringung ins Bundesgebiet zulässig.Nach dem Ablauf dieser Monatsfrist (November 2015) hätte die Zulassung nach dem Kraftfahrgesetz erfolgen müssen. Gemäß § 7 Abs. 1 Zif. 2 entsteht die Steuerschuld bei Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem KFG zuzulassen wäre, mit dem Zeitpunkt der Einbringung in das Inland.
Gemäß § 1 Abs. 3 Normverbrauchsabgabegesetz unterliegt die erstmalige Zulassung von Kfz zum Verkehr im Inland der Normverbrauchsabgabe. Da der PKW mit November 2015 zuzulassen wäre, wurde der NoVA-Tatbestand bewirkt. Eine Selbstberechnung unterblieb, somit wird die NoVA auf Basis des Kaufpreises It. vorgelegter Rechnung und Verbrauchs­werte bzw. Abgaswerte mit obig angeführtem Betrag festgesetzt.
Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG 1967 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.Eine vorüber­gehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht.Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungs­schein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungs­bereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb eines Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug einen weiteren Monat verwendet werden.Danach sind der Zulassungs­schein und die Kenn­zeichen­­tafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungs­bereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern.
Nach der Rechtsprechung des VwGH setzt die Beurteilung, ob ein Fahrzeug seinen dauernden Standort entgegen der in § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 normierten Standort­­vermutung nicht im Bundesgebiet hat, Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges voraus, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ob das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamt­betrachtung für Zwecke der Vollziehung des KFG 1967 einem bestimmten Ort außerhalb des Bundes­gebietes zugeordnet werden muss oder nicht (vgl. ; ).
Nach den Ermittlungen der Finanzpolizei hat der Bf. seit dem seinen ständigen Wohnsitz in Österreich. Auch seine Ehegattin lebt mit ihm gemeinsam seit an derselben Adresse. Er arbeite weiters in Österreich und beziehe Einkünfte aus nicht­selb­ständiger Tätigkeit. Damit ist der Tatbestand der Hauptwohnsitzqualität i.S. des KFG erfüllt.
In der Niederschrift vom wurde von ihm ausgeführt, dass er immer wieder mit diesem Fahrzeug nach Tschechien gefahren ist.
Mit Erkenntnis vom , 2011/16/0221, hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Einbringung ins Bundesgebiet gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 der Einbringung gemäß § 79 KFG 1967 entspricht, sodass die Monatsfrist bis zur erforderlichen inländischen Zulassung mit jeder Verbringung des Fahrzeuges ins Ausland oder in das übrige Gemeinschaftsgebiet neu zu Iaufen beginnt. Diese Rechtsprechung bekräftigte der VwGH mit seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/16/0031.
Die in Reaktion auf das Erkenntnis des , mit BGBI. I 2014/26 erfolgte Novellierung des § 82 Abs. 8 KFG (am kundgemacht) sieht vor, dass eine Fahrt ins Ausland die Monatsfrist nicht unterbricht. Damit ist die mit BGBI. I 2014/26 erfolgte Novellierung des § 82 Abs. 8 KFG am in Kraft getreten.
Aufgrund dessen unterbricht ab dem eine vorübergehende Verbringung eines Fahrzeuges aus dem Bundesgebiet die Monatsfrist nicht mehr und ist daher ab diesem Zeitpunkt von einer widerrechtlichen Verwendung des KFZ auszugehen, wenn dieses seinen dauernden Standort in Österreich hat.
Entsprechend den obigen Feststellungen ist davon auszugehen, dass der Mittelpunkt Ihrer Lebens­­interessen als Verwender des KFZ in Österreich gelegen ist.
Es ist daher in Österreich gemäß den gesetzlichen Bestimmungen die Normverbrauchs­abgabe vorzuschreiben.

Ebenfalls mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs Kraftfahrzeugsteuer für die Monate November bis Dezember 2015, Jänner bis Dezember 2016 und Jänner bis September 2017 in Höhe von 2.071,30 Euro fest.

In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass die Festsetzung(en) erforderlich war(en), weil die Selbstberechnung der Kraftfahrzeugsteuer unterblieben ist. Die weitere Begründung entsprach im Wesentlichen der Bescheidbegründung des Bescheides betreffend die Festsetzung der Norm­verbrauchsabgabe vom gleichen Tag.

Am erhob der Bf. gegen den Bescheid betreffend Norm­verbrauchs­abgabe Beschwerde und beantragte die Aufhebung des Bescheides.
Der Bf. brachte vor, dass sich das betreffenden Kraftfahrzeug V mit dem amtlichen Kennzeichen A*** im Besitz der Firma S befinde, welche eine Gewerbeberechtigung zur gewerblichen Autovermietung vorweisen könne, wodurch ihm eine Ummeldung nicht möglich sei. Er habe das Kfz von dieser Firma am angemietet und am wieder zurückgegeben. Somit bestehe keine Fristüber­schreitung der 30 Tage. Das Fahrzeug sei nachweislich am und am in Tschechien betankt worden. Es habe sich daher zu diesem Zeitpunkt in Tschechien befunden. Ebenso sei das Fahrzeug am und am in Tschechien betankt worden und habe sich daher zu diesem Zeitpunkt in Tschechien befunden. Eine Fristüber­schreitung der 30 Tage bestehe daher nicht.

Ebenfalls mit Eingabe vom erhob der Bf. gegen den Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer Beschwerde und beantragte die Aufhebung des Bescheides.
Zur Begründung wiederholte der Bf. im Wesentlichen das bereits in der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Norm­verbrauchsabgabe gemachte Vorbringen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs die Beschwerde gegen die Festsetzung der Norm­verbrauchsabgabe für den Zeit­raum November 2015 als unbegründet ab.

In der Begründung wurde u.a. ausgeführt:
Aufgrund interner Erhebungen wurde festgestellt, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug der Marke V durch den Beschwerdeführer bereits von bis in das Bundesgebiet eingebracht und dort verwendet wurde. Das Fahrzeug wurde auch noch bei der finanzpolizeilichen Nachschau am ohne österreichische Zulassung vorge­fundenEs ist daher erwiesen, dass das Fahrzeug nach seiner Einbringung ins Inland dort später als einen Monat nach der Einbringung verwendet wurde.
Ebenfalls wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit durchgehend in Österreich mit dem Hauptwohnsitz gemeldet ist und nach eigenen Angaben auch den Mittel­punkt der Lebensinteressen zumindest seit 2001 im Inland hat. Ebenso kann wie oben erwähnt im Falle einer Fahrzeugüberlassung eines ausländischen Unternehmens an einen inländischen Dienstnehmer auch der inländische Verwender als Abgabenschuldner  heran­gezogen werden.
Der Bf. gab bei der finanzpolizeilichen Einvernahme vom an, dass das Fahrzeug durch ihn auch privat genutzt werden darf. Er besitze die Berechtigung das Fahrzeug zu ver­wenden aufgrund seiner Firmenbeteiligung und es gebe auch hinsichtlich der betrieblichen Fahrten keine Vorgaben durch die Firmenleitung. Es verwende nicht nur der Bf. in seiner Funktion als Prokurist/Gesellschafter, sondern auch dessen Gattin als Geschäfts
­­führerin/ Gesellschafterin der Firma S das Fahrzeug. Da der Bf. kein eigenes Kfz besitze, habe er am Tag der Einvernahme durch die Finanzpolizei seine Gattin, welche ebenfalls in Wien zugegen war, abgeholt und sei mit dieser gemeinsam wieder ins Ausland gefahren.
Es lässt sich daher zusammenfassend feststellen, dass der Bf. ohne Vorgaben der Firma hinsichtlich betrieblicher Fahrten gemeinsam mit seiner Gattin völlig frei über das Fahrzeug verfügen kann und auch sonst kein eigenes Fahrzeug besitzt. Der Bf. ist demnach für alle täglichen privaten und beruflichen Fahrten auf das Fahrzeug angewiesen. 
Anhand der vorgenannten Angaben und der daraus abzuleitenden freien Verfügungs­berechtigung des Bf. über das gegenständliche Fahrzeug lässt sich unweigerlich  auf dessen Stellung als Verwender des Kraftfahrzeuges im Sinne des Normverbrauchsabgabengesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes schließen.
Die Vorschreibung der Normverbrauchsabgabe und der Kraftfahrzeugsteuer an den im Inland wohnhaften Bf., welcher als Prokurist der Firma S das  gegen­ständliche Fahrzeug im Inland verwendet, erfolgte daher zu Recht.

Mit dem am beim Finanzamt eingelangten Schriftsatz beantragte der Bf. die . Er führte aus, dass es ihm als Prokurist der Firma nicht möglich sei über den beschwerde­ gegenständlichen Pkw zu verfügen. Seine Prokura erlaube ihm nur in seinem Geschäftsfeld Verträge abzuschließen, jedoch nicht Entscheidungen zu treffen, die die GmbH als solches betreffen. Derartige Entscheidungen könne nur die Geschäftsführung treffen, wie z.B. Standortwahl, Investitionen und auch den An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen jeder Art. Die weisungsgebundene Verwendung des Kfz entstehe durch die Vorgabe seiner Tätigkeit bei der Firma. Das beschwerde­gegenständliche Fahrzeug sei im Besitz der Firma S in Prag, welche eine Gewerbeberechtigung zur gewerblichen Auto­ver­mietung vorweisen könne. Eine Ummeldung sei ihm daher nicht möglich. Das beschwerde­­gegen­ ständliche Fahrzeug sei von ihm am angemietet worden und am wieder zurückgegeben worden. Es bestehe daher keine Fristüber­schreitung der 30 Tage. Das Fahrzeug sei nachweislich am und am in Tschechien betankt worden. Es habe sich daher zu diesem Zeitpunkt in Tschechien befunden. Ebenfalls am und am sei das Fahrzeug nachweislich in Tschechien betankt worden.
Der Bf. legte folgende Belege bei: Nutzungsbestätigung des strittigen KFZ V, Kopie der Zulassungsbescheinigung, Tankbelege vom 5.10, 7.10., 13.10. und , Gewerberegisterauszug der Firma S zur Berechtigung Autos zu vermieten.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt   Amstetten Melk Scheibbs die Beschwerde dem Bundesfinanz­gericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Ergänzend wurde ausgeführt, dass nach den Abfragen aus den Internationalen Wirtschafts­­daten (IWD) der Bf. als Gesell­schafter an der  Firma S beteiligt und als Prokurist tätig gewesen sei sowie seine Ehegattin die Geschäftsführerin und ebenfalls an der Firma beteiligt gewesen sei. An der Sitzadresse dieser Firma wären insgesamt 644 Firmen mit dem Sitz eingetragen.
Neben dieser Tätigkeit habe der Bf. ab 2014 nur sehr geringe Einkünfte aus einer nicht­selb­ständigen Tätigkeit für eine Vermietungsgesellschaft in Wien bezogen.

Ergänzend zum Vorlagebericht wurden von der Abgabenbehörde auch folgende für die Beweis ­würdigung wesentliche Unterlagen übermittelt:

1. Aus dem Aktenvermerk der Finanzpolizei vom ging hervor, dass der Bf. relativ selten am   Hauptwohnsitz anzutreffen sei, weil er in Wien Prostitutionslokale besitze und vermutlich in Wien wohnhaft sei. Im Zuge der Observation des Bf. sei der strittige Pkw auch in der Nähe eines Prostitutionslokales wahrgenommen worden. Die dabei gemachten Fotos wurden von der Abgabenbehörde in elektronischer Form vorgelegt.
Aus einem weiteren Aktenvermerk der Finanzpolizei vom ging hervor, dass der Bf. von der Polizei beim Zufahren und Einparken vor einem Prostitutionslokal wahr­genommen wurde.

2. Aus der KSV-Auskunft vom ging hervor, dass zur Firma S mit Sitz in Prag trotz aller Bemühungen kein Kontakt hergestellt werden konnte und die in der Auskunft enthaltenen Informationen aus externen Quellen stammten. Es seien keine Zahlungserfahrungen verfügbar und es gebe keinen Einblick in die finanzielle Situation. Die verpflichtenden Jahresabschlüsse stünden bisher nicht zur Verfügung.

3. Aus dem vorgelegten Kaufvertrag über den Kauf des strittigen Fahrzeuges ist ersicht ­lich, dass als Käuferin für die S die Ehegattin des Bf. unter ­schrieben hat.

Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung erfolgte aufgrund der von der Abgaben­behörde vorgelegten Akten­teile sowie des Vorbringens des Bf.

Unbestritten ist, dass der Bf. seinen Hauptwohnsitz seit durchgehend in Österreich hat und seine Ehegattin seit an derselben Adresse mit Haupt ­wohnsitz gemeldet ist. Unbestritten ist auch, dass der Bf. das strittige Fahrzeug in das Bundesgebiet eingebracht hat und hier verwendet hat.

Mit seinem Beschwerdevorbringen wollte der Bf. offenbar den Gegen­beweis zur gesetzlichen Vermutung erbringen, wonach das strittige Fahrzeug seinen dauernden Stand­ort im Inland hat.

Die einzelnen Einwendungen bzw. das Beweisvorbringen des Bf. (wonach das strittige Fahrzeug seinen dauernden Stand­ort in Tschechien habe) sowie die von der Abgaben­behörde übermittelten Unterlagen sind wie folgt zu würdigen:

1. Die Behauptung, der Bf. habe das  im Besitz der Firma S befindliche, strittige Fahrzeug am von dieser Firma angemietet und am wieder zurück­gegeben, widerspricht der mit dem Bf. am auf­genommenen Niederschrift.
Dort gab der Bf. an, dass Rechtsgrund für die Verwendung des Fahrzeuges die Firmen­beteiligung sei und dass es keinen schriftlichen Vertrag bzw. keine Verfügungs ­berechtigung gebe. Es gebe hinsichtlich der betrieblichen Fahrten keine Vorgaben durch die Firmenleitung und er nutze das Fahrzeug sowohl für betriebliche Fahrten als auch privat.
Die Behauptung, wonach der Bf. das strittige Fahrzeug am wieder zurück­gegeben habe, wird auch durch die Tatsache widerlegt, dass das Fahrzeug am bei Aufnahme der Niederschrift am Hauptwohnsitz des Bf. dort vorhanden war. Weiters ist aufgrund der von der Abgabenbehörde übermittelten Fotos und finanz ­polizeilichen Berichten dokumentiert, dass sich das strittige Fahrzeug am , am und am in Wien befunden hat.

2. Die vom Bf. vorgelegten Tankbelege vom , , , , , , , und wurden ausgestellt in Breclav/ Lundenburg. Ein Tankbeleg vom wurde ausgestellt in Lovosice/ Leitmeritz an der Elbe und ein weiterer Tankbeleg vom gleichen Tag in Mikolov/ Nikolsburg.
Daraus ergibt sich, dass bis auf den einen Tankstopp in Leitmeritz an der Elbe alle anderen Betankungen in unmittelbarer Nähe der österreichisch-tschechischen Grenze erfolgten (Lundenburg bzw. Nikolsburg). Es liegt daher nahe, dass der Bf. zumindest teilweise in das nahe Tschechien gefahren ist, um zu tanken.

3. Die von der Finanzpolizei getätigten Abfragen aus den Internationalen Wirtschafts­daten (IWD), wonach an der Sitzadresse der Firma S insgesamt 644 Firmen mit dem Sitz eingetragen seien und die Tatsache, dass der Bf. Gesell­schafter und Prokurist war sowie seine Ehegattin die Geschäftsführerin war, lassen darauf schließen, dass es sich bei der Firma S um eine sogenannte Briefkastenfirma handelt.
Die rechtliche Folge dieser Feststellung ist, dass das dieser Firma gehörende Wirtschaftsgut Pkw nicht der Firma, sondern den Gesellschaftern (Bf. und Ehegattin) als Verwender dieses Wirtschaftsgutes zuzurechnen ist.

4. Ein Fahrtenbuch wurde laut Angabe des Bf. nicht geführt. Dies ist neben den Betankungen des Fahrzeuges in unmittelbar an der österreichisch-tschechischen Grenze ein weiteres Indiz dafür, dass das Fahrzeug im fraglichen Zeitraum überwiegend in Österreich verwendet worden ist.

5. Aus dem vorgelegten Kaufvertrag über den Kauf des strittigen Fahrzeuges ist ersichtlich, dass als Käuferin für die S die Ehegattin des Bf. unterschrieben hat. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass das Fahrzeug ihr bzw. ihrem Ehegatten zuzurechnen ist. In Zusammenhang mit dem inländischen Hauptwohnsitz bedeutet dies, dass der dauernde Standort des Fahrzeuges im Bundesgebiet zu vermuten ist.

Die vom Bundesfinanzgericht vorgenommenen Beweiswürdigung bestätigt somit die gesetzliche Vermutung, wonach das strittige Fahrzeug im beschwerdegegenständlichen Zeitraum seinen dauernden Stand­ort im Inland und nicht Tschechien hatte.

Rechtslage

Gemäß § 1 Z 3 NoVAG 1991 (Normverbrauchsabgabegesetz) unterliegt der Norm­ver­brauchsabgabe - abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen - die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland. Als erstmalige Zulassung gilt u.a. die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.

Nach § 4 Z 2 NoVAG 1991 ist Abgabenschuldner im Falle der erstmaligen Zulassung (§ 1 Z 3) derjenige, für den das Kraftfahrzeug zugelassen wird. Wird das Kraftfahrzeug für mehrere Personen zugelassen, so sind diese Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO).

Kraftfahrzeuge dürfen nach § 36 Kraftfahrgesetz 1967 - KFG 1967, BGBl. Nr. 267/1967, nur dann auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden, wenn sie u.a. zum Verkehr zugelassen sind.

Als Abgabenschuldner kommen laut § 4 Z 3 NoVAG 1991 im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, sowohl der Zulassungsbesitzer als auch derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner in Betracht.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991 (Normverbrauchsabgabegesetz) entsteht die Steuer­schuld bei der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, mit dem Zeitpunkt der Einbringung in das Inland.

Nach § 1 Abs. 1 Z 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 (KfzStG 1992) unterliegen Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche österreichische Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung) der Kraftfahrzeugsteuer.

Steuerschuldner ist nach § 3 Z 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz bei widerrechtlicher Verwendung die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet.

Gemäß § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kenn­zeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffent­lichem Verkehr (unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften) u. a. nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet ein­gebracht wurden.

Gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Stand­ort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulas­sungs­schein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern.

Erwägungen

Normverbrauchsabgabe

Nach der oben zitierten Rechtslage entsteht die Steuer­schuld bei der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre. Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegen­beweis als Fahrzeug mit dem dauernden Stand­ort im Inland anzusehen (§ 82 Abs. 8 KFG 1967).

Unbestritten ist, dass der Bf. seinen Hauptwohnsitz seit durchgehend in Österreich hat und seine Ehegattin seit an derselben Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Unbestritten ist auch, dass der Bf. das strittige Fahrzeug in das Bundesgebiet eingebracht hat und hier verwendet hat. Damit ist nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 von der Vermutung auszugehen, dass das Fahrzeug den dauernden Stand­ort im Inland hat. Der Gegen­beweis, dass das Fahrzeug den dauernden Stand­ort in Tschechien hat, ist dem Bf. nicht gelungen. Folglich hat die Abgabenbehörde die Vorschreibung der Normverbrauchs­abgabe zu Recht vorgenommen.

Dagegen bringt der Bf. im Wesentlichen vor, dass das strittige Fahrzeug im Besitz der Firma S in Prag sei und er als Prokurist der Firma nicht über den beschwerde­gegenständlichen Pkw verfügen konnte.

Zu diesem Einwand wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (s. Zl. 2009/16/0107) und die dazu formulierten folgenden Rechtssätze hingewiesen:
1. Die Verwendung eines nicht im Inland zugelassenen Fahrzeuges unterliegt dann der Normverbrauchsabgabe, wenn es nach dem KFG 1967 zum Verkehr zuzulassen wäre. Dies betrifft vor allem die Verwendung von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen, wenn auf Grund kraftfahrrechtlicher Bestimmungen die Zulassung im Inland zu beantragen wäre, dies aber unterlassen wird. Mit der Einführung dieses Auffangtatbestandes in § 1 Z 3 NoVAG (durch die Novelle BGBl. I Nr. 122/1999) sollten auch jene Fälle, in denen dauerhaft im Inland verwendete Fahrzeuge nur zum Zweck der Vermeidung der Normverbrauchsabgabe im Ausland zugelassen werden, von der Normverbrauchsabgabe erfasst werden (vgl. Zl. 2008/15/0276).
2. Das NoVAG enthält keine Regelung darüber, wem die Verwendung des Fahrzeuges zuzurechnen ist. Auf Grund der gleichartigen Zielsetzung - nämlich die Person zu bestimmen, die für die durch die Verwendung des Fahrzeuges entstandenen Folgen einzustehen hat, - bietet es sich in diesem Zusammenhang an, auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeugs nach § 5 Abs. 1 Eisenbahn- und Kraft­fahrzeughaftpflichtgesetz - EKHG zurückzugreifen. Unter dem Halter ist nach der Recht­sprechung des Obersten Gerichtshofes dazu die Person zu verstehen, die das Fahr­zeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben (vgl. dazu etwa OGH, , 9 Ob A 150/00z).
3. Es kommt bei der Entstehung der Normverbrauchsabgabenschuld im Beschwerdefall ausschließlich auf die Verwendung eines nicht im Inland zugelassenen Fahrzeugs im Bundesgebiet über die in § 82 Abs. 8 KFG vorgesehene Frist hinaus an. Ob der Person, welche ein Fahrzeug im Inland solcherart verwendet, der rechtmäßige Besitz an diesem Fahrzeug zukommt, ist für die Entstehung der Steuerschuld und die Bestimmung des Steuerschuldners unerheblich.

Wie sich aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, kommt es bei der Entstehung der Normverbrauchsabgabenschuld im Beschwerdefall ausschließlich auf die Verwendung eines nicht im Inland zugelassenen Fahrzeugs im Bundesgebiet über die in § 82 Abs. 8 KFG vorgesehene Frist hinaus an. Ob der Person, welche ein Fahrzeug im Inland solcherart verwendet, der rechtmäßige Besitz an diesem Fahrzeug zukommt, ist für die Entstehung der Steuerschuld und die Bestimmung des Steuerschuldners unerheblich.

Der Bf. kann sich daher nicht darauf berufen, dass das strittige Fahrzeug im Besitz der Firma S in Prag sei und er als Prokurist der Firma nicht über den beschwerde­gegenständlichen Pkw verfügen könne. Das Finanzamt konnte also die Normverbrauchs­abgabe trotz der Einwände des Bf. zu Recht festsetzen.

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid betreffend Norm­verbrauchsabgabe war daher als unbegründet abzuweisen.

Kraftfahrzeugsteuer

Nach der oben zitierten Rechtslage unterliegen Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche österreichische Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung) der Kraftfahrzeugsteuer.
Steuerschuldner ist nach § 3 Z 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz bei widerrechtlicher Verwendung die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet.

Daraus ergibt sich, dass die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung der Norm­­ verbrauchs­ abgabe auch die die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung von Kraft­ fahr­ zeug­ steuer zur Folge hat.

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer war daher ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da zu der in diesem Verfahren strittigen Rechtsfrage bereits eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes vorliegt (s. Zl. 2009/16/0107), war zu entscheiden, dass eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 4 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 4 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 3 Z 2 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100900.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at