Gegenstandsloserklärung nach Zurücknahme der Beschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., Adresse_Bf., vertreten durch stV, Adresse_stV, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 beschlossen:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.
II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Zu Spruchpunkt I (Gegenstandsloserklärung):
1.1. Verfahrensgang/Sachverhalt:
In seiner am bei der belangten Behörde auf elektronischem Weg eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 machte der Beschwerdeführer (Bf.) u.a. Kosten im Zusammenhang mit einer Behinderung als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt geltend.
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2016 erklärungskonform in Höhe von 39,00 Euro fest.
Mit elektronischer Eingabe vom erhob der Bf. einen "Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO" betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 und begehrte die Berücksichtigung weiterer Kosten im Zusammenhang mit einer Behinderung als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt. Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde als Beschwerde gemäß § 243 BAO gedeutet.
In ihrer (verbösernden) Beschwerdevorentscheidung vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2016 in Höhe von 237,00 Euro fest.
Mit Schreiben vom wurde dagegen ein Vorlageantrag erhoben.
In der Folge legte die belangte Behörde den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Mit an das Bundesfinanzgericht gerichtetem Schreiben vom wurde die Beschwerde vom zurückgenommen.
1.2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und sind unstrittig.
1.3. Rechtliche Beurteilung:
1.3.1. Zur Deutung des "Antrages auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO" als Beschwerde gemäß § 243 BAO:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d.h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl. etwa ; ; ; siehe dazu auch Ritz, BAO, 6. Auflage, § 85 Tz 1 ).
Vor dem Hintergrund dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den "Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO" vom als Beschwerde gedeutet hat, zumal dieser Antrag unstrittig innerhalb der Beschwerdefrist des § 245 Abs. 1 BAO gestellt wurde und es die klar erkennbare Absicht der Partei war, weitere Kosten im Zusammenhang mit einer Behinderung als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt geltend zu machen.
1.3.2. Zur Zurücknahme der Beschwerde:
Gemäß § 256 Abs. 1 BAO können Beschwerden bis zur Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Entscheidung über die Beschwerde zurückgenommen werden. Die Zurücknahme ist schriftlich oder mündlich zu erklären.
Wurde eine Beschwerde zurückgenommen, so ist sie gemäß § 256 Abs. 3 BAO mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären.
Die Zurücknahme einer Beschwerde ist eine unwiderrufliche einseitige prozessuale Erklärung, die mit dem Einlangen der betreffenden Erklärung bei der Behörde (bzw. beim Verwaltungsgericht) rechtsverbindlich und damit wirksam wird, ohne dass es hierfür einer formellen Annahmeerklärung bedürfte (vgl. etwa ).
Die (wirksame und gültige) Zurücknahme der Beschwerde hat den endgültigen Verlust des Rechtsmittels zur Folge. Durch eine Zurücknahme verliert das Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit zur meritorischen Erledigung (vgl. Ritz, BAO, 6. Auflage, § 256 Tz 11, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VwGH).
Eine Beschwerde ist auch nach Zustellung einer Beschwerdevorentscheidung nach Stellung des Vorlageantrages zurücknehmbar. Diesfalls führt die Gegenstandsloserklärung zur Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung und damit zu einem Wiederaufleben des angefochtenen Bescheides (vgl. Ritz, BAO, 6. Auflage, § 256 Tz 14).
Mit Schreiben vom wurde die Beschwerde vom zurückgenommen, weswegen die Beschwerde mit Beschluss (§ 256 Abs. 3 BAO i.V.m. § 278 Abs. 1 lit. b BAO) als gegenstandslos zu erklären war.
2. Zu Spruchpunkt II (Unzulässigkeit der Revision):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge der Gegenstandsloserklärung im Falle der Zurücknahme der Beschwerde unmittelbar aus § 256 Abs. 3 BAO ergibt, liegt im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weswegen spruchgemäß zu entscheiden war.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 256 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100992.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at