Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.02.2020, RS/7100127/2019

Auf erfolgte Beitritte zur Bescheidbeschwerde nach § 257 BAO ist in Säumnisbeschwerde hinzuweisen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RS/7100127/2019-RS1
Bezieht sich die Säumnisbeschwerde nur auf einen Teil der bei der belangten Behörde anhängigen Rechtssache, ist die Säumnisbeschwerde nicht geeignet, im Fall der rechtswidrig unterbliebenen Bescheidnachholung durch die belangte Behörde den Übergang der Entscheidungspflicht auf das Bundesfinanzgericht zu bewirken.
RS/7100127/2019-RS2
Beitrittserklärungen zur Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers gehören zum Gegenstand der Säumnisbeschwerde iSd § 285 Abs 1 lit b BAO, weshalb der Beschwerdeführer in der Säumnisbeschwerde auf die Beitritte ausdrücklich hinzuweisen hat, damit im Fall der rechtswidrig unterbliebenen Bescheidnachholung durch die belangte Behörde einerseits die Sache einheitlich erledigt werden und andererseits die Zuständigkeit auch zum - allenfalls ebenso unerledigt gebliebenen - Beitrittsverfahren auf das BFG übergehen kann.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache des Bundesministeriums für Landesverteidigung, Rossauer Lände 1, 1090 Wien, über die Säumnisbeschwerde vom wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Wien 1/23 als belangte Behörde bezüglich der Bescheidbeschwerde vom , betreffend Dienstgeberbeitrag sowie Heranziehung zur Haftung für Lohnsteuer, jeweils für die Jahre 2010 bis 2015, vertreten durch RR, beschlossen:

I. Die Säumnisbeschwerde vom wird zurückgewiesen.

II. Das Säumnisverfahren wird eingestellt.

III. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs. 4 iVm Abs 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit oben bezeichneter Säumnisbeschwerde wurde in einem gemeinsamen Schriftsatz ua in den Rechtssachen "Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrags (DB)" und "Haftungsbescheide (§ 82 EStG 1988)" betreffend die "Finanzjahre 2010 bis 2015" die Verletzung der Entscheidungspflicht über die "Beschwerde vom " gerügt und eine Ablichtung derselben der Säumnisbeschwerde angeschlossen. Im vierten Absatz der Begründung der Säumnisbeschwerde wird in Bezug auf die Heranziehung zur Arbeitgeberhaftung darauf hingewiesen, dass sich das Bundesministerium für Landesverteidigung (in der Folge kurz: Bundesministerium) "aufgrund der hohen Anzahl an involvierten öffentlich Bediensteten einem (umfangreichen) Regressverfahren gegenübers[ehe]". Dass die involvierten Bediensteten der Bescheidbeschwerde betreffend Haftungslohnsteuer des Bundesministeriums beigetreten sind, ging weder aus der Säumnisbeschwerde noch aus den Beilagen hervor.

Der angeschlossene, 22 Seiten umfassende Schriftsatz trägt den Titel "Beschwerde" und weist sämtliche Merkmale einer Bescheidbeschwerde iSd § 250 Abs 1 lit a bis d BAO auf. Der Schriftsatz vom wurde am besagten Tag sowohl elektronisch gefertigt als auch bei der belangten Behörde persönlich eingebracht.

Zu dem Umstand, dass in der Säumnisbeschwerde der Bundesminister für Landesverteidigung ausdrücklich als Beschwerdeführer bezeichnet wird, hingegen die Bescheidbeschwerde vom Bundesministerium für Landesverteidigung eingebracht wurde, wodurch die Frage nach der Aktivlegitimation zur Erhebung der Säumnisbeschwerde aufgeworfen wird, wurde bereits mit ha Beschluss vom aufgetragen, neben der Bescheidnachholung auch zu dieser Frage zu berichten. Mit weiterem Beschluss vom wurde die Frist zur Bescheidnachholung auf begründetes Ansuchen der belangten Behörde bis erstreckt und mit Bericht der belangten Behörde vom wurden die urgierten Beschwerdevorentscheidungen vom sowie zwei Zustellnachweise, wonach die Bescheide am persönlich vom näher bezeichneten Mitarbeiter der Poststelle des Bundesministeriums persönlich übernommen wurden, vorgelegt.

Zur Frage der Aktivlegitimation wurde nicht berichtet. Festgestellt wird weiters, dass die belangte Behörde entgegen der Säumnisbeschwerde mit beiden Beschwerdevorentscheidungen über die Bescheidbeschwerde vom abgesprochen hat. Auch über diese Abweichung wurde nicht berichtet. Aus der Gestaltung des Anschriftsfeldes der Beschwerdevorentscheidung betreffend die Haftungslohnsteuer ergibt sich, dass 194 Bedienstete des Bundesministeriums laut Bescheidbeilage dessen Bescheidbeschwerde beigetreten sind. Die Zustellnachweise an die 194 Betrittswerber wurden nicht vorgelegt. Von der Zustellfiktion des § 101 Abs 1 BAO wurde in der Beschwerdeerledigung hinsichtlich Haftungslohnsteuer nicht Gebrauch gemacht.

Der zuständige Sachbearbeiter im Bundesministerium, OR NN, teilte anlässlich eines Telefonats am die Ansicht des BFG, dass in einer Beschwerdesache ein Bescheid nur ein Mal rechtswirksam angefochten werden könne und dass der Schriftsatz vom als Ergänzungsschriftsatz anzusehen sei. Die rechtswirksame Beschwerde sei bereits jene vom .

Die Vertreterin der belangten Behörde hat am  sodann Folgendes mitgeteilt:

Am letzten Tag der Rechtsmittelfrist sei mit einem gemeinsamen Schriftsatz Beschwerde in besagten Abgabensachen erhoben und gleichzeitig mit einem weiters eingebrachten Schriftsatz um Verlängerung der Rechtsmittelfrist bis April 2019 ersucht worden. Nach Ansicht der belangten Behörde habe der erstgenannte Schriftsatz sämtliche Merkmale einer Bescheidbeschwerde mit Ausnahme der Begründung enthalten, weshalb sie von einer mangelhaften Bescheidbeschwerde ausgegangen sei und mit Mängelbehebungsauftrag vom die Nachreichung der fehlenden Begründung bis aufgetragen habe. Das Fristverlängerungsansuchen sei nach Ansicht der belangten Behörde infolge der rechtswirksamen Beschwerde obsolet, jedoch nicht formal erledigt worden.

Der am eingebrachte Schriftsatz trage zwar die Überschrift "Beschwerde", sei nach Rechtsanschauung der belangten Behörde aber als nachgereichte Begründung zur bereits mit Schriftsatz vom rechtswirksam erhobenen Beschwerde zu qualifizieren. Dass auch das Bundesministerium von einer Mängelbehebung ausgegangen sei, werde durch die einleitende Bezugnahme in diesem Schriftsatz "Erledigung Mängelbehebungsauftrag vom " erhärtet.

Der als Beschwerde bezeichnete Schriftsatz vom zählt einleitend ua die "Erledigung Mängelbehebungsauftrag vom " auf, sodann folgt die Bezeichnung "Beschwerde". Anschließend wird ausgeführt:

"Alle oa. Bescheide wurden am zugestellt.

Gegen diese bezeichneten Bescheide erhebt das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) innerhalb offener Rechtsmittelfrist, gehemmt durch einen Antrag nach § 245 Abs 3 BAO durch das BMLV eingebracht am sowie verlängert aufgrund Mängelbehebungsauftrag bis , das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde."

Schließlich gab die belangte Behörde an, dass bei ihr ausschließlich Abgabenkonten des Bundesministeriums existieren würden, keinesfalls sei der Bundesminister in irgendeiner Abgabenangelegenheit als Abgabepflichtiger erfasst.

Über die Säumnisbeschwerde wurde erwogen:

Die Säumnisbeschwerde wurde nicht verfrüht gestellt.

Aus folgenden Gründen ist die Säumnisbeschwerde jedoch unzulässig.

Aktivlegitimation

Gemäß Art 132 Abs 3 B-VG kann wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.

§ 284 Abs 1 BAO - Bundesabgabenordnung lautet:

"Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat."

Rechtlich folgt:

Partei im Abgabenverfahren ist gemäß § 78 Abs 1 BAO der Abgabepflichtige (§ 77 BAO), im Beschwerdeverfahren auch jeder, der eine Beschwerde einbringt (Beschwerdeführer), einem Beschwerdeverfahren beigetreten ist (§§ 257 bis 259) oder, ohne Beschwerdeführer zu sein, einen Vorlageantrag (§ 264) gestellt hat. Beschwerdeführer der Bescheidbeschwerde ist nach oben dargestelltem Verfahrenshergang (Sachverhalt im formellen Sinn) das Bundesministerium für Landesverteidigung, weil es im Spruch der angefochtenen Bescheide bezeichnet ist. Bundesminister als obersten Organe der Vollziehung gemäß Art 19 B-VG und Bundesministerium sind keine Synonyme, sondern bezeichnen verschiedene Rechtsträger.

Wird als Gegenstand der Säumnis eine unerledigte Bescheidbeschwerde bezeichnet, so kommt Aktivlegitimation zur Erhebung der Säumnisbeschwerde grundsätzlich demjenigen zu, den der angefochtene Bescheid in seinem Spruch als Abgabenpflichtigen (Haftungspflichtigen) bezeichnet. Bemerkt wird, dass als Partei iSd § 284 Abs 1 S 2 BAO auch der Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers Beigetretene in Betracht kämen, weil auch ihnen gegenüber die Beschwerdevorentscheidung zu ergehen hat.

Im konkreten Fall wird nach Auskunft der belangten Behörde im Spruch der angefochtenen Bescheide das Bundesministerium bezeichnet. In der Begründung der Säumnisbeschwerde wird insgesamt fünf Mal, insbesondere iZm der Ausübung von Antragsrechten der Begriff "das Bundesministerium" verwendet. Unter Berücksichtigung der Begründung der Säumnisbeschwerde und der objektiven Rechtslage ist insgesamt offenkundig, dass das Bundesministerium als Beschwerdeführer der Säumnisbeschwerde gemeint ist. Nicht nur die Behörde, auch die Partei kann sich versehentlich im Ausdruck vergreifen, ohne einen Rechtsnachteil zu erleiden. Im konkreten Fall schadet die fehlerhafte Bezeichnung des Bundesministers als Beschwerdeführer in der Säumnisbeschwerde nicht (vgl ; verstärkter Senat ).

194 Beitrittswerber zur Bescheidbeschwerde des Bundesministeriums betreffend Haftungslohnsteuer

§ 257 BAO lautet:

"(1) Einer Bescheidbeschwerde, über die noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, kann beitreten, wer nach Abgabenvorschriften für die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Abgabe als Gesamtschuldner oder als Haftungspflichtiger in Betracht kommt.

(2) Wer einer Bescheidbeschwerde beigetreten ist, kann die gleichen Rechte geltend machen, die dem Beschwerdeführer zustehen."

§ 258 BAO lautet:

"(1) Der Beitritt ist bei der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, schriftlich oder mündlich zu erklären.

(2) Die Abgabenbehörde (Abs. 1) hat eine Beitrittserklärung durch Bescheid zurückzuweisen,

a) wenn im Zeitpunkt des Einlangens der Beitrittserklärung die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde bereits rechtskräftig ist,

b) wenn sie von jemandem abgegeben wurde, der zum Beitritt nicht befugt ist. In diesem Fall darf das Erkenntnis (§ 279) erst nach Rechtskraft des Zurückweisungsbescheides ergehen."

§ 285 Abs 1 BAO lautet:

"Die Säumnisbeschwerde hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung der säumigen Abgabenbehörde;

b) die Darstellung des Inhaltes des unerledigten Antrages bzw. der Angelegenheit, in der eine Verpflichtung zur amtswegigen Erlassung eines Bescheides besteht;

c) die Angaben, die zur Beurteilung des Ablaufes der Frist des § 284 Abs. 1 notwendig sind."

rechtlich folgt:

Der Bescheidbeschwerde des zur Haftung für Lohnsteuer herangezogenen Bundesministeriums sind 194 Bedienstete beigetreten. Durch Geltendmachung der Haftung entsteht ein Gesamtschuldverhältnis. Das Gesamtschuldverhältnis umschließt den haftungsverpflichteten Arbeitgeber und die Arbeitnehmer als Primärschuldner. Nach der Judikatur aller drei Höchst­gerichte (vgl zB B 7/64, Slg 4815; , B 646/78; , Arb 8761; , 4 Ob 111/77; , 4 Ob 79/80; ; , 90/13/0049; , 99/13/0178; nach Arnold, Schuld und Haftung, 59, FN 145, „entgegen dem Gesetzeswortlaut des § 257“) steht dem Arbeitnehmer das Recht zum Beitritt zu einem vom Arbeitgeber gegen den Lohnsteuer­haftungsbescheid eingebrachten Rechtsmittel zu (Ritz, BAO6, § 257 Tz 13). Mit dem Beitritt erwirbt der Arbeitnehmer Parteienrechte im Rechtsmittelverfahren, wozu insbesondere auf die in Ritz, BAO6, § 257 Tz 15, angeführten Antragsrechte und Rechtsbehelfsrechte verwiesen wird. Zu den mit der Parteistellung verbundenen Rechten gehört auch das Recht auf Bekanntgabe (§ 97 BAO) der abschließenden Beschwerdeerledigung (s § 284 Abs 1 S 2 BAO). Im Lichte dieses Rechtsverständnisses hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt, dass die über die Bescheidbeschwerde ergehende Erledigung einheitlich, dh gegenüber dem Beschwerdeführer und allen Beigetretenen, zu erlassen [ist] (zB zB ; ).

Zu beanstanden ist daher, dass das Bundesministerium in der Säumnisbeschwerde nicht auf die abgegebenen Beitrittserklärungen, die nach Auskunft der belangten Behörde auf Betreiben des Bundesministeriums erfolgten, sodass an deren Kenntnis des Bundesministeriums kein Zweifel bestehen kann, hingewiesen hat. Die Bekanntgabe der erfolgten Beitritte ist aus rechtlicher Sicht geradezu notwendig, weil ohne deren Kenntnis das BFG nicht überprüfen kann, ob die als säumig bezeichnete Sache einheitlich (zur Gänze) erledigt wurde und damit die Rechtsverletzung der unterbliebenen Bescheiderlassung zur Gänze beseitigt wurde. Da die belangte Behörde von der Zustellfiktion des § 101 Abs 1 BAO nicht Gebrauch gemacht hat, hätte das Bundesfinanzgericht zu prüfen, ob bei den 194 Beigetretenen die Zustellung bis längstens am Tag des Ablaufs der bis erstreckten Nachholfrist erfolgt ist.

Beitrittserklärungen zur Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers gehören zum Gegenstand der Säumnisbeschwerde iSd § 285 Abs 1 lit b BAO, weshalb der Beschwerdeführer in der Säumnisbeschwerde auf die Beitritte ausdrücklich hinzuweisen hat, damit im Fall der rechtwidrig unterbliebenen Bescheidnachholung durch die belangte Behörde einerseits die Sache einheitlich erledigt werden und andererseits die Zuständigkeit auch zum - allenfalls ebenso unerledigt gebliebenen - Beitrittsverfahren auf das BFG übergehen kann. So wie die Beitrittserklärungen nach § 265 Abs 2 BAO mit der Bescheidbeschwerde vorzulegen sind, gehören sie auch zur Säumnisbeschwerde, mit der die Verletzung der Entscheidungspflicht zur Bescheidbeschwerde geltend gemacht wird.

Bezieht sich die Säumnisbeschwerde nur auf einen Teil der bei der belangten Behörde anhängigen Rechtssache, ist die Säumnisbeschwerde nicht geeignet, im Fall der rechtwidrig unterbliebenen Bescheidnachholung durch die belangte Behörde den Übergang der Entscheidungspflicht auf das Bundesfinanzgericht zu bewirken. Eine Rechtssache ist zur Gänze zu erledigen, Teilerledigungen sind unzulässig sind und Teilrechtskraft ist im Bereich des § 257 BAO nicht vorgesehen.

Aufgrund obiger Ausführungen ist die Säumnisbeschwerde vom , soweit mit ihr die Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich Haftungslohnsteuer für die bezeichneten Zeiträume geltend gemacht wird, nicht geeignet, den Übergang der Entscheidungspflicht auf das Bundesfinanzgericht zu bewirken, weshalb es nicht schadet, wenn die belangte Behörde die Nachweise für die rechtswirksam erfolgte Zustellung der nachgeholten Beschwerdeerledigung an die 194 beigetretenen Bediensteten nicht vorgelegt hat. Aus demselben Grund war die Nachreichung der Zustellnachweise auch nicht aufzutragen.

Alternativ werden die zum Dienstgeberbeitrag folgend ins Treffen geführten Gründe sinngemäß als Gründe zur Haftungslohnsteuer erhoben.

Gegenstand der Säumnisbeschwerde, soweit der Dienstgeberbeitrag betroffen ist

Zunächst ist zu sagen, dass der Dienstgeberbeitrag eine Eigenschuld des Arbeitgebers ist und sich auf diese Bescheidbeschwerde die Beitritte auch nicht beziehen. Die Beschwerdevorentscheidung wurde fristgerecht am dem Beschwerdeführer nachweislich zugestellt.

Die Säumnisbeschwerde bezeichnet als säumige Bescheidbeschwerde jene vom . Demgegenüber hat die belangte Behörde über die Bescheidbeschwerde vom abgesprochen. Gegenstand der Säumnisbeschwerde ist das Anbringen, über das die belangte Abgabenbehörde zu Unrecht nicht mit Bescheid entschieden hat. Seine Grundlage findet sich in § 285 Abs 1 lit b BAO.

Der mit Schriftsatz vom vertretene Rechtsstandpunkt, dass innerhalb offener Rechtsmittelfrist dem Mängelbehebungsauftrag entsprochen werde, ist rechtlich denkunmöglich, denn die Entsprechung des Mängelbehebungsauftrages setzt ja das Erlöschen der Rechtsmittelfrist durch fristgerechte Einbringung der Beschwerde voraus, oder anders gewendet kann die Rechtsmittelfrist nur dann offen sein, wenn nicht zuvor mit einem Schriftsatz bereits rechtswirksam Bescheidbeschwerde erhoben wurde. Normzweck des Rechtsinstituts des Mängelbehebungsauftrages ist nicht die Verlängerung der Rechtsmittelfrist. Dass das Fristverlängerungsansuchen nach Auskunft der belangten Behörde formal nicht erledigt wurde, schadet nicht, weil Mängelbehebung und Fristverlängerung einander ausschließen. Die belangte Behörde hat zu Recht in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass auch das Bundesministerium von einer Mängelbehebung ausgegangen sei, was durch die einleitende Bezugnahme in diesem Schriftsatz "Erledigung Mängelbehebungsauftrag vom " offenkundig wird.

Es ist daher festzustellen, dass die belangte Behörde die tatsächlich unerledigte Bescheidbeschwerde vom in der Fassung der mit Schriftsatz vom nachgereichten Begründung mit der vorgelegten Beschwerdevorentscheidung betreffend Dienstgeberbeitrag vom erledigt hat.

Demgegenüber existiert die in der Säumnisbeschwerde als unerledigt bezeichnete Beschwerde vom nicht. Es schadet zwar nicht, wenn in überschießender Weise der nachgereichte Schriftsatz vom inhaltlich über die beauftrage Beschwerdebegründung iSd § 250 Abs 1 lit d BAO hinausgeht, doch bleibt die zuvor erfolgte rechtswirksame Beschwerdeerhebung vom unverrückbar und der Schriftsatz vom ist lediglich als Ergänzungsschriftsatz zur bereits erhobenen Beschwerde zu beurteilen. Ein Ergänzungsschriftsatz ist für sich allein einer Erledigung nicht zugänglich (vgl ; ; jeweils mwN) und kann daher für sich allein nicht Gegenstand einer Säumnisbeschwerde sei.

Dass ein ergänzender Schriftsatz kein selbständiges, gesondert devolvierbares Anbringen darstellt, hat auch bereits der unabhängige Finanzsenat wiederholt entschieden (vgl -W/05; -W/05; ). Da die Rechtslage des mit Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz - FVwGG - 2012, BGBl I 2013/14, eingerichteten Rechtsinstituts der Säumnisbeschwerde in rechtserheblicher Hinsicht mit dem bis dahin vorgesehenen Devolutionsantrag insoweit identisch ist, ist es zulässig, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und des UFS zu verweisen.

Betont wird, dass es nicht schadet, wenn in der nachgeholten Beschwerdevorentscheidung die erledigte Bescheidbeschwerde vom ohne Angabe der aktuellen Fassung bezeichnet wurde. 

Aufgrund obiger Ausführungen ist die Säumnisbeschwerde vom auch hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages für die bezeichneten Zeiträume nicht geeignet, den Übergang der Entscheidungspflicht auf das Bundesfinanzgericht zu bewirken.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Aufgeworfen wurde die Rechtsfrage, ob zum Gegenstand einer Säumnisbeschwerde iSd § 285 Abs 1 lit b BAO auch die Bekanntgabe der Beigetretenen (§ 257 BAO) gehört. Das BFG hat diese Frage bejaht, weil andernfalls erstens das BFG im Fall des Zuständigkeitsüberganges nur für einen Teil des zu Grunde liegenden Bescheidbeschwerdeverfahrens zuständig würde und zweitens diesfalls nicht Befugnis erlangen würde, das - allenfalls auch unerledigt gebliebene - Beitrittsverfahren nach § 258 BAO zu führen. Da Teilerledigungen unzulässig sind, muss das Bescheidbeschwerdeverfahren zur Gänze, dh einschließlich sämtlicher Beigetretenen, auf das BFG übergehen können, wofür dessen umfassende Darstellung in der Säumnisbeschwerde Voraussetzung ist.

Da zu dieser Frage, der grundsätzlich Bedeutung zukommt, eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, war die ordentliche Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 19 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 132 Abs. 3 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 284 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 285 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 257 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 258 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise





B 7/64




-W/05
-W/05
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RS.7100127.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at