Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.02.2020, RV/7102069/2011

1. Unechter Schadenersatz 2. Vergleich 3. noch nicht abgerechnete Leistungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter RI in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch STB, über die Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes XY, jeweils vom , betreffend Umsatzsteuer 2009 und Körperschaftsteuer 2009, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Dieser angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2009 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Dieser angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Erwägungen zu entnehmen (Tabellen "Umsatzsteuer 2009“ und „Körperschaftsteuer 2009“) und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Für die Abgabenjahre 2007 bis 2011 wurden wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer die Besteuerungsgrundlagen regelmäßig vom Finanzamt (FA) nach § 184 BAO geschätzt. Vorhalte wurden nicht beantwortet. Unterlagen wurden nicht übermittelt. Zwangstrafen und Verspätungszuschläge wurden regelmäßig festsetzt. Wegen Unterlassungen der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgten Festsetzungen der Umsatzsteuer regelmäßig durch das FA nach § 21 Abs. 3 UStG. Auf die Einhaltung abgaberechtlicher Verpflichtungen und allfällige finanzstrafrechtliche Konsequenzen wurde vom FA mehrmals hingewiesen (vgl. u.a. Körperschaftsteuerbescheid 2011 vom ). Gegen die Schätzungsbescheide wurden seitens der Beschwerdeführerin (Bf.) regelmäßig Einsprüche erhoben. Steuererklärungen wurden nachträglich eingereicht.

Solches erfolgte auch im streitanhängigen Abgabenjahr 2009. Schätzungsbescheide betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 mangels Abgabe der Steuererklärungen nach § 184 BAO wurden erlassen. Mit erhobenen Berufungen (nunmehr Beschwerden) gegen die Schätzungsbescheide Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 wurden die Steuererklärungen 2009 und ein Jahresabschluss 2009 nachgereicht.

Ein Vorhalt des FA vom betreffend Jahresabschlusspositionen "noch nicht abgerechnete Leistungen" wurde nicht beantwortet (Ersuchen um Bekanntgabe der Meldung und Abführung der USt 2009 von noch nicht abgerechneten Leistungen in Höhe von Euro 120.000,00). In den folgenden Beschwerdevorentscheidungen U und K 2009 des FA jeweils vom wurde mangels Beantwortung die nicht aufgeklärte Differenz (Euro 120.000,00) der "noch nicht abgerechneten Leistungen 2009" im Vergleich zu 2008 bzw. 2007 bei der Festsetzung der Umsatzsteuer und der Körperschaftsteuer berücksichtigt. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2009 wurden von Euro -97.840,00 (laut Erklärung) auf Euro 22.160,00 erhöht. Die steuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen wurden von Euro 29.227,46 (laut Erklärung) auf Euro 149.227,46 erhöht. Das FA wies darauf hin, dass im Falle einer Berufung es nicht ausreiche, die ausstehenden Steuererklärungen nachzureichen, sondern es sei jedenfalls erforderlich Erläuterungen über die noch nicht abgerechneten Leistungen zu geben.

Gegen die Beschwerdevorentscheidungen U und K 2009 wurde ein Vorlageantrag erhoben (Schreiben vom , als "Berufung" bezeichnet). Ein Vergleich vom wurde mit FAX vom nachgereicht. Aus diesem Vergleich geht hervor, dass eine Zahlung von Euro 100.000,00 erreicht werden konnte. Der anschließende Vorhalt des FA vom blieb wieder unbeantwortet.

Das Ersuchen um Ergänzung des FA vom lautete: Am ist die Unterlage über den am abgeschlossen "Vergleich" eingelangt. Die ebenfalls im Telefonat vom mit Hr. … über die berufungsgegenständlichen "noch nicht abgerechneten Leistungen" ausgestellte Rechnung bzw. eine allfällige Rechnungsberichtigung wurde jedoch bis dato nicht übermittelt. ...

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem BFG wurde der Bf. vom BFG nochmals Gelegenheit gegeben, das unbeantwortete Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom zu beantworten und die dort geforderten Unterlagen zu übermitteln. Zusätzlich ersuchte das BFG um nähere Erläuterungen zu dem von der Bf. ins Treffen geführten Projekt und um Erläuterungen, warum abweichend von der ursprünglichen Ausweisung unter den "noch nicht abgerechneten Leistungen 20%“ nunmehr von keinem umsatzsteuerpflichtigen Entgelt ausgegangen wird (incl. Vorlage aussagekräftiger Projektunterlagen, Verträge über das Projekt, Klageschrift).

In ihrem Antwortschreiben brachte die Bf. insbesondere Folgendes vor und übermittelte diverse Beilagen (wie: anwaltliches Schreiben vom , „zuletzt verfügbare Version“ der Klageschrift, Vereinbarung vom , Buchhaltungsauszug, Jahresabschlüsse 2008 und 2009):

Im Jahresabschluss 2007 wurden u.a. Forderungen in Höhe von EUR 120.000 als "Noch nicht abgerechnete Leistungen 20%" ertragswirksam eingestellt (siehe Beilage A: Teil des Jahresabschlusses zum (Anmerkung BFG: Wohl gemeint 2008) mit Vorjahresvergleich 2007). Diese Buchung steht im Zusammenhang mit der im Herbst 2008 eingebrachten Klage betreffend die Projekte "Projekt1" sowie "Projekt2" (siehe Beilagen B und C: Anwaltskorrespondenz sowie Klagschreiben im zuletzt vorliegenden Entwurf). Bei beiden Projekten ging es um Immobilien, die durch die Bf. (im Folgenden kurz "Bf." genannt) namhaft gemacht werden konnten bzw. von Bf. gemeinsam mit weiteren Investoren angeschafft werden sollten. In der Klagschrift wird dazu ausgeführt, dass Bf. Im Vertrauen auf das Zustandekommen der zugesagten Eigenmittel sich um den Ankauf der beiden Immobilienbesitzgesellschaften bemüht hatte und den Zuschlag für den Erwerb der Anteile erhalten hat (siehe Beilage F: Angebot für Projekt2 ohne Vorbehalt der Finanzierungszusage). Leider wurden die Zusagen der Investoren in weiterer Folge jedoch nicht erfüllt und Herr GF musste als Geschäftsführer der Bf. aus dieser Notlage heraus sämtliche Anteile an jenen Gesellschaften, die für den Erwerb der jeweiligen Immobilienbesitzgesellschaften vorgesehen waren, kurzfristig an die AG1 abtreten. Im Zuge dieser Anteilsabtretungen wurde zwischen der damaligen AG1 (im Folgenden kurz AG1 genannt) und Bf. vereinbart, dass Bf. einen Anteil von 5 % am Projektgewinn der Immobilienbesitzgesellschaften als Abgeltung der Leistungen erhält (siehe Beilage D: Vereinbarung vom für das Projekt ' "Projekt1"; die Vereinbarung vom für das Projekt "Projekt2" war leider nicht mehr auffindbar, aus der Klagschrift geht jedoch hervor, dass diese analog zur Vereinbarung "Projekt1" getroffen wurde). Zu einer Verwertung der Liegenschaften kam es jedoch in weiterer Folge nicht, da die Immobilienbesitzgesellschaften abermals mittels Share-Deal weiter veräußert wurden und sich die AG1 dadurch nicht zur Zahlung verpflichtet sah. Nachdem die der Klage vorangegangene Anwaltskorrespondenz (siehe Beilage B) nicht erfolgreich war, wurde laut handschriftlicher Notiz die Klage auf Schadenersatz Ende 2008 beim Handelsgericht Wien eingebracht (siehe Beilage C). Im April 2009 wurde der Ihnen vorliegende Vergleich über eine Schadensersatzzahlung von EUR 100.000 geschlossen, die zuzüglich der vereinbarten Anwaltskostenersätze am am Konto unserer Mandantschaft eingegangen sind (siehe Beilage E). Buchhalterisch blieb die per eingestellte Forderung in Höhe von EUR 120.000 am Konto „Noch nicht abgerechnete Leistungen 20 %" auch in der Bilanz zum unverändert bestehen, da zu diesem Zeitpunkt erst die Klage eingebracht wurde (siehe Beilage A). Erst mit der Annahme und Zahlung der Vergleichssumme im April 2009 erfolgte eine direkte Buchung der Zahlung auf das Konto "Noch nicht abgerechnete Leistungen 20 %" in Höhe von EUR 100.000 und eine Buchung von EUR 20.000 auf das Konto "Schadensfälle" (siehe Beilage G). Ein Leistungsaustausch kam jedoch nicht zustande, da sich die Zahlung der Vergleichssumme von EUR 100.000 auf die Nichterfüllung der getroffenen Vereinbarungen bezieht. Es handelte sich daher um einen "echten Schadenersatz" im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Daher wurde, obwohl die Buchung auf ein Konto mit der Bezeichnung „… 20 %" erfolgte, keine Umsatzsteuer berechnet und abgeführt. Im Ersuchen um Ergänzung des Finanzamts vom wird ein Telefonat mit Herrn … angeführt, wonach noch Rechnungen bzw. Rechnungsberichtigungen nachgereicht werden sollten. Wir vermuten, dass es sich bei Herrn … um einen Mitarbeiter der damaligen steuerlichen Vertretung handelte. In den uns bzw. der Witwe des verstorbenen Geschäftsführers vorliegenden Akten konnten keine Rechnungen oder Rechnungsberichtigungen in dieser Sache aufgefunden werden. Wir gehen daher davon aus, dass es niemals zur Rechnungslegung kam, da die Projektgesellschaften veräußert wurden und demzufolge der, der Vereinbarung zugrunde liegende und für die Rechnungslegung notwendige Verkaufsakt in den Immobilienbesitzgesellschaften nicht stattgefunden hat. …

Mit Beschluss des BFG wurde dem FA (Finanzamt) zur Wahrung des Parteiengehörs unter Beifügung von Beilagen Gelegenheit gegeben, zum Antwortschreiben der Bf., Stellung zu nehmen. In der Stellungnahme brachte das FA Folgendes vor:

Die „Abgabenbehörde hält hiermit fest, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme weder neue Tatsachen vorgebracht, noch neue Beweismittel angeführt hat. Im Zuge des Antwortschreibens haben sich keine neuen Aspekte ergeben, welche eine Unrichtigkeit der angefochtenen Bescheide erkennen ließen. Das unbeantwortete Ergänzungsschreiben des Finanzamtes vom wurde durch das Schreiben vom , aus der Sicht der Abgabenbehörde, weiterhin nicht beantwortet“.

Rechtgrundlagen und Erwägungen:

§ 1 Umsatzsteuergesetz 1994 (steuerbare Umsätze) lautet:

§ 1. (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:   

1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;

2. der Eigenverbrauch im Inland. Eigenverbrauch liegt vor,

a) soweit ein Unternehmer Ausgaben (Aufwendungen) tätigt, die Leistungen betreffen, die Zwecken des Unternehmens dienen, und nach § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder nach § 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 nicht abzugsfähig sind. Dies gilt nicht für Ausgaben (Aufwendungen), die Lieferungen und sonstige Leistungen betreffen, welche auf Grund des § 12 Abs. 2 nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten, sowie für Geldzuwendungen. Eine Besteuerung erfolgt nur, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben;

b) soweit ein Unternehmer Ausgaben (Aufwendungen) tätigt, die Leistungen im Ausland betreffen, die, wären sie im Inland an den Unternehmer ausgeführt worden, den Unternehmer nach § 12 Abs. 2 Z 2 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hätten; dies gilt nur insoweit, als der Unternehmer im Ausland einen Anspruch auf Vergütung der ausländischen Vorsteuer hat. Lit. b ist auf Umsätze anzuwenden, die vor dem ausgeführt werden;

 3. die Einfuhr von Gegenständen (Einfuhrumsatzsteuer). Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg, gelangt.

(2) Inland ist das Bundesgebiet. Ausland ist das Gebiet, das hienach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer österreichischer Staatsbürger ist, seinen Wohnsitz oder seinen Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung ausstellt oder die Zahlung empfängt.

(3) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfaßt das Inland und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist. Ein Mitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist ein solcher der Europäischen Union.

§ 201 UGB (Unternehmensgesetzbuch) in der anzuwendenden Fassung lautet:

§ 201. (1) Die Bewertung hat den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu entsprechen.

(2) Insbesondere gilt folgendes:

1. Die auf den vorhergehenden Jahresabschluß angewendeten Bewertungsmethoden sind beizubehalten.

2. Bei der Bewertung ist von der Fortführung des Unternehmens auszugehen, solange dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen.

3. Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Abschlußstichtag einzeln zu bewerten.

4. Der Grundsatz der Vorsicht ist einzuhalten, insbesondere sind

a) nur die am Abschlußstichtag verwirklichten Gewinne auszuweisen,

b) erkennbare Risken und drohende Verluste, die in dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn die Umstände erst zwischen dem Abschlußstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind,

c) Wertminderungen unabhängig davon zu berücksichtigen, ob das Geschäftsjahr mit einem Gewinn oder einem Verlust abschließt.

5. Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig vom Zeitpunkt der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluß zu berücksichtigen.

6. Die Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs muß mit der Schlußbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs übereinstimmen.

Ein Abweichen von diesen Grundsätzen ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände zulässig.

Daten-/Ziffernmaterial aus Steuererklärungen, GuV und Bilanzen der Bf. stellt sich in Kurzfassung wie folgt dar (vgl. bereits Darstellung laut ):

[...]

Insbesondere aus der Differenz der noch nicht abgerechneten Erlöse 2009 (Euro 138.000,00) im Vergleich zum Jahr 2007 (Euro 258.000,00) und der Umsatzerlöse 2007-2009 ergibt sich ein nicht der Umsatzsteuer unterzogener Betrag von Euro 120.000,00.

Die Bf. geht vom Vorliegen eines "echten Schadenersatzes im Sinne des Umsatzsteuergesetzes“ aus. Ein Leistungsaustausch sei nicht zustande gekommen, da sich die Zahlung der Vergleichssumme von EUR 100.000 (April 2009) auf die Nichterfüllung der getroffenen Vereinbarungen beziehe. Der (nicht eingegangene) Restbetrag von EUR 20.000 wurde auf das Konto "Schadensfälle ausgebucht. Die Buchungen betreffen laut Bf. die Projekte „Projekt2“ und „Projekt1“.

Aus der übermittelten Klageschrift und weiteren Unterlagen geht insbesondere Folgendes hervor:

Das Projekt Projekt1 betraf den Erwerb und die Entwicklung der Liegenschaft Projekt1, ein ehemaliges Gebäude1, durch eine Projektgesellschaft der Bf. (Gesellschaft2). Bf. und AG1 (beklagte Partei) stehen zueinander dadurch in Vertragsverhältnis, dass zur Abgeltung der von der Bf. erbrachten Vorleistungen im Falle des Projektes Projekt1 die Vereinbarung vom abgeschlossen wurde.

Das Projekt Projekt2 betraf den Erwerb und die Entwicklung der Liegenschaft Liegenschaft „Projekt2“, welche von dem Eigentümer Stadt ZZZ in einem Auktionsverfahren zur "Versteigerung" angeboten wurde. Wiederum sollte eine Projektgesellschaft der Bf. die Liegenschaft Projekt2 erwerben. Es wurde von der Bf. und dem Geschäftsführer der Bf. als Projektgesellschaft die Gesellschaft3 gegründet. DarstellungGesellschaftsverhältnisse

Das BFG geht davon aus, dass die Bf. vertraglich mit der beklagten Partei (AG1) Vereinbarungen getroffen hat, dass die Bf. für erbrachte Vorleistungen für die obenstehenden Projekte einen %-Satz einer gewinnabhängigen Bemessungsgrundlage zuzüglich 20% Umsatzsteuer als Leistungsabgeltung erhält. Fällig wird diese Abgeltung nach Verwertung von 90 % der Flächen des auf der Liegenschaft zu errichteten Gebäudes. Sollte die AG1 Ihren Abrechnungspflichten nicht fristgerecht nachkommen, wird anstelle der obigen Bemessungsgrundlage ein Pauschalbetrag von Euro 500.000,00 vereinbart (vgl. u.a. Vereinbarung vom betreffend Projekt Projekt1, insbesondere Punkt 1.1., 1.2., 1.3, 2.1., 2.2, ebenso Klageschrift insbesondere Punkt I.2., I.3.).

Die vorgelegte Vereinbarung vom zum Projekt „Projekt1“ wurde von der Bf. und der AG1 als Vertragspartner gezeichnet. Laut Klageschrift lässt sich ableiten, wovon auch die Bf. selbst ausgeht, dass die von der Bf. nicht vorgelegte Vereinbarung „Projekt2“ vom analog zur Vereinbarung betreffend Projekt Projekt1 gestaltet wurde.

Das BFG geht davon aus, dass Vorleistungen von der Bf. erbracht wurden. Aufgrund dieser Vereinbarungen in Verbindung mit den von der Bf. erbrachten Vorleistungen wurden diesbezüglich im Jahresabschluss 2007 die streitgegenständlichen „noch nicht abgerechneten Leistungen 20 %“ in Höhe von Euro 120.000,00 eingestellt.

Die Bf. hat laut Eigendarstellung (vgl. Klageschrift) als Vorleistungen für die obenstehenden Projekte, u.a. diese als Investmentprojekte identifiziert, der AG1 namhaft gemacht, einen Businessplan erstellt, Architekten zur Prüfung und Pazifizierung einer Liegenschaft beauftragt, Umwidmungen einer Liegenschaft erwirkt, eine Liegenschaft ersteigert, nach potenziellen Käufern nach Durchführung der Projektentwicklung gesucht und eine Solche ermöglicht. Die Bf. wickelte das Projekt Projekt1 bei der Gesellschaft4 ab. Das Projekt wurde von der Gesellschaft4 genehmigt.

Aufgrund von Problemen beim Erhalt von Finanzierungszusagen einer Bank (nach Finanzaffären mittlerweile zerschlagener österreichischer Bankkonzern) in Verbindung Problemen bei Erhalt von Sicherheiten bzw. Garantieerklärungen war der damalige Gesellschafter-Geschäftsführer der Bf. gezwungen, sämtliche Anteile an den Projektgesellschaften u.a. an die AG1 (beklagte Partei) abzutreten. In der Klageschrift warf die Bf. der AG1 diesbezüglich vor, die Finanzierung scheitern zu lassen. Der damalige Berater der obigen Bank war laut Darstellung der Bf. der Vorstand der beklagten Partei sowie Vorstand einer Privatstiftung (vgl. Klageschrift S 3). Zu einer späteren Verwertung der Liegenschaften der Projekte durch die AG1 im Sinne der Vereinbarungen kam es nicht, da die AG1 diese Projektgesellschaften selbst veräußerte. Laut Bf. sah sich die AG1 nicht zur Einhaltung der Zahlung an die Bf. verpflichtet.

Das UStG 1994 kennt den Begriff Schadenersatz nicht, er stammt aus dem bürgerlichen Recht. Umsatzsteuerlich ist in jedem Fall zu prüfen, ob ein Leistungsaustausch oder ein nicht steuerbarer („echter“) Schadenersatz vorliegt. Der Vergleich gehört gemäß § 1380 ABGB zu den zweiseitig verbindlichen Verträgen. Eine Vergleichszahlung, wie im vorliegenden Falle, kann nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt Entgelt sein. Wenn eine Vergleichszahlung oder Ersatzleistung eines Schädigers eine Gegenleistung für eine Leistung des Geschädigten darstellt, dann liegt ein Leistungsaustausch vor (unechter Schadenersatz) (vgl. u.a. , -K/02, ).

Bei der umsatzsteuerlich-rechtlichen Beurteilung von Schadenersatzsachverhalten ist zu prüfen, ob der zu leistende Geldersatz auf Grund einer Leistung erfolgt ist. Im diesem Fall sind die Tatbestandmerkmale des § 1 Abs. 1 Z 1 erfüllt, die Schadenersatzzahlungen (unechter Schadenersatz) unterliegen der USt. Dabei kommt es auf den Leistungswillen des Schadenersatzempfängers an. Nur wenn der Unternehmer im Vergleichsweg einen Teil der ihm zugesicherten Erlöse erhält, ohne selbst eine relevante Leistung erbracht zu haben, stellt diese Vergleichszahlung kein Entgelt für eigene Leistungen des Unternehmers dar, sondern einen nicht steuerbareren Schadenersatz. Bei nahestehenden Personen können auch rechtsgrundlose nicht steuerbare Zahlung vorliegen.

Die Bf. hat relevante und wesentliche Leistungen erbracht (Vorleistungen), sodass es zur vertragsgemäßen Durchführung der Immobilienprojekte und Leistung der Gegenleistung durch den Leistungsempfänger (AG1) hätte kommen müssen. Vertraglich wurde jedenfalls vereinbart, dass Vorleistungen der Bf. abzugelten sind. Im Falle des Projektes Projekt1 weist die Bf. zusätzlich darauf hin, dass das Projekt von der Gesellschaft4 genehmigt wurde. Die AG1 hat selbst laut Darstellung der Bf. die Projektentwicklung entgegen der Vereinbarung Projekt1 wider Treu und Glauben nicht durchgeführt und diese Liegenschaft durch Share Deal verkauft (vgl. Klageschrift, S 9). Auch aus dem Schreiben des Rechtsanwaltes („Entwurf“ aus 10/2008) geht hervor, dass die Bf. sämtliche Vereinbarungen (Projekt Projekt2) erfüllt hat.

Eine umsatzsteuerbare Leistung der Bf. wird auch dann ausgeführt, wenn der Leistungsempfänger auf die Durchführung der konkreten Immobilien-Projekte (Verwertung der Liegenschaften im Sinne der Vereinbarungen) verzichtet und die AG1 die Projektgesellschaften selbst weiterveräußert hat. Umsatzsteuerlich würde selbst ein (hier nicht erklärter) Rücktritt vom Vertrag nur dann keinen steuerbaren Tatbestand iSd des UStG erfüllen, wenn noch keine Leistung durch die Bf. erfolgt wäre.

Aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips gelten die unternehmensrechtlichen Bestimmungen und damit die Pflicht zum Ausweis von Rechnungsabgrenzungsposten auch für die Steuerbilanz aller rechnungslegungspflichtigen Gewerbetreibenden (Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG). Vorgänge, die unter der Position „noch nicht abrechenbare Leistungen“ ausgewiesen werden, sind regelmäßig auftragsbezogen, es liegen somit, wie im vorliegende Falle gültige Verträge über die Durchführung von Leistungen vor.

Nach unternehmensrechtlichen Bestimmungen (vgl. § 201 Abs. 2 Z 5 UGB:  Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig vom Zeitpunkt der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluß zu berücksichtigen) dürfen in die GuV nur jene Aufwendungen und Erträge aufgenommen werden, die wirtschaftlich in die Abrechnungsperiode gehören. Bei fremden Rückständen fallen Leistung und Zahlung auseinander: Das Unternehmen (hier die Bf.) erbringt seine Leistungen, die erwartete Gegenleistung (Zahlung) dafür fällt erst in einer späteren Geschäftsperiode an. In der Bilanz wird ein solcher Vorgang üblicherweise unter sonstige Forderungen ausgewiesen.

Im Falle der Bf. wurden diese erbrachten Leistungen, somit jene Euro 120.000, in der Bilanz 2007 unter den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auf dem Konto 2451 „Noch nicht abgerechnete Leistungen 20 %“ ausgewiesen. Keine Buchung wäre für die Bf. vergleichsweise notwendig gewesen, falls diese Projekt-Vereinbarungen zwar abgeschlossen wurden, jedoch von keinem der beiden Geschäftspartner eine Leistung erbracht worden wäre.

In der vorliegenden Sache konnte die Bf. im Vergleich einen Betrag von Euro 100.000,00 erzielen. Dieser wird als Bruttobetrag behandelt und die Umsatzsteuer wird herausgerechnet (Euro 83.333,33 + Euro 16.666,67 USt).

Existenz von Rechnungen/Rechnungsberichtigungen (diesbezügliches Ersuchen um Ergänzung des Finanzamts vom ):

Bei Existenz von Rechnungen zu den Projekten würde sich eine allfällige Haftung für die USt aufgrund einer Rechnungslegung bei mangelnder Rechnungsberichtigung ergeben (§ 11 Abs. 12 UStG 1994).

Die steuerliche Vertretung gibt an, dass in den der Bf. vorliegenden Akten keine Rechnungen oder Rechnungsberichtigungen in dieser Sache aufgefunden werden konnten. Die steuerliche Vertretung der Bf. geht davon aus, dass es niemals zur Rechnungslegung kam, da die Projektgesellschaften veräußert wurden und die Beklagte die Vereinbarungen nicht einhalten wollte.

Die Bf. hat einen Betrag von Euro 120.000,00 bereits im Jahr 2007 als noch nicht abgerechnete Erlöse 20 % in das Rechenwerk aufgenommen. Diesen Betrag der abzugeltenden Vorleistungen zu den Projekten hat die Bf. berechnet. Aus der vorgelegten Vereinbarung zum Projekt Projekt1 geht vergleichsweise hervor, dass bei nicht fristgerechter Abrechnung durch die AG1 ein Pauschalentgelt von Euro 500.000,00 vereinbart wird.

Aus dem Schreiben des Rechtsanwaltes („Entwurf“ aus 10/2008) geht hervor, dass die Bf. davon ausgeht, dass die Bf. sämtliche Vereinbarungen (hier: Projekt Projekt2) erfüllt wurden und nicht der Ansicht der AG1 gefolgt werden könne, dass die von der Bf. erbrachten Leistungen völlig irrelevant seien. In der Klageschrift (laut Bf. stammend von Ende 2008, mit dem händischen Vermerk „Eingereicht am 6.11. HG Wien“) wird trotz geltend gemachter „erbrachter Vorleistungen“ nicht auf einzuklagende (ausgestellte) Rechnungen, hingewiesen. Im vorgelegten Vergleich aus 2009 wird ebenfalls keine Rechnungsausstellung oder allfällige Rechnungsberichtigung erwähnt. Insgesamt erscheint die Wahrscheinlichkeit größer, dass keine Rechnung(en) im Jahr 2008 oder 2009 ausgestellt wurden.

Ertragsteuerliche Behandlung (KöSt):

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2009 wurden vom FA von Euro -97.840,00 auf Euro 22.160,00 erhöht (Differenz somit 120.000,00 Euro). Diese Erhöhung ist nach Ansicht des BFG berechnungsmäßig bzw. buchhalterisch bereits grundsätzlich problematisch (erfolgswirksame Doppelerfassung von Erträgen im Jahr 2007 und 2009).

Aus dem Jahresabschluss 2007 (vgl. bereits auch tabellarische Darstellung „Datenmaterial“ im ), geht hervor, dass ein Betrag von 120.000,00 bereits 2007 erfolgswirksam eingestellt wurde. In der Körperschaftsteuererklärung 2007 sind diese Umsatzerlöse in der KZ 9040 im Betrag von Euro 258.000,00 offensichtlich enthalten und haben die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erhöht. Aus den Aufwendungen laut Jahresabschluss 2007 geht nicht hervor, dass dieser Betrag, aus welchen Gründen auch immer, allenfalls erfolgswirksam passiviert/neutralisiert worden wäre (siehe auch KöSt-Erklärung 2007, diesbezüglich unauffällige Aufwendungen: KZ 9100 bis KZ 9230). Die noch nicht abgerechneten Erlöse 20% verblieben im Jahr 2008 unverändert mit Euro 258.000,00 im Jahresabschluss 2008 (ebenso diesbezüglich unauffällige Aufwendungen laut KöSt-Erklärung 2008). Nach Ansicht des BFG ist diese Hinzurechnung des FA von Euro 120.000 somit zu stornieren.

Laut Darstellung der Bf. erfolgte aufgrund der Zahlung der Vergleichssumme im April 2009 eine direkte Buchung der Zahlung auf das Konto "Noch nicht abgerechnete Leistungen 20 %" (Konto 2451 laut Jahresabschluss) in Höhe von EUR 100.000,00 (somit nicht erfolgswirksam) und eine Buchung von EUR 20.000,00 auf das Konto "Schadensfälle" (somit aufwandswirksam, vgl. auch Beilage G des Antwortschreibens der Bf.). Im Jahresabschluss 2009 werden dementsprechend unter Konto 7800 Schadensfälle in Höhe von Euro 20.000,00 ausgewiesen.

Nachdem das BFG davon ausgeht, dass betreffend den gezahlten Betrag von Euro 100.000,00 (als Bruttobetrag behandelt) Umsatzsteuerpflicht vorliegt, war von der Zahlung nur der Nettobetrag wie untenstehend zu berücksichtigen (Euro 83.333,33). Die Differenz zwischen dem umsatzsteuerlichen Bruttobetrag (Euro 100.000,00) und dem Nettobetrag (Euro 83.333,33) bedingt eine zusätzliche aufwandswirksame Korrektur.

Weitere Punkte sind nicht strittig. Gegen die Schätzungsbescheide Umsatzsteuer 2009 und Körperschaftsteuer 2009, datierend mit , wurden seitens der damaligen steuerlichen Vertretung Einsprüche erhoben und Steuererklärungen 2009 und ein Jahresabschluss 2009 übermittelt. Dieses Datenmaterial wurde vom FA, mit Ausnahme der gegenständlichen Streitsachen, in den BVEs betreffend USt 2009 und KöSt 2009 berücksichtigt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhen der Abgaben stellen sich laut BFG wie folgt dar:

[...]

[...]

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Derartige Rechtsfragen liegen in der vorliegenden Sache nicht vor. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig. Unechten/echten Schadenersatz im Zusammenhang mit der USt hat der VwGH bereits mehrmals behandelt.

Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine einzelfallbezogene Beurteilung ist somit im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde und wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. oder ). Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt zu einer bestimmten Rechtsnorm fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, soweit das Verwaltungsgericht dabei von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (vgl. oder ). Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen höchstgerichtlicher Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt, wäre der Verwaltungsgerichtshof in vielen Fällen zur Entscheidung berufen, obgleich in Wahrheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufgeworfen werden (vgl. unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu § 502 ZPO, etwa ; oder ).

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102069.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at