Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.02.2020, RV/7105256/2019

Pensionist erhält zwei Pensionen, Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988; Gehaltspfändungen stellen Einkommensverwendung dar

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK  

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Stanek in der Beschwerdesache des Bf., gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 sowie Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre, nach Durchführung der mündlichen Verhandlungen zu Recht erkannt:
 

Die Beschwerden betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017 sowie Einkommensteuervorauszahlung 2019 und Folgejahre werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Rechtsanwalt im Ruhestand und bezieht im Beschwerdezeitraum zwei Pensionseinkünfte – eine von der Rechtsanwaltskammer und eine Berufsunfähigkeitspension der Pensionsversicherungsanstalt.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde die Pflichtveranlagung aufgrund der dem Finanzamt übermittelten Lohnzettel für den Bf. durchgeführt und ergab sich dabei für den Bf. eine Nachforderung an Einkommensteuer in Höhe von € 1.247,00. Begründend verwies das Finanzamt dabei auf die gesetzliche Bestimmung des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG.

Mit Bescheid gleichen Datums wurden die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre festgesetzt. Weil der letzten Einkommensteuerveranlagung ausschließlich Pensionseinkünfte zugrunde liegen, werde bei der Ermittlung der Vorauszahlungen – abweichend von den allgemeinen Vorschriften – die Einkommensteuerschuld des letzveranlagten Jahres gemäß § 45 Abs. EStG in Anlehnung an den Aufwertungsfaktor im Pensionsrecht nur um 1,3 % erhöht.

Mit Schreiben vom erhob der Bf. Beschwerde und führte dabei aus, dass sowohl die Alterspension als auch die Berufsunfähigkeitspension auf das Existenzminimum gepfändet und daher die Festsetzung der Einkommensteuer 2017 sowie die Einkommensteuervorauszahlungen 2019 rechtswidrig seien. Er begehre daher die Aufhebung beider Bescheide. Des weiteren führte der Beschwerdeführer aus hypoman und paranoid geisteskrank zu sein, weswegen die Zustellung der Bescheide nicht wirksam sei.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom – hinsichtlich Einkommensteuer 2017 als auch Vorauszahlungsbescheid 2019 – begründete das Finanzamt damit, wegen des gleichzeitigen Bezuges von Alters- und Berufsunfähigkeitspension liege ein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 vor. Pfändungen und Exekutionen stellen Einkommensverwendung dar und hätten keine Auswirkung auf eine Steuerfestsetzung gemäß § 33 EStG 1988.

Am beantragte der Bf. die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

In den am und am vor dem Bundesfinanzgericht durchgeführten mündlichen Verhandlungen brachte der Bf. im Wesentlichen vor, die zu viel erhaltene Ausgleichszulage aus den Jahren 2015 und 2016 im Ausmaß von etwa € 17.000,-- der Pensionsversicherungsanstalt zurückzahlen zu müssen. Monatlich ziehe die Pensionsversicherungsanstalt daher bei ihrer Pensionsauszahlung deswegen € 184,-- ab.

Diesen Überbezug der Ausgleichzulage habe das Finanzamt der Einkommensteuer unterzogen und darüber hinaus die Steuerverbindlichkeiten des Bf. getilgt, sodass der Bf. immer nur das Existenzminimum ausbezahlt bekommen habe.

Während die Vertreterin der Amtspartei die Abweisung der Beschwerden beantragt, begehrt der Bf. die Stattgabe seiner Beschwerden.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Der Bf. bezog in den Jahren 2014 und 2016 von der Pensionsversicherungsanstalt für seine Berufsunfähigkeitspension Ausgleichszulagen bis zum Ausmaß des Existenzminimums, die gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 steuerfrei sind. Mit dem Bezug der Alterspension der Rechtsanwaltskammer ab bestand kein Anspruch mehr auf Auszahlung der Ausgleichszulage. Mangels Meldung der Bezüge der Alterspension der Rechtsanwaltskammer bei der Pensionsversicherungsanstalt kam es zu einem Überbezug dieser Ausgleichszulage durch die Pensionsversicherungsanstalt, der nunmehr mit einem monatlich einbehaltenen Rückzahlungsbetrag in Höhe von 184,-- EUR – bis voraussichtlich Februar 2024 – getilgt wird.

In dem beschwerdegegenständlichen Zeitraum bezog der Bf. unbestrittenermaßen sowohl eine Alterspension der Rechtsanwaltskammer als auch die Berufsunfähigkeitspension der Pensionsversicherungsanstalt. Beide bezugauszahlenden Stellen führten den Lohnsteuerabzug gesondert durch. Während die Rechtsanwaltskammer Lohnsteuer in Höhe von € 1.833,78 einbehielt, wurde von der Pensionsversicherungsanstalt wegen der geringen Höhe der Berufsunfähigkeitspension keine Lohnsteuer einbehalten.

Mit Note vom teilte Bezirksgericht Baden dem Finanzamt als betreibende Partei im Exekutionsverfahren (98_E_76/54x-32) gegen den Bf. mit, dass das Verfahren, mit dem die Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für den Bf. geprüft, nunmehr rechtskräftig eingestellt wurde.

Diese Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den vorgelegten (Einkommensteuer‑) Akten, den darin enthaltenen Lohnzetteln der Rechtsanwaltskammer und Pensionsversicherungsanstalt, sowie aus den in den mündlichen Beschwerdeverhandlungen getätigten Angaben der Parteien.

Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zu Grunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 cit leg aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG), und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34, 35 EStG) sowie der Freibeträge nach den §§ 104 und 105 EStG (§ 2 Abs.2 EStG 1988).

Dem § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG zu Folge sind Ausgleichszulagen oder Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden, von der Einkommensteuer befreit.

§ 41 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lautet auszugsweise:

"(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn

1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamt­betrag 730 Euro übersteigt,

2.im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind,

..."

§ 45 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(1) Der Steuerpflichtige hat auf die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen sind auf volle Euro abzurunden. Für Lohnsteuerpflichtige sind Vorauszahlungen nur in den Fällen des § 41 Abs. 1 Z 1 und 2 festzusetzen. ...

(4) Das Finanzamt kann die Vorauszahlungen der Steuer anpassen, die sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben wird. …

… "

Sowohl die Berufsunfähigkeitspension der Pensionsversicherungsanstalt als auch die Alterspension der Rechtsanwaltskammer unterliegen zweifelsfrei der Lohnsteuerpflicht und wurden im beschwerdegegenständlichen Zeitraum gleichzeitig ausbezahlt.

Der Sinn des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 liegt darin, dass alle Einkommensteuerpflichtigen, die gleich hohe Bezüge erhalten auch die gleiche Steuerlast zu tragen haben. Die Bestimmung sieht die gemeinsame Erfassung der gesondert lohnversteuerten Bezüge aus sämtlichen Dienstverhältnissen in einem Kalenderjahr vor, da die Anwendung des Einkommensteuertarifes auf die Gesamtbezüge im Regelfall eine höhere Einkommensteuerschuld zur Folge hat als bei einem getrennten Lohnsteuerabzug (Jakom/Baldauf, EStG 2014, § 41 Rz 10, 11). In die Steuerfestsetzung sind daher auch Bezüge einzubeziehen, die für sich noch zu keinem Steuerabzug geführt haben.

Subsumiert man den gegenständlichen Sachverhalt unter obigen Ausführungen so ergibt sich, dass das Finanzamt das Einkommen des Bf. gesetzeskonform unter Zugrundelegung der Meldungen der beiden pensionsauszahlenden Stellen berechnet und bei der Steuerfestsetzung den Pauschbetrag für Sonderausgaben den Pensionistenabsetzbetrag und die bereits entrichtete Lohnsteuer in Abzug brachte.

Das Vorbringen des Bf., die zu Unrecht bezogene Ausgleichszulage sei vom Finanzamt einerseits bereits versteuert und andererseits für die Tilgung seiner Steuerverbindlichkeiten einbehalten worden, sodass er immer nur das Existenzminimum ausbezahlt bekommen habe, vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides nicht aufzuzeigen. Die Tilgung von Steuerschulden mit der zu Unrecht ausbezahlten Ausgleichszulage ist eine steuerneutrale Verwendung des Einkommens des Bf.

Gepfändete Einnahmen, die beim Pfandgläubiger eingehen, gelten beim Schuldner als zugeflossen (Doralt, EStG, § 19 Tz 30; Quantschnigg/Schuch, ESt-HB § 19 Tz 10). Aufwendungen im Zusammenhang mit bereits zugeflossenen Einnahmen stellen Einkommensverwendung (hier eben zur Schuldentilgung) dar und sind daher bei der Einkommensteuerfestsetzung nicht abzugsfähig. Der Umstand, dass das Teile des Einkommens des Bf. zur Begleichung seiner Verbindlichkeiten gepfändet werden, steht daher in keinem Zusammenhang mit der Festsetzung der Einkommensteuer.

Ergänzend, da für das gegenständliche Beschwerdeverfahren von untergeordneter Relevanz, bleibt auch festzuhalten, dass eine Besteuerung der Ausgleichszulage, wie vom Bf. behauptet, nicht vorliegt und vom Bundesfinanzgericht auch nicht nachvollzogen werden kann. Den von der Pensionsversicherungsanstalt übermittelten Lohnzetteln der Jahre 2015 und 2016 und den Einkommensteuerbescheiden 2015 und 2016 zufolge, blieb die gewährte Ausgleichszulage sowohl bei der Ermittlung der (lohn-)steuerpflichtigen Bezüge durch die Pensionsversicherungsanstalt als auch bei der Einkommensermittlung durch das Finanzamt im Rahmen der Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 2. EStG immer außer Ansatz.

Da im beschwerdegegenständlichen Jahr 2017 eine Ausgleichzulage von der Pensionsversicherungsanstalt nicht gewährt wurde ist eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2017 nicht zu erkennen.

Hinsichtlich der Beschwerde des Bf. den Vorauszahlungsbescheid 2019 und Folgejahre betreffend bleibt festzuhalten, dass im vorliegenden Fall ein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 vorlag. Gemäß § 45 Abs. 1 iVm § 45 Abs. 4 EStG 1988 waren demnach Vorauszahlungen festzusetzen, wobei die Erhöhung der Vorauszahlungen um 1,3% sich aus dem Umstand ergab, dass der Bf. in den Folgejahren (voraussichtlich) ausschließlich Pensionseinkünfte erzielen wird.

Da der Bf. weder Unterlagen vorlegte noch Umstände, weder in seinen Schriftsätzen noch in den beiden mündlichen Verhandlungen, relevierte, die eine niedrigere Einkommensteuer im Jahr 2019 und den Folgejahren erwarten lassen bzw. glaubhaft machte, erfolgte die Festsetzung der Vorauszahlung dem Grunde und der Höhe nach zu Recht.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall entspricht die Pflichtveranlagung aufgrund der beiden Pensionen sowie die Wertung der Schuldentilgung als Einkommensverwendung der einhelligen Judikatur und Literatur, sodass eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105256.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at