Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.02.2020, RV/7105054/2019

Stundungsansuchen: beantragter Termin zum Entscheidungszeitpunkt schon abgelaufen

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7105054/2019-RS1
wie RV/7104588/2016-RS2
Wenn der im Zahlungserleichterungsansuchen bzw. in der Berufung oder im Vorlageantrag begehrte letzte Zahlungstermin im Zeitpunkt der Entscheidung über die Berufung (Beschwerde) bereits abgelaufen ist, ist die Berufung (Beschwerde) als gegenstandslos abzuweisen (), weil die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht über den beantragten Rahmen, insbesondere über den zeitlichen, hinausgehen darf, da Zahlungserleichterungsbescheide antragsgebundene Verwaltungsakte sind und die Behörde im Falle der Bewilligung von Zahlungserleichterungen ohne Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nehmen würde ().
RV/7105054/2019-RS2
wie RV/7101672/2014-RS2
Nach Verstreichen des Termines, bis zu welchem ein Abgabepflichtiger die Stundung begehrt hat, kann die Behörde bei Erlassung ihres Bescheides diese vom Abgabepflichtigen begehrte Stundung nicht mehr (rückwirkend - ex tunc) gewähren.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl in Vertretung der Richterin Dr. Grete Gerstgrasser in der Beschwerdesache A. B., Wien, vertreten durch ECOVIS Austria Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs Ges.m.b.H, Schmalzhofgasse 4, 1060 Wien, über die Beschwerde des Abgabepflichtigen vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom über die Abweisung eines Antrages auf Stundung des Abgabenrückstandes zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom wurde der Antrag von Herrn A. B. vom auf Stundung von € 1,182.004,50 abgewiesen. Als Begründung wurde ausgeführt, dass „der aushaftende Rückstand auf der erklärungsgemäß vorgenommenen Veranlagung beruht. In der sofortigen vollen Entrichtung dieser Abgabennachforderung, mit deren Entstehung Sie rechnen mussten, kann somit keine erhebliche Härte erblickt werden. In einem Ansuchen um Zahlungserleichterungen sind alle Umstände darzulegen, welche die Bewilligung von Zahlungserleichterungen rechtfertigen würden. Die Begründung Ihres Ansuchens reicht für eine stattgebende Erledigung nicht aus.“

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom wurde unter anderem der angefochtene Bescheid angefochten und die Stundung des Gesamtrückstandes bis (wie am ) beantragt.

Als Begründung wird ausgeführt, dass „entgegen der Bescheidbegründung in gegenständlichem Fall uE jedenfalls eine erhebliche Härte vorliegt.

Eine solche Härte liegt zB vor, wenn der notdürftige Unterhalt durch die Abgabenentrichtung beeinträchtigt wäre (). Eine erhebliche Härte liegt nach der Judikatur bei einer wirtschaftlichen Notlage oder einer finanziellen Bedrängnis vor (). Dies ist gegeben. Herr B. hatte aufgrund privater Ausgaben (Ausbildung Kinder etc.) in 2017 keine Möglichkeit, eine Vorsorge für die Einkommensteuernachzahlung zu bilden. Er ging aber davon aus, bis auf weiteres – neben seinen Pensionseinkünften – einen selbständigen Geschäftsführungsbezug zu erhalten und somit seinen laufenden Zahlungsverpflichtungen Zug um Zug nachkommen zu können. Für Herrn B. unerwartet wurde sein Geschäftsführungsvertrag im Frühjahr 2019 beendet. Herr B. befindet sich derzeit auf Arbeitssuche, er möchte seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen und sucht eine Vollzeitanstellung neben dem Bezug der regulären Alterspension.

Derzeit bezieht Herr B. aber nur eine Pension und kann mit diesen Einkünften alleine seinen Abgabenrückstand nicht kurzfristig bezahlen.“

Mit Beschwerdevorentscheidung des Wien 1/23 vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen ersucht, die rückständigen Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 40.127,09 unverzüglich und € 842,80 bis zu entrichten.

Als Begründung wurde ausgeführt, dass „lt. Telefonat vom mit Hr. Mag. C. von der ECOVIS Austria Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs Ges.m.b.H. keine Sicherheitsleistungen angeboten werden. Gemäß § 212 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung können Zahlungserleichterungen nicht bewilligt werden, wenn die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Zahlungsaufschub gefährdet wird. Eine solche Gefährdung erscheint durch die Angaben in Ihrem Ansuchen gegeben.“

Mit Eingabe vom wurde fristgerecht ein Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag) durch das Bundesfinanzgericht gestellt und ein Antrag auf Entscheidung in einer mündlichen Senatsentscheidung vor dem Bundesfinanzgericht gestellt.

Als Begründung wurde mitgeteilt, dass „die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung dem Grunde nach und hinsichtlich der Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens angefochten wird.

Wir beantragen die Gewährung einer Stundung des Gesamtrückstandes in Höhe von EUR 40.969,89 bis zum (wie am beantragt). Ergänzend ist anzumerken, dass hinsichtlich EUR 842,80 (Säumniszuschlag 2019) am das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben wurde und eine Aussetzung der Einhebung beantragt wurde, die Aussetzung wurde bis dato nicht gebucht. Der tatsächlich offene Rückstand beträgt unseres Erachtens aber nur EUR 40.127,09.

Entgegen der Bescheidbegründung vom liegt in gegenständlichem Fall uE jedenfalls eine erhebliche Härte vor:

Eine solche Härte liegt zB vor, wenn der notdürftige Unterhalt durch die Abgabenentrichtung beeinträchtigt wäre ( 8,8/15/0045). Eine erhebliche Härte liegt nach der Judikatur bei einer wirtschaftlichen Notlage oder einer finanziellen Bedrängnis vor (). Dies ist gegeben.

Herr B. hatte aufgrund privater Ausgaben (Ausbildung Kinder etc.) in 2017 keine Möglichkeit, eine Vorsorge für die Einkommensteuernachzahlung zu bilden. Er ging aber davon aus, bis auf weiteres - neben seinen Pensionseinkünften - einen selbständigen Geschäftsführungsbezug zu erhalten und somit seinen laufenden Zahlungsverpflichtungen Zug um Zug nachkommen zu können. Für Herrn B. unerwartet wurde sein Geschäftsführungsvertrag im Frühjahr 2019 beendet. Herr B. befindet sich derzeit auf Arbeitssuche, er möchte seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen und sucht eine Vollzeitanstellung neben dem Bezug der regulären Alterspension.

Derzeit bezieht Herr B. aber nur eine Pension und kann mit diesen Einkünften alleine seinen Abgabenrückstand nicht kurzfristig bezahlen.

Entgegen der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom liegt in gegenständlichem Fall keine Gefährdung der Einbringlichkeit vor.

Nach ständiger Literatur- bzw. Kommentarmeinung (siehe z.B. Ritz, BAO 2017, § 212, Tz 11f) werden Zahlungserleichterungen z.B. bei Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Abgabepflichtigen ausgeschlossen. Und für die Annahme der Gefährdung der Eindringlichkeit sind Anhaltspunkte tatsächlicher Art nötig.

Es liegt keine Einkommenslosigkeit vor, da Herr B. - wie bereits ausgeführt – Pensionsbezieher ist. Mit der Pension kann der laufendende Lebensunterhalt (Frau, unterhaltspflichtige Kinder) gedeckt werden. Darüber hinaus befindet sich Herr B. derzeit auf Arbeitssuche, aber auch dies wurde bereits erläutert.

Welche Anhaltspunkte das Finanzamt habe, um hier von einer Gefährdung der Eindringlichkeit ausgehen zu müssen, bleibt das Finanzamt in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung schuldig. Es müssen aber - siehe oben - dazu solche Anhaltspunkte vorliegen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass solche Anhaltspunkte nicht vorliegen. Die Verweigerung von Sicherheitsleistungen stellt unseres Erachtens jedenfalls keinen solchen Anhaltspunkt dar. In der jüngeren BFG Rechtsprechung (z.B. , oder ) wird darauf auch überhaupt nicht eingegangen.“

Aufgrund eines Vorhalts an den Abgabepflichtigen (die Vertretungsvollmacht wurde leider irrtümlich im elektronischen Rechtsmittelakt – wie im Vorlagebericht ersichtlich – nicht angemerkt, wofür um Verständnis ersucht wird.) wurden mit Eingabe vom die Anträge auf mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat zurückgezogen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann auf Ansuchen des Abgabepflichtigen die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefaßt verbucht wird (§ 213), erstrecken

Festgestellt wird, dass zuletzt im Vorlageantrag vom eine Stundung bis zum (wie am ) beantragt wurde.

Wenn der im Zahlungserleichterungsansuchen bzw. in der Berufung (nunmehr: Beschwerde) oder im Vorlageantrag begehrte letzte Zahlungstermin im Zeitpunkt der Entscheidung über die Berufung bereits abgelaufen ist, ist aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Berufung als gegenstandslos abzuweisen (), weil die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht über den beantragten Rahmen, insbesondere über den zeitlichen, hinausgehen darf, da Zahlungserleichterungsbescheide antragsgebundene Verwaltungsakte sind und die Behörde im Falle der Bewilligung von Zahlungserleichterungen ohne Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nehmen würde (; ; ; ).

Da darüber hinaus eine - auch durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz - gewährte Stundung lediglich ex nunc wirkt, kann nach Verstreichen des Termines, bis zu welchem ein Abgabepflichtiger die Stundung begehrt hat, die Behörde bei Erlassen ihres Bescheides diese vom Abgabepflichtigen begehrte Stundung nicht mehr (rückwirkend - ex tunc) gewähren (; ). ).

Da bereits aus den genannten Gründen die beantragte Stundung (aufgrund des zwischenzeitigen Ablaufs der beantragten Frist) nicht (mehr) zu bewilligen ist, war eine Auseinandersetzung mit den übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Zahlungserleichterungen (Vorliegen einer erheblichen Härte und Nichtvorliegen einer Gefährdung der Einbringlichkeit) somit nicht mehr geboten.

Die Beschwerde war daher laut ständiger Rechtsprechung abzuweisen.

Informativ wird mitgeteilt, dass ein weiteres Rechtsmittelverfahren zu einem neuerlichen Stundungsansuchen - wie in der Eingabe vom erwähnt - aktuell beim Bundesfinanzgericht nicht anhängig ist.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die oben angeführte Judikatur wird verwiesen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105054.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at