Außergerichtlicher Vergleich
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter M. H.T in der Beschwerdesache J. S.K, Adresse, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Vergebührung eines Rechtsgeschäftes gemäß § 33 TP 20 Gebührengesetz 1957 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Ehegatten M. K. C.-S und J. S.K sind seit dem Jahr 2003 verheiratet und Eltern der gemeinsamen Tochter Bi.. Mit Notariatsakt vom schlossen beide eine "Trennungsvereinbarung/Vorwegvereinbarung" für den Fall einer Scheidung ab.
In der Präambel wird festgehalten, dass beide Parteien derzeit keine Ehescheidung, jedoch eine verbindliche Regelung bis zur Zeit der Ehescheidung treffen wollen.
Beide wollen eine im Falle der Ehescheidung gültige Vorwegvereinbarung betreffend das eheliche Gebrauchsvermögen, die ehelichen Ersparnisse und die Ehewohnung treffen.
Zur gemeinsamen Ehewohnung wurde vereinbart, dass diese im Falle einer Scheidung in das Alleineigentum der Ehegattin übergehe. Vereinbart wurde ausdrücklich ein "opting out" im Sinne des § 97 EheG. Die gemeinsame Ehewohnung wurde im Jahr 2006 zum Kaufpreis iHv Euro 328.200,00 erworben.
Festgestellt wurde, dass die Ehegattin einen Betrag iHv etwa Euro 50.000,00 beim Ankauf eingebracht hat.
Zur Finanzierung sei ein Bauspardarlehen, welches zum iHv Euro 71.139,54 ausgehaftet ist, und ein Fremdwährungskredit iHv Euro 175.000,00 aufgenommen worden. Die monatlichen Zinsen für den Fremdwährungskredit belaufen sich auf Euro 410,00 (Vertrag).
Als Tilgungsträger dienen eine abgeschlossene Lebensversicherung bei der W.123 Versicherung mit einem Rückkaufswert zum iHv Euro 7.147,85;
eine Fonds-Polizze bei einer weiteren Versicherung mit einem Rückkaufwert iHv Euro 6.070,24 sowie die Veranlagung bei einer Privatbank mit einem Kurswert iHv Euro 5.256,11.
Die Gesamtbelastungen für die Kredite und die anzusparenden Versicherungen (Tilgungsträger) belaufen sich demnach auf monatlich Euro 1.295,00.
Die Parteien vereinbarten, dass die Ehefrau die Rückzahlung des Darlehens und die Zinszahlungen für den Fremdwährungskredit, und der Ehemann die monatlichen Zahlungen für die drei Tilgungsträger bis zur Tilgung des Fremdwährungskredites bzw. für deren gesamte Laufzeit übernehmen. Der Hälfteanteil an der Wohnung gehe nach der Scheidung ohne Wertausgleich an die Ehefrau.
Hinsichtlich der gemeinsamen Ersparnisse iHv Euro 91.0000,00 vereinbarten die Parteien, dass der Betrag iHv Euro 71.000,00 zur Abdeckung des Fremdwährungskredites diene. Der Ehemann schenke der Ehegattin den Betrag iHv Euro 35.500,00. Der restliche Betrag werde geteilt.
Die Ehegattin übernehme die Kosten der Haushaltsversicherung.
Der Ehegatte verpflichtete sich zur Bezahlung des monatlichen Unterhaltes an die Ehegattin iHv Euro 1.440,00 ausgehend von seinem Nettogehalt iHv monatlich Euro 5.400,00. Änderungen führen zur Neubemessung.
Im Punkt Obsorge für die gemeinsame Tochter regelten die Parteien, dass der Lebensmittelpunkt in der gemeinsamen Wohnung gemeinsam mit der Mutter aufrecht bleibe. Der Ehegatte verpflichtete sich zur Zahlung des doppelten Unterhaltes nach dem Regelbedarfssatz, nämlich im Jahr 2011 den Betrag iHv Euro 592,00.
Nachdem die Vereinbarung dem Finanzamt angezeigt worden ist, ersuchte das Finanzamt mit Ergänzungsvorhalt um Bekanntgabe der übernommenen monatlichen Darlehensraten (Kapital und Zinsen), Kosten der monatlichen Haushaltsversicherung und der drei Tilgungsträger bei den Versicherungen.
Mit Schriftsatz vom teile der Beschwerdeführer die Kosten dem Finanzamt wie folgt mit:
Die Höhe der monatlichen Prämie für die Haushaltsversicherung belaufe sich auf Euro 22,75 (Ehegattin).
Die Darlehensraten für den Bausparkredit auf Euro 409,58 (Ehegattin).
Die Höhe der Tilgungsräger monatlich
W.123 Versicherung: monatlich Euro 200,00.
QX Lebensversicherung: Euro 200,00;
Privatbank: Euro 75,00 (trägt Ehegatte).
Die Laufzeit der Kredites und des Darlehens belaufe sich auf 25 Jahre (Fälligkeit: ).
Das Finanzamt ermittelte in der Folge die Bemessungsgrundlage aufgrund der Beantwortung des Vorhaltes wie folgt:
Euro 102.804,58 Darlehen (Euro 409,58 mtl. x 251 Monate Restlaufzeit);
Euro 102.910,00 Zinsen Fremdwährungskredit (Euro 410,00 mtl. x 251 Mon. Rlz.);
Euro 21.600,00 Vers. W. Vers. AG (Euro 200,00 mtl. x 12 Mon. x 9 J.unb.Z.);
Euro 44.000,00 Vers. S. Leben AG (Euro 200,00 mtl. x 220 Mon. Restlaufzeit);
Euro 18.450,00 Versicherung Privatbank AG (Euro 75,00 mtl x 246 Mon. Restlaufz.);
Euro 35.500,00 Ersparnisse;
Euro 2.457,00 Haushaltsvers. (Euro 22,75 x 12 Monate x 9 J. - unbest. Zeit);
Euro 155.520,00 Unterhalt (Euro 1.440,00 x 12 Monate x 9 J. - unbest. Zeit).
SUMME: Euro 483.241,58
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt die Gebühr gemäß § 33 Abs 20 GebG für die Trennungsvereinbarung in Höhe von Euro 9.664,83 (2% der Bemessungsgrundlage) fest.
In der Beschwerde wendete der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) ein, dass man diese Trennungsvereinbarung vorweg dem Finanzamt mitgeteilt habe und auch das Amt davon ausgegangen sei, dass die Unterhaltsvereinbarung einen außergerichtlichen Vergleich darstelle, der zu vergebühren ist. Die Vereinbarung hinsichtlich der Ehewohnung ziehe indes keine Gebührenpflicht nach sich, weil die Übertragung der Wohnung (Hälfteanteil) im Zeitpunkt der Scheidung Grunderwerbsteuer auslösen wird.
Die Trennungsvereinbarung stelle keinen außergerichtlichen Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB dar, weil es um keine strittigen Rechte gehe, welche durch Nachgeben einer Seite geregelt wurden. Es liegen im beiderseitigen Einvernehmen getroffene Feststellungen vor, welche inhaltlich ein deklaratorisches Anerkenntnis darstellen würden.
Beantragt wurde, die Gebühr ausschließlich unter Heranziehung der des Unterhalts iHv Euro 1.440,00 (BMG: 1.440,00 x 12x 9) festzusetzen.
Nachdem das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung die Beschwerde als unbegründet abgewiesen hat, beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde.
Inhaltlich wurde im Vorlageantrag ausgeführt, dass man sich entsprechend dem Grundsatz von Treu und Glauben auf die Auskunft verlassen habe, das lediglich die Unterhaltsvereinbarung als Vergleich zu werten sei und daher die Gebühr auslöse.
Der Höhe nach wurde wie folgt eingewendet:
Das Bauspardarlehen habe im Zeitpunkt des Abschlusses iHv Euro 70.169,00 ausgehaftet und sind die monatlichen Zahlungen iHv Euro 409,58 auf unbestimmte Zeit ausgerichtet und daher die Laufzeit mit 9 Jahren zu ermitteln.
Für den Fremdwährungskredit würden nicht Euro 410,00 monatlich geleistet, sondern Euro 260,00, und ergebe dies eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 28.080,00 gemeint: Euro 260 x 12 Monate x 9 Jahre).
Die laufende Kosten, wie Haushaltsversicherung, Strom etc. übernehme die bleibende Ehegattin, sodass diese Kosten gar nicht Gegenstand der Vereinbarung sind.
Die beiden Lebensversicherungen bei der QX Lebensversicherung und Privatbank wurden auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und wären daher die ebenfalls niedrigere Bemessungsgrundlage iHv Euro 29.700,00 anzusetzen (gemeint: 275 x 12 Monate x 9 Jahre).
Aus den vorliegenden Polizzen ergibt sich zu den drei Tilgungsträgern wie folgt:
Die bei der W.123 Versicherung abgeschlossen Lebensversicherung wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das Finanzamt hat diesen Umstand bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt.
Die Dauer der bei der QX abgeschlossenen Versicherung wurde ebenfalls berücksichtigt (23 Jahre bzw. verbleibend 220 Monate).
Die Versicherung bei der Privatbank wurde auf 24,5 Jahre abgeschlossen (Ende ) und wurde dies ebenso bei der Restlaufzeit berücksichtigt.
Beim Bauspardarlehen und beim Fremdwährungskredit wurden die Restlaufzeit iHv. 251 Monaten berücksichtigt (verbleibende Laufzeit bis ). Die Höhe der Zinszahlungen beim Fremdwährungskredit wurde in Vergleichsurkunde iHv Euro 410,00 angeführt (Gesamtbelastung: Euro 1.295,00).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun, oder zu unterlassen verbindet, heißt Vergleich. Der Vergleich gehört zu den wechselseitig verbindlichen Verträgen, und wird nach denselben Grundsätzen geregelt (1380 ABGB).
Strittig ist die Frage, ob der zwischen dem Bf. und seiner Ehegattin abgeschlossene Notariatsakt vom einen Vergleich im Sinne des Gebührengesetzes darstellt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegen vertragliche Regelungen künftiger Vermögensverhältnisse durch die Ehegatten für den Fall der Scheidung der Gebühr gemäß § 33 TP20 GebG (vgl. ).
Gemäß § 33 TP20 Abs. 1 lit. b GebG 1957 (GebG) unterliegt der außergerichtliche Vergleich einer Rechtsgebühr von 2 v. H. vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen.
§ 33 TP20 GebG unterwirft außergerichtliche Vergleiche einer Rechtsgebühr, ohne den Vergleichsbegriff zu umschreiben. Dieser Begriff ist in Anlehnung an das bürgerliche Recht - § 1380 ABGB - zu gewinnen. Danach heißt ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet, Vergleich, wobei der Vergleich dieser Gesetzesstelle zufolge zu den zweiseitig verbindlichen Verträgen gehört und nach eben denselben Grundsätzen beurteilt wird.
Der Vergleich ist somit die unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung strittiger und zweifelhafter Rechte; er ist, wie bereits ausgeführt, ein Neuerungsvertrag. Der Vergleich ist ein entgeltliches Rechtsgeschäft, aus dem jeder Teil berechtigt und verpflichtet wird. Gegenstand des Vergleiches kann ein Recht auch sein, wenn nur dessen Grund oder dessen Höhe streitig oder zweifelhaft ist, zumal durch den Vergleich nicht das gesamte Rechtsverhältnis neu geregelt werden muss. Zweifelhaft ist das Recht, wenn die Parteien sich über Bestand, Inhalt und Umfang oder auch über das Erlöschen nicht im Klaren sind. Das trifft insbesondere auf bedingte und befristete Rechte zu. Strittigkeit und Zweifelhaftigkeit sind rein subjektiv zu verstehen. Rechte sind auch dann zweifelhaft, wenn ihre Verwirklichung unsicher geworden ist ().
Die gegenständliche Vereinbarung ist in die Form eines Notariatsaktes gekleidet. Die Vertragsteile hielten somit eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung für den Fall einer Scheidung für erforderlich und zweckmäßig.
Zweck der gegenständlichen Vereinbarung ist es, für den Fall der Scheidung festzulegen, dass der Hälfteanteil an der Wohnung der Ehegattin übertragen werde und diese die Rückzahlung der Darlehensraten und der monatlichen Zinsen für den Fremdwährungskredit übernimmt.
Gleichzeitig verpflichtet sich der Bf. die Tilgungsträger für den Fremdwärungskredit weiterhin anzusparen und die entsprechenden monatlichen Zahlungen zu leisten.
Damit stellen beide Vertragsparteien darauf ab, dass dieser Vereinbarung zumindest eine Klarstellungsfunktion zukommt, womit eine für beide Vertragsparteien bis dahin sichtlich nicht ganz klare Situation bereinigt werden und dadurch Streitigkeiten bei der späteren Scheidung von vornherein vermieden werden sollten (Streitvorbeugungsfunktion).
Außergerichtliche Vereinbarungen sind grundsätzlich als Vergleich zu werten, weil dadurch zumindest zweifelhafte Rechte für den Fall einer Scheidung abschließend geregelt werden (, 2000/16/0332).
Ein beurkundetes Übereinkommen über die künftige Regelung der Vermögens- und Unterhaltsverhältnisse der Ehegatten für den Fall einer künftigen Scheidung ist sofort gebührenpflichtig. Ein Scheidungsurteil ist als Bedingung im Sinne des §17 Abs. 4 GebG zu verstehen (, Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren zu §17 GebG).
Bemessungsgrundlage der Gebühr ist gemäß § 33 TP20 Abs 1 GebG idF des Art VI Z 47 AbgÄG 2001, BGBl I 2001/144, der Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen (vgl / 0040, ). Dabei sind die Werte aller im Vergleich vereinbarten Leistungen zusammenzurechnen ().
Diese wurden im Verfahren bewertet und sind daher der Bemessung zu Grunde zu legen.
Schließlich sind die einvernehmlich geregelten Zahlungsverpflichtungen unter beiden Ehegatten ab Abschluss dieser Vereinbarung verbindlich in Kraft getretenen und haben beide pro futuro diese Zahlungen ab Abschluss dieser Vereinbarung zu übernehmen und zu leisten. Schließlich wurden für den Fall der Scheidung unklare Rechtsverhältnisse in eindeutiger Weise klargestellt, sodass diese Urkunde mit diesem Regelungsinhalt als Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB geregelt worden ist.
Nach dem oben Gesagten ist gegenständlicher Vertrag im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren) als Vergleich zu qualifizieren, welcher nach § 33 TP20 Abs. 1 lit. b GebG der Gebühr unterliegt.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dies trifft auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu, sodass die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1380 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 33 TP 20 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100170.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at