Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.02.2020, RV/7100464/2020

Abweisung eines Antrages auf Familienbeihilfe wegen nicht rechtmäßigem Aufenthalt in Österreich

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe für das Kind x im Zeitraum vom bis zum  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingebe vom beantragte die n Staatsbürgerschaft besitzende  Bf. die Gewährung der Familienbeihilfe für ihren Sohn x ab dem

In Beantwortung eines auf Nachweis des rechtmäßigen Aufenthaltes ihres Sohnes in Österreich abzielenden Vorhaltes reichte die Bf. am vermittels der Bestätigung der MA 35 den für das Kind x auf dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien basierenden, mit  erteilten Aufenthaltstitel nach.

Mit der Begründung, dass  der Sohn der Bf. vom bis zum über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt habe, wurde mit Bescheid vom  der Antrag auf Familienbeihilfe für nämlichen Zeitraum abgewiesen.

In ihrer mit datierten Beschwerde führte die Bf. ins Treffen, dass sich ihr Sohn im streitgegenständlichen Zeitraum in Österreich aufgehalten, respektive bestätigter Maßen ebendort die Schule besucht habe. Darüber hinaus sei der seitens der MA 35 erfolgten Nichtausstellung der Rot Weiß Rot Karte mit dem bereits beigefügten aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien begegnet und korrespondierend damit die Legalität des Aufenthaltes ihres Sohnes ausgesprochen worden.

In der Folge erließ das Finanzamt am  eine die Beschwerde der Bf. abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) nachstehenden Inhaltes: 

" Für Kinder, die nicht österreichische StaatsbürgerInnen sind, besteht gemäß § 3 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Gemäß § 8 Abs. 1 NAG werden Aufenthaltstitel erteilt als:

1. Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte , der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung oder ein Gutachten gemäß §§ 20d Abs. 1 Z 1 bis 4 oder 24 AuslBG erstellt wurde, berechtigt;

2. Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte plus", der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt;

3. Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU", der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung gemäß § 20d Abs. 1 Z 5 AuslBG erstellt wurde, berechtigt;

4. „Niederlassungsbewilligung", die zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt;

5. „Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit", die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt;

6. „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger", die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt; die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur auf Grund einer nachträglichen quotenpflichtigen Zweckänderung erlaubt;

7. Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt -EU" für die Dokumentation de unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;

8. Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" für die befristete Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EU" (Z 7) zu erhalten;

(Z 9 Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

10. „Aufenthaltsbewilligung" für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69).

Ihr Sohn reiste im September 2016 mit einem von bis gültigen Visum D in das Bundesgebiet ein und stellte am einen Erstantrag für die Familienzusammenführung. Die Ausfertigung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 NAG (Rot-Weiß-Rot - Karte plus) erfolgte für das Kind am , weshalb Ihnen die Familienbeihilfe auch erst ab September 2018 zuerkannt wurde.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , 2008/18/0094, unter Anwendung der §§ 81 und 82 NAG ausgesprochen, dass auch nach der ab dem anzuwendenden Rechtslage nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz der Aufenthalt eines Fremden erst mit der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung und nicht schon nach der Stellung eines darauf abzielenden Antrages rechtmäßig sei (vgl. auch ).

Die Erteilung des rechtmäßigen Aufenthalts gemäß § 8 NAG erfolgte in diesem Fall mit . Da die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 erst ab diesem Zeitpunkt Vorlagen, muss Ihre Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden."

In ihrem mit datierten Vorlageantrag monierte die Bf. dass die negative Beurteilung des mit datierten Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für das Kind x schlussendlich auf Willkür der Organwalter der MA 35 beruht habe.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt und Streitgegenstand

In der Folge lagt das BFG dem Erkenntnis nachstehenden, sich aus der Aktenlage und dem Vorbringen der Bf. ergebenden Sachverhalt zu Grunde:

Der im Streitzeitraum minderjährige, die n Staatsbürgerschaft besitzende Sohn der Bf. ist im September 2016 erstmals in Österreich eingereist und hat dieser am einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005  gestellt, wobei dieser zunächst mit Bescheid der MA 35 vom abgewiesen wurde. Eine gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgericht Wien erhobene Beschwerde war - via den Bescheid aufhebenden Erkenntnis vom  von Erfolg gekrönt und wurde dem Sohn der Bf. schlussendlich am  eine Erstbewilligung vermittels "Rot- Weiß- Rot Karte plus erteilt, wobei das nunmehrige Ende der Bewilligungsdauer auf den lautet.

Im gegenständlichen Verfahren steht die Anspruchsberechtigung der Bf. auf Familienbeihilfe im Zeitraum vom bis zum in Streit.

2. Rechtliche Würdigung

2.1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Nach der Bestimmung des § 3 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 NAG  idF BGBl I 2011/38 lautet:

Aufenthaltstitel werden erteilt als:

1. Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte , der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung oder ein Gutachten gemäß §§ 20d Abs. 1 Z 1 bis 4 oder 24 AuslBG erstellt wurde, berechtigt;

2. Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte plus", der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt;

3. Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU", der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung gemäß § 20d Abs. 1 Z 5 AuslBG erstellt wurde, berechtigt;

4. „Niederlassungsbewilligung", die zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt;

5. „Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit", die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt;

6. „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger", die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt; die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur auf Grund einer nachträglichen quotenpflichtigen Zweckänderung erlaubt;

7. Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt -EU" für die Dokumentation de unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;

8. Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" für die befristete Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EU" (Z 7) zu erhalten;

(Z 9 Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

10. „Aufenthaltsbewilligung" für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69).

Die Norm des § 20 NAG determiniert in den Abs. 1 und 2. betreffend die Gültigkeit von Aufenthaltstiteln nachstehendes:

(1) Sofern nicht anderes bestimmt ist, sind befristete Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen, es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer der Aufenthaltstitel beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

(2) Die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels beginnt mit dem Ausstellungsdatum, die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.

2.2. Rechtliche Beurteilung

Unter Bezugnahme  auf die Ausführungen unter Punkt 2.1.haben Drittstaatsangehörige seit dem  (mit Übergangsregelungen, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe wenn sie sich nach § 8 Niederlassungs- und Aufenthalts­gesetz (NAG) rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Nach der an oberer Stelle zitierten Norm des § 20 NAG beginnt die Wirksamkeit des Aufenthaltstitels nach § 8 leg. cit. bei Erstaus­stellung mit dem Ausstellungsdatum. Eine rückwirkende erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels ist nicht vorgesehen.

Mit anderen Worten ausgedrückt ist sohin die bloße Antrag­stellung oder Antragsbestätigung noch kein Aufenthaltstitel, sondern liegt nach der Rechtsprechung des  BFG und des Verwaltungsgerichtshofes ein solcher nach § 8 NAG erst ab Beginn dessen Gültigkeit vor (vgl. ; , 2008/18/0094; , 2009/18/2009/18/0061; , 2010/16/0175; ). 

In Ansehung vorstehender Ausführungen und  der Tatsache, dass die Erstausstellung des Aufenthaltstitels für den Sohn der Bf. evidenter Maßen am erfolgte, vermag das Verwaltungsgericht - ungeachtet dessen seit September 2016 bestehenden Aufenthaltes in Österreich sowie der negativen Erstbeurteilung des Antrages vom   - in der Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe für den Zeitraum vom bis zum keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

Es war daher wie im Spruch zu befinden.    

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da das BFG im Erkenntnis der expliziert dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt. 

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at