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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2020, RV/7101623/2018

Mietwäsche als geringwertiges Wirtschaftsgut sofort absetzbar?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Dr. Gabriele Krafft und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Gerald Heindl, Dr. Wolfgang Baumann und BSc. Maria Carmen Kopal in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, vertreten durch Parteienverteter, über die Beschwerde vom  gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom betreffend Körperschaftsteuer 2011 bis 2014 in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am im Beisein der Schriftführer Andrea Moravec und Dietmar Gratz zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Bf. (Beschwerdeführerin, Bf.) wurde im Jahr 2016 einer Außenprüfung (BP) für den Streitraum 2011 bis 2014 unterzogen. Neben einigen anderen Feststellungen erkannte die BP Abschreibungen der Bf. gemäß § 13 EStG 1988 nicht an, sondern ging bezüglich der sofort abgesetzten Wirtschaftsgüter von einer drejährigen Nutzungsdauer aus. Die BP erhöhte demgemäß den Bilanzgewinn um folgende Beträge:


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2011
2012
2013
2014
3.731.684,38
7.588.067,17
5.473.462,50
1.216.233,54

Die Körperschaftsteuer der Jahre 2011 bis 2014 wurde aus diesem Titel mit den angefochtenen Bescheiden vom entsprechend erhöht.

Begründend wird unter Tz 7 des BP-Berichtes ausgeführt, dass von der Vorprüfung (entsprechende Beschwerde ho. anhängig unter RV/7104698/2017) außerbilanzielle Zurechnungen im Zusammenhang mit der von der Bf. getätigten Sofortabschreibung gem. § 13 EStG von eingekaufter Mietwäsche vorgenommen worden seien.
Im Ergebnis schließt sich die BP der Rechtsansicht dieser Vorprüfung an und wiederholt auszugsweise die dort ausgeführte Begründung.

In der nach mehrfachen Fristverlängerungen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom wird auf die Ausführungen der Beschwerde zu hg. GZ RV/7104698/2017 verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Die Begründung ist wortident mit der abweisenden BVE zu hg. GZ RV/7104698/2017. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf Darstellung in dieser Entscheidung verwiesen. 

Mit Schriftsatz vom begehrte die Bf fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG).

Zum Vorbringen in der mündlichen Verhandlung wird auf das Erkenntnis zur hg.GZ RV/7104698/2017 vom heutigen Datum verwiesen.

Mit Beschluss vom wurde das Verfahren gemäß § 271 BAO zu VwGH Ra 2018/15/0072 ausgesetzt und nach Ergehen des Erkenntnisses am 24.20.2019 in diesem Verfahren fortgesetzt.

Folgender, grundsätzlich unstrittiger, Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt.

Die Bf. betrieb im Streitzeitraum ein Textillogistikunternehmen, welches Krankenhäusern oder anderen Betrieben wie Hotellerie und Gastronomie sowie Industrie und Wirtschaft diverse Textilien wie Bett- und Tischwäsche, OP-Kleidung, Arbeitskleidung, Matten etc. einerseits vermietet, aber auch die Reinigung, den Transport zur und von der Reinigung, die korrekte Zuordnung bis hin zur Einschlichtung im Betrieb (Krankenhaus) anbietet.

Das Service der Bf. besteht dabei im Bereitstellen der Mietwäsche, Reinigen im vereinbarten zeitlichen Turnus, zweckmäßigem Instandhalten, Lagerhalten, kostenlosen Austausch nach Verschleiß sowie Zustellen/Abholen. Gemäß den vertraglichen Geschäftsbedingungen bleibt die Mietwäsche im Eigentum der Revisionswerberin und darf nur durch sie oder eine von ihr genannte Wäscherei gereinigt und in Stand gehalten werden. Der Kunde verpflichtet sich, seinen kompletten Mietwäschebedarf nur von der Revisionswerberin zu beziehen, und haftet mit Ersatzpreisen für abhanden gekommene und über die normale Verwendung hinaus unbrauchbar gewordene Mietwäsche.

Ein wesentlicher Bestandteil der Geschäftstätigkeit ist daher die laufende Reinigung, der Transport zum Kunden sowie die Abholung von Schmutzwäsche unter Koordinierung des Wäscheaustausches. Dazu bedient sich die Bf. eines speziell entwickelten Computerprogramms um insbesondere bei Krankenhäusern das Entstehen von Wäscheengpässen oder Lagerüberbeständen zu vermeiden. Das Geschäftsmodell besteht in der Übernahme von Spezialwäscheaufträgen unter laufender Versorgung der Kunden mit gereinigter Wäsche. Das Hauptmotiv der Kunden für die Inanspruchnahme der Dienstleistung ist dabei in aller Regel nicht die Anmietung von Textilien zur Reduzierung von Anschaffung und Finanzierungskosten, sondern vielmehr das Auslagern von Reinigungs- und Logistikleistungen an ein darauf spezialisiertes Wäschereiunternehmen.

Weitaus überwiegender Hauptzweck des Leistungspakets der Bf. ist die ständige Reinigung der überlassenen Wäsche und somit eine entsprechend ihrem Betriebszweck laufend wiederkehrend erbrachte aktive Dienstleistung.

Die eingekaufte Mietwäsche wurde von der Bf. unter Berufung auf § 13 EStG 1988 für steuerliche Zwecke sofort abgeschrieben. Unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von drei Jahren wurde im Jahresabschluss jeweils eine Bewertungsreserve ausgewiesen.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verträgen, dem Inhalt der Verwaltungsakten, den unwidersprochenen gebliebenen Aussagen zur erbrachten Kilometerleistung der Fuhrparkfahrzeuge und den glaubwürdigen Ausführungen der Bf. in der mündlichen Verhandlung. Das FA zweifelte die diesbezüglichen Angaben der Bf. nicht an.

Gemäß § 13 EStG 1988 können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn diese Kosten für das einzelne Anlagegut 400 € nicht übersteigen (geringwertige Wirtschaftsgüter). Wirtschaftsgüter, die aus Teilen bestehen, sind als Einheit aufzufassen, wenn sie nach ihrem wirtschaftlichen Zweck oder nach der Verkehrsauffassung eine Einheit bilden.

Durch Art. I Z 8 StRG 1993, BGBl. Nr. 818, wurde § 13 EStG 1988 mit Wirkung ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 ein letzter Satz angefügt, nach dem die Sofortabschreibung für "Wirtschaftsgüter, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt sind", ausgeschlossen ist.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1237 BlgNR 18. GP 51) wird dazu ausgeführt: "In letzter Zeit wurden Verlustmodelle entwickelt, bei denen die Verluste aus der Geltendmachung von Sofortabschreibungen nach § 13 für vermietete geringwertige Wirtschaftsgüter (z.B. Einkaufswagen) resultierten. Da die Vermietung dieser Wirtschaftsgüter im allgemeinen gleichzeitig den Betriebszweck darstellt und die Wirtschaftsgüter im Verhältnis zum übrigen Betriebsvermögen somit keine ‚Geringwertigkeit' im Sinne des Gesetzeszweckes aufweisen, soll § 13 in Hinkunft nicht für zur Vermietung bestimmte Wirtschaftsgüter anzuwenden sein."

Im Bericht des Finanzausschusses (1301 BlgNR 18. GP 3) traf dieser zur beabsichtigten Ergänzung des § 13 EStG 1988 folgende Feststellung: "Zu Art. I Z 8 (§ 13 EStG 1988) vertritt der Finanzausschuss die Auffassung, dass die Sofortabschreibung entgeltlich überlassener Wirtschaftsgüter in jenen Fällen weiterhin möglich sein wird, in denen die Überlassung als völlig untergeordneter Nebenzweck anzusehen ist. Dies wird etwa für entgeltlich überlassene Gasflaschen gelten, wenn der weitaus überwiegende Hauptzweck die Lieferung von darin befindlichem Gas ist, weiters für die Überlassung von Krankenhaus-Bettwäsche, wenn der weitaus überwiegende Hauptzweck die ständige Reinigung der Krankenwäsche ist."

§ 13 letzter Satz EStG 1988 ist nach der Judikatur () nicht auf Verlustbeteiligungsmodelle beschränkt. Entscheidend für seine Anwendung ist, dass Anlagevermögen vorliegt, das zur entgeltlichen Überlassung bestimmt ist. Auf die Kostenstruktur, insbesondere darauf, welchen Anteil der Personalaufwand an den Gesamtkosten hat, kommt es ebenso wenig an wie auf die zivilrechtliche Einordnung der Verträge.

Ob - wie dies der Ansicht des Finanzausschusses entspricht (1301 BlgNR 18. GP 3) - die Sofortabschreibung entgeltlich überlassener Wirtschaftsgüter in jenen Fällen weiterhin möglich ist, in denen die Überlassung als völlig untergeordneter Nebenzweck anzusehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis offen gelassen.

In seinem Erkenntnis  welches zu einem anderen Unternehmen derselben Unternehmensgruppe mit inhaltlich völlig gleichgelagerten Betätigungen erging, führt der VwGH nunmehr aus, dass i m Lichte der Ausführungen im Bericht des Finanzausschusses zum Regelungszweck der Bestimmung, die im Wortlaut des Gesetzes auch Deckung findet, der Ausschluss der Sofortabschreibung in einem solchen Fall nicht anwendbar ist. 

Die Wirtschaftsgüter stellen sich diesfalls nicht als bloß "zur entgeltlichen Überlassung bestimmt(e)" Wirtschaftsgüter iSd § 13 letzter Satz EStG 1988 dar, deren Vermietung an sich bereits einen eigenständigen Betriebszweck bildet. Vielmehr werden sie laufend von ihrer Eigentümerin selbst im eigenen Betrieb eingesetzt, bearbeitet und dann kurzfristig erneut ausgegeben. Damit steht aber nicht eine (längerfristige) passive Überlassungsleistung im Vordergrund der "Bestimmung" dieser Wirtschaftsgüter, sondern ihr laufender Einsatz im eigenen Betrieb der Revisionswerberin zur laufend wiederkehrenden Erbringung der von ihr angebotenen Dienstleistung.

Die von der Bf. gewählte Vorgehenserweise erweist sich daher als rechtskonform und die die Beschwerde als gerechtfertigt.

Die Körperschaftsteuer ist daher wie folgt zu berechnen:


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Jahr
Einkünfte lt. BP
BP Bericht
Tz 7 § 13
Einkünfte lt. Erkenntnis
2011
6.637.348,88
3.731.684,48
2.905.664,40
2012
3.390.250,91
7.588.067,17
-4.197.816,26
2013
4.194.357,94
5.473.462,50
-1.279.104,56
2014
2.660.827,19
1.216.233,54
1.444.593,65

Körperschaftsteuer 2011


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Einkünfte Gewerbebetrieb
2.905.664,40
Verlustabzug
-2.179.248,30
Einkommen
726.416,10
25% KöSt
181.604,03
anrechenbare ausl. Quellensteuer
-4.785,54
anrechenbare MiKö
-10.168,52
Einbehaltene Steuerbeträge
-1.038,21
Rundung
0,24
KöSt 2011
165.612,00

Körperschaftsteuer 2012


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte Gewerbebetrieb
-4.197.816,26
Einkommen
-4.197.816,26
25% KöSt
0,00
Differenz zu Mikö
1.750,00
Einbehaltene Steuerbeträge
-130,43
Rundung
0,43
KöSt 2012
1.620,00

Körperschaftsteuer 2013


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte Gewerbebetrieb
-1.279.104,56
Einkommen
-1.279.104,56
25% KöSt
0,00
Differenz zu Mikö
1.125,00
Einbehaltene Steuerbeträge
-811,59
Zuschlag gem § 22 Abs. 3 KStG
48.489,90
Rundung
-0,31
KöSt 2013
48.803,00

Körperschaftsteuer 2014


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte Gewerbebetrieb
1.444.593,65
Verlustabzug
-1.083.445,24
Einkommen
361.148,41
25% KöSt
90.287,10
anrechenbare ausl. Quellensteuer
-6.031,36
anrechenbare MiKö 2012, 2013
-2.875,00
Einbehaltene Steuerbeträge
-559,78
Zuschlag gem. § 22 Abs. 3 KStG
41.663,15
Rundung
-0,11
KöSt 2014
122.484,00

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt wegen Vorliegens einschlägiger Judikatur ( ) - welcher das gegenständliche Erkenntnis folgt - nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VwGH, Ra 2018/15/0072
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101623.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at