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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.02.2020, RV/5101059/2018

Übernahme von Pflegekosten durch nahe Angehörige.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache GS, vertreten durch SCHWARZ KALLINGER ZWETTLER Wirtschaftsprüfung Steuerberatung GmbH, Bahnhofstraße 13, 4400 Steyr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2016 zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2016 festgesetzt mit -656,00 €.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I) Verfahrensgang

Die Abgabepflichtige machte im Zuge der Arbeitnehmerinnenveranlagung für das Jahr 2016 unter anderem die steuerliche Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen iHv 10.124,62 € geltend. Es handelte sich dabei um Aufwendungen, welche den inzwischen verstorbenen Vater der Steuerpflichtigen betrafen.

Im Einkommensteuerbescheid für 2016 vom wurden die außergewöhnlichen Belastungen nicht berücksichtigt. Begründend führte die Abgabenbehörde aus, da keinerlei Nachweise über eine bestehende Verpflichtung zur Übernahme der Pflegekosten des Vaters erbracht worden seien, seien diese nicht zu berücksichtigen gewesen.

Mit Schreiben vom wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für 2016 erhoben. In der Beschwerde wurde beantragt, die Kosten für die außergewöhnliche Belastung iHv 10.124,62 € anzuerkennen. Bei diesen Kosten sei nur die verbleibende Kostentragung angesetzt worden, es seien bereits die Eigenmittel des verstorbenen Vaters berücksichtigt worden. Die Ermittlung der außergewöhnlichen Belastung sei analog der Rz 899 LStR erfolgt. Die Kostenübernahme durch die Tochter sei notwendig gewesen, da die zu betreuende Person ein zu niedriges eigenes Einkommen hatte. Daher könne laut Rz 899 LStR die unterhaltsverpflichtete Person, die die Aufwendungen trage, diese als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Die Nichtanerkennung der anteiligen Kosten für die Übernahme der Pflegekosten durch die Abgabenbehörde widerspreche dem Gesetz (§ 234 ABGB) sowie der Ansicht der Finanzverwaltung und auch der Aussage von Help.gv.at. Gemäß § 234 Abs. 1 ABGB schulde das Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande sei, sich selbst zu erhalten und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt habe.

[...]

Im Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin (Bf.) mit, dass neben der gemäß § 234 ABGB bestehenden rechtlichen Verpflichtung keine vertragliche Verpflichtung zur Übernahme der Pflegekosten bestanden habe. Die Bf. sei die einzige Tochter, aufgrund des hohen Alters des Vaters sei sie die einzige lebende Angehörige gewesen. Es liege keine vertragliche Gegenleistung anlässlich eines Schenkungsvertrages oder Übergabevertrages vor. Die Bf. habe ihren Vater unentgeltlich und ohne vertragliche Regelung (Wohnrecht) in ihre Wohnstätte aufgenommen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt auf Grund der Beschwerde vom  den Einkommensteuerbescheid für 2016 vom ab und führte begründend aus: Der Gesamtaufwand an Krankheits- bzw. Pflegekosten des Vaters habe 32.309,24 € betragen. Davon seien das steuerfreie Pflegegeld iHv 8.131,20 € sowie der staatliche Zuschuss iHv 7.700,00 € in Abzug zu bringen gewesen; verbleibende Kosten seien daher 16.478,04 €. Das Einkommen gemäß § 33 Abs. 1 EStG der pflegebedürftigen Person habe - vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung 16.118,69 € betragen. Da die wesentlichen Lebenshaltungskosten durch das Wohnrecht abgedeckt seien, müssen der pflegebedürftigen Person 20 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes (= 2.118,70 €) verbleiben. Der Rest des Einkommens (= 13.999,99 €) sei für die pflegebedingten Kosten anzusetzen. Der Überhang an Pflegekosten betrage somit 2.478,05 €; dieser könne von unterhaltsverpflichteten Angehörigen steuerlich abgesetzt werden. Der Beschwerde sei somit teilweise stattzugeben. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen sei, können nicht berücksichtigt werden, da sie den Selbstbehalt iHv 5.148,86 € nicht übersteigen würden.

Am brachte die steuerliche Vertretung einen Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht ein.
Bei der Arbeitnehmerveranlagung seien die Kosten der Kostentragung durch die Tochter als außergewöhnliche Belastung beantragt worden. Es werde beantragt, die Kosten für außergewöhnliche Belastungen in der beantragten Höhe von 10.124,62 € zu berücksichtigen. Bei diesen Kosten sei nur die verbleibende Kostentragung angesetzt worden, es seien bereits die Eigenmittel des Vaters berücksichtigt worden. Die Ermittlung der außergewöhnlichen Belastung erfolge analog der Rz 899 LStR. Die Kostenübernahme durch die Tochter sei notwendig gewesen, da die zu betreuende Person ein zu niedriges eigenes Einkommen hatte. Daher könne laut Rz 899 LStR die unterhaltsverpflichtete Person, die die Aufwendungen trage, diese als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Der Vater habe über kein Wohnrecht in der Wohnung der Bf. verfügt. Die Bf. habe ihn in diese Wohnung aufgenommen, ohne ein Wohnrecht eingeräumt zu haben. Daher habe gemäß Rz 899a der LStR der volle Ausgleichszulagenrichtsatz der pflegebedürftigen Person zu verbleiben. Es sei auch nicht ein Wohnrecht in der Vergangenheit als Ausgleich für eine Vermögensübergabe eingeräumt worden (Rz 824 LStR). Würde das Aufnehmen in die Wohnung die Anrechnung des Ausgleichszulagenrichtsatzes verringern, so wäre eine Ungleichbehandlung gegeben, im Vergleich, dass der Vater fremd in ein Heim gegeben worden wäre. Gerade dadurch, dass Versorgung und Wohnen durch die Steuerpflichtige erbracht wurden sei, habe sich die außergewöhnliche Belastung für sie ergeben. Daher werde eine Stattgabe im Sinne der Bescheidbeschwerde sowie der ergänzenden Ausführungen in diesem Vorlageantrag beantragt.

Mit Vorhalt vom ersuchte die Abgabenbehörde um Mitteilung, welche Zahlungen für Lebensmittel, Wohnaufwand und ähnlichem vom verstorbenen Vater an die die Bf. geleistet wurden.

In der Eingabe vom teilte die steuerliche Vertretung mit, dass sämtliche Einnahmen am Konto des Vaters aus Pensionen, Pflegegeld und Zuschüssen zur Begleichung der Kosten inkl. der Krankenversicherung direkt herangezogen worden seien, allfällige Differenzen habe die Bf. ausgeglichen. Es seien keine Zahlungen aus dem Titel Wohnen oder Essen des Vaters an die Bf. geleistet worden.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

II) Sachverhalt

Der im November 2017 verstorbene Vater der Bf. lebte im streitgegenständlichen Jahr unentgeltlich und ohne vertragliche Regelung in deren Haushalt. Er verfügte über keinen eigenen Haushalt mehr. Der Gesamtaufwand an Krankheits- und Pflegekosten des Vaters betrug 32.309,24 €. Das Einkommen (gemäß § 33 EStG) des Vaters betrug – vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung – 16.118,69 €. Die Kostenübernahme durch die Tochter (= Bf.) war auf Grund des niedrigen Einkommens des Vaters notwendig. Es existierte neben der gemäß § 234 ABGB bestehenden rechtlichen Verpflichtung keine vertragliche Verpflichtung zur Übernahme der Pflege des Vaters. Es liegt keine vertragliche Gegenleistung anlässlich eines Schenkungsvertrages oder Übergabevertrages vor. Sämtliche Einnahmen am Konto des Vaters aus Pensionen, Pflegegeld und Zuschüssen wurden zur Begleichung der Kosten inkl. der Krankenversicherung direkt herangezogen, allfällige Differenzen hat die Bf. ausgeglichen. Es sind keine Zahlungen aus dem Titel Wohnen oder Essen des Vaters an die Bf. geleistet worden.

III) Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und geht aus den Akten und dem Vorbringen der Bf. hervor.

IV) Rechtslage

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1) Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2)

2) Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)

3) Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf wieder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2). Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3). Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (Abs. 4).

Unterhaltsleistungen sind gemäß § 34 Abs. 7 Z 4 EStG nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Gemäß § 234 Abs. 1 ABGB schuldet das Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat. Gemäß Abs. 3 mindert sich der Unterhaltsanspruch insoweit, als dem Unterhaltsberechtigten die Heranziehung eigenen Vermögens zumutbar ist.

V) Erwägungen

Strittig ist die Berechnung des Überhanges an Pflege- und Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung. Während das Finanzamt davon ausgeht, dass dem Pflegebedürftigen im gegenständlichen Fall ein Taschengeld mit 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes anzusetzen ist, vertritt die Bf. die Ansicht, dass der volle Ausgleichszulagenrichtsatz bei der pflegebedürftigen Person zu verbleiben hat.

Die Abgabenbehörde hat dazu im Vorlagebericht an das BFG festgehalten:

Gemäß den Bestimmungen des § 234 Abs. 1 ABGB schulden Kinder ihren Eltern unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse, den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten. Ist der Pflegebedürftige aufgrund seines zu geringen Einkommens nicht fähig die Kosten der außergewöhnlichen Belastung (zur Gänze) selbst zu tragen, kann die unterhaltsverpflichtete Person, die die Aufwendungen trägt, diese als außergewöhnliche Belastung geltend machen. In diesem Fall erfolgt jedoch die Kürzung um den Selbstbehalt. Bei der Berechnung der Höhe der verbleibenden Kostentragung durch die Bf. berief sich diese auf die LStR des BMF. Von der Bf. wurde jedoch – entgegen der Ansicht der Abgabenbehörde – der Ausgleichszulagenrichtsatz 2016 iHv 882,78 € pro Monat zur Gänze als zu verbleibender Teil vom Gesamtbetrag der Einkünfte des verstorbenen Vaters abgezogen. Hingegen wurde seitens der Abgabenbehörde – in der Beschwerdevorentscheidung – nachstehende Berechnung vorgenommen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtaufwand außergewöhnliche Belastung
32.309,24 €
Pflegegeld
-8.131,20 €
Unterstützungsfonds
-7.700,00 €
Zwischensumme
16.478,04 €
Einkommen vor Abzug außergewöhnliche Belastung
16.118,69 €
20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes von 10.593,36 €
-2.118,70 €
Eigenmittel zur Tragung der Kosten
13.999,99 €
Überhang außergewöhnliche Belastung
2.478,05 €

Dieser Überhang wurde bei der Bf. als außergewöhnliche Belastung anerkannt, jedoch mangels Übersteigen des Selbstbehaltes von 5.148,86 € steuerlich nicht wirksam. Vom Einkommen gemäß § 33 Abs. 1 EStG - vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen - muss dem Steuerpflichtigen je nach Pflegeform/-aufwand und Unterhaltsverpflichtung ein Teil zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten verbleiben. Basis für die Berechnung ist sohin das Einkommen des Pflegebedürftigen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung, diesfalls 16.118,69 €. Durch die Bf. wird eingewendet, dass ihrem Vater kein Wohnrecht eingeräumt wurde und daher dem Pflegebedürftigen nicht in Anlehnung an die Regelung für Pflegeheimbewohner nur 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes verbleiben müssten, sondern der gesamte Betrag. Verfügt eine alleinstehende pflegebedürftige Person über keine eigene Wohnung mehr und wohnt im Pflegeheim, liegt Vollverpflegung vor. Der pflegebedürftigen Person muss jedoch ein Taschengeld verbleiben. Dieses ist mit 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes anzusetzen. Die anteiligen Sonderzahlungen sollen der zu pflegenden Person verbleiben, weshalb der monatliche Ausgleichszulagenrichtsatz mit 12 zu vervielfachen ist. Der Rest des Einkommens ist für die pflegebedingten Kosten anzusetzen. Diese Ausführungen sind auch auf den Vater der Bf. anzuwenden. Es ist zwar durchaus zutreffend, dass diesem kein vertragliches Wohnrecht eingeräumt wurde, jedoch ist aus dem Vorbringen der Bf. zu folgern, dass der Vater unentgeltlich versorgt wurde und sohin keinerlei Aufwendungen für Lebensmittel und Wohnaufwand zu tragen hatte. Die Höhe des zu verbleibenden Ausgleichszulagenrichtsatzes ist darauf abzustimmen, welcher Betrag dem Pflegebedürftigen zur Bestreitung seiner Lebenshaltungskosten übrig zu bleiben hat. Diesfalls waren alle Kosten der Lebenshaltung von der Bf. (im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht als Tochter) gedeckt, sodass dem Vater lediglich ein Taschengeld iHv 20% zu verbleiben hatte. Ob ein Wohnrecht vertraglich eingeräumt wurde oder nicht, ist bei der Beurteilung der notwendigen Mittel für die Lebenshaltung irrelevant. Der Rest des Einkommens der pflegebedürftigen Person ist für die pflegebedingten Kosten anzusetzen. Nur ein etwaiger Überhang an Pflegekosten kann von unterhaltsverpflichteten Angehörigen steuerlich abgesetzt werden. Daraus ergibt sich der von der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung anerkannte Betrag iHv 2.478,05 €.

Das BFG schließt sich diesen Überlegungen und Einschätzungen des Finanzamtes an.

Unstrittig ist, dass die Krankheits- und Pflegekosten des Vaters das verbleibende wirtschaftliche Nettoeinkommen überschritten haben und mangels vorhandenem Vermögen die Bf. als Tochter iSd § 234 ABGB zur Unterhaltsleistung verpflichtet war. Die beantragten Kosten für die Pflege und Medikamente wären auch beim unterhaltsberechtigten Pflegling solche, die als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden könnten und stellen bei der Bf. Unterhaltskosten dar. Die anfallenden Kosten sind um Eigenleistungen der unterhaltsberechtigten Person aus ihren eigenen Bezügen sowie um öffentliche Zuschüsse, soweit diese die mit der Pflege- und Hilfsbedürftigkeit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen abdecken, zu mindern. Diese Krankheits- und Pflegekosten könnten in Folge bei der Bf. iSd § 34 EStG nach Übersteigen des Selbstbehaltes berücksichtigt werden.

Anzumerken ist, dass die Lohnsteuerrichtlinien (LStR) mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine für das BFG beachtliche Rechtsquelle darstellen (vgl. ), sondern ihrer Funktion nach der Finanzbehörde als Auslegungshilfe dienen.

Die Bf. errechnete die aus ihrer Sicht zutreffende Höhe der außergewöhnlichen Belastung auf Grundlage der LStR Rz 899. Im Vorlageantrag wird unter Bezugnahme auf Rz 899a die Ansicht vertreten, dass der volle Ausgleichszulagenrichtsatz der pflegebedürftigen Person zu verbleiben hat.

Diese Verwaltungsübung ist jedoch im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden. Die von der Bf. monierten Rz betreffen nur Fälle, wenn eine pflegebedürftige Person im eigenen Haushalt (zu Hause) betreut wird. Rz 899a hält fest, wenn eine alleinstehende pflegebedürftige Person zu Hause betreut wird, muss der pflegebedürftigen Person der volle Ausgleichszulagenrichtsatz verbleiben.

Im BFG Erkenntnis vom , RV/7103504/2015 (mwN) wurde vom Gericht der Ausgleichszulagenrichtsatz als Maßstab für die notwendigen Lebenshaltungskosten für alleinstehende Personen erachtet. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass dieser Betrag alleinstehenden Personen mit eigenem Haushalt zur freien Verfügung stehen soll. Wörtlich hielt das BFG fest: „Die Bf. ist auch im Recht, wenn sie darauf hinweist, dass die Tochter in einem eigenen Haushalt lebt und der Ausgleichszulagenrichtsatz zur Bestreitung der damit in Verbindung stehenden Aufwendungen bei der Berechnung in voller Höhe zu berücksichtigen ist.“

Bei der Prüfung, ob das Einkommen einer in einem Heim betreuten Person ausreicht, ist zu berücksichtigen, dass dieser Person ein Teil des Einkommens (vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen) zur Bestreitung des Lebensunterhaltes verbleiben muss. Dieses „Taschengeld“ wird nach der Verwaltungspraxis mit 20 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes angesetzt (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG20, § 34, Tz 78).

Aus dem Vorbringen der Bf. kann jedoch zweifelsfrei gefolgert werden, dass ihr Vater über keinen eigenen Haushalt mehr verfügte und von der Bf. in ihrem Haushalt unentgeltlich versorgt wurde. Der pflegebedürftige Vater hatte sohin keine bedeutsamen Lebenshaltungskosten mehr zu tragen.

Das BFG vertritt die Rechtsansicht, dass die Höhe des zu verbleibenden Ausgleichszulagenrichtsatzes darauf abzustimmen ist, welcher Betrag dem Pflegebedürftigen zu Bestreitung seiner Lebenshaltungskosten übrig zu bleiben hat. In diesem Zusammenhang vermag das BFG keine Rechtswidrigkeit darin erblicken, dass bei der Berechnung des Überhanges der außergewöhnlichen Belastung von der Abgabenbehörde – in Anlehnung an die Regelungen für Pflegeheimbewohner – beim Pflegebedürftigen lediglich ein Taschengeld iHv von 20 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes berücksichtigt wurde. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass die wesentlichen Kosten der Lebenshaltung durch die Bf. abgedeckt wurden. Ob ein Wohnrecht eingeräumt wurde oder nicht, ist bei der Beurteilung der notwendigen Mittel für die Lebenshaltung nicht maßgeblich. Im Gegensatz zur Bf. vermag das BFG in der nicht vollen Anrechnung des Ausgleichszulagenrichtsatzes auch keine Ungleichbehandlung erkennen.

Die zu berücksichtigenden Kosten betragen wie oben dargestellt 2.478,05 € und bleiben somit betragsmäßig unter dem für die Bf. anzuwendenden Selbstbehalt, weshalb sich bei der Berechnung der Einkommensteuer keine Änderung zum gegenständlich bekämpften Bescheid ergibt. Hinsichtlich der Berechnung der Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe wird zulässigerweise auf die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes verwiesen.

Dass im Falle der Übernahme von Kosten durch nahe Angehörige ein Selbstbehalt § 34 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus §§ 34 (6) iVm 35 Abs. 1 EStG. Ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes können nur die in Abs. 6. angeführten Aufwendungen abgezogen werden (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm 39).

VI) zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz. Diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101059.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at