Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.01.2020, RV/4200043/2019

Verfüllung von aufbereiteten Baurestmassen im Rahmen von Frostkofferschüttungen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4200043/2019-RS1
Wird eine Verwendung oder Verwertung von Abfällen im Rahmen von Frostkofferschüttungen, für die keine baurechtliche Bewilligung erforderlich ist, durchgeführt, kommt die Befreiung des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSaG auch dann zur Anwendung, wenn die Baubewilligung für die in diesem Zusammenhang geplante Baumaßnahme erst später erteilt wird.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten Vertreter, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/03893/2015, betreffend Altlastenbeitrag und Nebenansprüche zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/03893/2015, wurden für die Beschwerdeführerin (Bf.) gemäß § 201 Abs.1 und Abs.2 Z.3 BAO iVm § 3 Abs.1 Z.1 lit.c, § 4 Z.3 und § 6 Abs.1 Z.1 lit.b des Altlastensanierungsgesetzes (ALSaG) ein Altlastenbeitrag für das dritte Quartal 2012 in Höhe von € 4.986,40 sowie gemäß § 217 Abs.1 und 2 BAO ein Säumniszuschlag in der Höhe von € 99,72 und gemäß § 135 BAO ein Verspätungszuschlag in der Höhe von € 99,72 festgesetzt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. im Juli 2012 die Errichtung einer Tragschicht (Frostkoffer) aus recyclierten Baurestmassen veranlasst habe, um darauf eine „Hobelhalle“ zu errichten. Der Baubescheid zur Errichtung der „Hobelhalle“ wurde von der Gemeinde Straßburg am erteilt, weshalb im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt keine Bewilligung für die beabsichtigte Baumaßnahme vorgelegen sei.

Gegen diesen Bescheid hat die Bf. mit Eingabe vom binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass es seit dem Jahre 2006 keiner übergeordneten Baumaßnahme, die eine konkrete bautechnische Funktion zu erfüllen habe, bedürfe. Der Befreiungstatbestand des § 3 Abs.1a Z.6 ALSaG sei daher erfüllt. Für den Fall, dass der Beschwerde nicht Folge gegeben werden sollte, stellte die Bf. den Antrag auf Abänderung des Bescheides gemäß § 295a BAO, da die baurechtliche Bewilligung für die Errichtung einer „Hobelhalle“ nachfolgend erteilt worden sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/60340/2016, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine bloße Verfüllung oder Geländeanpassung keine Baumaßnahme darstelle. Der Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für die „Hobelhalle“ sei nahezu erst zwei Jahre nach der Vornahme der Geländeverfüllung/Geländeanpassung gestellt worden, weshalb nicht alle Voraussetzungen für die Ausnahme von der Beitragspflicht erfüllt sind. Zum Antrag gemäß § 295a BAO wurde ausgeführt, im ALSaG sei eine abgabenrechtliche Rückwirkung der nachträglichen Erteilung einer Baubewilligung auf eine entstandene Altlastenbeitragspflicht nicht vorgesehen.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Begründend führte die Bf. im Wesentlichen aus, dass es sich bei der Frostkofferschüttung um eine Maßnahme nach § 3 Abs.1 Z.1 lit.c ALSaG mit qualitätsgesicherten Materialien im unbedingt erforderlichen Ausmaß handle, welche keine Baumaßnahme darstelle und daher keiner gesonderten Bewilligung bedürfe. Die Bewilligung der Errichtung der „Hobelhalle“ zu einem späteren Zeitpunkt sei nicht von Bedeutung, da im Zeitpunkt der Geländeverfüllung/Geländeanpassung die Baumaßnahme, in deren Zusammenhang sie durchgeführt wurde, festgestanden sei. Zumindest sei mit der Genehmigung der Errichtung der „Hobelhalle“ der Rechtsfall des § 295a BAO eingetreten.

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/4200156/2016, wurde die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine beitragsfreie Verfüllung gemäß § 3 Abs.1a Z.6 ALSaG erfordere, dass es sich um eine zulässige Baumaßnahme handelt. Da im Zeitpunkt der Beitragsschuldentstehung für die Baumaßnahme keine baurechtliche Bewilligung vorlag, sei der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs.1a Z.6 ALSaG nicht erfüllt.

Gegen dieses Erkenntnis hat die Bf. eine außerordentliche Revision an den VwGH erhoben.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , GZ. Ra 2019/13/0059, hat der VwGH das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Befreiung des § 3 Abs.1 Z.6 ALSaG für eine Frostkofferschüttung, für welche eine baurechtliche Bewilligung noch nicht erforderlich ist, auch dann anzuwenden ist, wenn die Baubewilligung für die in diesem Zusammenhang geplante Hobelhalle erst später erteilt wurde.

Sachverhalt:

Die Bf. beabsichtigte auf dem Grundstück Nr. 11111, KG A., eine „Hobelhalle“ zu errichten. Sie beauftragte die Firma B-GmbH in C. den bestehenden Boden zu entfernen und eine Frostkofferschüttung vorzunehmen. Die Gemeinde:D bestätigte mit Schreiben vom , dass die Frostkofferschüttung für die geplante „Hobelhalle“ mit qualitätsgesicherten Recyclingmaterial vorgenommen werden kann.

Im Juli 2012 entfernte die Firma B-GmbH das Aushubmaterial und verfüllte mit Kenntnis der Bf. 542 Tonnen qualitätsgesicherte Baurestmassen auf dem genannten Grundstück in D..

Am beantragte die Bf. bei der zuständigen Baubehörde die Errichtung einer „Hobelhalle“. Mit Bescheid der Gemeinde:D vom , AZ. 22222, wurde die Errichtung der „Hobelhalle“ gemäß den §§ 7,17 und 18 der Kärntner Bauordnung 1996 bewilligt. Den erteilten Auflagen ist u.a. zu entnehmen, dass alle Fundamente auf tragfähigem Boden bis in frostfreie Tiefen zu führen sind (Punkt.5.) und dass für die Hobelhalle um die gewerberechtliche Bewilligung bei der Bezirkshauptmannschaft E. anzusuchen ist (Punkt 20.). Mit den Bauarbeiten durfte erst nach Rechtskraft des Bescheides begonnen werden.

Beweiswürdigung:

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Klagenfurt Villach vorgelegten Verwaltungsakten. Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unbestritten.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 3 Abs.1 Z.1 ALSaG unterliegen dem Altlastenbeitrag das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

a) das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- oder Stützwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),

b) das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung,

c) das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.

Gemäß § 3 Abs. 1a Z 6 ALSaG sind von der Beitragspflicht mineralische Baurestmassen, wie Asphaltgranulat, Betongranulat, Asphalt/Beton-Mischgranulat, Granulat aus natürlichem Gestein, Mischgranulat aus Beton oder Asphalt oder natürlichen Gestein oder gebrochene mineralische Hochbaurestmassen, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben ist, und diese Abfälle im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs.1 Z.1 lit.c verwendet werden, ausgenommen.

Nach ständiger hg. Judikatur ist das Vorliegen der jeweils erforderlichen Bewilligungen Voraussetzung für die Beitragsfreiheit. Wird dabei im Zusammenhang mit einer erst geplanten bewilligungspflichtigen oder auch bewilligungsfreien Baumaßnahme eine Verwendung oder Verwertung von Abfällen durchgeführt, für welche zu diesem Zeitpunkt noch keine baurechtliche Bewilligung erforderlich ist, widerspricht diese Handlung nicht der Rechtsordnung. Gemäß dem Erkenntnis des , war für die Frostkofferschüttung für die geplante Hobelhalle eine baurechtliche Bewilligung nicht erforderlich. Für die Errichtung der Hobelhalle selbst wurde rechtzeitig eine Baubewilligung eingeholt. Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs.1a Z.6 ALSaG ist daher erfüllt. Der angefochtene Bescheid ist ersatzlos aufzuheben.

Zu den Nebenansprüchen ist zu bemerken:

Gemäß § 217 Abs.1 BAO sind, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag von bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Die Nebenansprüche teilen das Schicksal der Abgabenschuld, weshalb auch deren Festsetzung ersatzlos zu beheben war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der gegenständliche Sachverhalt war bereits Gegenstand des Erkenntnisses des , weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 3 Abs. 1a Z 6 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4200043.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at