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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.01.2020, RV/5100363/2019

Nachsicht betreffend Immobilienertragsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Linz vom zu StNr, mit dem ein Antrag auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 4.318,00 € gemäß § 236 BAO abgewiesen wurde, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Kaufvertrag vom erwarben der Beschwerdeführer und seine damalige Lebensgefährtin LG das Reihenhaus in B um 328.410,00 €. Auf den Beschwerdeführer entfiel ein Anteil von 2/3 (Anteil Kaufpreis 218.940,00 €, RA-Kosten 1.895,46 € und GrESt + Eintragungsgebühr 9.853,56 €), auf seine Lebensgefährtin ein Anteil von 1/3.

Ab Übersiedlung am bis war der Beschwerdeführer im genannten Reihenhaus in Leonding mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Auf Grund einer tätlichen Auseinandersetzung hat die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers Ende Oktober 2011 dessen polizeiliche Wegweisung mit Betretungsverbot veranlasst.

Von bis wohnte der Beschwerdeführer ausschließlich in einer von ihm angemieteten Wohnung in L, wo er auch mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Diese Mietwohnung, an die auch die Zustellung der Post erfolgte, meldete der Beschwerdeführer auch seinem Arbeitgeber als Hauptwohnsitz.

Ab bis wohnte der Beschwerdeführer wieder im gegenständlichen Reihenhaus als Hauptwohnsitz, aus dem seine ehemalige Lebensgefährtin am ausgezogen war.

Mit Kaufvertrag vom erwarb der Beschwerdeführer von seiner ehemaligen Lebensgefährtin deren Drittelanteil am Reihenhaus um 116.269,39 €.

Mit Kaufvertrag vom veräußerte der Beschwerdeführer das nunmehr ihm allein gehörende Reihenhaus um 395.000,00 €, wobei die Besitzübergabe bis längstens vereinbart wurde. Am zog der Beschwerdeführer aus dem Reihenhaus aus und wohnt seitdem in H (Eigentumswohnung).

Die Bemessungsgrundlage der Immobilienertragsteuer für Veräußerung des Reihenhauses durch den Beschwerdeführer im Jahr 2016 betrug 14.392,09 €, woraus sich eine Immobilienertragsteuer in Höhe von 4.318,00 € ergab, die vom Beschwerdeführer auch entrichtet wurde.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 vom erklärte der Beschwerdeführer unter der Kennzahl 987 nicht pauschal ermittelte Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988 in Höhe von 14.392,09 € und unter der Kennzahl 989 die Entrichtung einer besonderen Vorauszahlung auf Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen in Höhe von 4.318,00 €.

Mit Bescheid vom veranlagte das Finanzamt den Beschwerdeführer erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 2016, wobei sich unter Anrechnung der Lohnsteuer von 5.819,08 € und der besonderen Vorauszahlung gemäß § 30b Abs. 4 EStG 1988 von 4.318,00 € eine Abgabengutschrift von 896,00 € ergab.

Mit Eingabe vom erhob der Beschwerdeführer gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 Beschwerde, da seiner Ansicht nach im Hinblick auf die Grundstücksveräußerung die Bestimmungen über die Hauptwohnsitzbefreiung anzuwenden gewesen wären. Begründet hat dies der Beschwerdeführer wie folgt:

„Für das genannte Reihenhaus bestand zunächst ein Kaufvertrag, bei welchem Fr. LG zu einem Drittel als Eigentümerin festgesetzt war und ich zu zwei Drittel. Nun kam es während der Lebensgemeinschaft (auch die beiden Kinder von Fr. LG bewohnten die gemeinsame Liegenschaft) immer häufiger zu Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen, diese betrafen insbesondere auch die wirtschaftlichen und finanziellen Umstände. Im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung veranlasste Fr. LG sogar Ende Oktober 2011 eine polizeiliche Wegweisung mit Betretungsverbot. Auch danach beruhigte sich die Situation nicht zufriedenstellend und es drohte immer wieder zu eskalieren. Auf Grund dieser Streitigkeiten mit der Lebensgefährtin Frau LG war ich gezwungen, den Hauptwohnsitz aufzugeben. Ich nahm eine kleine Mietwohnung, da ich nach wie vor die Hauptlast der Kreditrückzahlungen für den Erwerb des Reihenhauses zu tragen hatte. Aufgrund des geltenden Mietrechts für wohnbaugeförderte Objekte musste ich Hauptwohnsitz anmelden. Für die Liegenschaft B blieb ich mit Nebenwohnsitz angemeldet. Mit Fr. LG wurde eine Frist vereinbart, innerhalb derer Fr. LG ebenfalls ausziehen sollte und es bestand die Absicht, die Liegenschaft anschließend gemeinsam zu verkaufen. Die vereinbarte Frist wurde von Fr. LG nicht eingehalten, es kam zu mehreren Monaten Verzug. Im Zusammenhang der dann folgenden Rechtsstreitigkeiten (Verhandlungen mit Hilfe von Rechtsanwälten, Termine beim Bezirksgericht, Mediation) gelang es nicht zu einvernehmlichen Regelungen zu kommen. Erst mein Zugeständnis zur Zahlung eines ungerechtfertigt hohen Ablösebetrages an Fr. LG führte zu dem Ergebnis, dass ich alleiniger Eigentümer werden konnte. Dafür benötigte ich aber erneut Geldmittel von Dritten. Es benötigte Bürgschaften, damit ich diese weiteren Kredite für die Ablösezahlung erhalten konnte. Auch wurde diese Kreditleistung von Seite der Bank zeitlich befristet. Die rechtlichen Auseinandersetzungen und die behördlichen und finanziellen Abläufe erforderten hohen finanziellen Einsatz. Nach Ablösezahlung an Fr. LG und ihrem Auszug bewohnte ich das Reihenhaus vorübergehend wieder als Hauptwohnsitz. Es war mir leider nicht möglich, die hohen Tilgungsraten und den finanziellen Aufwand für das Reihenhaus länger alleine zu bewerkstelligen. Somit stand ich unter Druck, die Liegenschaft zum Verkauf zu bringen. Um nach dem Verkauf des Reihenhauses - als meinen einzigen Wohnsitz - wieder eine Unterkunft zu haben, musste ich mir nun eine neue Wohnung suchen. Dies erfolgte dann in kurzer Frist - und in dieser Wohnung wohne ich heute noch und wird fortan meine einzige Unterkunft bleiben -, und in ebenso kurzer Frist konnte eine Käuferin für das Reihenhaus gefunden werden. Ich möchte ganz dezidiert festhalten, dass es kein spekulativer Verkauf oder mit Gewinnabsicht des Reihenhauses war, es war aus höchster finanzieller Notlage erforderlich, welche durch die ebenso unverhinderbare Trennung der Lebensgemeinschaft hervorgerufen wurde. Dass ich auf Grund dieser Zwangslagen die Bestimmungen der Hauptwohnsitzbefreiung nicht einhalten konnte, darum ersuche ich um Nachsicht und ersuche, dass die Befreiungsbestimmungen zum Tragen kommen. Durch meine Umstände erfülle ich zwar nicht die zeitlichen Voraussetzungen für die Hauptwohnsitzbefreiung, aber de facto erfülle ich sie, ich habe laufend über den gesamten Zeitraum hinweg, in dem ich Fr. LG das alleinige Wohnrecht einräumte, die Zahlungsverpflichtungen für das Reihenhaus erfüllt. Mein Auszug im April 2012 war von meiner Seite einzig in der Absicht, Fr. LG die Zeit einzuräumen, ein neues zu Hause zu finden und danach auch die finanzielle und rechtliche Trennung zu vollziehen. Eventuell sind die Befreiungsbestimmungen zu streng, und ich ersuche darum, die Umstände zu würdigen und die Hauptwohnsitzbefreiung gelten zu lassen. Im Falle, dass meinem Rechtsmittel keine Folge gegeben wird, ersuche ich, dass gemäß § 236 BAO die ImmoESt auf Grund meines vorliegenden Härtefalles nachgesehen werden möge, da die Einhebung nach der Lage meines Falles unbillig wäre.“

Nachdem das Finanzamt diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen hatte, beantragte der Beschwerdeführer im Vorlageantrag vom neuerlich die Befreiung von der Immobilienertragsteuer. Der vorübergehende Auszug aus dem Eigenheim sei auf Grund der genannten Umstände erforderlich gewesen. „Alle Beträge“ würden zu 100% reinvestiert zur Schaffung der neuen Wohnunterkunft.

Das Bundesfinanzgericht wies mit Erkenntnis vom , RV/5100672/2018, die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 als unbegründet ab, da weder die Voraussetzungen für eine Hauptwohnsitzbefreiung nach § 30 Abs. 2 Zif. 1 lit. a EStG, noch eine jene für eine Befreiung nach § 30 Abs. 2 Zif. 1 lit. b EStG vorlägen. Auf die dortigen Entscheidungsgründe wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Daraufhin ergänzte der Beschwerdeführer sein in der Beschwerde vom eventualiter gestelltes Nachsichtsansuchen mit Eingabe vom wie folgt:

„Im Zuge des Verkaufs meiner Liegenschaft (Reihenhaus, B) mit erfolgte durch den Parteienvertreter eine Gebührenanzeige und der Betrag von Euro 4.318,00 wurde als besondere Vorauszahlung auf die Einkommensteuer abgeführt mit der Widmung: Immobilienertragsteuer zu Erf.Nr.. Durch die bisher gemachten Ausführungen, mit welchen ich versuchte, Nachsicht von der ImmoESt zu erreichen, habe ich vor allem jene Umstände bekannt gegeben, mit denen ich hoffte, dass mir die Hauptwohnsitzbefreiung gewährt werden könne, da ich auf Grund der besonderen Umstände (polizeiliche Wegweisung, unverbesserliche Zerrüttung, Leistbarkeit nicht weiter gegeben) ausgezogen war. Auf Grund der strengen gesetzlichen Bestimmungen zur Hauptwohnsitzbefreiung wurde dies in allen bisher getroffenen Entscheidungen abgewiesen. Mit diesen Ausführungen nun möchte ich um Nachsicht des gesamten Betrages (oder eines Teilbetrages) ersuchen und gebe als Begründung meine persönliche wirtschaftliche Situation bekannt. Ich sehe meine wirtschaftliche Existenz ständig in Bedrohung, sollte eine größere Anschaffung oder Reparatur erforderlich werden, so würde ich dies gar nicht leisten können.

Folgende Situation bestand während der Jahre 2010 bis 2015 (Kauf des Drittelanteils des Reihenhauses von Frau LG): = diese Ausführungen sollen darstellen, dass ich absolut keinen wirtschaftlichen Ertrag aus dem Verkauf des Reihenhauses hatte, da die Aufwände des Kaufs, der Kaufnebenkosten, der Gestaltung der Zahlungen während des Bestehens der Lebensgemeinschaft, die rechtlichen Umstände der Trennung der Eigentumsverhältnisse (umfangreiche Kosten für die Rechtsanwälte) und mein Kauf des Drittelanteils (nachdem es nach langen kostspieligen Verhandlungen bei den Rechtsanwälten zu keiner Annäherung kam) mit Hilfe eines weiteren Kredits, bis zum Verkauf sich wesentlich höher darstellen. Als ich mit Fr. LG den Beschluss fasste, in Lebensgemeinschaft zu gehen und wir beschlossen, für ein Reihenhaus für uns und ihre beiden Kinder den Kaufvertrag zu machen, forderte sie einen Anteil im Kaufvertrag, welcher nicht ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit entsprach. Meine laufenden Aufwendungen betrugen ein Vielfaches ihrer Aufwände. Dass sie bzgl. der Aufwendungen eine andere - in meiner Beurteilung ungerechte - Sichtweise vertrat, war ein wesentlicher Grund, woran letztlich immer wieder Kontroversen und Dispute sich entzündeten. Der Drittel-Anteil, mit dem sie im Kaufvertrag genannt war, wurde letztlich bei der Trennung als der von mir an sie zu leistende Betrag festgesetzt. Er errechnete sich aus dem Gesamtvolumen der Tilgungen der Kredite. Hier entstand die erste Situation, woraus sich für mich kein Ertrag, sondern im Gegenteil ein Verlust ergeben hat. Hinzu kommt ein Betrag von Euro 42.000,-, welchen ich für den Kauf des Drittelanteils und die Kreditnebenkosten aufzubringen hatte.

Folgende Situation bestand von 2015 bis 2016 (Verkauf des Reihenhauses und Kauf der Eigentumswohnung H) = diese Ausführung stellt dar, dass ich in der Notlage war, da ich die Rückzahlungen für die Kredite des Reihenhauses nicht lange würde leisten können, der Kredit über Euro 42.000,- wurde mir auch auf 2 Jahre nur befristet gewährt (mit Rückzahlung aus dem durchzuführenden Verkauf), und der Kauf der Eigentumswohnung in gewünschter Lage und unter entsprechenden Umständen bot sich an. Unter einer Immobilienangebotshomepage war die Wohnung in der H-Straße offeriert. Es kam zu einem Kaufvertrag im April 2016: Das Wohnhaus ist sehr alt und für die Wohnung, insbesondere für den Sanitärbereich, waren umfangreiche Umbau- und Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Ich veranschlagte einen Zeitraum von 3 Monaten, bevor ich in die Wohnung umziehen würde können, und beauftrage den Makler, welcher auch das Offert für die Wohnung präsentiert hatte mit den Verkaufsbemühungen für das Reihenhaus zu beginnen. Es meldete sich sehr rasch eine Kaufinteressentin. In diesem Zeitraum entstanden viele Kosten für den Kauf (Kaufpreis, Kaufnebenkosten, Steuern, Maklergebühren) und für die Adaptierung der Wohnung. Der Verkauf des Reihenhauses gestaltete sich zwar zeitlich und vom erzielten Verkaufserlös her entgegenkommend, allerdings ist der Verkäufserlös bei weitem durch die verschiedenen erforderlichen Transaktionen und Kostentragungen (Rückzahlung und Löschung der Kredite, Zahlungen für Rechtsanwälte, Notare, Makler, die Sanierung ausführende Baufirma …) nicht mehr als Ertrag im Sinne eines Gewinnes verblieben. Im Gegenteil: nach Bezahlung aller Kosten besteht nun für den Kauf der Wohnung erneut ein Kredit von ca. Euro 110.000,-, welcher durch die monatliche Rate von derzeit Euro 718,36 getilgt wird. Als sehr erschwerend und nach wie vor wie ein Damoklesschwert über der Wohnung drohend, liegt der Umstand vor, dass ich aus sehr widrigen Faktoren heraus einen Baudienstleister mit der Sanierung beauftragte, welcher sich als unredlich und der Sache nicht gewachsen herausstellte. Letztlich kam es bei dieser GmbH zum Konkurs kurz nach Beendigung der Baustelle bei meiner Wohnung und als viele Baumängel und Schäden zu beheben gewesen wären. Auf Grund der Insolvenzabwicklung durch die Masseverwalterin MV kam es zwar zur Auszahlung einer Quote von 16% (ca. Euro 1.300,-), allerdings hatte und habe ich Kosten für Behebung von Schäden und Baumängel, welche ein Vielfaches davon betragen. Erst vor 2 Monaten kam es wieder zu einem Wasseraustritt aus einem Heizkörperanschluss. Ich muss nun die Reparatur jeweils von einem neuen Unternehmen durchführen lassen und die Kosten gehen ganz zu meinen Lasten. Jetzt lebe ich unter dem dauernden Ärgernis, dass vieles nicht in der zu erwartenden Qualität ausgeführt ist, und unter der dauernden Angst, dass sich noch viele Bauschäden zeigen, die repariert werden müssen. Jede Kostentragung für diese Leistungen stellt eine schwere Last in meinem Budget dar. Die Prüfung weiterer Schritte (privatrechtliche Schadenersatzklage) gegen diesen Unternehmer hat ein Anwalt als sehr riskant eingestuft, was die Kosten-Erfolgseinschätzung anbelangt. Ein beeideter Sachverständigerer Bauwesen hat Schäden und Mängel auf zumindest Euro 10.000,- beziffert.

Folgende Situation besteht seit 2016 und fortwährend = diese Ausführungen stellen dar, dass laufend eine Situation gegeben ist, die ein sehr knappes Budget bietet, jede Zahlung gut überlegt sein muss, ich Neuanschaffungen oder Reparaturen fürchten muss. Ein gravierender Umstand von zu erbringender Nachzahlung bzgl. meiner Alimentationszahlung für meine nun 17,9 Jahre alte Tochter. Sie lebt von mir getrennt im Haushalt der Mutter N. Erst vor einem Monat hat sich durch die Nachberechnung durch Hrn. S, zuständig für die Berechnung der Unterhaltsleistungen beim Magistrat Linz, ergeben, dass die zu erbringenden monatlichen Unterhaltsleistungen auf Grund der tatsächlichen Einkommenshöhen ab eine hohe Nachzahlung erforderlich machen: der Gesamtbetrag der Nachzahlung ab beträgt Euro 2.240,-. Dies stellt eine unbedingte Forderung dar und ich muss es in Form von Ratenzahlung leisten.

Die Ein- und Ausgabensituation stellt sich wie folgt dar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkommen aus nichtselbstst. Arbeit monatlich
2.207,86
Zuzahlung für die Wohn- und Betriebskosten durch die Lebensgefährtin Frau M monatlich (zusätzlich übernimmt sie anteilige Kosten für den Haushalt)
240,-
 
Einnahmen gesamt
2.447,86


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Alimentationszahlung neu ab Jänner 2018 mtl.
527,-
für Reitbeteiligung der Tochter mtl.
100,-
für Tanzschule für Tochter mtl.
100,-
Wohnkosten (Tilgungsrate für Kredit)
718,36
Wohnkosten (für Betriebskosten und Verwaltung)
203,03
Wärme, Strom, Internet
150,-
anteilige Kosten für Haushalt
100,-
Mobilität
40,-
Handy (nicht internetfähig)
6,-
GIS (umgerechnet monatlich)
21,-
Freizeit, Kultur
100,-
Versicherungen (Haushalt, Rechtschutz, Lebensv.)
200,-
Sparformen (Bausparer)
100,-
Ärzte (Selbstbehalte)
40,-
Kirchenbeitrag
19,-
Ausgaben gesamt
2.357,-

Die derzeitige Wohnung dient der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses. Für eine entsprechende Mietwohnung hätte ich einen ähnlichen Wohnkostenaufwand zu tragen. Die Tochter wird mit Ende Juni 2019 die Höhere Schule beenden und beabsichtigt ein Studium in einer österr. Hochschule oder Universität zu beginnen. Die Kosten für den weiteren Ausbildungsweg der Tochter werden weiterhin zum Großteil auf dem Rücken der Eltern lasten. Für die Wohnung ist die Anschaffung von Außenjalousien für die drei südseitigen Fenster dringend zu überlegen. Ich hoffe, dass ich meine konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse verständlich machen konnte und ich ersuche um Berücksichtigung dieser Umstände. Nicht nur sehe ich die Regelungen der Hauptwohnsitzbefreiung in meinem Falle als zu streng, ich sehe darüber hinaus durch das Festhalten an der ImmoESt in meinem Fall eine besondere Härte gegeben. Deshalb ersuche ich um Nachsicht und Refundierung des Betrages.“

Dieser Eingabe waren als Anlagen Kontoauszüge betreffend die letzten 90 Tage sowie eine Aufstellung der Kosten, die im Zusammenhang mit der Veräußerung des Reihenhauses angefallen waren, angeschlossen. In dieser Kostenaufstellung hat der Beschwerdeführer unter anderem allein die Rechts- und Beratungskosten für den Ankauf des Drittelanteils der Liegenschaft von seiner ehemaligen Lebensgefährtin mit insgesamt 11.307,76 € beziffert.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Nachsichtsansuchen ab. Dem vom Beschwerdeführer behaupteten Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit der Einhebung hielt das Finanzamt entgegen, dass die Immobilienertragsteuer bereits am geleistet worden sei. In der Einhebung dieser Abgabe könne daher keine Existenzgefährdung mehr erkannt werden. Zum Vorbringen, dass die Regelungen zur Hauptwohnsitzbefreiung in seinem Fall zu streng wären, verwies das Finanzamt auf das oben zitierte Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom . Da der Gesetzgeber in diesem Bereich der Abgabenbehörde keinen Spielraum lasse und diese Gesetzeslage für alle Abgabepflichtigen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden, gleich anzuwenden sei und nicht ersichtlich wäre, dass der Gesetzgeber ein anderes als das eingetretene Ergebnis beabsichtigt habe, liege lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage vor. Da es somit an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 236 BAO fehle, bleibe für eine Ermessensentscheidung kein Raum.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom . Diese begründete der Beschwerdeführer wie folgt:

„Mein Nicht-Bewohnen des Reihenhauses im Zeitraum vom bis erfolgte alleinig aus dem Grund, da die Miteigentümerin in dem Haus lebte, ein Zusammenwohnen und ein Verkauf nicht möglich waren. In diesem Zeitraum war ich trotzdem verantwortlich für Zahlungen gegenüber den Kreditgebern für laufend monatlich von beinahe Euro 800,-. Darüber hinaus erstreckten sich die Rechtsverhandlungen über die Auflösung der geteilten Eigentümerschaft bis in den Herbst 2015 und führten zum Kaufvertrag am . Innerhalb der Toleranzfrist von einem Jahr kam es dann zum entsprechenden Kaufvertrag am , der den Verkauf der Liegenschaft begründet. Daher sehe ich hier durchaus eine Besonderheit des Einzelfalles gegeben. Für den Zeitraum, indem ich auf Grund der laufenden Gefahr neuerlicher tätlicher Übergrifflichkeiten nicht im Reihenhaus wohnen konnte, sehe ich es nicht gerechtfertigt, daraus die Ablehnung der Hauptwohnsitzbefreiung zu begründen. Durch die Nicht-Beachtung der psychischen Umstände fühle ich mich total unverstanden. Indem es beim vermeintlichen Immobilienertrag um einen finanziellen Betrag geht, dem gegenüber meine Aufwände wesentlich höher waren, habe ich kein Verständnis dafür, dass ich zu dieser Steuerleistung gezwungen werde. Wo mir aus der ganzen Angelegenheit vom Erwerb bis zum Verkauf schon ein Minussaldo bestehen bleibt, sehe ich keine Grundlage hier steuerpflichtig zu sein, für mich ist die ganze Angelegenheit insgesamt ein großer wirtschaftlicher Misserfolg gewesen. Ich sah mich zu 100% verantwortlich gegenüber den Kreditgebern und hatte Kosten, die bei weitem den Betrag übersteigen, aus dem jetzt die Steuerbelastung begründet wird und die auch durch den Verkaufserlös nicht gedeckt werden konnten. Dazu kamen umfangreiche finanzielle Aufwände für die rechtlichen Maßnahmen, die erst den Verkauf ermöglichten. Ich sehe die Steuerbelastung mit dem Betrag von Euro 4.318,- nicht gerechtfertigt, ein Ertrag ist nicht gegeben, die ganze Angelegenheit war auch nicht im Geringsten in spekulativer Absicht. Was jetzt so vermeintlich - und nur weil nicht alle Umstände ausreichend anerkannt werden - als Immobilienertrag hingestellt wird, ist in meinem persönlichen Empfinden nur eine kleine Wiedergutmachung für die psychischen Leiden und die finanziellen Belastungen, die ich zu ertragen hatte. Bei allem staatsbürgerlichen Verständnis und bereiter Gesinnung für das Steueraufkommen in fairem Ausmaß beizutragen und Teilhabeabsicht zum solidarischen Ausgleich, kann ich in diesem Falle die Gerechtigkeit nicht erkennen und verwehre mich aufs entschiedenste, dass in meinem besonderen Fall an der ImmoESt festgehalten wird. Ich konnte in dieser Sache keinen Rechtsanwalt aufbieten, mir fehlt das Geld für solche Dinge, vor allem hoffte ich auch mit jedem Verfahrensschritt aufs Neue, dass ich die Steuerpflicht würde ohne Anwalt abwenden können. Ich dachte ich würde Verständnis oder zumindest Nachsicht auch ohne anwaltliche Unterstützung erreichen können. Was mich in diesem Zusammenhang besonders befremdet, ist die Feststellung, dass keine persönliche Unbilligkeit vorliegen würde. Es ist nicht richtig, dass sich daraus für mich nicht große Nachteile ergeben. Mir jetzt zu argumentieren die Steuer wäre schon bezahlt und es würde keine Existenzgefährdung mehr daraus ableitbar sein, dem möchte ich erwidern, dass ich all die Zeit seit Überweisung der Steuer gehofft, damit gerechnet und mein Budget kalkuliert habe, dass ich bei Steuergutschrift nötige Aufwände, die durchaus im Rahmen sparsamster persönlicher Haushaltsführung sind, tätigen könnte. Man sieht sich als Bürger, der bemüht ist, der gewillt ist, seinen fairen Beitrag zu geben, der ohnehin bei jeder Anschaffung und Investition seine Steuer leistet. Aber in dieser Sache sehe ich mich nicht fair behandelt und würde mir ein zumindest teilweises Entgegenkommen wünschen.“

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit der Einhebung verneinte das Finanzamt zusammengefasst damit, dass eine abgabenrechtliche Wirkung, die ausschließlich Folge eines als generelle Norm mit umfassendem persönlichen Geltungsbereich erlassenen Gesetz sei, nicht im Einzelfall als Unbilligkeit gewertet und durch Nachsicht behoben werden könne. Die gesetzlichen Regelungen des Einkommensteuergesetzes zur Besteuerung privater Grundstücksveräußerungen stellten generelle Normen eines mit umfassendem persönlichen Geltungsbereich erlassenen Gesetzes dar. Die abgabenrechtliche Wirkung, die Entrichtung der Immobilienertragsteuer, sei eine Folge, die alle Abgabenpflichtigen, die privat Grundstücke veräußern, gleichermaßen erfasse. Das vom Gesetzgeber gewollte Ziel der Immobilienertragsteuer, die Besteuerung des Zuwachses wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, sei im gegenständlichen Fall durchaus erreicht worden. Die eingetretene Wertsteigerung der Liegenschaft sei gesetzeskonform der Besteuerung unterworfen worden. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Aufwendungen wären im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bereits bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage durch die Vertragsverfasserin für die Berechnung der ImmoESt (im Schätzungswege) berücksichtigt worden. Eine weitere Berücksichtigung der dargelegten Aufwendungen - im Zuge bzw. im Zusammenhang mit den „Trennungsverhandlungen" des Beschwerdeführers mit der damaligen Partnerin sowie insbesondere „Transaktionen und Kostentragungen" im Zusammenhang mit dem Kauf der nunmehrigen (Eigentums)Wohnung - wäre im vorliegenden Fall nicht möglich. Es liege aber auch keine persönlich bedingte Unbilligkeit der Einhebung der ImmoESt vor. In der Entrichtung von Immobilienertragsteuer in Höhe von EUR 4.318,00 bei einem Veräußerungspreis von EUR 395.000,00 könne keine ernsthafte Existenzbedrohung erblickt werden, insbesondere unter der Berücksichtigung der bereits erfolgten Entrichtung. Auch unter Berücksichtigung des laufenden Einkommens in Höhe von EUR 2.207,26 (netto, Bezug Juli 2018, Zuzahlungen der Lebensgefährtin noch nicht berücksichtigt) erscheine die Entrichtung von Immobilienertragsteuern in Höhe von EUR 4.318,00 nicht mit erheblichen Härten verbunden. In Bezug auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachte ständige Bedrohung seiner wirtschaftlichen Existenz durch mögliche Anschaffungen oder Reparaturen in der Zukunft sowie eines möglichen Beginns eines Studiums der Tochter wies das Finanzamt darauf hin, dass sich eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nur aus der konkreten wirtschaftlichen Situation des Antragstellers ableiten lasse. Dabei seien nur solche Umstände maßgeblich, deren Vorliegen zweifelsfrei feststehe. Auf bloß denkbare Folgen ungewisser künftiger Ereignisse komme es hingegen nicht an. Es möge zwar sein, dass der Beschwerdeführer Unterhaltsnachforderungen im Ausmaß von etwa einem Monatsgehalt schuldet. Hieraus ergäbe sich aber keineswegs, dass die Zahlung eine besondere Härte bedeutet, der nicht durch die Möglichkeit von Zahlungserleichterungen - etwa in Form von Ratenzahlungen - abgeholfen werden könnte. Die durch die Entrichtung der ImmoESt geschmälerte Möglichkeit der Ansparung stelle keinen Grund für das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit dar. Im Übrigen werde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer in seiner Aufstellung monatliche Ansparungen ausweise.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in dem kein weiteres Sachvorbringen mehr erstattet wurde.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

In einer nachträglichen Eingabe an das Finanzamt vom wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen, betonte neuerlich, dass er keinen Ertrag aus der Veräußerung des Reihenhauses erzielt habe und gab zusammenfassend folgende Erklärung ab:

„1. Der vermeintliche Ertrag ergibt sich nur aus einer mangelhaften Berücksichtigung der Ausgaben für den Aufwand der Finanzierung des Reihenhauses sowie des schwierigen Trennungsprozesses. Bei Gegenüberstellung der Summe meiner Aktiva vor Kaufvertragsabschluss für das Reihenhaus und der Summe meiner Aktiva nach Verkauf des Reihenhauses ergibt sich ein Saldo, der ein Minus aufweist, keine Spur von einem Ertrag. Hier wird von der Finanzbehörde eine unrichtige Behauptung verfolgt, ich finde, dass dies gesetzwidrig ist.

2. Weiters wird bzgl. des Umstandes, dass ich den Zeitraum der Hauptwohnsitznahme nur geringfügig nicht erfülle und damit die Befreiungsmöglichkeit verliere, absolut nicht für die Schwierigkeit meiner Situation Verständnis gezeigt. Hier bin ich auch rechtlich vielleicht nicht optimal beraten gewesen. Hier werden die Bestimmungen mit der vollen Härte gegen mich verwendet und ich sehe mich höchst ungerecht behandelt, da mir von Seite des Finanzamtes mit ungerechtfertigter Unnachsichtigkeit widerfahren wird. Ich sehe da eine sture Auslegung und Exekutierung der Bestimmungen und ich nehme an, dass dies vom Gesetzgeber nicht so gewollt ist.

3. Das Reihenhaus musste zum Großteil mit Fremdkapital finanziert werden, was - wie Sie wissen - anders zu bewerten ist, als wenn durch bestehendes Vermögen Eigentum geschaffen werden kann. Unter höchster Anspannung habe ich die Zahlung der Raten für den Kaufpreis des Reihenhauses leisten können. Dabei habe ich immer einfachste Lebensführung einhalten müssen, die finanziellen Mittel waren fast zur Gänze für die erforderlichen Zahlungen gebunden. Sie wissen, wie es sich gestaltet, wenn mehr als zwei Drittel der Gesamtfinanzierung durch Kredite finanziert werden, der finanzielle Aufwand ist enorm.

4. Die fehlenden rechtlichen Regelungen für den Fall einer Trennung haben mich dann gegenüber der Miteigentümerin in eine schlechte Position gebracht, sodass auch diese dann noch ungerechtfertigter Weise eine hohe Ablöseforderung in einem langen Verfahren mit Rechtsanwälten durchgesetzt hat.

5. Ich musste zu 100% den Erlös - nach Löschung aller Kreditverbindlichkeiten - aufwenden, um mir wieder Wohnmöglichkeit zu schaffen. Darüber hinaus besteht hier eine laufende hohe finanzielle Belastung. Nach wie vor pflege ich einen sehr einfachen Lebensstil.

6. Wenn ich Guthaben in Form einer Lebensversicherung oder anderes aufweisen kann, dann auch nur deshalb, weil ich einen äußerst sparsamen Lebensstil pflege, Konsum-, Freizeit- und Urlaubsausgaben sind in meinem Budget in äußerst geringem Betrag vorhanden.“

Beweiswürdigung

Der unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen und dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Im Übrigen wird hinsichtlich des Entstehens der nachsichtsgegenständlichen Abgabenforderung auf die Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichts im oben zitierten Erkenntnis vom verwiesen. Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob die Einhebung der verfahrensgegenständlichen und bereits entrichteten Abgabenforderung in Höhe von 4.318,00 € persönlich oder sachlich unbillig im Sinne des § 236 BAO war.

Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Diese Bestimmung findet gemäß § 236 Abs. 2 BAO auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

Für die Nachsicht entrichteter Abgaben ist an den Begriff der Unbilligkeit kein anderer (strengerer) Maßstab anzulegen als bei der Nachsicht noch nicht entrichteter Abgabenschuldigkeiten (Ritz, BAO, § 236 Tz 7 mit Judikaturnachweisen). Aufgabe des Antragstellers auf Erteilung der Nachsicht im Sinne des § 236 Abs. 2 BAO ist es, in nachvollziehbarer Weise darzulegen, dass die für eine Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben, wären sie noch nicht entrichet, sprechenden Umstände durch die Tilgung der Abgabenschuldigkeit nicht beseitigt worden sind ().

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach Lage des Falles tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in dieser Bestimmung vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (z.B. , mwN).

Nach § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005, kann die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO persönlicher oder sachlicher Natur sein.

Eine persönliche Unbilligkeit liegt gemäß § 2 leg. cit. insbesondere vor, wenn die Einhebung

1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;

2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.

Nach § 3 leg. cit. liegt eine sachliche Unbilligkeit bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches

1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;

2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die

a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert oder

b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.

1) Persönlich bedingte Unbilligkeit der Einhebung

Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen (; , 2003/14/0098). Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend mitverursacht sein. Eine persönliche Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO ist daher stets dann anzunehmen, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet (zB ; , 99/16/0086; , 95/15/0090). Es bedarf zur Annahme einer persönlich bedingten Unbilligkeit der Einhebung aber nicht unbedingt einer Existenzgefährdung, sondern es genügt vielmehr, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, z.B. wenn die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet werden könnte (zB ; , 2003/13/0156; , 2005/17/0245, AW 2005/17/0061; , 2006/17/0289).

Eine persönliche Unbilligkeit setzt somit ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen voraus. Einbußen an vermögenswerten Interessen, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind, und die jeden gleich berühren können, der einen Steuertatbestand verwirklicht, rechtfertigen eine Maßnahme nach § 236 BAO noch nicht. Hinzukommen muss, dass die Einziehung "nach Lage des Falles" unzumutbar ist, dass es also zu einer anormalen Belastungswirkung und – verglichen mit ähnlichen Fällen – zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Dies wäre anzunehmen, wenn das Maß der mit Abgabenbelastungen üblicherweise verbundenen und vom Gesetz nicht nur in Kauf genommenen, sondern unter Umständen beabsichtigten Einbußen an wirtschaftlich vermögenswerten Interessen im Einzelfall konkret verfahrensbedingt wesentlich überschritten wird und so trotz gleicher Stufe der vorgesehenen Belastungsintensität die mit der konkreten Einhebung verbundenen wirtschaftlichen Folgen, also die damit verbundenen spezifischen Belastungseffekte von den üblichen Eingriffsfolgen, die für Sachverhalte der belasteten Art typisch sind, wesentlich abweichen. Überforderungen dieser Art könnten zur Unbilligkeit im Einzelfall und damit zur Nachsicht führen (Stoll, BAO, 2434).

Ein solch wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der bereits erfolgten Entrichtung der Immobilienertragsteuer in Höhe von 4.318,00 € und den daraus im Bereich des Beschwerdeführers entstandenen Nachteilen wurde von diesem jedoch nicht aufgezeigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die insofern zutreffenden Ausführungen des Finanzamtes in der ausführlich begründeten Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Tatsächlich ist auch für das Bundesfinanzgericht nicht erkennbar, dass es gerade durch die Entrichtung dieser im Verhältnis zu den übrigen vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen verhältnismäßig geringfügigen Abgabe zu einer wirtschaftlichen Belastung gekommen wäre, die über jene hinausginge, die für Sachverhaltskonstellationen der gegenständlichen Art typisch sind. So hat der Beschwerdeführer beispielsweise in der Beilage zur Eingabe vom die Rechts- und Beratungskosten allein für den Ankauf des Drittelanteils seiner ehemaligen Lebensgefährtin mit insgesamt 11.307,76 € beziffert. Die monatlichen Tilgungsraten für offene Kredite wurden mit 718,36 € angegeben, woraus sich eine jährliche Rückzahlung von 8.620,32 € ergibt. Die monatlichen Alimentationszahlungen für die Tochter wurden mit 527,00 € angegeben, jährlich somit 6.324,00 €; dazu kommen noch die angeführten Zahlungen für „Reitbeteiligung“ und Tanzschule von je 100,00 €. Diese nur beispielhaft angeführten Aufwendungen sind wesentlich höher als die nachsichtsgegenständliche Abgabenschuld. Bei dieser Sachlage kann keine Rede davon sein, dass diese Abgabenbelastung entscheidende Ursache für die angespannte wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers wäre. Es liegt in der Natur der Sache, dass finanzielle Mittel, welche für die Entrichtung von Abgaben verwendet werden, für andere (nach Ansicht des Beschwerdeführers erforderliche oder künftig zu erwartende) Aufwendungen nicht zur Verfügung stehen. Allein daraus kann aber nicht auf das Vorliegen einer persönlich bedingten Unbilligkeit der Einhebung im aufgezeigten Sinn geschlossen werden.

Das Vorliegen einer solchen Unbilligkeit wurde daher insgesamt gesehen vom Finanzamt zutreffend verneint.

2) Sachlich bedingte Unbilligkeit der Einhebung

Die in § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 435/2005 erwähnten Fälle, in denen „insbesondere“ eine sachlich bedingte Unbilligkeit der Einhebung anzunehmen wäre, liegen gegenständlich nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber sachliche Unbilligkeit über diese Fälle hinaus auch dann anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu dem vom Gesetzgeber beabsichtigen Ergebnis muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (vgl. etwa , mwN).

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände zeigen insgesamt keine sachliche Unbilligkeit der Einhebung der Immobilienertragsteuer auf. Ergänzend zu den Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung wird bemerkt, dass die Nichtbenützbarkeit des Reihenhauses als Hauptwohnsitz in der Zeit vom bis , welche ursächlich dafür war, dass die fünfjährige Frist im Sinne des § 30 Abs. 2 Zif. 1 lit. b EStG nicht erfüllt wurde, allein in persönlichen Umständen (Zerrüttung der Lebensgemeinschaft und anschließende Trennung; polizeiliche Wegweisung mit Betretungsverbot aufgrund einer tätlichen Auseinandersetzung) begründet ist. Derartige ausschließlich persönlich bedingte Umstände schließen die Annahme aus, die Abgabenschuld hätte ihre Wurzel in einem außergewöhnlichen, vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbaren Geschehensablauf. Das Bundesfinanzgericht hat bereits im Erkenntnis vom darauf hingewiesen, dass der Zahlung der Kreditraten für die Qualifikation einer Wohnung als Hauptwohnsitz keine wesentliche Bedeutung zukommt. Es liegt daher keine sachliche Unbilligkeit im aufgezeigten Sinn vor, wenn aufgrund der vom Beschwerdeführer auch im Zeitraum bis geleisteten Rückzahlungsraten nicht ein weiteres Innehaben des Hauptwohnsitzes in diesem Reihenhaus fingiert wurde. Dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Hauptwohnsitzbefreiung gemäß § 30 Abs. 2 Zif. 1 lit. a und lit. b EStG im gegenständlichen Fall nicht vorlagen, hat das Bundesfinanzgericht in der Entscheidung vom eingehend begründet und wird vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellt. Dabei wurden die gesetzlichen Fristen – entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers – insgesamt gesehen deutlich verfehlt; lediglich hinsichtlich des von der ehemaligen Lebensgefährtin erworbenen Drittelanteiles wurde die zweijährige Frist des § 30 Abs. 2 Zif. 1 lit. a EStG fast erfüllt. Eine steuerliche Auswirkung (hier: Anfallen von Immobilienertragsteuer), die ausschließlich Folge eines als generelle Norm mit umfassendem persönlichen Geltungsbereich erlassenen Gesetzes ist (hier: Nichterfüllung der genannten Fristen) und durch die alle von dem betreffenden Gesetz erfassten Abgabepflichtigen in gleicher Weise berührt werden, kann jedoch nicht durch Nachsicht behoben werden (vgl. mit Hinweis auf und ).

Es trifft auch nicht zu, dass der Art der Finanzierung der Anschaffung des Reihenhauses (mit Eigenmitteln oder mit Fremdmitteln) entscheidende Bedeutung zukäme. Laufende Fremdfinanzierungskosten sind reine Finanzierungskosten und als solche nicht Teil der Anschaffungskosten (Doralt, EStG, § 30 Tz 222 mit Hinweis auf ). Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber bei der Bestimmung des § 30 EStG hinsichtlich der Anschaffungskosten nicht danach differenziert hat, ob diese durch Eigenmittel oder Fremdmittel finanziert wurden. Im Übrigen liegt auch insofern lediglich eine steuerliche Auswirkung vor, die ausschließlich Folge eines als generelle Norm mit umfassendem persönlichen Geltungsbereich erlassenen Gesetzes ist und alle davon betroffenen Abgabepflichtigen in gleicher Weise trifft. Eine sachlich bedingte Unbilligkeit im Einzelfall liegt damit nicht vor.

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten „Ausgaben für den schwierigen Trennungsprozess“ von seiner ehemaligen Lebensgefährtin stehen in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Abgabenbemessung, sondern haben ihre Ursache allein in persönlich bedingten Umständen. Es ist daher nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber „keine rechtlichen Regelungen für den Fall einer Trennung“ (Punkt 4 der Eingabe vom ) vorgesehen hat. Auch der Verwendung des Veräußerungserlöses (Punkt 5 dieser Eingabe) kommt im gegenständlichen Zusammenhang keine rechtliche Bedeutung zu.

Da somit insgesamt gesehen auch keine sachlich bedingte Unbilligkeit der Einhebung im eingangs dargestellten Sinn vorliegt, fehlt es an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 236 BAO und blieb daher für eine Ermessensentscheidung kein Raum.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig

Linz, am

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