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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.01.2020, RV/7101034/2017

Aussetzung der Einhebung, Erfolgsaussichten der Beschwerde gegen die zugrunde liegenden Festsetzungsbescheide

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch V1, über die durch die V2, eingebrachte Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , XXX, Team AS 02, betreffend Abweisung eines Aussetzungsantrages zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Aussetzung der Einhebung der mit Bescheid vom festgesetzten Aussetzungszinsen in Höhe von € 5.805,05, da der Vorlageantrag gegen die Stammabgabe nach wie vor anhängig sei.

Im für den gegenständlichen Antrag relevanten Zeitraum sei im Gastronomiebetrieb der Bf. ein Wettautomat aufgestellt gewesen, mit dem man auf Hunderennen wetten habe können.

Für die mithilfe des Automaten durchgeführten Spiele habe die Bf. eine Gebühr in Höhe von 2% vom Einsatz gemeldete und bezahlt , da sie die Spiele als im Inland abgeschlossene Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen iSd § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG (idF Budgetbegleitgesetz 2007 BGBl. I Nr. 24/2007) qualifiziert habe.

Mit Bescheid vom habe die Abgabenbehörde die selbst berechneten Abgaben gemäß § 201 Abs 2 Z 3 BAO mit EUR 1.165.415,64 (25% vom Gewinst) festgesetzt und dies auf § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 litb GebG (IdF ab ABÄG, BGBl I 2005/105 vor der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr 54/2010) gestützt.

Gegen den Bescheid vom betreffend die Festsetzung von Gebühren für den Zeitraum Jänner bis November 2007 habe die Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben. Mit Beschwerdevorentscheidung vom sei die Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden.

Hinsichtlich dieser Beschwerdevorentscheidung habe die Bf. am einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO gestellt und diesen mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO verbunden.

Während der Vorlageantrag nach wie vor beim BFG anhängig sei, habe die Abgabenbehörde den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid habe die Antragstellerin mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben. Die Beschwerde sei mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden. Als Folge der Abweisung seien ebenfalls mit Bescheid vom , zugestellt am , Aussetzungszinsen für den Zeitraum bis in Höhe von EUR 5.805,40 festgesetzt worden.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Aussetzungsantrag mit der Begründung ab, dass die Aussetzung der zugrundeliegenden Abgaben mangels Erfolgsaussichten nicht bewilligt worden sei. Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung betreffend Aussetzungszinsen sei daher abzuweisen gewesen.

*****

Mit Schriftsatz vom brachte die Bf. gegen den Abweisungsbescheid vom Bescheidbeschwerde ein.

Im für den gegenständlichen Antrag relevanten Zeitraum sei im Gastronomiebetrieb Bf. ein Wettautomat aufgestellt gewesen, mit dem man auf Hunderennen wetten habe können.

Für die mithilfe des Automaten durchgeführten Spiele habe die Bf. eine Gebühr in Höhe von 2% vom Einsatz gemeldet und bezahlt, da sie die Spiele als im Inland abgeschlossene Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen iSd § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG (idF Budgetbegleitgesetz 2007 BGBl. I Nr. 24/2007) qualifiziert habe.

Mit Bescheid vom habe die Abgabenbehörde die selbst berechneten Abgaben gemäß § 201 Abs 2 Z 3 BAO mit EUR 1.165.415,64 (25% vom Gewinst) festgesetzt und dies auf § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 litb GebG (idF ab ABÄG, BGBl I 2005/105 vor der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr 54/2010) gestützt.

Gegen den Bescheid vom betreffend die Festsetzung von Gebühren für den Zeitraum Jänner bis November 2007 habe die Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Hinsichtlich dieser Beschwerdevorentscheidung habe die Bf. am einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO gestellt und diesen mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO verbunden.

Während der Vorlageantrag nach wie vor beim BFG anhängig sei, habe die Abgabenbehörde den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid habe die Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben. Die Beschwerde sei mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden. Als Folge der Abweisung seien ebenfalls mit Bescheid vom , zugestellt am , Aussetzungszinsen für den Zeitraum bis in Höhe von EUR 5.805,40 festgesetzt worden.

Im Hinblick auf die Beschwerdevorentscheidung vom (Aussetzung der Einhebung der Stammabgabe und Säumniszuschläge) habe die Beschwerdeführerin am fristgerecht einen Vorlageantrag gestellt. Das BFG habe über diesen Vorlageantrag bis dato nicht entschieden.

Mit Schriftsatz vom habe die Bf. die Aussetzung der Einhebung der Aussetzungszinsen für den Zeitraum bis in Höhe von EUR 5.805,40 beantragt und dies damit begründet, dass das Rechtsmittel gegen die Festsetzung der Stammabgabe (Vorlageantrag vom ) noch beim BFG anhängig sei.

Mit Bescheid vom , zugestellt am , sei der Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Aussetzungszinsen als unbegründet abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid richte sich die vorliegende Beschwerde ("bekämpfter Bescheid").

BEGRÜNDUNG

Gemäß § 212a Abs 1 BAO sei die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhänge, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweiche, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liege, zurückzuführen sei, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Mit jenem Antrag, der dem bekämpften Bescheid zugrunde liege, sei die Aussetzung der Einhebung der mit Bescheid vom festgesetzten Aussetzungszinsen in Höhe von EUR 5.805,40 beantragt worden, da der Vorlageantrag gegen die Stammabgabe vom nach wie vor anhängig sei.

Dass die Höhe der Aussetzungszinsen von der Beschwerde gegen die Stammabgabe mittelbar abhänge, ergebe sich aus § 212a Abs 9 BAO, wonach im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen habe. Diese Auffassung vertrete offenbar auch die Abgabenbehörde in ihrer Begründung des bekämpften Bescheides ("Daher ist die Aussetzung der Einhebung von Aussetzungszinsen bei Anfechtung des Stammabgabenbescheides möglich.").

Die Aussetzung der Einhebung sei gemäß § 212a Abs 2 lit a BAO unter anderem nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.

Dass die Beschwerde nicht wenig erfolgversprechend erscheine, ergebe sich aus der Unzulässigkeit der von der Abgabenbehörde vorgenommenen Abgabenfestsetzung nach § 201 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 BAO. Nach dieser Bestimmung könne eine selbst zu berechnende Abgabe nur dann bescheidmäßig festgesetzt werden, wenn sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweise und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme vorliegen würden.

Die Voraussetzungen des § 303 BAO seien jedoch tatsächlich nicht erfüllt, da die Kenntnis der laut Abgabenbehörde neu hervorgekommenen Tatsachen zu keiner anderen Abgabenfestsetzung im Jahr 2007 geführt hätte. Selbst wenn die Kenntnis eine andere Abgabenfestsetzung zur Folge gehabt hätte, wäre kein Anwendungsfall des § 303 BAO vorgelegen, weil der Abgabenfestsetzung in diesem Fall eine unrichtige rechtliche Subsumtion zugrunde läge. Daher sei die Abgabenfestsetzung nach § 201 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 BAO rechtswidrig, weshalb das Rechtsmittel gegen die Stammabgabe keinesfalls als wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit a BAO zu qualifizieren sei.

Die eben genannten Gründe, welche belegen würden, dass das Rechtsmittel gegen die Stammabgabe nicht wenig erfolgversprechend sei, seien bereits in der Beschwerde vom und in dem Vorlageantrag vom (betreffend die Festsetzung der Stammabgabe) sowie in dem Vorlageantrag vom (betreffend die Abweisung der Aussetzung der Einhebung) umfassend dargelegt worden, auf die an dieser Stelle verwiesen werde.

Im gegenständlichen Fall vertrete die Abgabenbehörde die Ansicht, dass die Aussetzung der Einhebung auf Grundlage von § 212a Abs 2 lit a BAO zu versagen sei. Wörtlich führe sie dazu wie folgt aus: "Die Aussetzung der Einhebung betreffend der zugrundeliegenden Stammabgaben wurden [sie] mangels Erfolgsaussichten nicht bewilligt, dadurch wird es zu keiner Herabsetzung der Abgabenschuld, die die Bemessungsgrundlage der Aussetzungszinsen bildet, kommen. Ihr Antrag auf Aussetzung der Einhebung betreffend der Aussetzungszinsen war somit abzuweisen."

Zu dieser Begründung der Abgabenbehörde sei zum einen zu bemerken, dass die Frage, ob die Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung der Stammabgabe durch die Abgabenbehörde zu Recht erfolgt sei, derzeit Gegenstand eines Verfahrens beim BFG sei. Zum anderen könne auch eine Herabsetzung der Abgabenschuld erfolgen, wenn die Aussetzung der Einhebung der Stammabgabe nicht gewährt worden sei. Keinesfalls sei das BFG in der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Abgabenschuld an die Rechtsansicht der Abgabenbehörde betreffend die Aussetzung der Einhebung gebunden.

Da eine Herabsetzung der Aussetzungszinsen bei einer nachträglichen Herabsetzung der Stammabgabe durch das BFG erfolge, und dies nicht wenig erfolgversprechend im Sinne der Judikatur und Literatur sei, steht einer Aussetzung der Aussetzungszinsen nichts im Wege.

Da ein Ausschlussgrund nach § 212a Abs 2 BAO nicht vorliege, sei die Aussetzung der Einhebung zu bewilligen, da sonst auch kein effektiver Rechtsschutz gegeben wäre.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass die Einhebung einer Abgabe aussetzbar sei, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde abhänge. Daher sei die Aussetzung der Einhebung von Aussetzungszinsen bei Anfechtung des Stammabgabenbescheides möglich.

Die beantragte Aussetzung der Einhebung sei gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO nicht zu bewilligen, da die Bescheidbeschwerde gegen die Stammabgabe nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.

Der in der Beschwerde erhobene Einwand der Verjährung der gegenständlichen Abgaben gehe aufgrund der nach außen wirksamen, einwandfrei nach außen erkennbaren, aktenmäßig nachweisbaren und somit die Verjährung verlängernden Amtshandlungen ins Leere. Die von der Beschwerdeführerin als unzulässig erachtete Festsetzung gemäß § 201 Abs, 2 Z 3 BAO (insbesondere hinsichtlich der sinngemäßen Anwendung des § 303 BAO) und die dabei vorgenommene Ermessensübung sei im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof erfolgt.

Der Abgabenbehörde sei (bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO) im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt nicht so vollständig bekannt gewesen, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. bspw. und ).

Die Frage der Einbringlichkeit der im wiederaufgenommenen Verfahren festzusetzenden Mehrsteuern sei bei der Verfügung der Wiederaufnahme grundsätzlich nicht zu prüfen, zumal eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit es nicht ausschließe, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen könnten.

Ungeachtet der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Selbstberechnung der gegenständlichen Abgaben die damalige Rechtsauslegung der Beschwerdeführerin ohnehin nicht mit jener der Abgabenbehörde übereingestimmt habe, sei anzumerken, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen in eine bestimmte Rechtsauslegung schütze (vgl. und ).

****

Dagegen brachte die Bf. mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein und führte nach Wiederholung der Darlegung des Sachverhaltes und Verfahrensganges (vgl. Beschwerde) zur Begründung aus, dass gemäß § 212a Abs 1 BAO die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhänge, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen sei, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweiche, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liege, zurückzuführen sei, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragendenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Abgaben im Sinne des § 212a BAO seien gemäß § 3 BAO auch Nebenansprüche wie bspw Aussetzungszinsen oder Säumniszuschläge. Sie seien einer Aussetzung - sofern sie nicht ohnehin separat mit einem Rechtsmittel bekämpft würden - auch im Zusammenhang mit einem Rechtsmittel gegen die Stammabgabe zugänglich, sofern ihre Höhe mittelbar von der Erledigung dieses Rechtsmittels abhänge.

Dabei handle es sich jedenfalls um alle Nebenansprüche, die im Falle einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Erledigung des Rechtsmittels (gegen die Stammabgabe) von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabepflichtigen zwingend herabzusetzen seien oder deren Festsetzung diesfalls überhaupt aufzuheben sei (Ritz, BAO5§ 212a Rz 7).

In Bezug auf Aussetzungszinsen ergebe sich die mittelbare Abhängigkeit aus § 212a Abs 9 BAO, wonach im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen habe.

Die Aussetzung der Einhebung sei gemäß § 212a Abs 2 BAO nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine, oder soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten werde, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweiche, oder wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet sei.

In der Beschwerdevorentscheidung vertrete die Abgabenbehörde die Ansicht, dass die beantragte Aussetzung nicht zu bewilligen sei, da die Beschwerde gegen die Stammabgabe "nach der Lage des Falles weniger erfolgversprechend" erscheine. Begründend bringe die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung dazu vor, dass die in der Beschwerde vom vorgebrachten Argumente ins Leere gingen, weshalb davon auszugehen sei, dass das Rechtsmittel gegen die Stammabgabe wenig erfolgversprechend sei.

Kein Ausschlussgrund nach § 212a Abs 2 lit a BAO

Vorbemerkungen

In Literatur und Judikatur werde einstimmig die Ansicht vertreten, dass eine Beschwerde dann wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs 2 lit a BAO sei, wenn die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels offenkundig sei und sie somit für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar sei (ua Ritz, BAO5, § 212a Rz 9 mit Verweis auf ; ).

Mit dieser Rechtsprechung trage der VwGH verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung, denn die vom VfGH geforderte faktische Effizienz des Rechtsschutzes sei im Anwendungsbereich des § 212a BAO als Auslegungsmaxime heranzuziehen. Folglich sei der in Abs 2 lit a dieser Norm genannte Ausschlussgrund einschränkend zu interpretieren (Althuber, § 212a Abs 2 lit a BAO - Erfolgsaussichten der Bescheidbeschwerde, ÖStZ 2016, 673 [673]).

Aus diesem Grund sei eine auf § 212a Abs 2 lit a BAO gestützte Abweisung eines Aussetzungsantrages immer dann unzulässig, wenn der Beschwerdeführer faktische oder rechtliche Argumente vorbringe, die - zumindest denkmöglich theoretisch - zu einer Stattgabe der Bescheidbeschwerde führen könnten. Außerdem sei es nicht Aufgabe des Aussetzungsverfahrens, die Rechtsmittelentscheidung über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Stammabgabe vorwegzunehmen.

Aufgrund der notwendigen restriktiven Auslegung des § 212a Abs 2 lit a BAO sei eine Beschwerde nur dann wenig erfolgversprechend, wenn deren Erfolglosigkeit objektiv und ex ante betrachtet offenkundig sei und die Abgabenbehörde aufgrund belastbarer Tatsachen darauf vertrauen dürfe, dass der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel keinen Erfolg haben werde (Althuber, ÖStZ 2016, 675). Wenn die vom Beschwerdeführer gewählte Auslegung nicht denkunmöglich sei, und es keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu gebe, könne die Aussichtlosigkeit ex ante nicht offenkundig sein.

Anwendung des § 212a Abs 2 lit a BAO im gegenständlichen Fall

In der Begründung des bekämpften Bescheides führe die Abgabenbehörde ua aus, dass "die von der Beschwerdeführerin als unzulässig erachtete Festsetzung gemäß § 201 Abs 2 Z 3 BAO (insbesondere hinsichtlich der sinngemäßen Anwendung des § 303 BAO) und die dabei vorgenommene Ermessensausübung im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs [erfolgten]" und zitiere dazu zwei Erkenntnisse des VwGH (; , 2001/13/0135).

Gemäß der zitierten Judikatur sei § 303 BAO bei Erlassen des die Stammabgabe festsetzenden Bescheides richtig angewendet worden, da der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt nicht so vollständig bekannt gewesen sei, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können.

Die angeführte Judikatur zeige jedoch nicht auf, wieso die Beschwerde gegen die Stammabgabe wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs 2 lit a BAO sein solle. Ob Tatsachen aus Sicht der Abgabenbehörde neu hervorgekommen seien, hänge nämlich davon ab, ob sie im Zeitpunkt der ursprünglichen Abgabenbemessung aus ihrer Sicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätten.

Dies sei jedoch nicht erwiesen, weshalb die Beschwerde nicht wenig erfolgversprechend sei:

Als für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum die Abgabenmeldungen durchgeführt worden seien, seien die Hundewetten aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG als im Inland abgeschlossene Wetten anlässlich einer sportlichen Veranstaltung qualifiziert worden, weshalb von der Beschwerdeführerin richtigerweise eine Gebühr in Höhe von 2% vom Einsatz entrichtet worden sei.

Erst im Jahre 2014, also sieben (!) Jahre nachdem die Abgabenmeldungen für den streitgegenständlichen Zeitraum erfolgt seien, habe sich der VwGH mit der Frage beschäftigt, ob Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen unter § 33 TP 17 Z 6 oder Z 7 GebG zu subsumieren seien.

Aus diesem Grund sei es nicht glaubwürdig, wenn die Abgabenbehörde vorbringe, dass sie bereits im Zeitpunkt der Selbstberechnung die Rechtsansicht vertreten habe, dass aufgezeichnete Hundewetten gemäß §33 TP 17 Z7 GebG zu vergebühren seien. Darüber hinaus würden in diesem Zusammenhang keine veröffentlichten Meinungen der Finanzverwaltung existieren, die dies belegen würden.

Erst seit der 2014 eingetretenen Judikaturwende würden aufgezeichnete Hundewetten als Glücksspiele qualifiziert. Somit hätte die rechtlich richtige Subsumtion zum Zeitpunkt der Abgabenmeldung auch nach dem Hervorkommen der Tatsache dass es sich um aufgezeichnete Rennen handle, zu keinem abweichenden Ergebnis geführt. Daher seien die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nach § 303 BAO nicht vorgelegen, weshalb auch die Festsetzung nach § 201 BAO unzulässig sei.

Die zitierte Judikatur sowie das Vorbringen der Abgabenbehörde würden daher nicht aufzeigen, dass die Beschwerde gegen die Stammabgabe offenkundig aussichtslos sei, weshalb die Abgabenbehörde den Ausschlussgrund des § 212a Abs 2 lit a BAO im konkreten Fall zu extensiv ausgelegt habe.

Die faktischen und rechtlichen Argumente der Beschwerdeführerin könnten somit jedenfalls zu einer Stattgabe der Beschwerde gegen die Stammabgabe führen, weshalb die Abweisung des Aussetzungsantrages im gegenständlichen Fall unzulässig gewesen sei. Daher widerspreche die Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung nicht nur verfassungsrechtlichen Vorgaben, sondern auch der Judikatur des VwGH und der in der Literatur vertretenen Meinung.

Aus den genannten Gründen sei die Abweisung des Aussetzungsantrages zu Unrecht erfolgt, weshalb dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung von Aussetzungszinsen in Höhe von EUR 5.805,40 stattzugeben sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergehenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Gemäß § 212a Abs. 2 BAO ist eine Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen,

a) insoweit die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheint, oder

b) insoweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

Eine Abweisung nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO kommt nur dann in Betracht, wenn die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels offenkundig ist, wenn also die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar ist. Als offenkundig erfolglos kann eine Berufung etwa insoweit angesehen werden, als sie nach Maßgabe des § 252 BAO zwingend abzuweisen ist, das Beschwerdebegehren mit der Rechtslage eindeutig im Widerspruch steht, der Abgabepflichtige eine der ständigen Judikatur der Höchstgerichte widersprechende Position bezieht oder ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er sich auf gesicherte Erfahrungstatsachen oder eine längerwährend unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stützt (vgl. Ellinger, ÖStZ 1998, 166).

Mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7105879/2016, wurde die Beschwerde der Bf. gegen den Bescheid der belangten Behörde über die Abweisung des Aussetzungsantrages betreffend Stammabgaben und Säumniszuschläge durch das Bundesfinanzgericht als unbegründet abgewiesen, und somit die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass die zugrundeliegende Beschwerde wenig erfolgversprechend sei, bestätigt.

Da nichts anderes kann für die beantragte Aussetzung der hier gegenständlichen Aussetzungszinsen in Höhe von € 5.805,40 gelten kann, wird auf die Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes im genannten Erkenntnis vom ,GZ. RV/7105879/2016, verwiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101034.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at