Vorliegen eines Pachtvertrages auf unbestimmte Dauer
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch WTS-INTAX Steuerberatungs GmbH & Co KG, Am Modenapark 10 Tür 10, 1030 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, vom , ERFNR xyz, betreffend Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG 1957 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Zwischen der E., als Verpächter, und der Bf., als Pächter, ist ein Bestandvertrag abgeschlossen worden.Bestandgegenstand sind diverse Laden- und Nebenflächen, lt. Planunterlagen, von ca. 1.634,50 m² (davon 1.492,80 m² Ladenfläche), gelegen im Objekt C..
In Ziffer 2.1 Teil A dieses Vertrages wird als Pachtzweck X-Vollsortiment-Bekleidungshaus unter der Geschäftsbezeichnung X bestimmt. Unter Ziffer 1. 1. dieses Vertragsteils wird ein Umsatzpachtzins von 6%, sowie ein monatlicher Mindestpachtzins von € 41.684,70 vereinbart. Außerdem wird eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung von € 6,67 pro m²Ladeflächen und eine monatliche Heizkostenvorauszahlung von € 0,30 pro beheizte Pachtflächen vereinbart. Die jeweils geltende Umsatzsteuer (derzeit 20%) ist zusätzlich zu bezahlen.
Nach Ziffer 3.3 Teil B dieses Vertrages kann- unbeschadet der o.a. Vertragsdauer- der Verpächter den Pachtvertrag mit sofortiger Wirkung auflösen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, insbesondere wenn der Pächter
mit der Zahlung des Pachtzinses (wobei Vorauszahlungsbeträge für Nebenkosten sowie die Kosten der Heizung, Kühlung bzw. Be-und Entlüftung in diesem Zusammenhang wie Bestandteile des Pachtzinses zu behandeln sind) in Verzug ist
den Pachtgegenstand nicht entsprechend dem Pachtzweck gemäß den Ziffern 2.1 Teil a und Teil B verendet, oder Waren führt, die gegen die Bestimmungen der Ziffer 2.1 Absatz 2 Teil B verstoßen
seinen Verpflichtungen hinsichtlich Meldung und Offenlegung seiner Umsätze zur Berechnung des Umsatzpacht nicht nach kommt;
den Pachtgegenstand oder allgemeine Teile des Einkaufszentrums vertrags-oder widmungswidrig nutzt oder vom Pachtgegenstand oder den allgemeinen Teilen einen nachteiligen Gebrauch macht:
ohne Zustimmung des Verpächters bauliche Veränderungen vornimmt;
den Pachtgegenstand ohne Zustimmung des Verpächters ganz oder teilweise einem Dritten auf welche Art auch immer überlässt;
die vereinbarte Kaution (Ziffer 6 Teil B) nicht leistet
gegen die übernommene Betriebsverpflichtung gemäß Ziffer 10.1 Teil B verstößt, oder der Pächter ausdrücklich erklärt, seiner Betriebsverpflichtung gemäß Ziffer 10.1 Teil B nicht nachkommen zu wollen, oder auf entsprechendes Verlangen des Verpächters nicht innerhalb einer vom Verpächter gesetzten Frist ausdrücklich erklärt, dass er seiner Betriebsverpflichtung gemäß Ziffer 10.1 Teil B nachkommen wird;
der Pächter das gesetzliche Rauchverbot bei deinen Angestellten und Kunden wiederholt nicht durchsetzt;
die bei Abschluss dieses Pachtvertrages festgesetzte Rechtsgeschäftsgebühr (vgl. Ziffer 25.5 Teil B) nach schriftlicher Aufforderung durch den Verpächter trotz Einräumung einer 14-tägigen Zahlungsfrist nicht gezahlt hat;
Wenn über das Vermögen des Pächters ein Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung eines Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens abgelehnt wird
Dazu wird festgehalten:
„Vor Ausspruch einer Kündigung aus den in lit. a) bis k) genannten Kündigungsgründen hat der Verpächter den Pächter mit einer Frist von mindestens 14 Tagen schriftlich abzumahnen.“
Über diese Gründe hinaus, wird laut Ziffer 6.4 Teil D der Verpächter berechtigt, unbeschadet der vereinbarten Laufzeit, auch bei Vorliegen der in § 30 Abs.2 definierten Kündigungsgründe den Pachtvertrag unter Einhaltung einer vier wöchigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten vorzeitig zu kündigen. Klarstellend wird vereinbart, dass die in § 30 Abs.2 MRG definierten Kündigungsgründe ergänzend zu den in Teil B Ziffer 3.3. vereinbarten Auflösungsgründen bestehen und diese somit in keiner Weise einschränken. Ausdrücklich festgehalten wird, dass die übrigen Bestimmungen des MRG auf diesen Vertrag nicht anzuwenden sind.
In Ziffer 6.3. Teil D wird beiden Vertragsteilen ein einmaliges Sonderkündigungsrecht eingeräumt.
Die belangte Behörde wertete diesen Vertrag als einen, auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, Bestandvertrag und setzte die Gebühr gemäß §§ 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG 1957, 200 BAO mit € 75.070,12 vorläufig fest. Die Bemessungsgrundlage im Betrage von € 7.507.012,32 wurde wie folgt berechnet:
Monatliche Mindestpacht x vereinbarte Dauer (€ 41.684,70 x120) zuzüglich USt
Monatliche Nebenkostenvorauszahlung x Ladenfläche x vereinbarte Dauer (€ 6,67 x 1.492,80 x120) zuzüglich USt
Monatliche Heizkostenvorauszahlung x Pachtfläche x vereinbarte Dauer ( € 0,30 x1.634,50 x 120) zuzüglich USt
Diese Vorschreibung sei vorläufig erfolgt, weil nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss sei. Sämtliche, im Vertrag eingeräumten, Kündigungsgründe würden keine uneingeschränkte Kündigungsmöglichkeit darstellen. Dazu komme, dass die, in § 30 Abs.2 MRG genannte, Kündigungsgründe zum überwiegenden Teil nicht auf den zu beurteilenden Bestandvertrag anzuwenden seien.
Dagegen erhob die Bf., durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung, fristgerecht Beschwerde. Sie beantragte die Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG 1957 mit € 22. 521,04, im Wesentlichen mit folgender Begründung:
Es liege ein Bestandverhältnis von unbestimmter Dauer vor. Der Verwaltungsgerichtshof führe in ständiger Rechtsprechung aus, das ein Bestandverhältnis als Vertrag auf unbestimmte Zeit anzusehen sei, wenn es vor Ablauf der vereinbarten Bestandsdauer dennoch von jedem der Vertragsteile oder auch nur von einem der beiden beliebig aufgelöst werden könne (). Die Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle sei eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden müsse (; , 90/15/0034) Im Bestandvertrag seien der Bestandgeberin alle Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG eingeräumt worden. Der VwGH habe in ständiger Rechtsprechung- auch bei Geschäftsraumvermietungen- bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG vor, das Vorliegen eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen, Bestandvertrages angenommen. Nach der Rechtsprechung des VwGH zu Zahl: 88/15/0040 reiche für das Vorliegen eines, auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen, Bestandvertrages bereits die Vereinbarung aller, für das konkrete Bestandverhältnis, anwendbaren Kündigungsgründe des § 30 Abs.2 MRG aus. Die Bewertung dieses Bestandvertrages als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, ergäbe sich auch aus dem Inhalt der Gebührenrichtlinien zu Rz 705.
Die belangte Behörde wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH bestehe das Unterscheidungsmerkmal zwischen Bestandverträgen bestimmter und unbestimmter Dauer darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig auflösen zu können, stehe der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht im Wege. Die Kündigungsmöglichkeiten des Verpächters zur Auflösung des zu beurteilenden Vertrages mit sofortiger Wirkung setze ein schuldhaftes Fehlverhalten des Pächters voraus, sodass- nach der Rechtsprechung des VwGH zu Zahl 93/16/0133)- von der Gewährleistung der Möglichkeit der Gewährleistung eines vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses keine Rede sein könne.
Dagegen brachte die Bf., durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung, fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO ein. Das Bundesfinanzgericht, (BFG), möge über ihre Beschwerde entscheiden.
Das BFG hat hiezu erwogen:
Rechtslage:
Die auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des Gebührengesetzes 1957, (GebG 1957), lauten in ihrer verfahrensmaßgeblichen Fassung wie folgt:
Für die Festsetzung der Gebühren ist der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
§ 33 TP 5 Abs 1 bis 3 GebG 1957:
"(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert
im allgemeinen .......................................................................................1 vH;
beim Jagdpachtvertrag ............................................................................2 vH.
(2) Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.
(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht."
§ 30 Abs.2 Mietrechtgesetz, (MRG), lautet:
„Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn
1.der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;
2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;
3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;
4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;
5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;
6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;
7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;
8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;
9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;
10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;
11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;
13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in Bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;
14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie „D“ weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.
Erwägungen
Im zu beurteilenden Fall ist strittig, ob -aus gebührenrechtlicher Sicht- der vorliegende Bestandvertrag als auf 10 Jahre befristet oder als unbefristet anzusehen ist.
Die Bf. wendet ein, dass -nach ständiger Judikatur des VwGH- aufgrund der Vereinbarung aller- auf den zu beurteilenden Bestandvertrag- grundsätzlich anwendbarer Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG, trotz der festgeschriebenen Bestanddauer, ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag vorliegt.
Dazu ist festzustellen:
Im Beschluss vom , Ro 2018/16/0004 wird vom VwGH ausgeführt:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die für die Bemessung der Rechtsgeschäftsgebühr für Bestandverträge nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957 entscheidende Vertragsdauer davon ab, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig auflösen zu können, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden behandelt werden muss (vgl. etwa ). Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. bis 0112, und ).
Aus dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich, dass dem vorstehend angeführten Einwand der Bf. keine Berechtigung zukommt. Vielmehr ist auch bei der Vereinbarung aller, für die Verpachtung von Geschäftsräumen möglichen, Kündigungsgründe des § 30 Abs.2 MRG eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.
Grundsätzlich möglich sind im zu beurteilenden Fall neben den, in Ziffer 3.3. Teil B des verfahrensgegenständlichen Pachtvertrages, angeführten Kündigungsgründen lit. a-k, die Kündigungsgründe der Z 1,3 und 7 des § 30 Abs.2 MRG möglich, wobei festzuhalten ist, dass der in Ziffer 3.3. lit.a) bestimmte Kündigungsgrund dem Kündigungsgrund nach § 30 Abs.2 Z 1 MRG im Wesentlichen entspricht, der in Ziffer 3.3. lit.d) bestimmte Kündigungsgrund dem Kündigungsgrund nach § 30 Abs.2 Z 3MRG im Wesentlichen entspricht, sowie die in Ziffer 3.3. lit. h) und b) bestimmten Kündigungsgründe dem Kündigungsgrund nach § 30 Abs.2 Z 7 MRG im Wesentlichen entsprechen. Diese Kündigungsmöglichkeiten sind von einem schuldhaften Fehlverhalten der Bestandnehmerin abhängig und liegen nicht im Einflussbereich der Bestandgeberin; sodass von einer jederzeitigen einseitigen oder einvernehmlichen Auflösung des Bestandverhältnisses keine Rede sein kann.
Gemäß dem, im Gebührenrecht vorherrschenden, Urkundenprinzip, (vgl. § 17 Abs.1 GebG 1957) hat sich für die erkennende Behörde die Wahrscheinlichkeit der Realisierung der aufgezeigten Kündigungsmöglichkeiten, aufgrund eines Fehlverhaltens der Bestandnehmerin, aus dem Inhalt des Bestandvertrages zu ergeben.
Das Vorliegen einer solchen Wahrscheinlichkeit wird von der Bf. weder behauptet noch ergibt sich diese aus dem Vertragsinhalt.
Über die vorstehend angeführten Kündigungsmöglichkeiten hinaus wird beiden Vertragsteilen ein nicht näher ausgeführtes einmaliges Sonderkündigungsrecht eingeräumt.
Es geht aus dem Vertragsinhalt in keiner Weise hervor, dass dieses beiderseitige Recht für auch nur eine Vertragsseite von derart umfassender Natur ist, dass eine Wahrscheinlichkeit der Realisierung dieser Kündigungsmöglichkeit als wahrscheinlich anzusehen ist.
Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Vertragsparteien, trotz der vertraglichen Festhaltung einer bestimmten Bestanddauer, lediglich auf unbestimmte Zeit an einander gebunden sein wollten.
Außerdem steht es nicht im Belieben der Vertragspartner alleine durch die unkritische Anführung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs.2 MRG- ihre, im Bestandvertrag enthaltene, grundsätzliche Vereinbarung, eine bestimmte Zeit aneinander gebunden zu sein, aufzuheben. Es ist auf den erklärten Vertragswillen (§ 17 Abs.1 GebG 1957) und nicht bloß auf die Erklärung abzustellen. ( vgl. ).
Aus den aufgezeigten Gründen vermochte die Bf. mit der Beurteilung des gegenständlichen Bestandvertrages als auf bestimmte Zeit abgeschlossen, keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Abgabenbescheides aufzuzeigen.
Die Bf. vertritt zudem die Ansicht, die Bewertung des vorliegenden Bestandvertrages als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, ergäbe sich aus dem Inhalt der Gebührenrichtlinien zu Rz 705.
Dem ist-der Vollständigkeit halber- zu entgegnen:
Rz 705 der Gebührenrichtlinien lautet wie folgt:
Im Falle einer uneingeschränkten Kündigungsmöglichkeit liegt grundsätzlich ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor. Ebenso liegt bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ein Vertrag von unbestimmter Dauer vor (). Nähere Ausführungen siehe Rz 710.
In dem o.a. Erkenntnis hat der VwGH- nach Vornahme der Einzelfallprüfung- -entschieden, dass aufgrund des eingeräumten Präsentationsrechtes (und nicht aufgrund der Anführung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs.2 MRG) ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag vorliegt.
Im Hinblick darauf, ist der belangten Behörde- mit der Beurteilung des vorliegenden Bestandvertrages als auf bestimmte Dauer abgeschlossen- kein gegen den vorstehenden Inhalt der Gebührenrichtlinien gerichtetes Verhalten vorzuwerfen. Hinzu kommt, dass in Rz 705 ausdrücklich auf Rz 710 verwiesen wird, wonach Bestandverträge dann, als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen zu gelten haben, wenn die Vereinbarung auf unbestimmte Zeit lautet oder eine Vereinbarung über die Dauer fehlt und auch sonst im Vertrag kein Anhaltspunkt enthalten ist, auf welche Dauer sich die Vertragsparteien binden wollten. Diese Voraussetzungen fehlen im gegenständlichen Mietvertrag.
Informativ ist hinzuzufügen, dass das BFG selbst nicht an Erlässe und so auch nicht an den Inhalt der Gebührenrichtlinien gebunden ist.
Aus den aufgezeigten Gründen hatte daher die Festsetzung der Gebühr nach § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 und Abs.3 GebG 1957 auf Grundlage eines, auf bestimmte Daher abgeschlossenen, Bestandvertrages-mit lt. o.a. Vertragsinhalt nachstehender Berechnung- zu erfolgen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Monatliche Mindestpacht x vereinbarte Dauer von 10 Jahren | € 41.684,70 x 120 = € 5.002.164,00.- |
Monatliche Nettovorauszahlung x Ladenfläche x vereinbarte Dauer von 10 Jahren | € 6,67 x 1.492,80 x 120 = € 1.194.837,60.- |
Monatliche Heizkosten x Gesamtfläche x vereinbarte Dauer von 10 Jahren | € 0.30 x 1.634,50.- x 120 = € 58.842,00.- |
Gesamtsumme | € 6.255.843,60.- zuzüglich 20 % USt von € 1.251.168,72.- |
Bemessungsgrundlage: |
Gemäß § 200 Abs.1 Bundesabgabenordnung, (BAO) kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit zulässig.
In Ziffer 1.1 Teil A iVm Ziffer 5.1.1. des verfahrensgegenständlichen Bestandvertrages wird die Bezahlung eines nettoumsatzabhängigen Umsatzbestandzinses vereinbart.
Somit war die, für die vorläufige Abgabenfestsetzung gemäß § 200 Abs.1 BAO normierte Voraussetzung einer, im Tatsachenbereich stehenden, vorläufigen, Ungewissheit gegeben. (vgl. )
Da die, im Zusammenhalt mit der vorläufigen Abgabenfestsetzung gebotene Ermessensausübung iSd § 20 BAO, sich jedenfalls am Zweck der Norm zu orientieren hat (vgl. ) (hier vorläufige Abgabenfestsetzung bei zeitlich bedingter Ungewissheit im Tatsachenbereich) erfolgte die vorläufige Festsetzung der Bestandgebühr, unter Zugrundelegung des, in Ziffer 1.1 Teil A vereinbarten, fixen Bestandzinses, zu Recht.
Sohin erfolgte die Festsetzung der bekämpften Gebühr durch die belangte Behörde sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art.133 Abs.4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision gegen dieses Erkenntnis ist nicht zulässig, weil es von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht, sondern vielmehr der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des VwGH folgt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 30 Abs. 2 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101287.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at