Außergewöhnliche Belastung: Übernahme von Pflegekosten für die Mutter nach Übergabsvertrag
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Bergauer in der Beschwerdesache H**** X****, Adresse1 Tür 1, PLZ**** Ort1, StNr. 0**/0*** - FA 52, vertreten durch S**** Steuerberatungsgesellschaft mbH, Adresse2, Ort3, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom , betreffend Einkommensteuer 2014 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensverlauf
Der Beschwerdeführer (abgekürzt: Bf) hat am seine Einkommen-steuererklärung für 2014 elektronisch eingebracht. In dieser Erklärung hat er außergewöhnliche Belastungen und zwar ua. auch die Übernahme eines Teiles der Pflegekosten der Mutter in Höhe von 11.279,32 € geltend gemacht. Die gesamten Pflegekosten für die Mutter hätten laut Zusammenstellung des Bf nach Abzug Pflegegeld und Zuschuss Bundessozialamt 19.520,19 € betragen.
Das Finanzamt erließ am für den Bf einen Einkommensteuerbescheid, in welchem die Höhe der angefallenen Pflegekosten der Mutter auf 18.326,01 € (und zwar: Pflegekosten 17.151,10 € und Krankheitskosten 1.174,91 €) gekürzt wurden. Von diesem Betrag wurden 15.225,08 € dem Pflegling selbst, dh der Mutter, zugerechnet und nur 3.100,93 € statt der beantragten 11.279,32 € als Restbetrag für kostentragende Angehörige als außergewöhnliche Belastung beim Beschwerdeführer berücksichtigt. Dieser Betrag war jedoch geringer als der Selbstbehalt des Bf in Höhe von 5.969,50 € im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG 1988 und blieb somit ohne steuerliche Auswirkung.
Das Finanzamt erließ eine zusätzliche Begründung zu diesem Einkommensteuerbescheid; auf die betragliche Darstellung der Pflegekosten und der Kosten für die Heilbehandlung für die Mutter in Höhe von 18.326,01 € in dieser Begründung wird verwiesen; der Begründungstext für die Abweisung lautete:
"Laut telefonischer Besprechung wurde für Frau X**** J**** ein unentgeltliches Wohnrecht eingeräumt. Dies wurde im Zuge des Übergabsvertrages aus dem Jahre 1996 eingeräumt.
Wohnt eine pflegebedürftige Person zu Hause und verfügt diese über ein unentgeltliches Wohnrecht (eingeräumt von einer anderen Person als dem (Ehe) Partner), gilt Folgendes:
-Da die wesentlichen Lebenshaltungskosten durch das Wohnrecht abgedeckt sind, müssen der pflegebedürftigen Person – in Anlehnung an die Regelungen für Pflegeheimbewohner – 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes für alleinstehende Personen verbleiben.
-Der Rest des Einkommens ist für die pflegebedingten Kosten anzusetzen.
-Nur ein etwaiger Überhang an Pflegekosten kann von unterhaltsverpflichteten Angehörigen steuerlich abgesetzt werden. In diesem Fall erfolgt jedoch eine Kürzung um den Selbstbehalt."
Gegen seinen Einkommensteuerbescheid 2014 erhob der Bf am durch seine steuerliche Vertretung Beschwerde. Darin wurde der vom Finanzamt ermittelte Betrag für die Krankheits- und Pflegekosten der Mutter grundsätzlich der Höhe nach anerkannt. Ebenso anerkannt wurde der vom Finanzamt ermittelte Kostenanteil der Mutter mit 15.225,08 €. In der Beschwerde wurde jedoch vorgebracht, dass eine achtzigprozentige Tragung der Kosten durch den Pflegling nur im Falle einer Vollversorgung (Wohnen inklusive Verpflegung) rechtens sei. Der Bf mache daher zu den von der Abgabenbehörde gekürzten Pflegekosten in Höhe von 18.326,01 € weitere 5.868,70 € als zusätzliche Pflegeleistungen geltend. Diese 5.868,70 € setzen sich jedoch nur aus geschätzten Kosten (z.B. Nahrung und Bekleidung für die Mutter) zusammen. Zur genauen Berechnung werde auf die Beschwerdebegründung verwiesen.
Am erging vom Finanzamt eine Beschwerdevorentscheidung (abgekürzt: BVE), in welcher die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen wurde. Begründet wurde diese Abweisung mit dem Hinweis auf eine Entscheidung des , wonach bei einem konkreten Zusammenhang zwischen einer Vermögensübertragung (im vorliegenden Fall ein Übergabsvertrag) und einer Belastung (im vorliegenden Fall ua. die vertragliche Übernahme der Pflege der Mutter) keine außergewöhnliche Belastung, sondern eine bloße Vermögensumschichtung vorliege.
Mit Schreiben vom stellte der Bf einen Vorlageantrag und verwies in seiner Begründung auf den gesetzlichen Selbstbehalt beim Einkommen. Es sei damit die finanzielle Zumutbarkeit von außergewöhnlichen Belastungen limitiert. Die Anrechnung einer Gegenleistung von Pflegeaufwendungen bei Übergabsverträgen könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Pflegeaufwendungen bzw. außergewöhnlichen Belastungen von Erben das Erbe zur Gänze und darüber hinaus für die Pflege aufgewendet werden müssten. Es solle eine zumutbare finanzielle Obergrenze für die Belastung eines Erben analog dem Selbstbehalt geben. Er beantrage Stattgabe seines Antrages.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt alle Unterlagen an das BFG vor und beantragte Abweisung der Beschwerde im Sinne der Beschwerdevorentscheidung.
Sachverhalt
Die Mutter des Bf hat mit Übergabsvertrag vom (siehe insbesondere Punkt Viertens, Fünftens und Achtens des Vertrages) dem Bf die Hälfte der Liegenschaft EZ**** des Grundbuchs KG**** Ort1, welche aus den Grundstücken .**** Baufläche mit Haus Adresse1, 7** LN, 7***/1 LN, 7**** LN, 7***** LN, 7****** LN, 7******* Wald, und 7******** LN mit einer Gesamtfläche von 5 ha 44 a (1 a = 100 m²) und 98 m² besteht samt allem rechtlichen und tatsächlichem Zubehör übergeben.
Im Jahr 1996 der Übergabe des Hälfteanteils der Liegenschaft war die Mutter des Bf 72 Jahre alt. Seit April 2006, dh mit 82 Jahren, bezog die Mutter Pflegegeld. Im Jahr 2014 war die Mutter 90 Jahre alt.
Zum Übergabsvertrag vom :
Anlässlich der Übertragung des Hälfteanteils von den Liegenschaften der Mutter des Bf an den Beschwerdeführer am wurde der Mutter ein unentgeltliches Wohnrecht an der Wohnung im Erdgeschoss des Hauses Adresse1 und die Reallast der Pflege eingeräumt.
In diesem Übergabsvertrag wird in Punkt Viertens und Punkt Fünftens Folgendes geregelt:
Punkt Viertens: „Als Gegenleistung räumt der Übernehmer auch namens seiner Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft EZ**** des Grundbuchs KG**** Ort1 der Übergeberin, Frau J**** X****, auf deren Lebenszeit das unentgeltliche, von dieser hiemit angenommene und als Dienstbarkeit grundbücherlich sicherzustellende Wohnungsrecht an den im Erdgeschoß des Hauses Adresse1 befindlichen Räumen, nämlich Schlafzimmer, Wohnzimmer , Küche, Speisekammer, Badezimmer und WC, ein, wobei mit diesem Recht das Recht auf Mitbenützung der Kellerräume ……etc. ….. verbunden ist.
Die Strom- und Beheizungskosten, die von der Gemeinde zur Vorschreibung gelangenden Betriebskosten, Abgaben und Steuern, die Rauchfangkehrergebühren, die Prämien der Versicherungen der vertragsgegenständlichen Liegenschaftshälfte sowie die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten und allfällige sonstige finanzielle Belastungen betreffend die vertragsgegenständliche Liegenschaftshälfte gehen ab dem auf die Übergabe folgenden Monatsersten allein zu Lasten des Übernehmers und seiner Rechtsnachfolger im Besitz der Übergabsliegenschaft, wobei sich die Übergeberin verpflichtet, auf die Dauer ihres Wohnungsrechtes als Beitrag zu den Betriebskosten einen Betrag von monatlich S 1.600 (= 116,28 €) an den Übergeber zu bezahlen."
Punkt Fünftens: „Als weitere Gegenleistung verpflichtet sich der Übernehmer auch namens seiner Rechtsnachfolger im Eigentum der vertragsgegenständlichen Liegenschaftshälfte, der Übergeberin im Krankheits- und Altersgebrechlichkeitsfall allerdings nur im Haus Adresse1 die ausreichende Pflege und Betreuung liebevoll angedeihen zu lassen, ihre Auszugswohnung im Haus Adresse1 in Ordnung zu halten und mindestens einmal wöchentlich gründlich aufzuräumen, die Wäsche der Übergeberin zu waschen und zu bügeln und ihre Bekleidung in Ordnung zu halten, für die Übergeberin – allerdings auf ihre Rechnung und Kosten – die Mahlzeiten entsprechend ihrem Krankheitszustand zuzubereiten und in ihre Auszugswohnung zu bringen und gegebenenfalls auch der Übergeberin zu verabreichen, für die Übergeberin alle notwendigen Gänge und Besorgungen wie zum Arzt, zur Apotheke, zum Pfarrer aber auch zu den Behörden und zum Kaufmann stets rechtzeitig vorzunehmen und die Übergeberin über ihren Wunsch an Sonn- und Feiertagen zum Gottesdienst nach Ort1 und von dort wiederum nach Adresse1 mitzunehmen, dies aber nur dann, wenn der Übernehmer oder seine Gattin zum Gottesdienst nach Ort1 fahren.
Diese Pflege- und Betreuungsdienste hat der Übernehmer nur dann zu leisten, wenn sich die Übergeberin im Haus Adresse1 aufhält, wobei sich der Übernehmer weiters verpflichtet, die Übergeberin über deren Wunsch von Ort2 nach Adresse1 zu fahren, wenn sie in ihrer Wohnung im Generationenheim in Ort2 erkranken sollte.
Sollten diese Pflege- und Betreuungsdienste vom Übernehmer nicht persönlich vorgenommen werden können, hat er eine dazu geeignete Pflegeperson zu organisieren und zwar auf seine Kosten, soweit diese Kosten nicht aus dem Pflegegeld der Übergeberin abgedeckt werden können. Sollte der Übernehmer die Pflegeleistungen jedoch selbst erbringen, steht ihm das allenfalls der Übergeberin zur Auszahlung gelangende Pflegegeld zu. …..
Gleichgültig, ob die Übergeberin im Generationenwohnheim in Ort2 oder im Haus Adresse1 wohnt, verpflichtet sich der Übernehmer auch namens seiner Rechtsnachfolger im Eigentum der vertragsgegenständlichen Liegenschaftshälfte, für sämtliche Kosten der medizinischen Betreuung der Übergeberin (Arzt, Medikamente und Krankenhausaufenthalt) insoweit aufzukommen, als diese Kosten nicht durch eine Krankenkasse abgedeckt werden, wobei festgehalten wird, dass die Übergeberin bei der OÖ. Gebietskrankenkasse krankenversichert ist, von der bisher ohnehin sämtliche Arztkosten bezahlt werden."
Schließlich verpflichtete sich der Übernehmer zur Übernahme der Begräbniskosten, einer ortsüblichen Totenzehrung und zur Erhaltung der Grabstätte, soweit von der Übergeberin keine Deckung mehr vorhanden sei. ….
"Die Übergeberin erklärt die Vertragsannahme und es vereinbaren die Vertragsparteien die grundbücherliche Sicherstellung der vorstehend vereinbarten Pflegeleistungspflicht des Übernehmers als Reallast ob der gesamten Liegenschaft EZ**** des Grundbuchs KG**** Ort1 zugunsten der Übergeberin."
Diese Verpflichtungen sind als Wohnrecht und als Reallast der persönlichen Dienstleistungen im Lastenblatt (C-Blatt) der Grundbuchseinlage der Liegenschaft einzutragen.
Weiters folgte in Punkt Achtens des Übergabsvertrages der Text für ein Veräußerungsverbot des Übernehmers auf die Lebenszeit der Übergeberin. (Allfällige Ergänzungen oder Weglassungen im zitierten Text des Übergabsvertrages auch betreffend Euro oder Fettdruck erfolgten durch das BFG)
Beweiswürdigung
Die Feststellungen gründen sich auf die im Zuge des Verfahrens vorgelegten Urkunden
(Übergabsvertrag, Berechnungen für die Pflegerinnen etc.) und auf die Angaben des Bf.
Laut Finanzamt ist die Höhe der Pflegekosten durch zwei Pflegerinnen dh für eine 24-Stunden-Betreuung nachgewiesen und damit unstrittig und wurde im Zuge der ArbeitnehmerInnenveranlagung 2014 der Mutter belegmäßig nachgewiesen.
Rechtslage
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2)
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf zudem weder den Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben zuzuordnen sein.
Eine Belastung iSd § 34 EStG liegt nur vor, wenn Ausgaben getätigt werden, die zu einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr, somit zu einer endgültigen Vermögensminderung führen. Von einer solchen kann nicht gesprochen werden, wenn und soweit eine Belastung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Erwerb steht und im Wert des übernommenen Vermögens Deckung findet. Dabei ist es gleichgültig, ob die Belastung unmittelbar durch den Vermögenserwerb (etwa als übernommene Verbindlichkeit) oder nur mittelbar in ursächlichem Zusammenhang mit dem Vermögenserwerb erwächst, weil für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (im Sinne einer "Belastung" des Steuerpflichtigen; Jakom/Baldauf, Kommentar EStG § 34 Rz 51) neben den rechtlichen auch wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgeblich sind (). Selbst wenn daher ein Aufwand des Steuerpflichtigen das erworbene Vermögen rechtlich nicht belastet, dessen ungeachtet aber in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Verpflichtungen steht, die auf die Übernahme des Vermögens zurückzuführen sind, kann von einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dem Grunde nach erst gesprochen werden, wenn der Aufwand den Wert des erworbenen Vermögens übersteigt (; ).
Nach § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Dazu zählen vor allem Krankheits- und Pflegekosten (Hofstätter/Reichel, ESt-Kommentar, § 34 Abs. 6 bis 9, Tz 33). Die vom Gesetzgeber in dieser Bestimmung gewählte Umschreibung schließt beispielsweise die Anerkennung laufender Unterhaltszahlungen von Kindern an mittellose Eltern und sonstige nahe Angehörige von einer Begünstigung nach § 34 EStG 1988 aus (vgl. ).
Nach § 143 Abs. 1 ABGB schuldet ein Kind seinen Eltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat. Fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit im Sinne dieser Bestimmung liegt auch bei unzureichender Altersversorgung oder bei Pflegebedürftigkeit vor.
Nach § 143 Abs. 3 ABGB muss ein Elternteil zur Deckung seines Lebensbedarfes grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens heranziehen. - Dieser Bestimmung wohnt der Gedanke inne, dass eigene Ersparnisse des Elternteiles zur Abdeckung eines Pflegeaufwandes heranzuziehen sind, bevor die Unterhaltspflicht eines Kindes eintritt. Dieser Bestimmung ist aber auch zu entnehmen, dass im Fall, wenn die Ersparnisse oder das Vermögen bereits zu Lebzeiten an die Kinder übertragen wurden und daraus Vermögenslosigkeit resultiert, die Kinder verpflichtet sind, den Elternunterhalt zu leisten, zumal sie bereits über das entsprechende Vermögen verfügungsberechtigt sind.
Erwägungen
Strittig ist, ob der Berufungswerber einen ungedeckten Anteil der Aufwendungen für die Pflege und die Krankheitskosten seiner Mutter als außergewöhnliche Belastung geltend machen kann, obwohl er sich --in einem Übergabsvertrag am vertraglich zur ausreichenden Pflege oder zu deren Organisation und Kostentragung und zur Bezahlung von Arzt- und Medikamentenkosten etc. verpflichtet hat und --ihm Vermögen von der Mutter zugewendet wurde.
Grundsätzliches zur außergewöhnlichen Belastung:
Außergewöhnliche Belastungen betreffen an sich steuerlich unbeachtliche Aufwendungen der Lebensführung, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Für die Gewährung einer außergewöhnlichen Belastung muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen im Verhältnis zu anderen Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigt sein. Es muss eine Belastung im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen eingetreten sein.
Auch das Eingehen einer Verbindlichkeit muss also bereits zwangsläufig sein und darf nicht durch das Verhalten des Steuerpflichtigen ausgelöst werden. Es könnte nämlich sonst das Erfordernis der Zwangsläufigkeit jederzeit geschaffen werden und damit zu einem steuerlich gewünschten Ergebnis führen.
Eine außergewöhnliche Belastung muss sich auf das Einkommen oder das Vermögen (siehe § 34 Abs. 2 EStG 1988) beziehen, zumal nur dann eine Auswirkung auf die einkommens- bzw. vermögensbezogene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteht. Sie ist zu verneinen, wenn und soweit dem Steuerpflichtigen die (möglicherweise zwangsläufigen) wirtschaftlichen Aufwendungen – z.B. Pflegekosten - (nur) deshalb erwachsen, weil ihm das zu ihrer Deckung dienende Vermögen zugekommen ist. Bis zur Überschreitung des Vermögenswertes durch die Summe an z.B. Zahlungen für Pflegekosten liegt keine Belastung vor (vgl. zu rückständigen Pflegeentgelten für ein Pflegeheim).
Laut dem vorgelegten Übergabsvertrag in Punkt Fünftens wurde eine ausdrückliche Verpflichtung zur Pflege vom Bf eingegangen. Es besteht somit ein konkreter Zusammenhang zwischen der Vermögensübertragung der Hälfte des Wohnhauses und der Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Grundflächen und eines Waldes.
Eine wesentliche Ursache für die zu erbringenden Leistungen des Bf war der Umstand, dass die Mutter des Bf im Streitjahr nicht mehr über ausreichende Mittel verfügte, um alle notwendigen Kosten für ihre Unterbringung und Pflege durch eine 24-Stunden-Betreuung von 2 Pflegerinnen selbst ganz zu tragen. Nach Ansicht des Finanzgerichtes hat die Annahme des in Rede stehenden Übergabsvertrages durch den Bf im Jahre 1996 die nunmehrige Bedürftigkeit seiner Mutter doch entscheidend mitverursacht; die Belastung des Bf wäre ohne diesen Übergabsvertrag nicht eingetreten.
Nachdem die Vermögensübertragung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem sich die Mutter bereits im 72. Lebensjahr befand, und damit - unabhängig vom Gesundheitszustand der Mutter in diesem Zeitpunkt - jedenfalls mit dem Eintritt ihrer Pflegebedürftigkeit gerechnet werden musste und die Mutter - von den Rentenbezügen und dem Pflegegeld und Pflegezuschüssen der öffentlichen Hand abgesehen - über keine weiteren Einkunftsquellen bzw. Vermögenswerte zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit mehr verfügte, hat der Bf durch die Übernahme der oben angeführten Vermögenswerte seiner Mutter deren nunmehrige Bedürftigkeit adäquat mitverursacht.
Der Verwaltungsgerichtshof führte in einem vergleichbaren Fall resümierend aus, dass ein solcher Fall nicht anders zu beurteilen sei, wie jener, bei dem sich der Geschenkgeber entsprechende Unterstützungsleistungen für den Fall seiner späteren Pflegebedürftigkeit im Rahmen der Schenkung als Gegenleistung ausdrücklich ausbedingt (vgl. dazu ; ; siehe auch zB RV 2100134/2014; Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, § 34 Tz 23).
Nach der Judikatur des VwGH () ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen, ob das Verhalten des Steuerpflichtigen die spätere Bedürftigkeit des Angehörigen entscheidend mitverursacht hat. Zu diesen Umständen zählen insbesondere Alter und Gesundheitszustand des Übertragenden. Erfolgt die Vermögensübertragung beispielsweise zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Geschenkgeber bereits in Ruhestand befindet, und verfügt er - von Rentenbezügen abgesehen - über keine weiteren Einkunftsquellen, liegen Umstände vor, die dafür sprechen, dass der Steuerpflichtige durch die Übernahme der Vermögenswerte des Angehörigen dessen spätere Bedürftigkeit adäquat mitverursacht hat (in diesem Sinne bei vergleichbarer Rechtslage auch das Urteil des BFH vom , III R 38/95, und darauf verweisend der Beschluss des BFH vom , VI B 146/08).
Wenn nun einem Steuerpflichtigen deshalb Aufwendungen erwachsen, weil ihm ein Vermögen zugekommen ist, das eben wertmäßig solche Aufwendungen abdecken hätte können, so liegt bis zum Wert des zugekommenen Vermögens keine Belastung vor.
Der Wert der Substanz eines Hauses und von Grundstücken besteht auch noch nach 18 Jahren, genauso wie die Pflicht auf Pflege noch besteht. Der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Übernahme einer Liegenschaft und Eingehen der Verpflichtungen bleibt bis zum Ablauf der Lebenszeit der Vertragsparteien bestehen. Ein Vertrag oder die Bereicherung auf Grund eines Vorteilsausgleiches entfällt nicht deshalb, weil die Übergabe einer Liegenschaft schon Jahre, Jahrzehnte oder wie hier 18 Jahre zurückliegt.
Auch wenn sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses alle Vertragsparteien noch im besten und gesunden Lebensalter befunden haben, besteht die vertragliche Verpflichtung des Bf auch durch die grundbücherliche Absicherung der Rechte für die Übergeberin. Natürlich ist einer Person in Zeiten, wo eine Pflegeverpflichtung noch nicht schlagend wird, nicht immer ganz bewusst, was dies bedeuten kann.
Das Eingehen dieser Pflegeverbindlichkeit selbst war nicht zwangsläufig, sondern freiwillig und wurde durch das rechtsgeschäftliche Verhalten des Bf selbst ausgelöst.
Dem Beschwerdevorbringen, dass wegen der Anrechnung einer Gegenleistung die grundsätzlich abzugsfähigen Pflegekosten von Angehörigen nicht mehr steuerlich berücksichtigt werden können, ist zu entgegnen, dass es dem Gesetzgeber freisteht, verschiedene Sachverhalte unterschiedlich zu regeln; der Übernahme eines Anteils an den Pflegekosten steht beim Bf eben eine Bereicherung durch die Zuwendung der Liegenschaft und seine freiwillig dafür eingegangene Pflegeverpflichtung gegenüber.
Das Finanzgericht schließt sich der Sachverhaltsdarstellung, den Beurteilungen und Berechnungen des Finanzamtes als Amtspartei sowohl im Erstbescheid, als auch in der Beschwerdevorentscheidung an.
Allfällige Verpflegungskosten usw. der Mutter, die über das reine Wohnrecht hinausgehen, sind durch die Sonderzahlungen bei der Pension der Mutter in Höhe von 2.983,90 € (Berechnung aus Lohnzettel: Kz 220: 3.144,58 € minus 160,68 € Kz 225), die bisher unberücksichtigt blieben und die 20% vom Ausgleichszulagenrichtsatz, die das Finanzamt schon berücksichtigt hat, hinlänglich abgedeckt (Berechnung Summe aus beiden Beträgen: 5.042,45 €).
Aus all diesen dargestellten Erwägungen musste daher dem Antrag des Bf auf eine betraglich höhere Anerkennung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung der Erfolg versagt werden, da nur mehr ein Betrag von 3.100,93 € plus 68,28 € zum Ansatz kam, der unter dem Selbstbehalt des Bf lag.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 143 Abs. 1 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 143 Abs. 3 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Schlagworte | Pflegekosten Pflegekosten für Elternteil Übergabsvertrag |
Verweise | VwGH, , 2010/15/0130 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100034.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
YAAAC-23263