Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.01.2020, RV/7500799/2019

Parkometerabgabe; Parkscheinmanipulation, das Untersuchungsergebnis des Landeskriminalamtes wird in Frage gestellt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über die Beschwerde der Bf., Wien, vom gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde vom , MA67/67/2019, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 140,00 auf € 70,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 9 Stunden auf 28 Stunden herabgesetzt wird.

II. Dementsprechend wird auch der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG auf € 10,00 herabgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt. Die Geldstrafe (€ 70,00) ist zusammen mit dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens (€ 10,00), insgesamt somit € 80,00, an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

V. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna (A)
wurde am um 16:51 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Straße, vom Kontrollorgan XY der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien zur Anzeige gebracht, da nach dessen Wahrnehmungen der zum Beanstandungszeitpunkt im Fahrzeug hinterlegte Parkschein Spuren von entfernten Entwertungen aufwies.

Das Kontrollorgan hielt im Zuge der Beanstandung auf dem ihm für seine Tätigkeit zur Verfügung stehenden Personal Digital Assistant (kurz: PDA) Folgendes fest:

"010319 1630 PS wurde mehrmals verwendet Rest Kreise Stift blau September Tag 26 std 21 min 0 Delikt-Text: Parknachweis wies Spuren von entfernten Entwertungen auf, Parkschein(e): 123"

Mit Strafverfügung vom wurde zunächst dem Zulassungsbesitzer des näher bezeichneten Fahrzeuges, O., Wien, vom Magistrat der Stadt Wien angelastet, er habe dieses abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parknachweis gesorgt zu haben, da der Parknachweis 123 Spuren von entfernten Entwertungen aufgewiesen habe. Demnach habe er die Parkometerabgabe hinterzogen.

Wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Zulassungsbesitzer eine Geldstrafe von € 140,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 9 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde vom Zulassungsbesitzer Einspruch erhoben und vorgebracht, dass er das in Rede stehende Fahrzeug am verborgt habe. Die Fahrzeuglenkerin sei am besagten Tag Bf., geb. 1988, wohnhaft an der Adresse Wien, gewesen.

In der Folge wurde Bf. (Beschwerdeführerin, kurz Bf.) mit Strafverfügung vom die bereits näher bezeichnete Verwaltungsübertretung angelastet und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 140,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 9 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde von der Bf. mit E-Mail vom Einspruch erhoben und vorgebracht, dass der in Rede stehende Parkschein - entgegen der Anzeige - nicht manipuliert gewesen sei.

Sie sei mit dem in Rede stehenden Fahrzeug am gemeinsam mit einer Freundin zu einem Lokal in der Straße gefahren. Während sie dort eingeparkt habe, habe sie ihre Beifahrerin ersucht, einen entsprechenden Parkschein auszustellen. Diese habe dies getan und den Parkschein hinter der Windschutzscheibe platziert. Als sie etwas später aus dem Lokal gekommen seien, hätten sie ein Aufsichtsorgan bei dem Fahrzeug gesehen und hätten die Sachlage klären wollen. Das Kontrollorgan habe erklärt, dass es Radierungen auf dem Parkschein festgestellt habe. Es sei nicht dazu bereit gewesen, sich den Parkschein im Original aus der Nähe nochmals anzusehen um eventuell seine falsche Entscheidung nochmals zu überdenken.

Es sei der Behörde ja bekannt, dass sie sich das gegenständliche Fahrzeug nur ausgeborgt hatte. Wie sich nachträglich herausgestellt habe, hätten sich im Handschuhfach des Fahrzeughalters zwei "Zettelhüllen" befunden. In der einen hätten sich die neuen und in der anderen die verbrauchten Parkscheine befunden. Entweder habe ihre Freundin, welche den Parkschein für sie ausgefüllt habe, aus der falschen Hülle einen Parkschein entnommen oder es habe sich ein verwendeter Parkschein in der falschen Hülle befunden oder, was sie viel mehr vermute, habe sich auf dem gegenständlichen Parkschein beim Ausfüllen eines anderen nur "etwas durchgedruckt".

In diesem Zusammenhang wolle sie auch ihre Freundin, M., Wien21, benennen, welche der Behörde ihre obigen Schilderungen bestätigen könne.

Sie wolle darauf hinweisen, dass sie diesen Parkschein für etwaige kriminaltechnologische Untersuchungen besitze, um die falsche Behauptung des Überwachungsorgans, welche die einzige Grundlage für die erhöhte Strafzahlung darstelle, widerlegen zu können.

Bezüglich ihres Einkommens teile sie mit, dass sie auf Grund einer Erkrankung seitens der PVA für zumindest 12 Monate als arbeitsunfähig eingestuft sei bzw. aus diesem Grund bis Februar 2020 nur Sozialhilfe erhalte (Verweis auf den im Anhang befindlichen Bescheid der MA 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom ).

Unter Berücksichtigung aller Umstände ersuche sie um komplette Strafnachsicht, und nur wenn dies wirklich nicht möglich sei, möge die Behörde den zu zahlenden Betrag auf max. € 36,00 (wie es normal gewesen wäre, falls er tatsächlich ungültig gewesen sein sollte) festzusetzen.

Die Bf. wurde in der Folge von der MA 67 mit Schreiben vom zur Vorlage des Originalparkscheines aufgefordert.

Am wurde der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges, O., als Zeuge bei der MA 67 niederschriftlich einvernommen.

O. gab Folgendes zu Protokoll:

"Ich habe von Frau Bf. das Schreiben zur Parkscheinvorlage bekommen, da ich den Parkschein in Gewahrsam habe. In meinem Fahrzeug befinden sich nämlich zwei Stöße von Parkscheinen, einmal die Benutzten und einmal die Unbenutzten.

Frau Bf. und ihre Begleiterin damals können nicht sagen, ob es sich bei dem Parkschein nun um einen neuen, bei welchem lediglich die Entwertungen durchgedrückt wurden, oder um einen benutzten handelt.

Ich lege daher heute den gegenständlichen Parkschein Nr. 123 zur weiteren kriminaltechnischen Untersuchung vor."

Die MA 67 ersuchte in der Folge das Landeskriminalamt Wien mit Schreiben vom um kriminaltechnologische Untersuchung des Parkscheines Nr. 123 auf eventuelle Manipulation (Beschichtung/entfernte Entwertungen).

Das Landeskriminalamt übermittelte der MA 67 mit Schreiben vom den folgenden Untersuchungsbericht:

"Gegenstand der Untersuchung ist oa. Parkschein, welcher durch die MA 67 an die hiesige Dienststelle übermittelt wurde.

Um kriminaltechnische Überprüfung im Hinblick auf getilgte Entwertungen wurde
ersucht.

Die Untersuchung des Dokumentes erfolgte zerstörungsfrei auf optischem Wege mittels
Lichtmikroskopen, durch UV- und IR-Prüfung und unter Einbeziehung der in der hs.
Sammlung befindlichen Unterlagen und Vergleichsdrucksorten.

Nach eingehender kriminaltechnischer Überprüfung des vorliegenden Parkscheines, mit
den ha. zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden, wird folgendes angeführt:

Der Parkschein trägt die sichtbare Entwertung , 16:30 Uhr.

Bereits mit freiem Auge und im Auflicht ist die ua. zusätzliche Entwertung zu erkennen:

Feld MONAT: September
Feld TAG: 26
Feld STUNDE: 21
Feld MlNUTE: 0

Angeführt wird, dass das hierzu verwendete Schreibmittel nicht ident ist mit der
Entwertung , 16:30 Uhr. Alle mit freiem Auge ersichtlichen Entwertungen
weisen sowohl Schreibmittel- als auch Eindruckspuren auf.

Vergleichsaufnahmen wurden angefertigt.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass in den dargestellten Entwerterbereichen des
vorliegenden Parkscheines spezifische Reaktionen ersichtlich gemacht werden konnten,
wie sie in Zusammenhang mit chemisch und/oder mechanisch bewirkten
Tilgungsvorgängen an ursprünglichen Beschriftungen entstehen können.

Eine chemische Analyse auf Schreibmittelspuren bzw. Spuren von Tilgungsmitteln kann
ha. nicht durchgeführt werden, da das ha. Labor lediglich optisch-physikalische
Prüfungen vornimmt."

Der Magistrat der Stadt Wien brachte der Bf. das Untersuchungsergebnis des Landeskriminalamtes mit Schreiben vom zur Kenntnis ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") und räumte ihr die Möglichkeit zu einer mündlichen oder schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens ein.

Die Bf. brachte in ihrer Stellungnahme vom (E-Mail) vor, dass das Ergebnis - wie die Behörde wahrscheinlich selbst festgestellt habe - nicht wirklich viel aussage.

Es werde mitgeteilt, dass in den dargestellten (!) Entwerterbereichen Reaktionen sichtbar gemacht worden seien, welche bei Tilgungsvorgängen entstehen können (!). Und "dargestellt" worden seien dann sowohl die Eintragung vom September als auch die Eintragung vom März. Alleine die Tatsache, dass nicht nur bei der "hinterfragten" sondern ebenfalls bei der nachweislich (!) "außer Streit" stehenden Eintragung irgendetwas festgestellt worden sei, beweise ja, dass es "keine Unterschiede" bei den zwei Eintragungen gegeben habe. Es wäre also mehr als widersinnig anzunehmen, wenn zwei Eintragungen dieselben Merkmale aufweisen würden .. und eine davon nachweislich (!) nicht (!) manipuliert worden sei … dies dann aber bei der anderen zu vermuten!! Weiters bestätige auch bereits das Wort "können", dass auch "andere" Umstände (außer einem Tilgungsvorgang) zu diesen "Reaktionen" führen hätten können. Mit keinem Wort werde auf ihre seinerzeitige Vermutung eingegangen, ob die Entwertung vom 1. März eventuell durch "Durchschreiben" (beim Ausfüllen eines sich darüber befindlichen Parkscheines) entstanden sein hätte können. Summa summarum sage also die durchgeführte Untersuchung nichts Konkretes aus, bestärke jedoch - vom logischen Menschenverstand aus betrachtet - die von ihr vorgebrachte Tatsache, dass am gegenständlichen Parkschein nichts manipuliert worden sei.

Weiters brachte die Bf. nach teilweiser Wiederholung ihrer bereits im Einspruch gemachten Ausführungen zusammengefasst vor, dass ihr der Zulassungsbesitzer das in Rede stehende Fahrzeug kostenlos zur Verfügung gestellt habe (keine Miete oder Benzin). Auch die Parkscheine seien ihr kostenlos zur Verfügung gestanden. Sie hätte also keinen Grund gehabt, den Parkschein zu manipulieren.

Da sie noch immer davon ausgehe, dass diese beanstandeten "schwachen Zeichen" durch Durchschreiben beim Ausfüllen eines anderen Parkscheines entstanden seien, es dunkel gewesen sei und ihre Freundin (!!) im guten Glauben einen "neuen" Parkschein für sie ausgefüllt habe, ersuche sie in Anbetracht der gesamten Umstände nicht nur vom Vorwurf einer Manipulation Abstand zu nehmen, sondern in ihrem besonderen Fall ebenfalls den Strafbetrag im Gesamten zu vernachlässigen.

Der Magistrat der Stadt Wien lastete der Bf. mit Straferkenntnis vom an, das näher bezeichnete Fahrzeug zur bereits näher angeführten Tatzeit in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Straße, ohne einen zum Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt zu haben, da der Parkschein Spuren von entfernten Entwertungen aufgewiesen habe. Demnach sei die Parkometerabgabe hinterzogen worden.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe von € 140,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 9 Stunden verhängt. Zudem wurde der Bf. gemäß § 64 VStG ein Betrag von € 14,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt (zu zahlender Gesamtbetrag daher € 154,00).

Zur Begründung führte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der von der Bf. in ihrem Einspruch gegen die Strafverfügung und in der Stellungnahme vom vorgebrachten Einwendungen Folgendes aus:

Die Bf. hafte als Lenkerin für die ordnungsgemäße Entrichtung der Parkometerabgabe. Die Verwendung eines manipulierten Parkscheines gehe daher ausschließlich zu ihren Lasten.

Das anzeigelegende Organ habe die Parkscheinnummer und die manipulierten Stellen in der Anzeige festgehalten. Weiters habe es in der Anzeige vermerkt, dass die tatsächlichen
Entwertungen mit blauem Stift durchgeführt worden und die manipulierten Stellen an Restkreisen erkennbar gewesen seien.

Wie sorgfältig das Kontrollorgan bei der Kontrolle des Fahrzeuges vorgegangen sei, lasse der Umstand erkennen, dass es die erkannten entfernten Entwertungen sowie die Erkennungsmerkmale als Zusatz vermerkt sowie ein Foto vom verfahrensgegenständlichen Parkschein angefertigt habe.

Entgegen den Ausführungen der Bf. sei das Vorliegen einer Manipulation dem Untersuchungsbericht der Landespolizeidirektion Wien zum gegenständlichen Parkschein sowie den fototechnischen Auswertungen eindeutig zu entnehmen. Neben der sichtbaren Entwertung , 16:30 Uhr sei bereits mit freiem Auge und Auflicht die zusätzliche Entwertung Feld Monat September, Feld Tag 26, Feld Stunde 21 und Feld Minute 0 zu erkennen gewesen. Dezidiert sei ausgeführt worden, dass das verwendete Schreibmittel nicht ident sei mit der Entwertung , 16:30 Uhr, wobei die mit freiem Auge ersichtlichen Entwertungen sowohl Schreibmittel als auch Eindruckspuren aufweisen würden.

Es seien somit im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen
Einstellung führen hätten können.

lm Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt sei es als erwiesen anzusehen, dass die Bf. das Tatbild verwirklicht habe.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone
abstelle, müsse gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.

Die Abgabe sei mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sei die Bf. nicht nachgekommen.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, sei auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen, zumal die Manipulation von Parkscheinen nicht mehr auf fahrlässiges Verhalten zurückgeführt werden könne, sondern das Verhalten der Bf. bereits vorsätzliches Handeln beinhalte, weshalb daher ihr Verschulden als erheblich angesehen werden müsse.

Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Die Bf. habe die Parkometerabgabe somit hinterzogen.

Handlungen und Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt werden, seien gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen.

Gemäß § 19 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) seien die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Handlung habe das als bedeutend einzustufende
öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben wesentlich geschädigt, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig zu werten gewesen sei.

Im Hinblick auf die schwere Verschuldensform (Abgabenhinterziehung in Folge Verwendung eines manipulierten Parkscheines) sei die Strafe spruchgemäß festzusetzen gewesen, da diese geeignet sein solle, die Bf. von einer Wiederholung wirksam abzuhalten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen habe, habe sich die Behörde bei der Strafbemessung auch vom Gedanken der Generalprävention leiten zu lassen (Verweis auf VwGH verst Sen Slg 4969A; ,83/ 10/0016 u.a.).

Auf Grund der stark zugenommenen Anzahl an Parkscheinmanipulationen erachte es die erkennende Behörde daher als notwendig, die Strafe entsprechend hoch festzusetzen, um eine derartige Wirkung zu erzielen.

Bei der Strafbemessung sei auch berücksichtigt worden, dass der Bf. zur Tatzeit der Umstand der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nach dem Parkometergesetz als Milderungsgrund zu Gute komme.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu € 365,00
reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden sei die verhängte
Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal etwaige Milderungsgründe nicht hervorgetreten seien.

Die Bf. erhob gegen das Straferkenntnis mit Schreiben vom mit folgenden Ausführungen Beschwerde:

"Zum Sachverhalt: Am habe ich mir von Hrn. O. sein KFZ
mit dem Kennzeichen „Vienna“ zur Benutzung geliehen. Dieses KFZ stand mir an
diesem Tag unentgeltlich zur Verfügung. Ebenso war vereinbart, dass sich ich die
im KFZ befindlichen Parkscheine des Fahrzeughalters kostenfrei verwenden darf.

-> Hr. O. bewahrt seine Parkscheine in einer Klarsichthülle im Handschuhfach auf. Allerdings befindet sich im Handschuhfach eine zweite Klarsichthülle, in welcher er die bereits verwendeten Parkscheine aufhebt, f. d. Fall, dass es einmal Probleme gibt.

Am parkte ich das KFZ in Straße, ein
Parkzettel wurde der Hüllen im Handschuhfacn entnommen, entsprechend ausgefüllt und hinter der Windschutzscheibe hinterlegt.

Als ich einige Zeit später aus einem Lokal heraus beobachtete, dass ein „Aufsichtsorgan“ bei diesem Auto „tätig“ wurde, stürmte ich mit meiner Freundin zu diesem, um die Sachlage zu klären.

Dort erklärte uns dieser „Mann der Behörde“ wortwörtlich, dass

1.) er „Radierungen“ auf dem Parkschein festgestellt hätte und

2.) er aus diesem (!) Grund keine „normale“ Parkstrafe ausstelle und es aus
diesem (!) Grund eine Anzeige mit erhöhter Geldstrafe geben werden.

-> Trotz mehrmaligen Ersuchens war das Überwachungsorgan nicht dazu bereit, sich den Parkschein im Original oder die zwei unterschiedlichen Hüllen mit den Parkscheinen (neu und gebraucht) anzusehen, um eventuell seine falsche Entscheidung nochmals zu überdenken.

In weiterer Folge erhielt ich eine Strafverfügung, gegen die ich Einspruch erhob, der
Parkschein wurde i.d.F. vom Landeskriminalamt untersucht, zu dieser Erkenntnis
durfte ich Stellung nehmen und nun erhielt ich die gegenständliche Strafverfügung
bzw. diesen Bescheid.

Im gegenständlichen Bescheid (Straferkenntnis?) werden nun Tatsachen absolut falsch wiedergegeben und berücksichtigungswürdige Sachverhalte vollkommen außer Acht gelassen, wie ich nun nachstehend ausführe:

1.) Die kriminaltechnische Untersuchung sagt aus, dass ...."Reaktionen ersichtlich
gemacht wurden, wie sie bei Tilgungsvorgängen entstehen KÖNNEN".

Es ist also eine Aussage im KONJUNKTIV!!! Also KÖNNEN solche Reaktionen auch OHNE einer widerrechtlichen Entfernung entstehen. Vielleicht auch durch Verblassen der Schrift? Jedenfalls nicht ausschließlich durch Tilgungsvorgänge!

Im gegenständlichen Bescheid wird hingegen geschrieben (Seite 3, unterer Absatz), dass „dem Untersuchungsbericht das Vorliegen einer Manipulation eindeutig zu entnehmen ist".

Diese Aussage im gegenständlichen Bescheid ist daher nachgewiesen falsch!

2.) lm gegenständlichen Bescheid wird mir mehrfach unterstellt, dass „lCH“ (also
meine Person) widerrechtliche Radierungen vorgenommen hätte und weil „ICH" diese Tat verübt hätte auch diesbezüglich zu bestrafen sei.

Seite 3, unterster Absatz ... „es ist als erwiesen anzusehen, dass SlE (!!!) das Tatbild(widerrechtliche Manipulation) verwirklicht haben".

Seite 4 /3. Absatz … "sondern IHR (!!) Verhalten vorsätzliches Handeln erfordert“

Seite 4 /3. Absatz „weshalb lHRE(!!) Schuld als erheblich angesehen werden muss“.

Seite 4/8. Absatz … die Strafhöhe soll geeignet sein, SIE (!!) von einer Wiederholung wirksam abzuhalten".

Absolut nicht berücksichtigt - in der Gesamtbetrachtung - werden jedoch folgende Punkte:

"A) Es war nicht mein KFZ und auch nicht mein Parkschein, der verwendet
wurde. Ich selbst besitze auch keine Parkscheine!

B) Ich hatte weder die Zeit noch das Wissen sowie KEINE Möglichkeit (!!) einen
fremden Parkschein zu manipulieren.

C) Ich hatte überhaupt keinen Vorteil eine Parkometerabgabe zu hinterziehen, da
mir die Parkscheine kostenlos zur Verfügung standen.

D) Beim Ausfüllen des Parkscheines war es bereits sehr dunkel … und ich hatte es auch eilig.

Es ist mir vollkommen klar, dass ich als Fahrzeuglenkerin für eine ordnungsgemäße
Entrichtung einer Parkometerabgabe die Verantwortung habe.

Mehrfach wurde jedoch mir (und Hrn. O. bei seinem persönlichen Vorsprechen) mitgeteilt, dass ich - bei einem irrtümlich „doppelt ausgefüllten“ Parkschein - einen normalen Strafzettel von € 36.- bekommen hätte und sich die Strafverfügung alleine darauf begründet, dass mir eine vorsätzliche Manipulation unterstellt wird.

In Punkt 1.) habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die Untersuchung ergab, dass die „festgestellten Reaktionen“ nicht bindend mit „vorsätzlichen Radierungen“ in Zusammenhang stehen müssen. Diese Tatsache wird jedoch im gegenständlichen Bescheid eindeutig falsch wiedergegeben.

In Punkt 2.) habe ich zusätzlich dargelegt, dass es für mich absolut keine Veranlassung oder Möglichkeit gab diesen Parkschein zu manipulieren und es beim Ausfüllen desselben bereits sehr dunkel war.

Vielleicht wurde tatsächlich der gebrauchte Parkschein aus der falschen Hülle entnommen, oder er lag in der falschen Hülle drinnen. Keine Ahnung. Aber vorsätzlich manipuliert wurde er zu 100% nicht!

In Anbetracht meiner obigen Ausführungen ersuche ich daher

1.) von der Behauptung, der Parkschein wäre nachweislich manipuliert (siehe Punkt 1.) Abstand zu nehmen,

2.) mich schon alleine deswegen (aber ebenso unter Berücksichtigung meiner Ausführungen im Punkt 2.) vom Vorwurf der vorsätzlichen Manipulation freizusprechen und daher

3.) den Strafbetrag auf die normale Höhe von € 36,- zu reduzieren."

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Die Bf. stellte das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna (A) am um 16:30 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Straße, ab.

Im Handschuhfach des PKW befanden sich zwei "Zettelhüllen" mit Parkscheinen. In der einen Hülle befanden sich die unbenützten, in der anderen die bereits benützten (entwerteten) Parkscheine.

Die Beifahrerin der Bf. entnahm aus einer der zwei Hüllen den Parkschein Nr. 123und füllte diesen mit der Entwertung , 16:30 Uhr (Parkdauer 1 Stunde) aus.

Um 16:51 Uhr wurde das Fahrzeug von einem Parkraumüberwachungsorgan beanstandet.  

Der gegenständliche Parkschein wies in den Feldern MONAT: September, TAG: 26, STUNDE: 21 und MlNUTE: 0 Spuren von entfernten Entwertungen auf.

Beweiswürdigung:

Die Bf. bestreitet nicht, das Fahrzeug zur Tatzeit am im Straferkenntnis angegebenen Ort abgestellt zu haben. Insoweit ist der Sachverhalt unbestritten.

Strittig ist hingegen, dass der verwendete Parkschein Spuren von entfernten Entwertungen enthielt.

Ob Entwertungen vom Parkschein entfernt worden sind oder nicht, ist eine im Beweisverfahren zu beantwortende Sachfrage, bei deren Beantwortung jedes für die Beweisführung geeignete und zweckdienliche Mittel verwendet werden darf. Nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens ist in freier Überzeugung zu beurteilen, welche Fakten als erwiesen oder nicht als erwiesen anzunehmen sind. Von mehreren Versionen darf die wahrscheinlichste als erwiesen angenommen werden (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 305 und die dort zitierte Judikatur, u.a.).

Der Originalparkschein wurde im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und einer kriminaltechnologischer Untersuchung unterzogen, die entgegen dem Beschwerdevorbringen der Bf. ein eindeutiges Ergebnis erbracht hat. Danach konnte neben der von der Bf. bzw. ihrer Beifahrerin vorgenommenen Entwertung eine bereits mit freiem Auge und im Auflicht erkennbare, zusätzliche Entwertung im Monat September, Tag 26, Stunde 21, Minute 0 festgestellt werden, wobei zusammenfassend dezidiert von "chemisch und/oder mechanisch bewirkten Tilgungsvorgängen an ursprünglichen Beschriftungen" die Rede ist.

Mit dem in der Beschwerde erstatteten Vorbringen, diese Aussage der kriminaltechnische Untersuchung sei im Konjunktiv formuliert, wobei das Wort "Können" bereits bestätige, dass auch "andere" Umstände (außer einem Tilgungsvorgang) zu diesen "Reaktionen" geführt haben könnten, gelingt es der Bf. nicht, das vorliegende Untersuchungsergebnis in Frage zu stellen bzw. als nicht aussagekräftig darzustellen, da im Untersuchungsbericht jedenfalls eine bereits mit freiem Auge und im Auflicht zu erkennende Entwertung festgestellt wurde, die entweder durch chemische oder mechanisch e Einwirkung oder eine Kombination von chemischen und mechanisch en Einwirkungen entstanden sind. Dass andere Umstände, wie etwa ein "Verblassen der Schrift" oder ein sog. "Durchdruck" von der kriminaltechnischen Untersuchungsanstalt als Spuren von entfernten Entwertungen beurteilt werden, ist auszuschließen, da bei der angewandten Untersuchungsmethode weder ein Ausbleichen noch bloße Eindruckspuren die im vorliegendem Gutachten genannten spezifischen Reaktionen hervorrufen.  

Für das BFG ist nach dem Ergebnis dieser Untersuchung zweifelsfrei erwiesen, dass der im Fahrzeug zum Beanstandungszeitpunkt hinterlegte Parkschein manipuliert wurde.

Rechtliche Beurteilung:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen
Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der
ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der
Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe
der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das
eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten
Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung
der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für
das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer
Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem
Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

Gemäß § 3 Abs 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung haben Abgabepflichtige,
die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, dafür zu sorgen,
dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig
entwerteten Parkschein gekennzeichnet ist.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig
verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu
bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung) sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Objektive Tatseite:

Aufgrund des Ergebnisses der kriminaltechnischen Untersuchung des LKA Wien in Verbindung mit den Angaben des Kontrollorganes in der Anzeige erachtet es das BFG im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) als erwiesen, dass der von der Bf. am verwendeten Parkschein Nr. 123 Vorentwertungen aufgewiesen hat, wobei festzuhalten ist, dass die im Untersuchungsbericht genannten zusätzlichen Entwertungen bereits mit freiem Auge zu erkennen sind.

Hinsichtlich des Vorbringens der Bf., dass es sich bei dem in Rede stehenden Fahrzeug nicht um ihr Fahrzeug und bei dem verwendeten Parkschein nicht um ihren Parkschein gehandelt habe sowie dass sie weder die Zeit noch das Wissen sowie keine Möglichkeit gehabt habe, einen fremden Parkschein zu manipulieren und überhaupt keinen Vorteil gehabt hätte, die Parkometerabgabe zu hinterziehen, da ihr die Parkscheine kostenlos zur Verfügung gestanden seien, ist darauf hinzuweisen, dass es für die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes nicht maßgeblich ist, ob die Bf. die früheren Entwertungen selbst entfernt oder bereits manipulierte Parkscheine verwendet hat, da das Verwenden bereits entwerteter Parkscheine jedenfalls die Verkürzung der Abgabe bewirkt.

Subjektive Tatseite:

§ 5 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) normiert:

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

§ 5 StGB normiert:

"(1) Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

(2) Der Täter handelt absichtlich, wenn es ihm darauf ankommt, den Umstand oder Erfolg zu verwirklichen, für den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt.

(3) Der Täter handelt wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiß hält."

Die Abgabenhinterziehung durch Verwendung eines manipulierten Parkscheines weist in der Regel schon allein aus der Tat an sich auf eine vorsätzliche Handlungsweise hin, da jedenfalls davon auszugehen ist, dass eine Person, die einen bereits entwerteten Parkschein – nach Entfernung bereits vorgenommener Eintragungen – nochmals verwendet, sich der Tragweite ihrer Handlungen wohl bewusst sein muss.

Allerdings hat die Bf. im vorliegenden Fall einen Parkschein verwendet, der ihr unentgeltlich vom Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges überlassen worden ist. Wird ein Parkschein in einem dafür authorisierten Unternehmen (ua. Trafiken, Tankstellen, Zigarettenautomaten, Postfilialen) gekauft, so kann der Fahrzeuglenker grundsätzlich davon ausgehen, dass er einen ordnungsgemäßen und für die korrekte Entrichtung der Parkometerabgabe geeigneten Parkschein erhält. Im Hinblick darauf, dass der streitverfangene Parkschein nicht von der Bf. selbst in einer Trafik gekauft worden war, durfte sie jedoch nicht mit Sicherheit von der Unversehrtheit dieses Dokumentes ausgehen. In dieser konkreten Situation war von ihr die genaue Überprüfung des Parkscheines auf das Vorhandensein allfälliger Entfernungen von vormaligen Ankreuzungen zu erwarten. Hätte sie dieses getan, so hätte sie ein früheres Ankreuzen jedenfalls nicht ausschließen können und hätte in diesem Fall von der Verwendung dieses Parkscheines Abstand nehmen können. Die Unterlassung dieser Überprüfung - insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Bf. bekannt war, dass sich im PKW nicht nur unbenutzte, sondern auch bereits entwertete Parkscheine befunden haben (ein Umstand, der auch vom Zulassungsbesitzer des PKW`s bestätigt wurde) - wird unter den gegebenen Umständen als auffallend sorglos und somit als grob fahrlässig angesehen.

Der Bf. hat somit den Tatbestand der (grob)fahrlässigen Verkürzung der Parkometerabgabe verwirklicht.

Es kann jedoch nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen angesehen werden, dass die Bf. die Manipulation des Parkscheines selbst durchgeführt hat.
Ebenso kann nicht als erwiesen angenommen werden, dass die Bf. von vornherein von der in Rede stehenden Manipulation wusste oder aufgrund besonderer Umstände damit konkret rechnen musste. Daher geht das Gericht von keinem vorsätzlichen Handeln und somit von keiner Hinterziehung der Parkometerabgabe aus.

Strafbemessung:

Gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes
und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der
Strafe.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bei der Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG darauf Bedacht zu nehmen, dass
ein öffentliches Interesse an der Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht oder unrichtig entwertet, entgehen der
Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben. Angesichts der hohen
Hinterziehungs- und Verkürzungsanfälligkeit der Parkometerabgabe ist eine Bestrafung in
einer Höhe geboten, die sowohl eine individualpräventive als auch eine generalpräventive
Wirkung entfaltet.

Die Bf. gefährdete mit ihrer keinesfalls als unbedeutend einzustufenden Tat das Interesse der Stadt Wien an der entsprechenden Parkraumbewirtschaftung.

Da die Bf. die Abgabe nicht vorsätzlich, sondern grob fahrlässig hinterzogen hat, ist auf Grund der geringeren Verschuldensform die Herabsetzung der Strafe geboten.

Bei der Strafbemessung war außerdem auf die angespannte finanzielle Situation der Bf. Bedacht zu nehmen. Die Bf. hat der Behörde zum Nachweis ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, MA 40, vom vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass der Bf. rückwirkend ab März 2019 die Mindestsicherung sowie Mietbeihilfe zuerkannt wurde (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs monatlich € 885,47, Mietbeihilfe mtl. € 57,64). 

Weiters geht aus dem Verwaltungsakt hervor, dass die Bf. in verwaltungsstrafrechtlichen Angelegenheiten nach dem Parkometergesetz unbescholten ist.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe erachtet das Bundesfinanzgericht die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf die Hälfte bei einem bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmen als schuld- und tatangemessen.

Eine Herabsetzung der Geldstrafe auf die von der Bf. ins Auge gefasste "normale Höhe" von € 36,00 kommt angesichts der auffallenden Sorglosigkeit der Bf. bei der Verwendung des unentgeltlich zur Verfügung gestellten Parkscheins nicht in Betracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten gründen sich auf die zwingenden Rechtsvorschriften des § 64 Abs. 1 und 2 VStG, wonach dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10,00 € zu bemessen ist. Demnach war der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens auf Grundlage des verminderten Strafausmaßes auf 10,00 € zu reduzieren.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß
anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte
Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen
nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann
sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt
werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund
anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge
uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach
Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO,
im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche
Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis wurde über keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG entschieden, sondern es handelt sich ausschließlich um eine Sachverhaltsfrage.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 39 Abs. 2 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 37 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 46 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 3 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 44 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Verweise



















ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500799.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at