Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.01.2020, RV/7101046/2019

Normverbrauchsabgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch LBG Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung GmbH, Boerhaavegasse 6, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe zu Recht: 

1. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO aufgehoben.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am fand eine Schwerpunktkontrolle der Finanzpolizei in A statt, bei welcher es auch zur Kontrolle des Kraftfahrzeuges mit dem slowakischen Kennzeichen 12345 kam. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden "Bf."), Lenkerin des Fahrzeugs mit gemeldetem Hauptwohnsitz im Inland, gab laut Aktenvermerk der Finanzpolizei an, dass das Fahrzeug ein Firmenfahrzeug sei und sie es seit ca. zwei, drei Monaten habe. Laut diesem Aktenvermerk befanden sich im Fahrzeug Kindersitze.

In Folge setzte die belangte Behörde die Normverbrauchsabgabe mit Bescheid vom iHv EUR 12.460,87,-- fest.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde. Das gegenständliche Fahrzeug sei von der slowakischen B s.r.o. geleast worden, deren Geschäftsführer der Gatte der Bf. sei, und befinde sich grundsätzlich immer in der Slowakei. Die Bf. sei Dienstnehmerin der B s.r.o. Zum Zeitpunkt der Fahrzeugkontrolle habe sich die Bf. laut Auskunft ihres Gatten auf einer angeordneten Geschäftsreise befunden. Unstrittig sei, dass die Bf. seit dem ihren Hauptwohnsitz im Inland habe und sich auf dem Fahrzeug eine österreichische Jahresvignette für das Jahr 2018 befunden habe. Bestritten werde hingegen die Aussage, dass die Bf. das gegenständliche Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kontrolle seit ca. drei Monaten benützt und somit vor mehr als einem Monat erstmals ins Inland eingebracht habe. Laut Auskunft des Gatten der Bf. sei das Fahrzeug am in der Slowakei für die B s.r.o. angemeldet worden. Vom 19. Februar bis zum hätte sich die Bf. mit ihrer Familie durchgehend in der Slowakei aufgehalten, da ihr Sohn dort zwecks Verbesserung seiner Sprachkenntnisse einen slowakischen Kindergarten besucht habe. Das Fahrzeug sei der Bf. erst am für eine Geschäftsreise zur Verfügung gestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die einmonatige Frist für die erstmalige Einbringung des Fahrzeugs im Inland noch nicht verstrichen gewesen. Mit ihrer Aussage im Zuge der Kontrolle habe die Bf. im Übrigen zum Ausdruck bringen wollen, dass das Fahrzeug seit drei Monaten im Besitz der B s.r.o. gewesen sei.

Als Nachweise legte die Bf. der Beschwerde eine Kopie des Zulassungsscheins sowie Bestätigungen des slowakischen und des inländischen Kindergartens hervor, aus denen hervorgeht, dass der Sohn der Bf. bis zum einen slowakischen Kindergarten besucht habe bzw. bis zum nicht im inländischen Kindergarten gewesen sei.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Das Zulassungsdatum laut vorgelegtem Zulassungsschein sei der . Was am dokumentiert worden sei, könne auf Grund der slowakischen Sprache nicht eruiert werden. Die Bf., die laut ZMR seit dem im Inland ihren Hauptwohnsitz habe und deren Sohn im Inland einen Kindergarten besuche, sei als Halterin des Fahrzeugs anzusehen, da sie als Dienstnehmerin der Zulassungsbesitzerin und Gattin des Geschäftsführers das Fahrzeug faktisch uneingeschränkt benützen und so den Nutzen aus der Verwendung ziehen könne. Da das Fahrzeug bereits am zugelassen worden sei, sei die Monatsfrist nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 bereits verstrichen. Dass sich der dauernde Standort des Fahrzeugs entgegen der Vermutung nicht im Inland befinde, sei nicht vorgebracht worden.

In ihrem Vorlageantrag trat die Bf. der von der belangten Behörde getroffenen Feststellung, das Fahrzeug sei bereits am 13. Juni zugelassen worden, entgegen. Dieses Datum entspreche der Erstzulassung des Fahrzeugs. Der Leasingvertrag mit dem slowakischen Händler sei jedoch am abgeschlossen worden und das Fahrzeug sei am auf den Namen der B s.r.o. zugelassen worden. Darüber hinaus werde die von der belangten Behörde getroffene Standortvermutung bestritten. Die Bf. könne das Fahrzeug nicht faktisch uneingeschränkt benutzen. Vielmehr dürfe sie es nur für Dienstreisen und im Auftrag des Dienstgebers benutzen. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass an der B s.r.o. nicht nur der Gatte der Bf. (zu 49%) beteiligt sei, sondern auch ein weiterer Gesellschafter zu 51%.

Als Nachweise legte die Bf. dem Vorlageantrag das Übernahmeprotokoll mitsamt deutscher Übersetzung vom sowie eine deutsche Übersetzung des Zulassungsscheins bei.

Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Die Bf. hatte im Jahr 2018 ihren Hauptwohnsitz im Inland. Sie nutzte im Inland ein Fahrzeug mit dem slowakischen Kennzeichen 12345, das seit dem auf die slowakische B s.r.o. zugelassen war. Das Fahrzeug wurde am erstmals ins Inland eingebracht. Bei der Kontrolle der Finanzpolizei am befanden sich im Fahrzeug Kindersitze.

2. Beweiswürdigung

Unstrittig ist der Hauptwohnsitz der Bf. im Inland während des streitgegenständlichen Zeitraums, welcher sich insbesondere aus dem entsprechenden ZMR-Auszug ergibt. Es bestehen keine Anhaltspunkte, die gegen einen Hauptwohnsitz im Inland sprechen. Dass die Bf. das Fahrzeug nutzte, geht aus ihrer Erstaussage gegenüber der Finanzpolizei, sie habe das Fahrzeug seit etwa zwei, drei Monaten, hervor und ist glaubhafter als ihr späteres Vorbringen, sie habe mit ihrer Aussage zum Ausdruck bringen wollen, dass das Fahrzeug seit etwa drei Monaten im Besitz der B s.r.o. gewesen sei. So gilt auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die rechtliche Unbefangenheit bei einer Erstaussage nach der Lebenserfahrung als eine gewisse Gewähr für die Übereinstimmung dieser Aussage mit den tatsächlichen Verhältnissen angesehen werden kann (vgl. etwa ). Laut Vorbringen der Bf. habe sie das Fahrzeug nur für Dienstreisen und im Auftrag des Dienstgebers nutzen dürfen. Allerdings nahm die Finanzpolizei laut Aktenvermerk vom Kindersitze im Auto wahr.

Aus der Erstaussage der Bf. geht nicht hervor, dass sie das Fahrzeug bereits vor dem erstmals ins Inland einbrachte. Die Bestätigungen des slowakischen und des inländischen Kindergartens belegen, dass der Sohn der Bf. bis zum einen slowakischen Kindergarten besuchte und bis zum nicht im inländischen Kindergarten war. Vor diesem Hintergrund erscheint es schlüssig, dass sich die Bf. zumindest bis Ende April 2018 in der Slowakei aufhielt und daher das Fahrzeug nicht im Inland nutzte. Offen ist, ob die Bf. das Fahrzeug bereits Anfang Mai 2018 oder erst am ins Inland einbrachte und dort nutzte. Aus den Feststellungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung, die im Vorlagebericht nicht weiter ergänzt wurden, geht hervor, dass diese bereits von einer Zulassung des Fahrzeugs auf die B s.r.o. am ausging und in Folge annahm, dass die Bf. das Fahrzeug bereits im Jahr 2017 erstmals ins Inland eingebracht und dort genutzt habe. Diese Annahme ist durch das von der Bf. vorgelegte Übernahmeprotokoll des Fahrzeugs vom Autohändler und durch die Übersetzung des Zulassungsscheins widerlegt, wonach das Fahrzeug erst am auf die B s.r.o. zugelassen wurde. Die belangte Behörde traf keine Feststellungen, aus denen hervorgeht, dass die Bf. das Fahrzeug bereits Anfang Mai 2018 ins Inland einbrachte. Daher wird dem Vorbringen der Bf. gefolgt, wonach sie das Fahrzeug erst am erstmals ins Inland einbrachte.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt 1: Aufhebung

Gemäß § 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991 unterliegt die Verwendung eines Fahrzeugs im Inland der Normverbrauchsabgabe, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre. Dieser Tatbestand ist jenem der erstmaligen Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland (§ 1 Z 3 lit. a NoVAG 1991) gleichzusetzen.

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 lautet wie folgt:

"Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung."

Abgabenschuldner ist nach § 4 Z 3 NoVAG 1991 u.a. derjenige, der das Fahrzeug verwendet.

Nach § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991 entsteht die Steuerschuld im Fall der Verwendung eines Fahrzeugs im Inland mit dem Zeitpunkt der Einbringung in das Inland.

§ 11 Abs. 2 NoVAG 1991 besagt für die Fälle des § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991, dass der Abgabenschuldner spätestens einen Monat nach der Zulassung eine Anmeldung beim Finanzamt einzureichen hat, in der er den zu entrichtenden Betrag selbst zu berechnen hat. Dies gilt analog für den Fall der Einbringung des Fahrzeugs ins Inland.

Das NoVAG 1991 enthält keine Regelung, wem die Verwendung eines Fahrzeugs zuzurechnen ist. Daher ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeugs nach § 5 Abs. 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) zurückzugreifen. Unter dem Halter ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat (vgl. dazu etwa OGH, , 9 Ob A 150/00z). Als Halter können auch mehrere Personen in Betracht kommen ( ).

Aus der Aktenlage geht nicht hervor, ob die Bf. das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch hatte. Daher kann die Frage, ob sie die Verwenderin des Fahrzeugs war, ungeachtet der Beurteilung, ob sie die Verfügungsmacht über das Fahrzeug hatte, nicht abschließend beantwortet werden.

Selbst wenn die Bf. die Verwenderin des Fahrzeugs gewesen sein sollte, war die belangte Behörde nur dann berechtigt, die Normverbrauchsabgabe nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO festzusetzen, wenn die Frist für die Bekanntgabe des selbst zu berechnenden Steuerbetrags nach § 11 Abs. 2 NoVAG 1991 zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids bereits verstrichen war.

Es wurde festgestellt, dass das Fahrzeug erstmals am ins Inland eingebracht wurde. Damit war die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe frühestens am und somit nicht bereits am zulässig. Dem angefochtenen Bescheid selbst ist im Übrigen nicht zu entnehmen, für welchen Zeitraum die Normverbrauchsabgabe festgesetzt werden sollte. Aus § 11 Abs. 2 NoVAG 1991 ergibt sich, dass die Festsetzung der Normverbrauchabgabe nur zeitraumbezogen für den jeweiligen Kalendermonat erfolgen kann. Zur Bemessungsgrundlage (Grundlagen der Abgabenfestsetzung) gehören Größen, aus denen die Abgaben unmittelbar abgeleitet werden kann. Hiezu gehört notwendigerweise auch der Zeitraum, für den die jeweilige Abgabe vorgeschrieben wird (vgl. Ritz, BAO6, § 198 Rz 16 und die dort angeführte Judikatur). Die Bemessungsgrundlage wird somit als unabdingbarer Spruchbestandteil normiert (vgl. ). Eine bescheidmäßige Festsetzung der Normverbrauchsabgabe ohne Angabe des Zeitraums (Monats) war somit nicht zulässig.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 2: Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da sich der frühestmögliche Zeitpunkt der Festsetzung der Normverbrauchsabgabe im Falle der Verwendung des Fahrzeugs im Inland aus dem Gesetz ergibt, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 4 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 11 Abs. 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 5 Abs. 1 EKHG, Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, BGBl. Nr. 48/1959
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


9 Ob A 150/00z

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101046.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at