Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.01.2020, RV/7400063/2019

Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe, Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung nach Anerkenntnis des Prüfungsergebnisses, liquide Mittel von dritter Seite, Feststellung der Gläubigergleichbehandlung im Konkursverfahren für Haftung nicht relevant

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch V-1, A-2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, vom , MA 6/ARL-N-1, betreffend Haftung für Abgabenschulden der G-1 gemäß §§ 6a KommStG und DGAG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 20.389,73 herabgesetzt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
2015
2.500,82
Kommunalsteuer
2016
9.004,94
Säumniszuschlag
2016
180,10
Kommunalsteuer
2017
3.929,26
Säumniszuschlag
2017
78,58
Pfändungsgebühren
2017
170,02
Kommunalsteuer
01-02/2018
354,70
Säumniszuschlag
01-02/2018
7,09
Dienstgeberabgabe
2013
328,85
Säumniszuschlag
2013
6,58
Dienstgeberabgabe
2014
271,05
Säumniszuschlag
2014
5,42
Dienstgeberabgabe
2015
831,08
Säumniszuschlag
2015
16,62
Dienstgeberabgabe
2016
1.827,58
Säumniszuschlag
2016
36,55
Dienstgeberabgabe
2017
769,30
Säumniszuschlag
2017
15,39
Dienstgeberabgabe
01-02/2018
55,80

Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsvorhalt vom wies der Magistrat der Stadt Wien MA 6 den späteren Beschwerdeführer darauf hin, dass er seit D-1 im Firmenbuch als Geschäftsführer der Firma G-1 eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter sei.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Gemäß §§ 6a Abs. 1 DGAG und KommStG hafteten die in den §§ 80 ff. BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe bzw. Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im gegenständlichen Fall seien die nachstehenden Abgabenbeträge bis dato nicht entrichtet worden, wodurch die gesetzliche Voraussetzung für seine Haftungs- und Zahlungspflicht gegeben sei:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
2015
2.509,60
Kommunalsteuer
2016
9.036,57
Säumniszuschlag
2016
180,73
Kommunalsteuer
2017
3.943,06
Säumniszuschlag
2017
78,86
Pfändungsgebühren
2017
170,62
Kommunalsteuer
01-02/2018
355,95
Säumniszuschlag
01-02/2018
7,11
Dienstgeberabgabe
2013
330,00
Säumniszuschlag
2013
6,60
Dienstgeberabgabe
2014
272,00
Säumniszuschlag
2014
5,44
Dienstgeberabgabe
2015
834,00
Säumniszuschlag
2015
16,68
Dienstgeberabgabe
2016
1.834,00
Säumniszuschlag
2016
36,68
Dienstgeberabgabe
2017
772,00
Säumniszuschlag
2017
15,44
Dienstgeberabgabe
01-02/2018
56,00
Summe
20.461,34

Es werde dem Bf. gemäß § 183 Abs. 4 BAO Gelegenheit gegeben, den vorliegenden Sachverhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern. Sollte er seine Haftungs- und Zahlungspflicht anerkennen, werde er ersucht, den Rückstand zu begleichen.

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Mit Schreiben vom nahm der Bf. dazu Stellung und wandte ein, dass der Haftungsvorhalt unbegründet und unrichtig sei. Es sei richtig, dass er handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten GmbH sei. Es sei auch richtig, dass am D-2 das Konkursverfahren bei dieser Gesellschaft eröffnet worden sei. Dieses sei noch anhängig. Ob und in welchem Umfang Quoten ausgeschüttet würden, sei bislang noch nicht geklärt. Daher sei die Frage der Haftungsinanspruchnahme verfrüht.

Die Höhe der zur Haftung herangezogenen Forderungen werde - auch vom Masseverwalter - bestritten. Es sei beim Finanzamt dazu ein offenes Verfahren anhängig. Da die Forderungen nicht tituliert seien, beantrage er die Bescheidausfertigung. Die MA 6 werde daher ihre strittige Forderung selbst prüfen müssen und einen Bescheid zu erlassen haben. Die GPLA-Prüfung habe keinen Bescheid hervorgebracht, womit Kommunalsteuern und Dienstgeberabgabebeträge vorgeschrieben worden seien.

Damit erweise sich aber der "Haftungsbescheid" als gänzlich verfehlt. Die gesetzlichen Grundlagen für ein Haftungsverfahren lägen nicht vor.

Der Bf. beantrage die Beischaffung des Konkursaktes sowie die zeugenschaftliche Vernehmung des Masseverwalters.

Die Haftung bestehe auch deshalb nicht, da eine Gläubigerungleichbehandlung nicht stattgefunden habe. Die liquiden Mittel für die Gesellschaft seien von dritter Seite gekommen. Die Gesellschaft habe keine anfechtbaren Zahlungen geleistet. Die Gesellschaft habe eigenes Kapital nicht anfechtbar (im Sinne einer unzulässigen Gläubigerungleichbehandlung) verwendet.

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Mit Schreiben vom ersuchte die MA 6 den Bf., ihr eine monatliche Aufschlüsselung der Abgabenbeträge an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für den Zeitraum 01/2015 bis 02/2018 sowie eine gegliederte Liquiditätsaufstellung für denselben Zeitraum vorzulegen.

Die Liquiditätsaufstellung habe für den genannten Betrachtungszeitraum und auf die Fälligkeit bezogen folgende Angaben zu enthalten, wobei der jeweilige Betrachtungszeitraum zwischen dem Entstehen der einzelnen Abgabe bis zu deren Fälligkeit falle:

- Eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen (zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats) und neu entstandenen Verbindlichkeiten, in Gegenüberstellung mit

- einer Auflistung aller Zahlungen (inklusive Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bzw. Zug-um-Zug-Geschäfte) und sonstigen Tilgungen im Betrachtungszeitraum (zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats) und

- eine Aufstellung der liquiden Mittel zum Fälligkeitstag (15. des Fälligkeitsmonats).

Eine korrekte Aufstellung der Verbindlichkeiten, der neu entstandenen Verbindlichkeiten sowie deren Abstattungsbeträge habe nach den jeweiligen Fälligkeiten alle Gläubiger - einzeln und mit Angabe des Namens - und Beträge zu enthalten (zB Lieferverbindlichkeiten, Miete, Pacht, Gas, Strom, Wasser, Versicherungen, Löhne und Gehälter, Gebietskrankenkasse, Finanzamt, etc.).

Darüber hinaus sei eine Aufstellung der liquiden Mittel zum jeweiligen Fälligkeitstag (15. des Fälligkeitsmonats) beizubringen. Weiters habe die Liquiditätsaufstellung eine Quotenberechnung zu enthalten. Die Liquiditätsaufstellung samt Quotenberechnung müsse für die Behörde rechnerisch nachvollziehbar und aussagekräftig sowie durch entsprechende Unterlagen belegt sein.

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In Beantwortung des Vorhaltes teilte der Bf. mit Schreiben vom mit, dass die Übermittlung einer Liquiditätsaufstellung entbehrlich sei, da die Gesellschaft selbst über keine eigenen liquiden Mittel verfügt habe. Es seien Zahlungen von dritter Seite erfolgt.

Weiters gebe er für den angefragten Zeitraum bekannt:

- Gläubiger der Gesellschaft: laut Anmeldeverzeichnis im Konkurs
- Verbindlichkeiten: laut Anmeldeverzeichnis im Konkurs
- neu entstandene Verbindlichkeiten: laut Anmeldeverzeichnis im Konkurs
- Zahlungen durch die Gesellschaft selbst: keine
- Zahlungen für die Gesellschaft durch Dritte: blieben im Rahmen der strittigen Haftungsfrage außer Betracht

Da Liquidität der Gesellschaft nicht verwendet worden sei, sei eine Liquiditätsaufstellung nicht erforderlich.

Der Bf. beantrage die Beischaffung des Konkursaktes sowie die zeugenschaftliche Vernehmung des Masseverwalters.

Die Haftung bestehe auch deshalb nicht, da eine Gläubigerungleichbehandlung nicht stattgefunden habe. Die liquiden Mittel für die Gesellschaft seien von dritter Seite gekommen. Die Gesellschaft habe keine anfechtbaren Zahlungen geleistet. Die Gesellschaft habe eigenes Kapital nicht anfechtbar (im Sinne einer unzulässigen Gläubigerungleichbehandlung) verwendet.

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Mit Bescheid vom wurde der Bf. gemäß §§ 6a KommStG und DGAG als Geschäftsführer der G-1 für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen in Höhe von € 16.282,50 für den Zeitraum 01/2015-02/2018 sowie für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen in Höhe von € 4.178,84, gesamt daher € 20.461,34 haftbar gemacht.

Die von der MA 6 angeführte Aufgliederung entspricht jener laut Haftungsvorhalt.

Begründend wurde ausgeführt:

Gemäß §§ 6a Abs. 1 DGAG und KommStG hafteten die in den §§ 80 ff. BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe bzw. Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gelte sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-2 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Der Bf. sei seit D-1 im Firmenbuch als Geschäftsführer der genannten Gesellschaft eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.

In seinen Stellungnahmen gebe der Bf. im Wesentlichen an, dass eine Gläubigerungleichbehandlung nicht stattgefunden hätte. Eine Liquiditätsaufstellung sei entbehrlich, da Zahlungen von dritter Seite erfolgt wären.

Dazu werde Folgendes angemerkt:

Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG werde die GmbH durch den Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Mit der Bestellung zum Geschäftsführer werde auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Der Geschäftsführer habe insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwalte, entrichtet würden.

Nach dem "Gleichheitsgrundsatz" (Anmerkung: gemeint wohl "Gleichbehandlungsgrundsatz") habe der Vertreter vorhandene Mittel zwar nicht in erster Linie zur Begleichung der Abgabenschulden zu verwenden, er dürfe allerdings auch nicht den Abgabengläubiger schlechter behandeln als alle anderen Gläubiger; er dürfe also nicht andere Verbindlichkeiten vor den Abgabeschulden erfüllen. Seien liquide Mittel vorhanden - auch liquide Mittel von dritter Seite -, müssten alle Verbindlichkeiten anteilig im gleichen Verhältnis erfüllt sei werden, wenn sie nicht zur Deckung aller fälligen Verbindlichkeiten ausreichten, damit dem "Gleichheitsgrundsatz" entsprochen werde (, 82/14/0070-0072).

Reichten also die Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten einer Gesellschaft nicht aus, hafte der Geschäftsführer nur dann nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn er nachweise, dass die zur Verfügung stehenden Mittel - auch jene von dritter Seite - anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe aber nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Erbringe der Geschäftsführer diesen Nachweis nicht bzw. könne er auch nicht Beweis führen, dass er trotz des Fehlens ausreichender Mittel seiner Gleichbehandlungspflicht nachgekommen sei, so sei die Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei. Konsequenterweise hafte der Geschäftsführer dann für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze.

Der Bf. sei deshalb aufgefordert worden, zum Nachweis dafür, dass er den Abgabengläubiger nicht benachteiligt habe, monatliche Liquiditätsaufstellungen für den Zeitraum seiner Geschäftsführerfunktion vorzulegen. Dieser Aufforderung sei er jedoch nicht nachgekommen.

Zum Unterschied zur insolvenzrechtlichen Gläubigergleichbehandlung blieben bei der Betrachtung der abgabenrechtlichen Gläubigergleichbehandlung Zahlungen von dritter Seite nicht außer Betracht. Da die insolvenzrechtliche Gläubigergleichbehandlung im abgabenrechtlichen Verfahren keine Relevanz habe, könne die Beischaffung des Konkursaktes sowie die zeugenschaftliche Vernehmung des Masseverwalters die Vorlage der geforderten Liquiditätsaufstellung nicht ersetzen und sei daher nicht notwendig.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass kein Haftungstatbestand vorliege. Es sei richtig, dass er handelsrechtlicher Geschäftsführer der erwähnten Firma (gewesen) sei. Es sei auch richtig, dass ein Konkursverfahren im Jahr 2018 vor dem Handelsgericht Wien abgewickelt worden sei, welches kürzlich wieder aufgehoben worden sei.

Die Gesellschaft habe ihre liquiden Mittel anteilig verwendet. Eine Gläubigerungleichbehandlung liege nicht vor. Diese Tatsache ergebe sich aus den Ergebnissen des abgeführten Insolvenzverfahrens. Dazu werde die Aktenbeischaffung sowie die Zeugeneinvernahme des Masseverwalters beantragt.

Die Höhe der rückständigen Beträge bzw. der Haftungsbeträge werde bestritten. Die Gesellschaft schulde diese Beträge nicht. Es seien die strittigen Beträge auch nicht mittels Bescheides festgestellt worden. Es werde um diesbezügliche Bescheidausfertigung ersucht.

Abschließend beantragte der Bf. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Außerdem möge seiner Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben werden. Hilfsweise wolle er abgeändert und auf ein Mindestmaß reduziert werden.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und nach Zitierung der Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Haftung eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung seien.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu den im § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.

Es sei Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

Der Bf. führe in seiner Beschwerde im Wesentlichen an, dass kein Haftungstatbestand und keine Gläubigerungleichbehandlung vorlägen. Ebenso sei die Höhe der rückständigen Beiträge bzw. Haftungsbeträge nicht richtig, die Gesellschaft schulde diese Beträge nicht. Es seien die strittigen Beträge auch nicht mittels Bescheides festgestellt worden. Es werde um diesbezügliche Bescheidausfertigung ersucht.

Dem werde Folgendes entgegengehalten:

Selbstbemessungsabgaben seien Abgaben, die ein Abgabepflichtiger oder ein abgabenrechtlich Haftungspflichtiger zu den sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Fälligkeitszeitpunkten aufgrund einer Selbstberechnung ohne abgabenbehördliche Festsetzung zu entrichten habe. Nur bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen nach Maßgabe der §§ 201 oder 202 BAO erfolge hinsichtlich Selbstbemessungsabgaben eine Festsetzung mit Bescheid (Richtlinien für die Abgabeneinhebung).

Gemäß § 201 Abs. 1 BAO könne nach Maßgabe des Abs. 2 und müsse nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet sei, keinen selbstberechneten Betrag der Abgabenbehörde bekanntgebe oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweise.

Gemäß § 11 Abs. 4 KommStG bzw. § 6 Abs. 2 DGAG habe der Unternehmer bis Ende März des folgenden Kalenderjahres der Gemeinde eine Steuererklärung abzugeben. Gemäß § 201a BAO sei von einer Festsetzung abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Selbstberechnung berichtige.

Für den Zeitraum 2015 bis 2017 seien keine Jahreserklärungen für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe übermittelt worden. Anlässlich der Revisionen vom für die Jahre 2015 bis 2016 bzw. vom für den Zeitraum 01/2017-03/2018 seien die Revisionsergebnisse jeweils anerkannt worden und gälten daher als Berichtigung im Sinne des § 201a BAO. Die Abgabenbeträge seien daher bereits festgesetzt.

Der Bf. selbst habe als Geschäftsführer und somit Vertreter der Primärschuldnerin gemäß § 18 GmbHG die jeweiligen Niederschriften zur Kommunalsteuer- bzw. Dienstgeberabgaberevision unterfertigt und somit anerkannt. Die Abgabenbeträge seien daher nicht strittig.

Die Geltendmachung der Haftung setze ua voraus, dass eine Abgabenschuld entstanden und noch nicht (zB durch Entrichtung) erloschen sei (). Die Abgabenbeträge seien vom Bf. als Vertreter der Primärschuldnerin in den Niederschriften vom bzw. anerkannt worden. Die Abgaben seien dadurch festgesetzt worden und die Abgabenschuld sei entstanden. Da der Bf. nicht nachgewiesen habe, dass der Abgabenbetrag bereits entrichtet worden sei, liege somit ein Bestehen der Abgabenforderung gegen den Vertretenen vor.

Gemäß §§ 6a KommStG und DGAG sei im Falle der Kommunalsteuer und der Dienstgeberabgabe nicht die Uneinbringlichkeit Voraussetzung für die Abgabenhaftung, sondern der Umstand, dass die Abgabe beim Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne. Die Einbringlichkeit beim Abgabenschuldner müsse lediglich mit Schwierigkeiten verbunden, die Einbringung beim Abgabenschuldner also im Vergleich zu einer durchschnittlichen Einbringung bloß erschwert sein, wie insbesondere im Falle der Konkurseröffnung (). Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-2 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten gehörten insbesondere die Abgabenentrichtung aus den Mitteln, die der Vertreter verwalte (vgl. § 80 Abs. 1 BAO), die Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen und die zeitgerechte Einreichung von Abgabenerklärungen. Der Bf. habe als Geschäftsführer der Primärschuldnerin weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Vertretene dazutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung iSd §§ 6a KommStG und DGAG annehmen dürfe (vgl. ). Eine schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten sei anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe darlegen könne, aufgrund derer ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei; den Vertreter treffe dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungspflicht (vgl. ; ).

Bei schuldhafter Pflichtverletzung dürfe die Abgabenbehörde mangels dagegensprechender Umstände annehmen, dass die Pflichtverletzung die Ursache der Uneinbringlichkeit sei (; ; , 0178).

Verfüge der Vertretene über (wenn auch nicht ausreichende) liquide Mittel, so dürfe der Vertreter die Kommunalsteuerschuldner nicht schlechter behandeln als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (vgl. ). Auf dem Vertreter laste die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung habe zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (). Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, habe der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen. Werde dieser Nachweis nicht angetreten, könne dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. ).

Im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel sei die Erstellung eines Liquiditätsstatus in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankomme, gefordert. Gegen die Gleichbehandlungspflicht verstoße ein Geschäftsführer, der Abgabenschulden bei Fälligkeit nicht vollständig entrichte, dann nicht, wenn die Mittel, die ihm zur Verfügung stünden, nicht für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausreichten, er aber die Abgabenschulden im Vergleich zur Summe der anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandle und diesem Verhältnis anteilig erfülle; insoweit sei auch das Ausmaß der Haftung bestimmt (vgl. ; ). Dies setze allerdings voraus, dass der Geschäftsführer im Verfahren betreffend Heranziehung zur Haftung die Grundlagen für die behördliche Feststellung des zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zur Bezahlung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Anteils an liquiden Mitteln beigebracht habe. Der Vertreter habe den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, zu erbringen. Vermöge er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderung an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen sei, so hafte er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Werde dieser Nachweis nicht angetreten, könne dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. ).

Der Bf. sei mit Schreiben vom aufgefordert worden, zum Nachweis dafür, dass er den Abgabengläubiger nicht benachteiligt habe, monatliche Liquiditätsaufstellungen für den Zeitraum 01/2015-02/2018 vorzulegen. Dieser Aufforderung sei er jedoch nicht nachgekommen.

Zum Unterschied zur insolvenzrechtlichen Gläubigergleichbehandlung blieben bei der Betrachtung der abgabenrechtlichen Gläubigergleichbehandlung Zahlung von dritter Seite nicht außer Betracht. Die insolvenzrechtliche Gläubigergleichbehandlung habe im abgabenrechtlichen Verfahren keine Relevanz. Daher könne die Beischaffung des Konkursaktes sowie die zeugenschaftliche Vernehmung des Masseverwalters die Vorlage der geforderten Liquiditätsaufstellung nicht ersetzen und sei daher nicht erforderlich.

Der Bf. habe in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei. Seine Pflichtverletzung ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Er hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde.

Aufgrund dieser Tatsachen sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

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In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht:

"PV: Ich verweise auf das bisherige Vorbringen meines Mandanten und bringe ergänzend vor, dass über das Vermögen der Gesellschaft am D-2 das Konkursverfahren eröffnet wurde, das mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-3 nach Verteilung einer Quote von 0,35% aufgehoben wurde. Weiters beantrage ich die Beischaffung des Konkursaktes und die Vernehmung des Masseverwalters P-1. Darüber hinaus wird festgestellt, dass in diesem Konkursverfahren bereits die Gläubigergleichbehandlung geprüft wurde. Da das Magistrat an diesem Konkursverfahren teilgenommen hat, sind nunmehrige Einwendungen nicht mehr zulässig. Die darin ergangenen Beschlüsse, gegen die der Magistrat keinen Rekurs erhoben hat, präjudizieren auch dieses Verfahren.

MA: Es trifft zu, dass die Konkursquote von 0,35% im Haftungsbescheid keine Berücksichtigung finden konnte. Einer Einschränkung des Haftungsbetrages auf 99,65 % wird daher zugestimmt. Darüber hinaus wurde vom Masseverwalter ein Betrag von € 20.461,34, der dem ursprünglichen Haftungsbetrag entspricht, festgestellt und anerkannt. Lediglich ein Betrag von € 10.000,00, der mit dem Haftungsverfahren nicht im Zusammenhang steht, wurde bestritten. Weiters wurde ein Nachweis der Gläubigerbehandlung nicht erbracht, weshalb davon auszugehen ist, dass eine solche nicht bestand. Ich verweise auf die Rechtsprechung des VwGH zur Gläubigergleichbehandlung.

PV: Ich bestreite dieses Vorbringen und verweise darauf, dass die Gläubigergleichbehandlung durch das abgeführte Konkursverfahren nachgewiesen wurde, da im relevanten Zeitraum Zahlungen durch die Schuldnerin nicht vorgelegen sind, sondern von dritter Seite erfolgten, womit der Entlastungsbeweis geglückt ist. Eine Judikatur des VwGH zur Gläubigergleichbehandlung liegt nur für Normalfälle vor, nicht aber für den Sonderfall, dass beim Primärschuldner ein Insolvenzverfahren stattfindet und die Gleichbehandlung bereits im Konkurs geprüft wurde. Die Beschlüsse im Insolvenzverfahren müssen auch Bestand für das Haftungsverfahren haben, weil darüber mit Gerichtsentscheidung abgesprochen wurde und die Parteien des Konkursverfahren auch die Parteien dieses Haftungsverfahrens sind.

R: Es ergeht der Beschluss:

Der Antrag auf Beischaffung des Konkursaktes und Zeugeneinvernahme des Masseverwalters wird abgewiesen.

MA: Die Richtigkeit der Ergebnisse des Prüfungsverfahrens wurden vom Bf. damals anerkannt. Ich verweise darauf, dass Zahlungen von dritter Seite ebenfalls als Zahlungen der Gesellschaft gelten. Dadurch, dass Gehaltszahlungen erfolgt sind, ergibt sich die Ungleichbehandlung der Gläubiger, auch wenn diese von dritter Seite erfolgt wären.

Die Richterin bringt dem PV die liquiden Mittel laut den Jahresabschlüssen zum und 2014 zur Kenntnis.

MA legt die vom BFG angeforderten Bescheide betreffend Säumniszuschläge und Pfändungsgebühren vor.

PV: Die Bescheide sind der Gesellschaft und den Haftungspflichtigen nicht bekannt, die darauf befindliche Adresse ist nicht die Geschäftsanschrift der Gesellschaft, der Sitz ist Wien.

MA: Auf die Frage der R., weshalb auf dem Bescheiden die Adresse A-3, angeführt wurde, obwohl diese Adresse im Firmenbuch nicht als Sitz der Gesellschaft aufscheint, sondern A-1, wird mitgeteilt, dass bei der Anlegung eines Kontos die Adresse verwendet wird, die der Abgabepflichtige bekannt gibt, dieser ist auch verpflichtet, Änderungen mitzuteilen. Im A-3 befand sich offensichtlich ein Lokal der Gesellschaft.

PV: Dem widerspreche ich, da sich an dieser Adresse ein Büro befand, das mit der G-1 in keiner Verbindung stand. Das im A-3 befindliche Friseurgeschäft hatte eine andere Adresse. Somit haben die vom MA vorgelegten Bescheide keine Rechtswirksamkeit entfaltet.

MA: Für die Kommunalsteuer gab es überhaupt keine Meldungen. Dazu verweise ich auf das Erkenntnis des , zur Bestimmung des § 11 Abs. 3 KommStG. Aus diesem Grund war eine bescheidmäßige Festsetzung nicht erforderlich.

PV: Die im Gesetz vorgesehene bescheidmäßige Festsetzung liegt nicht vor, weshalb sich eine Haftung nicht ergeben kann.

Schluss des Beweisverfahrens.

MA beantragt die teilweise Stattgabe der Beschwerde und Einschränkung des Haftungsbetrages auf 99,65%.

PV beantragt, dass das bisherige Vorbringen und die Beweisanträge aufrecht bleiben, somit die Stattgabe der Beschwerde.

Schluss der mündlichen Verhandlung.

Die Richterin verkündet den Beschluss:

Das Erkenntnis bleibt der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

I. Abgabenanspruch

Rechtsgrundlagen Säumniszuschlag
und Pfändungsgebühren:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig.

Gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens die Pfändungsgebühr anlässlich einer Pfändung im Ausmaß von 1% vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten; wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1% vom abgenommenen Geldbetrag.

Abgaben werden gemäß § 210 Abs. 1 BAO unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustG gilt die Zustellung ohne Zustellnachweis als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt.

Rechtsgrundlagen Kommunalsteuer:

Gemäß § 9 KommStG 1993 beträgt die Steuer 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1.460 Euro, wird von ihr 1.095 Euro abgezogen.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Ein im Rahmen der Selbstberechnung vom Steuerschuldner selbstberechneter und der Abgabenbehörde bekanntgegebener Kommunalsteuerbetrag ist gemäß § 11 Abs. 3 KommStG 1993 vollstreckbar. Wird kein selbstberechneter Betrag der Abgabenbehörde bekanntgegeben oder erweist sich die Selbstberechnung als nicht richtig, hat die Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid zu erfolgen. Von der Erlassung eines solchen Abgabenbescheides kann abgesehen werden, wenn der Steuerschuldner nachträglich die Selbstberechnung binnen drei Monaten ab Einreichung der Abgabenerklärung berichtigt; erweist sich die Berichtigung als nicht richtig, hat die Gemeinde einen Kommunalsteuerbescheid zu erlassen.

Gemäß § 11 Abs. 4 KommStG 1993 hat der Unternehmer für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis Ende März des folgenden Kalenderjahres der Gemeinde eine Steuererklärung abzugeben.

Rechtsgrundlagen Dienstgeberabgabe:

Gemäß § 5 DGAG beträgt die Abgabe für jeden Dienstnehmer und für jede angefangene Woche eines bestehenden Dienstverhältnisses 2 Euro.

Gemäß § 6 Abs. 1 DGAG hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monats die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.

Gemäß § 6 Abs. 2 DGAG hat der Abgabepflichtige jeweils bis zum 31. März die im vorangegangenen Kalenderjahr entstandene Abgabenschuld beim Magistrat schriftlich zu erklären.

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß § 201 Abs. 1 BAO nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekanntgibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekanntgegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahren vorliegen würden.

Gemäß § 201a BAO gilt für Landes- und Gemeindeabgaben Folgendes:
Liegen die Voraussetzungen für eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 vor, so ist von der Festsetzung abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Selbstberechnung berichtigt.

Rechtliche Würdigung:

1. Säumniszuschläge und Pfändungsgebühren

Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Säumniszuschläge und Pfändungsgebühren ist festzustellen, dass diese bescheidmäßig festgesetzt und gemäß § 217a Z 2 BAO bzw. § 210 Abs. 1 BAO iVm § 26 Abs. 2 ZustG wie folgt, daher noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom D-2, fällig wurden:


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Säumniszuschläge für nachstehende Abgaben
Betrag in €
Bescheiddatum
Fälligkeit
Dienstgeberabgabe 2013
6,60
Dienstgeberabgabe 2014
5,44
Dienstgeberabgabe 2015
16,68
Dienstgeberabgabe 2016
36,68
Kommunalsteuer 2016
351,35
Kommunalsteuer 2017
78,86
Dienstgeberabgabe 2017
15,44
Kommunalsteuer 01-02/2018
7,11


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Abgabe
Betrag in €
Bescheiddatum
Fälligkeit
Pfändungsgebühren 2017
170,62

Dem Einwand des Vertreters des Bf. in der mündlichen Verhandlung, dass ihm diese Bescheide nicht bekannt seien, da die darauf angeführte Adresse A-3, weder das im A-3 befindliche Friseurgeschäft betreffe, sondern sich dort ein mit der Gesellschaft nicht in Zusammenhang stehendes Büro befinde, noch der Firmensitz der GmbH gewesen sei, muss entgegengehalten werden, dass nach den glaubhaften Angaben des Magistrates der Stadt Wien MA 6 diese Anschrift im Zeitpunkt der Eröffnung des Kontos vom Bf. der Behörde gemeldet und keine Änderung bekanntgegeben wurde.

Die ordnungsgemäße Zustellung dieser Bescheide ist auch dadurch erwiesen, dass der bei den Revisionen anwesende Bf. die Niederschriften vom und unterfertigte und folgendermaßen abstempelte:

"G-1
Buchhaltung und Personalverwaltung:
A-3
A-3"

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten (). Betreffend die genannten Abgabenansprüche war es dem Bundesfinanzgericht daher verwehrt, darüber im Haftungsverfahren abzusprechen.

2. Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben

Zum Einwand des Bf. über die Unrichtigkeit der im Haftungsbescheid angeführten Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben, die außerdem nicht bescheidmäßig festgesetzt worden seien, ist festzustellen, dass für die haftungsgegenständlichen Zeiträume keine Kommunalsteuern und lediglich in den Jahren 2013 und 2014 (unrichtige) Dienstgeberabgaben gemeldet wurden.

Wird kein selbstberechneter Betrag der Abgabenbehörde bekanntgegeben, hat gemäß § 11 Abs. 3 KommStG die Festsetzung der Kommunalsteuer mit Abgabenbescheid zu erfolgen. Im gegenständlichen Fall kann jedoch im Gegensatz zur Rechtsansicht des Magistrates von der Erlassung eines solchen Bescheides nicht abgesehen werden, da dies die Berichtigung der Selbstberechnung durch den Bf. binnen 3 Monaten ab Einreichung der Abgabenerklärung vorausgesetzt hätte. Da aber keine solche Abgabenerklärung eingereicht wurde, kommt somit von vorn herein eine deren Berichtigung voraussetzende Abstandnahme nicht in Betracht.

Hingegen waren für die Dienstgeberabgabe mangels einer lex specialis im DGAG die Bestimmungen der §§ 201 Abs. 1 und 201a BAO anzuwenden, wonach von der Festsetzung abzusehen ist, wenn kein selbstberechneter Betrag bekanntgegeben wurde und der Abgabepflichtige nachträglich die Selbstberechnung berichtigt. Da für die Jahre 2015-2017 keine Dienstgeberabgaben gemeldet wurden, kommt hier ebenfalls keine Berichtigung und Abstandnahme in Betracht.

Ob die Unterfertigung der Revisionsberichte vom und als Anerkennung und Berichtigung anzusehen wäre, war hier daher für die Jahre 2015-02/2018 nicht zu prüfen und kann nach dem vom Magistrat eingewendeten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/16/0050, auch für die Dienstgeberabgaben 2013 und 2014 dahingestellt bleiben, da - wie auch im gegenständlichen Fall - unstrittig solche Abgabenbescheide nicht erlassen wurden.

Aus der Begründung des Magistrates, dass die Abgabenbeträge durch die Anerkennung der Revisionsergebnisse festgesetzt worden seien, lässt sich nichts gewinnen, da die Wiener Abgabenordung und insbesondere die Bestimmung des § 149 WAO, wonach die Selbstbemessungsabgabe durch die Einreichung der Erklärung als festgesetzt gegolten hat, seit nicht mehr in Geltung ist und überdies für die Haftungsinanspruchnahme ohnehin keine Bewandtnis hatte, da die Beschwerdemöglichkeit nach § 248 BAO nur wirksam ergangene Abgabenbescheide betrifft, jedoch nicht als festgesetzt geltende Abgaben.

Im Unterschied zum dem angeführten Judikat zugrundeliegenden und vom VwGH gerügten Sachverhalt ist gegenständlich durch die Einbeziehung des Bf. und Prüfung der Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben durch den Magistrat selbst der haftungsrelevante Sachverhalt konkret dargelegt, zumal es sich bei den Feststellungen der Revisionen lediglich um aus dem Rechenwerk der Gesellschaft hervorgehende und unverändert übernommene Abfuhrdifferenzen handelte.

Mangels erlassener Abgabenbescheide sind somit hinsichtlich der Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben im Haftungsverfahren Einwendungen über das rechtmäßige Bestehen dieser Abgabenansprüche zu berücksichtigen.

Allerdings lässt sich daraus nichts gewinnen, weil der Bf. lediglich unsubstantiiert die Höhe der Forderungen bestritten hat, ohne konkret zu begründen, weshalb die in den Revisionen festgestellten Nachforderungen unzutreffend wären, zumal er die Prüfungsergebnisse ohnehin bereits anerkannte.

Auch der Hinweis auf ein beim Finanzamt offenes Verfahren geht ins Leere, weil die haftungsgegenständlichen Abgaben nicht durch eine GPLA seitens des Finanzamtes oder der Gebietskrankenkasse festgestellt wurden, sondern durch den Magistrat der Stadt Wien selbst im Rahmen von als Revisionen bezeichneten Nachschauen vom und , bei denen Abfuhrdifferenzen zwischen den geschuldeten Beträgen laut den bei der GmbH geführten Lohnkonten und den zu geringen bzw. nicht erfolgten Meldungen zu Tage traten.

Da keine Anhaltspunkte für eine unzutreffende Feststellung der geschuldeten Abgaben vorliegen, werden diese der Haftung unverändert zugrunde gelegt.

II. Haftung

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Haftung nach § 6a KommStG sowie § 6a DGAG ist keine Ausfallshaftung, es ist lediglich vorausgesetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben in Höhe von € 99,65% fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-3 der über das Vermögen der G-1 am D-2 eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 0,35% aufgehoben wurde. Danach wurde die Gesellschaft am D-4 im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Unbestritten ist auch, dass dem Bf. als Geschäftsführer der genannten GmbH im Zeitraum vom D-1 bis zur Konkurseröffnung vom D-2 die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Dazu wird festgestellt, dass die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben zwar erst im Haftungsbescheid vom geltend gemacht wurden, jedoch bereits vor Konkurseröffnung vom D-2 zu entrichten gewesen wären, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend ist, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (). Maßgebend ist ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob und wann die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird ().

Da die Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben gemäß § 11 Abs. 2 KommStG und § 6 Abs. 1 DGAG am 15. des darauffolgenden Monates fällig werden, waren sie im gegenständlichen Fall wie folgt, daher noch vor der Konkurseröffnung, fällig und wären vom Bf. (noch ohne Berücksichtigung der Konkursquote) zu entrichten gewesen:


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Abgaben
Zeitraum
Betrag in €
Fälligkeit
Dienstgeberabgabe
2013
330,00
Dienstgeberabgabe
2014
272,00
Kommunalsteuer
2015
2.509,60
Dienstgeberabgabe
2015
834,00
Kommunalsteuer
2016
9.036,57
Dienstgeberabgabe
2016
1.834,00
Kommunalsteuer
2017
3.943,06
Dienstgeberabgabe
2017
772,00
Kommunalsteuer
01-02/2018
355,95
Dienstgeberabgabe
01-02/2018
56,00

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. widersprüchlich vor, dass 1) die liquiden Mittel für die Gesellschaft von dritter Seite gekommen seien bzw. dass 2) die Gesellschaft eigenes Kapital nicht anfechtbar im Sinne einer Gläubigerungleichbehandlung verwendet habe.

Ad 1)
Dass der Gesellschaft keinerlei Mittel zur Verfügung gestanden wären, ist aktenwidrig, da aus den vom Bf. beim Firmenbuch zuletzt eingereichten Bilanzen folgende Kassenbestände bzw. Guthaben bei Kreditinstituten ersichtlich sind:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bilanz zum
Betrag in €
117.659,89
81.313,23

Wenn aber trotz Vorhandenseins von liquiden Mitteln diese nicht zur (aliquoten) Entrichtung der Verbindlichkeiten verwendet werden, wird mit dieser Vorgangsweise die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderungen verletzt, da damit das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachtet wurde, als keinem der Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung geleistet wurde ().

Der Einwand des Bf., dass der Gesellschaft keine eigenen Mittel, sondern ausschließlich Mittel von dritter Seite zur Verfügung gestanden seien, musste daher unberücksichtigt bleiben, zumal er nicht einmal die Mittelherkunft zum Nachweis dieser Behauptung bekanntgab.

Abgesehen davon stellt auch ein Dritter, der Schulden der Gesellschaft begleicht, dadurch der Gesellschaft mittelbar Vermögensmittel in einer Weise zur Verfügung, die es rechtfertigt, die Gesellschaft steuerrechtlich genauso wie bei der entsprechenden Verwendung eigener Mittel zu behandeln (vgl. ; ).

Ad 2)
Seitens des Bf. wurde zwar vorgebracht, dass sämtliche Gläubiger gleichbehandelt worden seien. Allerdings wäre dies von ihm auch zu beweisen gewesen.

Am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. jedoch trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Abgabenbehörde nicht aufgestellt.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden daher nicht in Betracht ().

Im Unterschied zur Rechtsansicht des Bf. ergibt sich die Tatsache, dass Gläubiger nicht ungleich behandelt worden seien, nicht aus den Ergebnissen des abgeführten Insolvenzverfahrens, da sich die Zeitpunkte für die Betrachtung der Gleichbehandlung im Haftungsverfahren nach den jeweiligen Fälligkeiten richtet, im Insolvenzverfahren hingegen nach den Bestimmungen der §§ 28 bis 31 IO unter den dort genannten Voraussetzungen bzw. im Rahmen der Verteilungsgrundsätze nach den Vorschriften der §§ 128 bis 136 IO zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung.

Für die Frage, ob andere andrängende Gläubiger gegenüber dem Bund als Abgabengläubiger begünstigt worden sind, ist nicht bedeutsam, ob oder inwieweit vom Abgabepflichtigen geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung rechtsunwirksam oder anfechtbar gewesen wären (), da in einer Gleichbehandlung der Abgabenschulden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine unzulässige Gläubigerbevorzugung gesehen werden kann ().

Außerdem wird erneut darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderungen auch dann verletzt, wenn er das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachtet, als er keinem der Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung leistet ().

Aus dem Vorliegen eines Anfechtungstatbestandes im Sinne der Insolvenzordnung ergibt sich keineswegs zwingend, dass der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer die Abgabenbehörde insgesamt bevorzugt befriedigt hat. Die Anfechtungsbestimmungen der Insolvenzordnung richten sich vor allem gegen kurz vor der Konkurseröffnung (vgl. die Frist von 60 Tagen gemäß § 30 Abs. 1 IO) vorgenommene Vermögensverschiebungen zu Gunsten einzelner Gläubiger. Dass durch derartige, der Anfechtung unterliegende Zahlungen an die Abgabenbehörde in der Vergangenheit gelegene und vom Vertreter zu verantwortende Versäumnisse bei der zeitgerechten Abgabenentrichtung nicht beseitigt werden können, liegt auf der Hand. Andernfalls läge es im Belieben des Vertreters, sich durch die Verwirklichung eines einzelnen Anfechtungstatbestandes jeder abgabenrechtlichen Geschäftsführerhaftung zu entledigen ().

Ob bzw. inwieweit von den Vertretern geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung wegen Begünstigung von Gläubigern rechtsunwirksam bzw. anfechtbar gewesen wären, ist im Haftungsverfahren nicht zu prüfen. Die im Haftungsverfahren zu beantwortende Frage, ob der Abgabengläubiger gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt wurde, bleibt davon unberührt ().

Von der Aktenbeischaffung des Handelsgerichtes Wien sowie der Zeugeneinvernahme des Masseverwalters konnte daher Abstand genommen werden.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 6a KommStG und DGAG erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 20.389,73 zu Recht.


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
abzüglich 0,35% Konkursquote
Kommunalsteuer
2015
2.509,60
2.500,82
Kommunalsteuer
2016
9.036,57
9.004,94
Säumniszuschlag
2016
180,73
180,10
Kommunalsteuer
2017
3.943,06
3.929,26
Säumniszuschlag
2017
78,86
78,58
Pfändungsgebühren
2017
170,62
170,02
Kommunalsteuer
01-02/2018
355,95
354,70
Säumniszuschlag
01-02/2018
7,11
7,09
Dienstgeberabgabe
2013
330,00
328,85
Säumniszuschlag
2013
6,60
6,58
Dienstgeberabgabe
2014
272,00
271,05
Säumniszuschlag
2014
5,44
5,42
Dienstgeberabgabe
2015
834,00
831,08
Säumniszuschlag
2015
16,68
16,62
Dienstgeberabgabe
2016
1.834,00
1.827,58
Säumniszuschlag
2016
36,68
36,55
Dienstgeberabgabe
2017
772,00
769,30
Säumniszuschlag
2017
15,44
15,39
Dienstgeberabgabe
01-02/2018
56,00
55,80
Summe
20.461,34
20.389,73

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 11 Abs. 3 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 6a Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400063.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at