Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.12.2019, RV/7105652/2015

Autos im Betriebsvermögen eines Arztes

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0031. Hinsichtlich Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2007 bis 2011 und Festsetzung der Einkommensteuer 2009 bis 2012 Zurückweisung, hinsichtlich Festsetzung der Einkommensteuer 2007 und 2008 mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatvorsitzenden R1 und die beisitzenden Richter R2, R3 und R4 in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch BKS Steuerberatung GmbH & Co KG, Untere Hauptstr 10, 3150 Wilhelmsburg an der Traisen , gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Wiederaufnahme der Verfahren zur Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2011 und Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2012 nach Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung am zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind mit jenen der Beschwerdvorentscheidungen ident und diesen zu entnehmen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer bei Bf. (im Folgenden kurz Beschwerdeführer = Bf.) im Jahr 2014 durchgeführten Betriebsprüfung betreffend u.a. die Einkommensteuer für die Jahre 2007-2012 meldete sich die Betriebsprüfung lt. Aktenvermerk am um 11.50 Uhr zur Prüfung an und setzte den Prüfungsbeginn mit fest. Bei der Prüfung wurde u.a. in der TZ 4 betreffend "AfA Pkw" festgestellt, dass 2009 ein gebrauchter Porsche 911 angeschafft und aktiviert worden wäre. Gleichzeitig wäre für einen Audi A6 Leasingsaufwand geltend gemacht worden. Von Seiten der Betriebsprüfung wurde ein Pkw als betrieblich notwendig erachtet. Da für den Audi A6 bereits seit Leasingsaufwand geltend gemacht worden wäre und das Fahrzeug bis zum betrieben worden wäre, wäre dieses Fahrzeug als für den Betrieb notwendig herangezogen zu bewerten und würde die AfA für den Porsche 911 nicht anerkannt. Die nicht anerkannte Afa für den Porsche betrug daher laut Betriebsprüfung für 2009 € 6.667,00, für 2010 € 13.333,00, für 2011 € 13.333,00 und für 2012 € 6.666,93.

In der Tz. 6 "Zinsaufwand" stellte die Betriebsprüfung Kreditzinsen für vier Kredite fest. Da keine Nachweise für einen Fremdwährungskredit in Höhe von € 350.000,00 vorgelegt wurden, wurden die daraus resultierenden Kreditzinsen mangels Nachweis der privaten Lebensführung zugerechnet und gemäß § 20 EStG als nicht abzugsfähig qualifiziert. Die Zinsen betrugen in den Jahren 2007 € 12.744,25 2008 € 14.228,97, 2009 € 10.884,71, 2010 € 7.787,25, 2011 € 7.335,42 und 2012 € 8.492,09.

In der Tz.7. stellte die Betriebsprüfung fest: "In der Buchhaltung 2007-2012 befinden sich Aufwendungen für mehrere KFZ.
1.) Von 2007-2009 scheint unter dem Konto 7242 das KZ AAA auf, auf welches ein Audi A6 zugelassen ist, dieser wird ab dem Jahr 2009 (2009-2012) unter Konto 7244 mit dem KZ BBB gemeinsam mit dem Porsche 911 fortgeführt.
2.) 2007 scheint weiters unter dem Konto 7241 und Konto 7255 das Fahrzeug der Gattin, ein Mercedes mit dem KZ CCC auf.
3.) Von 2010-2012 scheint unter dem Konto 7243 das Fahrzeug mit dem KZ DDD auf.
Die BP stellt fest, dass lediglich ein PKW als betrieblich notwendig erachtet wird, der PA erfolgt gemäß der letzten BP mit 30 %.
Die unter dem Konto 7244 (KZ BBB) geltend gemachten Aufwendungen (Versicherung, Betrieb) werden auf ein Fahrzeug gekürzt und um die anfallende LT (38,98 %) gekürzt. Die Aufwendungen für das Fahrzeug der Gattin wie unter Punkt 2 beschrieben (CCC) werden als betrieblich nicht notwendig angesehen, der Aufwand wird nicht anerkannt.
Die Aufwendungen gem. Punkt 3 betreffen die laufenden Betriebskosten für den Audi A6 und den Porsche 911 und die Aufwendungen für den Porsche 911 werden nicht anerkannt, da nur ein Fahrzeug als betrieblich notwendig angesehen wird. Die Feststellungen der BP sind bei der Jahreserklärung 2013 zu berücksichtigen. Die genaue Berechnung ist der Beilage PKW-Aufwand und der Beilage nicht anerkannter Aufwand Porsche zu entnehmen."
2012 beinhaltet der PKW-Aufwand das Konto 7252, dieses Konto betrifft das Leasing für den Audi A6. Dieses Konto wird von der BP richtiger Weise beim Leasing verrechnet. Dies ergibt einen errechneten PKW-Aufwand von € 9.000,02.
€ 11.799,31 PKW Aufwand gem. Erkl.
- € 2.799,29 Leasingaufwand gem. Konto 7252
€ 9.002,02 errechneter PKW Aufwand 2012"
Für die Prüfungsjahre betrug der nichtanerkannte Aufwand gem. Betriebsprüfung € 1.618,68, € 1.054,30, € 4.010,24, € 3.679,14, € 7.402,13, und € 4.696,55.

In Tz 8 stellte die Betriebsprüfung fest: "Im Jahr 2007 werden Leasingaufwendungen für zwei Fahrzeuge geltend gemacht, der eine betrifft das Fahrzeug von Herrn Bf. mit dem KZ AAA, der andere betrifft ein Fahrzeug, das lt. Konto 7255 Gattin des Bf. zuzuordnen ist.
Die BP stellt fest, dass ein Fahrzeug als betrieblich notwendig anerkannt wird, der Leasingaufwand 2007 für das Fahrzeug von Gattin des Bf. ist privat veranlasst, dieses wird gem. § 20 EStG nicht anerkannt. Die Berechnung der Luxustangente und des Privatanteiles erfolgte 2007 korrekt. Beim Leasingaufwand für den Audi A6 wurde die LT und der PA bereits korrekt ausgeschieden."
2007 betrug der nicht anerkannte Leasingaufwand gem. BP € 6.485,62

In Tz 9 stellte die Betriebsprüfung zum PKW-Leasing 2008-2012 fest: "In den Jahren 2008-2010 wird der Leasingaufwand für einen Audi A6 geltend gemacht. Für die Jahre 2008-2010 wird der Leasingaufwand für den Audi A6 um die LT (38,98 %) und den 30 % PA gekürzt. Der Leasingaufwand 2011 wurde von Seiten der BH bei den Aufwendungen für PKW-Versicherung gebucht, die BP behielt dies bei, die LT und der PA wurden dort berücksichtigt.
Für das Jahr 2012 wird das Leasingkonto für den Audi A6 unter Konto 7252 geführt, hier gilt ebenfalls die oben beschriebene Regelung betreffend LT und PA."

Für die Jahre 2008, 2009, 2010 und 2012 betrug der Leasingaufwand Audi A6 nach Kürzung um LT und PA durch die BP € 4.115,63, € 3.285,67, € 1.622,70 und € 2.391,38 und die einkommensteuerlichen Auswirkungen in diesen Jahren € -365,63, € 1.521,99, € 2.176,30 und € 407,91.

Unter Tz. 10 "Reisespesen" stellte die Betriebsprüfung fest: "Unter den Reisespesen werden 2009 Aufwendungen für eine Reise ins Hotel C Lignano in Höhe von € 434,40 verbucht, 2010 eine Hotelrechnung für das Hotel D, wo ein Zimmer für Herrn B bei einer Pharmazietagung in Höhe von € 275.- verrechnet wird. Weiters werden 2010 Aufwendungen für Verpflegung an Autobahnraststätten in Höhe von € 61,40 und Mietwagengebühren für einen Mietwagen von Hannover nach Wien in Höhe von € 351,93 verrechnet. Dieser Aufwand entstand laut Auskunft auf Grund einer Aschewolke im Luftraum von Deutschland, wodurch Herr Bf. bei seiner Urlaubsrückreise gezwungen war, in Hannover zu landen. Damit Herr Bf. seine Ordination rechtzeitig öffnen kann, nahm er sich diesen Mietwagen.
Die BP stellt fest, dass die Aufwendungen für das Hotel C Lignano nicht betrieblich veranlasst waren, da dieser Aufwand der privaten Lebensführung zuzurechnen ist, wird dieser gemäß § 20 EStG nicht anerkannt. Für die Hotelaufwendungen D wurde von der BP eine Erklärung abverlangt, warum ein Aufwand für ein Zimmer für Herrn B gebucht und bezahlt wurde. Herr Bf. kann sich lt. schriftlicher Stellungnahme der Buchhaltung Wittmann nicht mehr daran erinnern, es wird die Streichung dieses Aufwandes angeregt. Die BP streicht diesen Aufwand mangels Nachweis. Die Verpflegung an den Autobahnraststätten sind der privaten Lebensführung zuzurechnen und gemäß § 20 EStG nicht abzugsfähig.
Der Aufwand für den Mietwagen wird gemäß § 20 EStG nicht anerkannt, da die Urlaubsreise von Herrn Bf. nicht betrieblich veranlasst war."
Die nicht anerkannten Reisespesen betrugen für 2009 und 2010 für das Hotel C Lignano € 434,40 und € 0,00, für das Hotel D € 0,00 und € 275,00, für den Aufwand Autobahnraststätten € 0,00 und € 61,40 und den Aufwand Mietwagen € 0,00 und € 351,93. Einkommensteuerlich wirkte sich dies im Jahr 2009 mit € 434,40 und 2010 mit € 688,33 aus.
Weitere Feststellungen betrafen sonstigen betrieblichen Aufwand.

Betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren führte die Betriebsprüfung im Prüfbericht vom aus: "Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 BAO:
Hinsichtlich nachstehend angeführter Abgabenarten und Zeiträume wurden Feststellungen getroffen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs.1 BAO erforderlich machen:
Abgabenart Zeitraum Feststellung:
Umsatzsteuer 2007 - 2012 Tz. 1
Einkommensteuer 2007 - 2012 Tz. 2 bis Tz. 11
Die Wiederaufnahme erfolgt unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung. Im vorliegenden Fall können die steuerlichen Auswirkungen nicht als geringfügig angesehen werden. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen."

Dem Betriebsprüfungsbericht waren Berechnungsübersichten zu Tz. 6 und 7 sowie das Lohnkonto von Gattin des Bf. beigefügt.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ zunächst am Wiederaufnahmebescheide betreffend die Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2007-2011. Begründend führte das Finanzamt jeweils an: "Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden."

Mit Bescheiden vom selben Tag wurde die Einkommensteuer für die Jahre 2007-2012 mit € 71.594,81, 2008 mit € 55.543,68, 2009 mit € 65.401,90, 2010 mit € 62.412,72, 2011 mit € 74.198,00 und 2012 mit € 80.320,00 festgesetzt.

Das Finanzamt führte bei sämtlichen Einkommensteuerbescheiden zunächst begründend an, dass bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte zwischen € 36.400 und € 60.000 sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß vermindere, dass sich ab einem Gesamtbetrag der Einkünfte von € 60.000 ein absetzbarer Betrag in Höhe € 60 ergibt. Weiters verwies das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2012 darauf, dass die Veranlagung unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt wäre, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen wären.

Mit Schriftsatz vom , eingelangt am Finanzamt am , beantragte der Bf. eine Fristverlängerung zur Eingabe einer Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2007-2012 und gegen die Bescheide über die Festsetzung der Anspruch über denselben Zeitraum.

Mit weiterem Schriftsatz vom , eingelangt am Finanzamt am , erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2007-2011 und gegen die Einkommensteuerbescheide 2007-2012. Begründend führte er zu der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide an, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens in der Niederschrift vom nicht begründet worden wäre bzw. keine Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens angeführt worden wären. In diesem Bericht über die Außenprüfung wären die Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens nur standardisiert mit Textbaustein angeführt worden und würde dies daher nicht der ständigen Rechtsprechung des VwGH und des BFG entsprechen. Außerdem wäre das Ermessen nicht im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH und des BFG ausgeübt bzw. begründet worden.

Hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide 2007-2012 führte der Bf. zu den Zinsen, dass der Zinsaufwand auch in der Betriebsprüfung 2002 und 2004 enthalten und anerkannt worden wäre.

Hinsichtlich der Kfz-Kosten in den TZ 4, 7 und 8 des BP-Berichtes stellte der Bf. zunächst folgendes fest: "lm Betriebsvermögen befinden sich folgende KFZ bzw. haben sich befunden:
- Mercedes Benz 270 TCDl mit dem Kennzeichen CCC (Kauf am , Verkauf am )
- Mercedes Benz CLK CDl mit dem Kennzeichen DDD (Kauf am ,
Verkauf am )
- Mercedes Benz B 180 CDI mit dem Kennzeichen DDD (Kauf am , Verkauf am )
- Audi A 6 mit dem Kennzeichen BBB (Anmeldung 4/2005, Operating Leasing bis 3/2008, anschl. normales Leasing) - vor Wechselkennzeichen AAA
- Porsche 911 Baujahr 2003 (Kauf 7/2009) Wechselkennzeichen BBB."

Zu TZ 4 führte der Bf. im Einzelnen aus, dass der Audi A 6 nach einigen Jahren reparaturanfällig geworden wäre und er daher dazu den betreffenden Porsche (6,5 Jahre alt) angeschafft und auf ein Wechselkennzeichen mit dem Audi A 6 angemeldet hätte. Für dieses Fahrzeug würde ein Fahrtenbuch existieren, wäre jedoch von der Abgabenbehörde im Zuge der Außenprüfung nie abverlangt worden. Gefahren worden wären mit dem Porsche rund 7000 km p.a., die Kilometerleistung über den Nutzungszeitraum würde 36.000 km betragen, davon rd. 30 % privat. Auch Hausbesuche wären mit diesem Fahrzeug durchgeführt worden und wären auch entsprechend dokumentiert, vor allem wegen der Abrechnung mit den Krankenkassen. Eine Vorlage der Fahrtenbücher wäre möglich. Es würde daher beantragt, die geltend gemachte AfA gekürzt um den o.a. Privatanteil als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

Zu Tz. 7 führte der Bf. aus, dass die betrieblichen Fahrten mit mehreren Fahrzeugen durchgeführt worden wären. Die Meinung des Prüfers bzw. der Abgabenbehörde, dass ein Fahrzeug genüge und weitere Fahrzeuge - weil nicht betriebsnotwendig - aus dem Aufwand auszuscheiden, wäre durch die Rechtsprechungs des VwGH und des BFG nicht gedeckt.
Mit dem Porsche wären auch betriebliche Fahrten - siehe Fahrtenbuch - durchgeführt worden. Ein Privatanteil von insgesamt - also von allen Fahrzeugen mit denen der Bf. gefahren wäre - mit 30 % würde zugestimmt. Es würde daher beantragt, den Kfz-Aufwand in beantragter Höhe - nach Kürzung um die Luxustangente und des Privatanteiles - als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

Die Betriebsausgaben für den Porsche wären daher in diesem Punkt wie folgt zu erhöhen:
2007: € 1.618,68
2009: € 5.939,73
2010: € 1.147,65
2011: € 6.053,62
2012: € 4.744,19
Das Fahrzeug ,,Gattin des Bf." wäre ebenfalls dem Betriebsvermögen zuzurechnen, da ein Sachbezug angesetzt worden wäre (Beilage Jahreslohnkonto).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2007-2012 ab und begründete dies mit dem Umstand, dass die Begründung der Wiederaufnahme im Bericht über die Außenprüfung unter Angabe der TZ des Berichtes, aufgrund derer sich die Erforderlichkeit der Wiederaufnahme ableiten lässt, erfolgt wäre, eine zusätzliche Begründung bzw. Anführung der Wiederaufnahmegründe in der Niederschrift über die Außenprüfung wäre nicht vorgesehen. Bei der Niederschrift handle es sich um die Dokumentation der in der Schlussbesprechung stattgefundenen Besprechung des Prüfungsergebnisses, der abgehandelten Sachverhalte und deren rechtliche Würdigung durch die Betriebsprüfung. In der jeweiligen TZ des Berichtes wäre der der Wiederaufnahme zugrundeliegende Sachverhalt ausführlich dargestellt worden. Die Ermessensausübung wäre dargelegt und wäre die vom Gesetz vorgesehene Interessenabwägung vorgenommen worden. Alleine die Tatsache, dass es sich um einen vorgefertigten Textbaustein handle, würde nichts an der rechtmäßigen Vorgangsweise der Behörde und den inhaltlichen Ausführungen zur Wiederaufnahme im Bericht ändern.

Im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung wurde mit Einkommensteuerbescheiden vom der Beschwerde teilweise stattgegeben und führte dies 2007 zu einer Gutschrift von € 6.372,13, 2008 zu einer solchen von € 7.114,48, 2009 zu einer solchen von € 5.442,36, 2010 zu einer solchen von € 3.894,00, 2011 zu einer solchen von € 3.668,00 und 2012 zu einer solchen von € 4.246,00.

Das Finanzamt führt dazu begründend aus, dass im Rahmen der Beschwerde Kreditverträge aus den Jahren 1991, 1996, 1997 und 2003 vorgelegt worden wären, aus denen ersichtlich wäre, dass diese Verträge dem betrieblichen Bereich zuzuordnen wären und die daraus resultierenden Zinsen somit Betriebsausgaben darstellen würden. Der Beschwerde wäre daher in diesem Punkt stattzugeben.

Betreffend das Fahrzeug ,,Gattin des Bf." wurde ausgeführt, dass im Mai 2015 ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes betreffend Einkommensteuer 2006 des Bf ergangen wäre, in welchem genau dieser Punkt (Leasingraten und Betriebskosten PKW der Ehegattin) behandelt worden wäre. Das Bundesfinanzgericht hätte darin im Wesentlichen ausgeführt, dass ein zweites Fahrzeug für betrieblich notwendige Fahrten einer Ordinationshilfe gemäß § 20 EStG nicht als notwendig anzuerkennen wäre. Dass ein Arzt für eine familienfremde Ordinationshilfe einen PKW lease und sämtliche damit verbundene Kosten trage, müsse nach der Verkehrsauffassung als außergewöhnlich und unüblich angesehen werden (idS bereits auch der VwGH im Jahr 1994 betreffend das Fahrzeug eines Gesellschafter - Geschäfltsführers als naher Angehöriger der GmbH, , 92/15/0158). Das Fahrzeug ,,Gattin des Bf." wäre somit nicht betrieblich genutzt und die Leasingraten und sonstigen Kosten wären auszuscheiden.

Die beiden Fahrzeuge Audi A6 und Porsche 911 würden lt. Vorbringen in der Beschwerde betrieblich genutzt. Für den Audi A6 wären Leasingraten zum Ansatz gebracht, für den Porsche 911 Betriebskosten und AfA geltend gemacht worden. Der Audi A6 würde sich bereits seit 2008 in Verwendung finden (Leasingraten ab diesem Zeitraum), der Porsche wäre 2009 angeschafft und mit Wechselkennzeichen mit dem Audi A6 angemeldet worden. Es könnte faktisch nur ein Fahrzeug durch den Beschwerdeführer verwendet werden. Beide Fahrzeuge wären für steuerliche Zwecke mit Anschaffungskosten von € 40.000 Iimitiert. Falls so wie vorgebracht tatsächlich auch mit dem Porsche 911 Hausbesuche durchgeführt worden wären, so hätte konsequentenerweise um diesen Anteil der Privatanteil beim Audi A6 erhöht werden müssen, da dieser dann in diesem Umfang weniger betrieblich genutzt worden wäre und es folglich in Summe zu keiner relevanten steuerlichen Auswirkung käme. Die Aufwendungen für den Porsche 911 wären somit aus verwaltungsökonomischer Sicht nicht anzuerkennen und im Gegenzug der gewählte Privatanteil beim Audi A6 beizubehalten. Die in der Beschwerde genannte Rechtsprechung des VwGH und BFG zum Thema ,,Tz 7: weiteres Fahrzeug betriebsnotwendig", könne aufgrund fehlender Nachweise nicht nachvollzogen werden, da der VwGH bereits im Jahr 1966 einen Zweitwagen eines Arztes als nicht notwendiges Betriebsvermögen angesehen (, 0579/65, siehe auch Doralt u.a. EStG, § 4 Tz 49 ,,PKW").

Die Rückreise aus dem Urlaub würde immer erfolgen, um danach wieder die berufliche oder betriebliche Tätigkeit aufzunehmen. Dass diese Rückreise im konkreten Fall aufgrund höherer Gewalt auf anderem als dem ursprünglich geplanten Wege erfolgen musste, würde dies diese Kosten nicht zu Betriebsausgaben machen. Die Beschwerde wäre daher in diesen Punkten abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. die Anträge auf Vorlage der Beschwerde hinsichtlich der Wiederaufnahmebescheide betreffend die Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2007-2011 sowie hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide 2007 - 2012 an das Bundesfinanzgericht gemäß § 264 BAO, auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs 2 Z 1 BAO sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO.
Ergänzend führte er aus, dass die Begründung hinsichtlich fehlender Begründung der betreffenden Wiederaufnahmegründe aufrecht bleibe. In der Niederschrift vom wären keine Wiederaufnahmegründe angeführt worden. Im Bericht über die Außenprüfung vom wäre unter Prüfungsabschluss auf Seite 12 auf entsprechende Tz verwiesen worden. Eine konkrete Begründung der Wiederaufnahmegründe sowie in der Ermessensentscheidung würde fehlen. In den Wiederaufnahmebescheiden würde auf die Niederschrift (keine Begründung) bzw. auf den Prüfungsbericht (unzulängliche Begründung) verwiesen, die nach ständiger Rechtsprechung des VwGH und des BFG (UFS) nicht die Formerfordernisse des § 303 BAO erfüllen würden.

Hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide 2007-2012 führte der Bf. zu den Kfz-Kosten an, dass die Beschwerde in diesem Punkt voll inhaltlich aufrecht bleibe und verwies ergänzend auf die Entscheidung des GZ. RV/7102454/2009. Die Beschwerde hinsichtlich der Reisespesen hielt er ebenfalls voll inhaltlich aufrecht.

Weiters behauptete der Bf. nunmehr eine Verjährung betreffend 2007 (Wiederaufnahme und Sachbescheid).
Der Bf. ersuchte um Aufhebung bzw. Abänderung der o.a. Bescheide und somit um vollinhaltliche Stattgebung seiner Beschwerde.

Das Finanzamt legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in seiner Stellungnahme zur Beschwerde aus, dass entgegen dem Hinweis im Vorlageantrag in der Beschwerde kein Vorbringen zum Thema Verjährung 2007 erstattet worden wäre, so dass auch keine dahingehende Erörterung in der BVE erfolgen hätte können. Es läge keine Verjährung 2007 vor, da im Verlängerungsjahr 2013 (Bescheidzustellung für 2007 im Jahr 2010) die Anmeldung zur Betriebsprüfung erfolgt wäre. Diese würde eine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung iSd § 209 Abs 1 BAO darstellen (Ritz-BAO Kommentar 5.Aufl. § 209 Tz 5 u. Tz 17). Das Finanzamt beantragte die Abweisung iSd Feststellungen der BP bzw. den Ausführungen in den BVE.

In einem ergänzenden Beschwerdeschriftsatz wiederholte der Bf. zunächst die in den Wiederaufnahmeverfahren getätigten Begründungen im BP-Bericht vom und in den Einkommensteuerbescheiden vom .

In der Niederschrift vom über die Schlussbesprechung würden sich keine Aussagen zur Wiederaufnahme finden. Daraus würde sich ergeben, dass sich die Abgabenbehörde hinsichtlich der Wiederaufnahme auf § 303 Abs 1 BAO stütze, jedoch nicht den Tatbastand des Abs.l1 anführe, auf den sie sich stütze. Auf Grund der ständigen Rechtsprechung des VwGH und des BFG hätte die Abgabenbehörde anführen müssen, welcherTatbastand des § 303 Abs 1 BAO zur Wiederaufnahme geführt hätte, nämlich lit a, lit b oder lit c.

Somit wären die Wiederaufnahmebescheide für die Jahre 2007 bis 2011 betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2011 mit einer Rechtswidrigkeit behaftet, welche auch durch das BFG nicht mehr saniert werden könnte und daher ersatzlos aufzuheben wären.

Das Finanzamt vertrat dazu in seiner Stellungnahme vom die Meinung, dass die Nennung der gesetzlichen Basis der Wiederaufnahme in einem Wiederaufnahmebescheid keine Voraussetzung wäre. Voraussetzung wäre jedoch das Vorliegen der in einer Gesetzesbestimmung verlangten Tatbestandselemente. Diese Tatsachen würden sich unzweifelhaft aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung ergeben, welche detailliert im Bericht dargestellt wären. Die Rechtsfolge des Vorliegens eines Wiederaufnahmegrundes - im konkreten Fall jenes des lit.b des § 303 Absatz. 1 BAO "Neuerungstatbestand" - würde sich bei Vorliegen des Tatbestandes zwangsläufig ergeben.

Mit wurde der Bf. aufgefordert, folgende Unterlagen dem Bundesfinanzgericht vorzulegen:
1.) Sämtliche Überprüfungsberichte gem. § 57a KFG 1967 des Audi A6 ab dem Jahr der Anschaffung bis 2012,
2.) sämtliche Service- und Reparaturrechnungen des Audi A6 ab dem Jahr der Anschaffung bis 2012,
3.) das Fahrtenbuch des Audi A6 ab dem Jahr der Anschaffung bis 2012,
4.) sämtliche Überprüfungsberichte gem. § 57a KFG 1967 des Porsche 911 ab dem Jahr der Anschaffung bis 2012,
5.) sämtliche Service- und Reparaturrechnungen des Porsche 911 ab dem Jahr der Anschaffung bis 2012,
6.) das Fahrtenbuch des Porsche 911 ab dem Jahr der Anschaffung bis 2012 und
7.) das Fahrtenbuch des Gattin des Bf. zugeordneten Fahrzeuges ab dem Jahr der Anschaffung bis 2012 sowie
8.) Eine Begründung hinsichtlich des Beschwerdepunktes "Verjährung betreffend 2007 (Wiederaufnahme und Sachbescheid)".

In der Vorhaltsbeantwortung führte der Bf. aus: "Die angeforderten Überprüfungsberichte gemäß § 57 a KFG 1967 für den Audi A6 und für den Porsche 911 für die Jahre ab der Anschaffung bis 2012 liegen nicht mehr vor. Auf Grund der Verjährung konnten diese auch nicht mehr bei der durchführenden Werkstatt beschafft werden. Servicerechnungen für das Fahrzeug BBB, die von PORSCHE übermittelt wurden, Iiegen bei. Fahrtenbücher für den Porsche 911 für die Jahre 2009 bis 2012 Iiegen bei. Sonstige Fahrtenbücher und Belege sind nicht mehr vorhanden. Wir können hier nur mehr auf die Aufstellung der Prüferin verweisen (Beilagen zum Prüfungsbericht) bzw. ob sich die entsprechenden Belege als Kopie im Arbeitsbogen der Prüferin befinden.

Zu den fehlenden Wiederaufnahmsgründen verweise ich noch auf Urban-Kompek in SWK 16/2019, 740 "Verfahrensrechtliche (Un-)Möglichkeiten bei verabsäumter Anführung von Wiederaufnahmegründen sowie auf Ritz in "Rechtsschutz bei Begründungsmängel."

Die Begründung hinsichtlich des Beschwerdepunktes "Verjährung betreffend 2007 (Wiederaufnahme und Sachbescheid)" lautet: "Für das Jahr 2007 ist am die Verjährung eingetreten. Die Anmeldung zur Außenprüfung erfolgte It. Aktenlage telefonisch im Dezember 2013. Der Prüfungsauftrag wurde erst im Jahr 2014 unterschrieben. Der Prüfungsauftrag nach § 148 BAO ist ein Bescheid, der eine verfahrensleitende Verfügung darstellt und mit dem Vorweisen zu Beginn der Prüfung wirksam wird. Siehe dazu auch Ritz, BAO, § 148 TZ 7 und § 209 Tz 36 zum Beginn der Amtshandlung sowie zur Verjährung.
Die wirksame Zustellung eines Bescheides ergibt sich aus dem "Vorweisen", siehe dazu auch Ritz o.a., § 148 Tz 5 und auch aus (Rz 37 f). Zur Erlassung von verfahrensleitenden Verfügungen gemäß § 94 BAO siehe auch Ritz o.a., § 94 Tz 6, dass eine solche schriftlich oder mündlich, nicht jedoch fernmündlich zu erlassen ist.
Nachdem sich zusammenfassend ergibt, dass die Ankündigung zur Außenprüfung im Dezember 2013 nur fernmündlich erfolgte, ist für das Jahr 2007 im Sinne der o.a. Ausführungen zum bereits die Verjährung gemäß § 209 BAO eingetreten."

Das Bundesfinanzgericht hat Einsicht in die hg. Verfahren des Bf. RV/0188-W/08 betreffend Einkommensteuer für den Zeitraum 2002-2004 und RV/1739-W/08 betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 sowie in den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes zu den Zahlen 2009/13/0123 bis 0124-6 genommen. Daraus geht hervor, dass in beiden Fällen die Aufwendungen eines der Ehegattin des Bf. zur Verfügung gestellten Kfz Mercedes Benz CLK 270 beschwerdegegenständlich war. In beiden Verfahren wurden die Aufwendungen, die für dieses Kfz vom Bf. geltend gemacht wurden unter Hinweis auf den Umstand, dass ein Arzt für eine familienfremde Ordinationshilfe allein für deren Beförderung von Wohn-Betriebsort und zurück einen Pkw lease und sämtliche damit verbundenen Kosten trägt, nach der Verkehrsauffassung als außergewöhnlich und unüblich angesehen. Das Kfz gehöre somit als nicht (überwiegend) betrieblich genutzt grundsätzlich nicht zum Betriebsvermögen. Weiters wurde festgestellt, dass Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für einen Nichtselbstständigen durch den Verkehrsabsetzbetrag und Pendlerpauschale abgegolten werden. Die Behandlung einer u.a. auch zu diesem Punkt eingebrachten VwGH Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss von abgelehnt und die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes unbeanstandet belassen.

Im Rahmen der mündlichen Senatsverhandlung wurde zunächst der o.a. Sachverhalt durch den Berichterstatter verlesen und brachte dieser den Parteien weiters den Inhalt der Stellungnahme des FA vom hinsichtlich der Bescheide betreffend das Jahr 2007 zur Kenntnis. Die Parteien verwiesen auf ihre schriftlichen Vorbringen im Beschwerdeverfahren.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

1. Wiederaufnahmebescheide 2007-2011

Die Bestimmungen zur Wiederaufnahme wurden zwar mit dem FVwGG 2012 geändert. Betreffend die amtswegige Wiederaufnahme erfolgte aber inhaltlich keine Abänderung. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor dem FVwGG 2012 kann somit insoweit weiterhin herangezogen werden. (, ).

Wie dem Spruch der angefochtenen Wiederaufnahmebescheide vom durch den Hinweis auf § 303 Abs. 1 BAO zu entnehmen ist, erfolgte im gegenständlichen Fall die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuer 2010 von Amts wegen.

§ 303 Abs. 1 BAO normiert (wie bisher § 303 Abs. 4 BAO idF vor dem FVwGG 2012) drei erschöpfend aufgezählte Wiederaufnahmegründe, dh. dass es nur aus diesen Gründen zu einer Wiederaufnahme kommen kann. Bei diesen Wiederaufnahmegründen handelt es sich um den Erschleichungstatbestand (§ 303 Abs. 1 lit. a BAO), den Neuerungstatbestand (§ 303 Abs. 1 lit. b BAO) und den Vorfragentatbestand (§ 303 Abs. 1 lit. c BAO).

Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde. (Vgl. Ra 2014//15/0058)

Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 2 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jenen wesentlichen Sachverhaltselementen, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde. (vgl. , , , , ).

Aufgabe des Bundesfinanzgerichts bei der Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch das Finanzamt ist es, (nur) zu prüfen, ob dieses das Verfahren aus den von ihm gebrauchten Gründen wiederaufnehmen durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre. Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat das Finanzamt die Wiederaufnahme tatsächlich auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, muss das Bundesfinanzgericht den bekämpften Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos beheben. (Vgl. , , ). (, ).

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO hat jeder Bescheid den Spruch, der über die Hauptfrage der in Verhandlung stehenden Angelegenheit zu entscheiden hat, zu enthalten. Es bedarf daher im Bescheidspruch der ausdrücklichen Feststellung jenes gesetzlichen Tatbestandes, auf den ein die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens verfügender Bescheid gestützt wird. Der Spruch eines die Wiederaufnahme verfügenden Bescheides hat daher grundsätzlich den maßgebenden Wiederaufnahmetatbestand anzuführen. Ein Spruch, der sich auf die bloße Zitierung des § 303 Abs. 4 BAO (idF vor dem FVwGG 2012) bzw auf § 303 Abs. 1 BAO beschränkt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass einen Bescheid Spruch und Begründung ausmachen und die Begründung dann, wenn der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offenlässt, als Auslegungsbehelf des Spruches herangezogen werden kann. (, , und ).

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass es nicht rechtswidrig ist, in der Begründung eines Bescheides auf die der Partei zugegangenen Schriftstücke Bezug zu nehmen. (, ).

Im gegenständlichen Fall wurde jeweils im Spruch der Wiederaufnahmebescheide vom betreffend Einkommensteuer 2007-2011 auf die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 (1) BAO hingewiesen. Dass nicht auf den Neuerungstatbestand hingewiesen wurde hat seinen Grund in der nachfolgenden Formulierung, in der auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind, verwiesen wird und deren Inhalte für sich Neuerungen im Verfahren darstellen. Im Sinn des oben Gesagten sind daher die dortigen Feststellungen Auslegungsbehelfe des Spruches und ohne Zweifel als Neuerungen erkennbar.

Der Beschwerde war daher in diesem Punkt nicht Folge zu geben.

2. Verjährung 2007

Es ist - in jeder Phase des Verfahrens und von Amts wegen - zu beachten, dass Abgaben nach Eintritt der Verjährung nicht mehr festgesetzt werden dürfen. Die Verjährung führt zur sachlichen Unzuständigkeit der Behörde (Ritz, BAO4, § 208 Tz 3 f mit weiteren Nachweisen).

Gem. § 207 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt für die Umsatzsteuer und Einkommensteuer fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre (BBKG 2010; BGBl. I Nr. 105/2010).

Die "allgemeine" Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 208 Abs. 1 lit. a BAO). Werden von der Abgabenbehörde innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist (§ 209 Abs. 1 BAO). Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

Daneben gibt es noch die absolute Verjährung. Danach verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches unabhängig von Verlängerungshandlungen jedenfalls (absolute Verjährung; § 209 Abs. 3 BAO). Diese Frist beginnt schon mit der Entstehung des Abgabenanspruches und nicht erst mit Ablauf des entsprechenden Jahres.

Der Abgabenanspruch entsteht sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft (§ 4 Abs. 1 BAO):

Bei der veranlagtenEinkommensteuer ist das der Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird (§ 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO). Die Verjährungsfristen des § 208 Abs. 1 BAO und des § 209 Abs. 3 BAO beginnen hier gleichzeitig zu laufen.

In den Steuerakten sind folgende nach außen hin erkennbare Amtshandlungen für die Einkommensteuer- und Umsatzsteuerverfahren dokumentiert: Am langte im Finanzamt die Einkommensteuererklärung des Bf. für das Jahr 2007 ein und wurde der Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr am erlassen. Diese Bescheiderlassung stellt eine Unterbrechungshandlung iSd. § 209 Abs. 1 BAO dar.
Nach übereinstimmenden Aussagen der Verfahrensparteien erfolgte eine telefonische Terminvereinbarung zur Betriebsprüfung am ( lt. AV des FA: 11:50 Uhr) und wurde der Beginn mit festgesetzt. Diese telefonische Terminvereinbarung (festgehalten in einem Aktenvermerk des FA) stellt nach hg. Ansicht ebenfalls eine innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches dar und verlängerte sich dadurch die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr. Dass diese nach außen erkennbare Amtshandlung wie vom Bf. verlangt schriftlich zu sein hätte wird vom erkennenden Beschwerdesenat nicht geteilt.

Die Bescheide betreffend das Jahr 2007 ergingen daher nach der Betriebsprüfung am innerhalb der Verjährungsfrist und war der Beschwerde daher in diesem Punkt nicht Folge zu geben.

3. Audi A6, Porsche 911

Der Einwand des Bf., dass die Fehlerhaftigkeit des Erstwagens, einen Audi A6, die Anschaffung eines Zweitwagens - einen Porsche 911 - notwendig machte, wurde durch das BFG zunächst dadurch versucht zu überprüfen, als der Bf. mit Beschluss v. aufgefordert wurde, dem Gericht sämtliche Überprüfungsberichte gem. § 57a KFG 1967, sämtliche Service- und Reparaturrechnungen sowie die Fahrtenbücher des Audi A6 und des Porsche 911 ab dem Jahr der Anschaffung bis 2012 vorzulegen. Vorgelegt wurden den Porsche betreffende Rechnungen vom , vom , vom und eine vom in Kopie sowie 4 handschriftlich geführte Fahrtenbücher.
Daraus ist ersichtlich, dass der Porsche 911 im Sommer des Jahres 2011 in 14 Tagen 3x die Fachwerkstätte aufsuchen musste. Hinsichtlich des Audi A6 wurden keinerlei Unterlagen vorgelegt, die einen Hinweis auf häufige Werkstattaufenthalte zugelassen hätten. Ebensowenig war es aufgrund der fehlenden Überprüfungsberichte gem. § 57a KFG 1967 nicht möglich, Hinweise auf den jeweiligen Gesamtzustand der KFZ zu erhalten. Aus den Fahrtenbüchern des Porsche 911 alleine konnten auch keine Erkenntnisse hinsichtlich des Zustandes des Audi A6 gezogen werden.

Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast (§ 115 Abs. 1 BAO) für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht vgl. Ritz, BAO5, § 115 Tz 8 mit Zitierung der Rechtsprechung des VwGH).

Weiters gilt die freie Beweiswürdigung des § 167 BAO, wonach Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises bedürfen (Abs. 1) und im Übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (Abs. 2).

Für das BFG ist es eine offenkundige Tatsache, dass der Audi A6 in der oberen Mittelklasse ein Fahrzeug mit den wenigsten Beanstandungen darstellt. Es war auch das Fahrzeug, das während des gesamten Prüfungszeitraumes durchgehend dem Bf. zuzuordnen war. Wäre es tatsächlich so fehlerhaft gewesen, wie der Bf. behauptet, hätte er dieses Fahrzeug anlässlich der Anschaffung des Porsche 911 veräußert. Dass der Bf. dem Gericht keinerlei Unterlagen vorlegen konnte, ist für das Gericht unglaubwürdig. Vielmehr geht das BFG in freier Beweiswürdigung von der Tatsache aus, dass eine Vorlage der abverlangten Unterlagen der Argumentation des Bf. nicht förderlich gewesen wäre und diese daher nicht vorgelegt wurden. Der Senat schließt sich daher der Beurteilung der Betriebsprüfung hinsichtlich des Audi A6 und des Porsche 911 an.
Der Beschwerde war daher in diesem Punkt nicht zu folgen.

4. Auto der Gattin des Bf.

Hinsichtlich der Beurteilung der Betriebsprüfung, dass das der Gattin des Bf. zugeordnete Fahrzeug privat veranlasst ist und gem. § 20 EStG nicht anzuerkennen ist, schließt sich das BFG der Beurteilung des Gerichtes in RV/0188-W/08 betreffend Einkommensteuer für den Zeitraum 2002-2004 und RV/1739-W/08 betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 sowie dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes zu den Zahlen 2009/13/0123 bis 0124-6 an. Demnach ist ein zweites Fahrzeug für betrieblich notwendige Fahrten einer Ordinationshilfe gemäß § 20 EStG nicht als notwendig anzuerkennen. Dass ein Arzt für eine familienfremde Ordinationshilfe einen PKW lease und sämtliche damit verbundenen Kosten trage, müsse nach der Verkehrsauffassung als außergewöhnlich und unüblich angesehen werden (vgl.). Das Fahrzeug ,,Gattin des Bf." ist somit nicht betrieblich genutzt und die Leasingraten und sonstigen Kosten sind auszuscheiden.

5. Rückreisekosten

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für seine Lebensführung nicht als Werbungskosten abziehbar.
Gemäß § 20 Abs.1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen nicht als Werbungskosten abziehbar.

Die vom Bf. geltend gemachten Rückreisekosten aus dem Urlaub wegen des Ausbruches eines Vulkans in Island fallen unter das Abzugsverbot gem. § 20 Abs.1 Z.2 lit.a EStG 1988 ( für Urlaubskosten, Freizeitgestaltung) und war daher der Beschwerde in diesem Punkt nicht stattzugeben.

6. Zinsen

Im Rahmen der Beschwerde (Beschwerdevorentscheidung) wurden Kreditverträge aus den Jahren 1991, 1996, 1997 und 2003 vorgelegt aus welchen hervorgeht, dass diese Verträge dem betrieblichen Bereich zuzuordnen sind und die daraus resultierenden Zinsen somit Betriebsausgaben darstellen. Der Beschwerde war daher in diesem Punkt stattzugeben.

In der Gesamtbetrachtung der Beschwerdepunkte war daher der Beschwerde teilweise Folge zugeben und sind die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben den Beschwerdevorentscheidungen zu entnehmen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall handelt es sich um Sachverhaltsfragen, über Rechtsfragen wurde vom VwGH in den E , Ro 2016/15/0012, , Ra 2014/15/0058, , 2013/15/0087, , 2003/16/0133, , 92/15/0158 und , 98/14/0002 entschieden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Rückreisekosten aus dem Urlaub
Porsche 911
Autos eines Arztes
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105652.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at