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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.01.2020, RV/5100381/2017

Ausnahmsweise Säumnis gemäß § 217 Abs. 5 BAO im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Vorsteuer aus der Einfuhrumsatzsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache A GmbH, St.Nr. 000/0000, Adresse, vertreten durch B GmbH, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom  über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf) einen ersten Säumniszuschlag von 5.063,55 € fest, weil sie die Körperschaftsteuer 10-12/2016 von 253.177,61 € nicht bis entrichtet hatte.

In einer gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde stellte der steuerliche Vertreter der Bf den Antrag, den festgesetzten Säumniszuschlag abzuschreiben. Säumniszuschläge seien nach der Rechtsprechung (z.B. ) nicht festzusetzen, wenn die Partei an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe.

Die Bf habe die Überweisung innerhalb der in § 217 Abs. 5 BAO genannten Frist getätigt. Da innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis sämtliche Abgaben zeitgerecht entrichtet worden seien, werde um Abschreibung des Säumniszuschlages gebeten.

Ein der Beschwerde beigefügter Beleg betreffend Inlandszahlungsverkehr/SEPA dokumentierte eine Finanzamtszahlung von 246.325,92 € mit Durchführungsdatum  zur Entrichtung der Körperschaftsteuer von 279.793,00 € für das 4. Quartal 2016.

In einer schriftlichen Ergänzung zur Beschwerde brachte die Bf durch ihren Steuerberater vor, dass sie, wie telefonisch besprochen, ergänzend erläutern wolle, dass sie die Bankzahlung wegen kurzfristiger Finanzierungsschwierigkeiten nicht fristgerecht habe durchführen können. In Anbetracht eines erhöhten Auftragsvolumens im November 2016 habe die Bf als Zulieferfirma eine hohe Anzahl an Einkäufen tätigen müssen. Auf Grund dieser zur Erfüllung der Lieferverträge notwendigen Einkäufe und einem gleichzeitig hohen Forderungsbestand sei das Finanzierungsvolumen bei der Bank kurzfristig ausgeschöpft gewesen. Die Überweisung habe daher nicht fristgerecht durchgeführt werden können. Da bei dieser Sachlage kein grobes Verschulden vorliege, werde höflich ersucht, der Beschwerde stattzugeben.

Weiters seien die Abgaben in den letzten sechs Monaten vor der Säumnis fristgerecht entrichtet worden. Insbesondere liege bei der U 06/2016 ein Guthaben vor, wobei die Fehlbuchung hinsichtlich der EU 06/2016 vom am storniert worden sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Nach Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen des § 217 Abs. 1, 2 und 7 BAO wies das Finanzamt begründend darauf hin, dass die am fällige Körperschaftsteuer 10-12/2016 von 253.177,61 € verspätet am entrichtet worden sei, sodass der Säumniszuschlag verwirkt gewesen sei.

Nach dem Vorbringen der Bf habe die Bankzahlung auf Grund der in der Beschwerdeergänzung vorgebrachten Gründe nicht fristgerecht durchgeführt werden können.

Bei Begünstigungstatbeständen wie § 217 Abs. 7 BAO trete die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende habe also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden könne.

Das Fehlen groben Verschuldens führe nur dann zur Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages, wenn der Begünstigungswerber das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen im Rahmen der ihm obliegenden erhöhten Behauptungs- und Beweislast initiativ und unter Ausschluss jeglichen Zweifels darlege.

Mit dem bloßen Hinweis auf kurzfristige Finanzierungsschwierigkeiten sowie einem kurzfristig ausgeschöpften Finanzierungsrahmen bei der Bank werde der im Anwendungsbereich des § 217 Abs. 7 BAO den Begünstigungswerber treffenden Konkretisierungsobliegenheit hinsichtlich eines fehlenden groben Verschuldens an der verspäteten Abgabenentrichtung weder in zeitlicher noch in sonstiger Hinsicht entsprochen. Dem Antrag auf Aufhebung des Säumniszuschlages könne daher nicht gefolgt werden.

Da insbesondere auch die Möglichkeit der zeitgerechten Einbringung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung (§ 212 BAO) bestanden hätte, wodurch der Eintritt des Säumniszuschlages vermieden worden wäre, könne nicht von einem nur minderen Grad des Vergehens ausgegangen werden, weshalb der nach § 217 Abs. 7 BAO gestellte Antrag abzuweisen gewesen sei.

Der Einwand, dass die laufenden Zahlungen immer zeitgerecht entrichtet würden, könne der Beschwerde nur dann zum Erfolg verhelfen, wenn es sich um eine ausnahmsweise Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO handle. Gemäß § 217 Abs. 5 BAO bestehe die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage betrage und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschulden zeitgerecht entrichtet habe.

Die zweite Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da die Umsatzsteuer 06/2016 verspätet am eingereicht worden sei.

Im Vorlageantrag wandte die Bf durch ihren steuerlichen Vertreter ein, dass es hinsichtlich der Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2016 zu einer Säumnis gekommen sei. Die am fällige Abgabe sei um fünf Werktage verspätet am an das Finanzamt überwiesen worden.

Für die Rechtzeitigkeit der Entrichtung im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO sei die Einhaltung der Zahlungsfristen inklusive Nachfristen maßgebend (Ritz, BAO5, § 217 Tz 37). Nach Stoll (BAO, 2336) sei eine Säumnis in den letzten sechs Monaten nur schädlich, wenn diese auch zu einem Säumniszuschlag geführt habe.

In der Beschwerdevorentscheidung habe das Finanzamt zur Frage der ausnahmsweisen Säumnis auf die um einen Tag verspätete Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung 06/2016 verwiesen.

Dazu sei darauf hinzuweisen, dass die Umsatzsteuer 06/2016 eine Gutschrift von 47.364,33 € ergeben habe. Per habe ein Rückstand von 39.288,78 € bestanden, welcher gänzlich aus der Verbuchung der Einfuhrumsatzsteuer 06/2016 resultiert habe. Die EUSt sei in der UVA 06/2016 als Vorsteuer geltend gemacht worden. In Summe habe sich durch die Einreichung der UVA 06/2016 ein Guthaben von 8.075,55 € ergeben. Dies sei allerdings auf Grund der um einen Tag verspäteten Einreichung erst per auf dem Finanzamtskonto verbucht worden.

Mit der Zielsetzung und dem Sinn des § 217 BAO sei unvereinbar, einen Säumniszuschlag in Fällen festzusetzen, in denen dem Abgabepflichtigen durch sein Verhalten ein Nachteil und dem Abgabengläubiger dadurch, dass er zu einem früheren Zeitpunkt über das Geld verfügen konnte, ein Vorteil erwachsen sei. Dies würde beispielsweise in jenen Fällen zutreffen, in denen der Abgabepflichtige eine Vorsteuer zu einem späteren Zeitpunkt geltend mache als dies nach den gesetzlichen Vorschriften möglich wäre (Ritz, BAO5, § 217 Tz 41; ). Dies sei im vorliegenden Fall hinsichtlich der U 06/2016 grundsätzlich gegeben.

Allerdings liege im Zusammenhang mit der Verbuchung der Einfuhrumsatzsteuer ohnehin eine besondere Konstellation vor. In Rz 1874c UStR werde hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer ausgeführt:

„Die Vorsteuer betreffend die Einfuhrumsatzsteuer, die über das Abgabenkonto entrichtet wird, wird zum gleichen Zeitpunkt wirksam, in dem die Einfuhrumsatzsteuer fällig wird. Die z.B. in den Kalendermonat Oktober fallenden Einfuhrumsatzsteuer-Schuldigkeiten werden Ende November/Anfang Dezember auf dem Finanzamtskonto eingebucht und am 15. Dezember fällig. Die entsprechende Einfuhrumsatzsteuer-Vorsteuer wird somit am 15. Dezember wirksam. Dies gilt – im Gegensatz zu den übrigen Vorsteuern - auch, wenn die UVA zu einem früheren Zeitpunkt (z.B. bereits am 2. November) beim Finanzamt eingereicht wird.“

Nachdem die Vorsteuer zum gleichen Zeitpunkt wie die Einfuhrumsatzsteuer fällig werde, hätte bei entsprechender Erfassung auf dem Abgabenkonto ein Betrag von 39.288,78 € aus der U 06/2016 mit Wirksamkeit verbucht werden müssen, wodurch per auf dem Abgabenkonto ein Saldo von 0,00 € und am ein Guthaben von 8.075,55 € bestanden habe. Damit sei aber die Voraussetzung der zeitgerechten Entrichtung innerhalb der letzten sechs Monate vor Säumnis erfüllt. Die Anmerkung in Rz 1874c UStR zur früheren Abgabe der UVA müsse auch gelten, wenn die UVA nicht zu einem früheren Zeitpunkt, sondern einen Tag nach Fälligkeit der EUSt beim Finanzamt eingereicht werde, da die EUSt-Vorsteuer bereits mit dem Tag der Fälligkeit der EUSt wirksam werde.

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, dass im Falle einer Banküberweisung eine dreitägige Respirofrist zur Anwendung komme. Da auch bei Banküberweisungen die Transaktion im Regelfall innerhalb eines Tages erledigt sei, das Guthaben also am Tag nach der Überweisung auf dem Empfängerkonto verfügbar sei, scheine die Schädlichkeit der Verbuchung des Guthabens aus der UVA 06/2016 um einen Tag nach Fälligkeit der EU 06/2016 auch unter diesem Gesichtspunkt überzogen.

Dem Vorbringen, dass das Unterlassen der Einbringung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung für grobes Verschulden spreche, sei entgegen zu halten, dass ein derartiges Ansuchen bei einer nur kurzfristigen Zahlungsverzögerung unter verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten wenig zweckmäßig erscheine (siehe auch ).

Im Sinne obiger Ausführungen würde es dem Sinn des Säumniszuschlages zuwiderlaufen, den Tatbestand der ausnahmsweisen Säumnis im vorliegenden Fall als nicht anwendbar zu erachten.

Zur Konkretisierung hinsichtlich der kurzfristigen Finanzierungsschwierigkeiten (hinsichtlich des Antrages nach § 217 Abs. 7 BAO), welche zur verspäteten Zahlung der Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2016 geführt hätten, wolle die Bf noch weitere Ergänzungen vorbringen. Die Bf sei als Zulieferfirma eines russischen Automobilkonzerns tätig. Es bestehe ein hoher Druck, die Bestellungen der Konzerngesellschaften zeitnah zu erfüllen. Insbesondere könne es für die Bf zu hohen Schadenskosten im Falle von Verzögerungen kommen, welche durch Überwälzung der Schadensforderungen von Kunden des Konzerns auf die Bf entstehen würden.

Die Bf habe zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Körperschaftsteuervorauszahlung ein außerordentlich hohes Bestellvolumen zu bewerkstelligen gehabt, welches sich im Vergleich zum Vorjahr beinahe verdoppelt habe. Sie habe diese Bestellungen vorfinanzieren müssen, da das Zahlungsziel der von der Bf belieferten Konzernfirmen bei rund sechs Monaten liege. Erschwerend sei hinzugekommen, dass die finanzierende österreichische Bank im selben Zeitraum bei Geschäften mit russischen Firmen die Finanzierungskonditionen verschärft habe.

Bei der Verschuldensbeurteilung dürfe auch nicht gänzlich außer Acht gelassen werden, um welche Steuerart es sich handle (-I/04). Bei der Steuerart handle es sich um eine vierteljährliche Körperschaftsteuervorauszahlung in für die Bf wesentlicher Höhe. Für größere Überweisungen sei die Freigabe durch die Bank nötig, und diese richte sich nach der Ausschöpfung des Finanzierungsrahmens. Erst durch wesentliche Zahlungseingänge am habe die Überweisung durchgeführt werden können. Die Bf lege die Kontoausdrucke der Bankkonten für November 2016 bei, wobei das Konto 1 für Eingänge von Kunden und das Konto 2 für Zahlungen verwendet werde. Die Eingänge am Konto 1 würden wiederum auf das Konto 2 übertragen. Hier sei die Entwicklung der Kontostände ersichtlich und auch, dass es sich bei der Körperschaftsteuervorauszahlung um die größte Auszahlung im November handle und der Großteil der Zahlungsausgänge wesentlich geringer sei.

Die Bf stelle einen Antrag auf mündliche Verhandlung beim Bundesfinanzgericht.

Mit Schreiben vom wurde dieser Antrag zurückgezogen.

Rechtslage

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, ist ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht getilgten Abgabenbetrages zu entrichten (§ 217 Abs. 1 und 2 BAO).

Eine ausnahmsweise Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO setzt voraus, dass auf einem Abgabenkonto die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und innerhalb der letzten sechs Monate vor Säumnis alle Abgabenschulden zeitgerecht entrichtet wurden.

In die Frist von fünf Tagen sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen (§ 217 Abs. 5 zweiter Satz BAO). Bei Überweisungen steht der Partei eine Respirofrist von drei Tagen zu (§ 211 Abs. 2 und 3). Die Frist von fünf Tagen beginnt gegebenenfalls erst nach dieser Respirofrist (§ 217 Abs. 5 zweiter Satz BAO; Ritz, BAO6, § 217 Tz 36 ff).

Für die Rechtzeitigkeit der Entrichtung ist die Einhaltung von Zahlungsfristen (Fälligkeitszeitpunkte, Nachfristen) maßgebend. Nach der Verwaltungspraxis ist (grundsätzlich) unbeachtlich, ob die Nichteinhaltung der Zahlungsfrist zur Verhängung eines Säumniszuschlages geführt hat oder nicht (vgl. auch die Richtlinien für die Abgabeneinhebung (RAE), Rz. 965, „unabhängig von allfälligen Säumnisfolgen“; , mit Verweis auf weitere Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates; aM Stoll, BAO, 2336, wonach „Säumnis“ nur eine ist, die auch zu einem Säumniszuschlag geführt hat).

Ob die Säumnis von maximal fünf Tagen oder die nicht zeitgerecht erfolgte Entrichtung innerhalb der letzten sechs Monate verschuldet erfolgt ist, ist für die Anwendung des § 217 Abs. 5 unmaßgeblich.

Nach § 217 Abs. 7 erster Teilsatz BAO sind auf Antrag der Partei Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als sie an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft.

Säumniszuschläge, die den Betrag von 50,00 € nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (§ 217 Abs. 10 BAO).

Nach § 21 Abs. 1 UStG 1994 ist ein vorangemeldeter Überschuss gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. Nr. 71/2003, wurde – bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - der Partei in § 26 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 die Option ermöglicht, die Einfuhrumsatzsteuer nicht beim Zollamt, sondern bei ihrem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt zu entrichten.

Die Einfuhrumsatzsteuer ist in der Regel, ebenso wie die Umsatzsteuer, am 15. des auf den Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonats fällig (§ 26 Abs. 5 lit. a UStG 1994).

Nach § 12 Abs. 1 Z 2 lit. b UStG 1994 kann der Unternehmer in den Fällen des § 26 Abs. 3 Z 2 die geschuldete und auf dem Abgabenkonto verbuchte Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Die Vorsteuer aus der Einfuhrumsatzsteuer wird gleichzeitig mit der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wirksam (§ 20 Abs. 2 Z 2 UStG 1994).

Die Vorsteuer aus der Einfuhrumsatzsteuer ist in die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung aufzunehmen und mindert als Vorsteuer die monatliche Umsatzsteuerzahllast. Die Einfuhrumsatzsteuer selbst ist gesondert und ohne Aufnahme in die Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt zu zahlen.

Bedingung für den Vorsteuerabzug ist die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuerschuld und ihre Verbuchung am Abgabenkonto des Finanzamtes (§ 12 Abs. 1 Z 2 lit. b UStG 1994). Die Einfuhrumsatzsteuerschuld ist eine Abgabe im Sinne des § 217 Abs. 1 BAO, für die – soweit sie nicht rechtzeitig entrichtet wird – ein Säumniszuschlag festgesetzt werden kann. Durch die Vorsteuerabzugsberechtigung wird die Einfuhrumsatzsteuerschuld gleichsam kompensiert, sodass letztlich keine endgültige Steuerbelastung entstehen soll, deren nicht zeitgerechte Erfüllung zur Vorschreibung eines Säumniszuschlages führen würde. Mit der Zielsetzung und dem Sinn des Säumniszuschlages ist es unvereinbar, einen solchen festzusetzen, wenn die Partei eine Vorsteuer zu einem späteren Zeitpunkt, als es nach den gesetzlichen Bestimmungen möglich wäre, geltend macht und der Abgabengläubiger dadurch, dass er zu einem früheren Zeitpunkt über die Geldbeträge verfügen konnte, einen Vorteil hat (Windsteig in Melhardt/Tumpel, UStG, 2. Aufl. 2015, § 26 Rz 37).

Dies würde etwa in jenen Fällen zutreffen, in denen die Partei eine Vorsteuer zu einem späteren Zeitpunkt geltend macht, als dies nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 20 Abs. 2 UStG 1994) möglich wäre (Ritz, BAO6, § 217 Tz 41, mit Verweis auf Rz 916 RAE).

Eine vorzeitige Abgabe der UVA ermöglicht keine Vorverlegung des Zeitpunktes des Vorsteuerabzuges betreffend die Einfuhrumsatzsteuer [(Bürgler/Kurz in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3.00 § 26 Rz 22 (Stand , rdb.at); vgl. auch Rz 1874c UStR, wonach die Vorsteuer betreffend die Einfuhrumsatzsteuer zum gleichen Zeitpunkt wirksam wird, in dem die Einfuhrumsatzsteuer fällig wird, und wonach dies – im Gegensatz zu den übrigen Vorsteuern – auch gilt, wenn die UVA zu einem früheren Zeitpunkt beim Finanzamt eingereicht wird].

Nach den Materialien zur Regierungsvorlage (ErläutRV 59 BlgNR XXII. GP 117 ff) soll es sich insgesamt um eine Vereinfachungsmaßnahme hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer handeln. Durch Einbuchung der Einfuhrumsatzsteuer auf dem Abgabenkonto kann diese direkt mit dem entsprechenden Vorsteuerabzug gegenverrechnet werden. Es entfällt daher die tatsächliche Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer und spätere Rückforderung.

Dadurch, dass am Fälligkeitstag der Einfuhrumsatzsteuer auch die Vorsteuer aus dieser wirksam wird, kann es zu einer tatsächlichen Einfuhrumsatzsteuerbelastung nur dann kommen, wenn der Unternehmer nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Erwägungen

Unstrittig wurde im vorliegenden Fall die am fällige Körperschaftsteuer 10-12/2016 verspätet entrichtet. Die Bf erteilte den Überweisungsauftrag am , die Gutschrift langte am auf dem Abgabenkonto ein (§ 211 Abs. 1 lit. d BAO).

Unter Einrechnung der dreitägigen Respirofrist (§ 211 Abs. 2 BAO) und die daran anschließende Frist von fünf Tagen bei Zutreffen einer ausnahmsweisen Säumnis wäre die Säumnis ohne Folgen geblieben, wenn die Gutschrift bis spätestens auf dem Abgabenkonto eingelangt wäre. Sofern die Bf daher innerhalb der letzten sechs Monate vor Säumnis alle Abgabenschulden zeitgerecht entrichtet hätte, hätte die verspätete Begleichung der Körperschaftsteuer 10-12/2016 auf Grund der Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO ohne Säumnisfolgen zu bleiben.

Im Einklang mit der o.a. Rechtsprechung ist für die Nichtanwendbarkeit des § 217 Abs. 5 BAO allein entscheidend, dass eine Zahlungsfrist nicht eingehalten wird. Unerheblich ist dagegen, ob eine derartige Säumnis zur Vorschreibung eines Säumniszuschlages geführt hat oder eine solche Vorschreibung (z.B. wegen § 217 Abs. 10 BAO) unterblieben ist.

Zu prüfen war daher, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für eine ausnahmsweise Säumnis insgesamt erfüllt waren, ob somit – unstrittig - nicht nur eine Säumnis von nicht mehr als fünf Tagen vorlag, sondern die Bf auch innerhalb der letzten sechs Monate vor Säumnis alle Abgabenschulden zeitgerecht entrichtet hatte.

Das Finanzamt machte das Nichtvorliegen einer ausnahmsweisen Säumnis geltend, weil die Bf die eine Gutschrift ausweisende Umsatzsteuervoranmeldung 06/2016 um einen Tag verspätet am eingereicht habe.

Dazu war Folgendes festzustellen:

Das Abgabenkonto der Bf wurde am mit der am fälligen Einfuhrumsatzsteuer 06/2016 in Höhe von 39.288,78 € belastet, wogegen die UVA 06/2016 mit einer Gutschrift von 47.364,33 € erst am eingereicht wurde. In dieser Voranmeldung wurde u.a. die Einfuhrumsatzsteuer von 39.288,78 € als Vorsteuer geltend gemacht.

Dem Finanzamt war zuzustimmen, dass nach der Regelung des § 21 Abs. 1 UStG 1994, wonach eine Gutschrift auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung zurückwirkt, die Gutschrift erst am wirksam geworden und daher zur Begleichung der am fälligen Einfuhrumsatzsteuer nicht zeitgerecht zur Verfügung gestanden wäre.

Im Zusammenhang mit der Einfuhrumsatzsteuer waren jedoch die Besonderheiten zu beachten, dass die Vorsteuer aus der Einfuhrumsatzsteuer gleichzeitig mit der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wirksam wird und Voraussetzung für einen etwaigen Vorsteuerabzug ist, dass die Einfuhrumsatzsteuer geschuldet und auf dem Finanzamtskonto verbucht ist.

Daraus folgt, dass auch eine vorzeitige Abgabe der UVA keine Vorverlegung des Zeitpunktes des Vorsteuerabzuges betreffend die Einfuhrumsatzsteuer ermöglicht. Vice versa muss nach Ansicht der Richterin gelten, dass auch eine verspätete Abgabe der UVA nichts am Zeitpunkt des Vorsteuerabzuges zu ändern vermag, vorausgesetzt, die verbuchte Einfuhrumsatzsteuer kann durch die in die jeweilige UVA unter der KZ 083 aufgenommene Vorsteuer auch tatsächlich abgedeckt werden, was gegenständlich der Fall war. 

Nach der Intention des Gesetzgebers soll dadurch, wie o.a., keine endgültige Steuerbelastung entstehen, deren nicht zeitgerechte Erfüllung zur Vorschreibung eines Säumniszuschlages führen würde.

In der UVA 06/2016 wurden neben der Vorsteuer in gleicher Höhe wie die Einfuhrumsatzsteuer weitere Vorsteuern erklärt, sodass auf Grund der gesetzlichen Fiktion der Einfuhrumsatzsteuer 06/2016 trotz der um einen Tag verspäteten Einreichung der UVA bereits am Fälligkeitstag eine Vorsteuer in gleicher Höhe gegenüberstand.

Da die Einfuhrumsatzsteuer, die dem Finanzamtskonto angelastet wurde, zu jenem Zeitpunkt als Vorsteuer abziehbar war, im dem die Einfuhrumsatzsteuer fällig war, war im Fall der Einfuhrumsatzsteuer 06/2016 von keiner Säumnis auszugehen.

Die Bf konnte sich somit hinsichtlich der verspäteten Zahlung der Körperschaftsteuer 10-12/2016 zu Recht auf eine ausnahmsweise Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO berufen, weshalb der Beschwerde antragsgemäß stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden war.

Eine Prüfung, ob auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO erfüllt gewesen wären, konnte auf sich beruhen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall erfolgte die Lösung der zu klärenden Rechtsfragen im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. ergab sich diese unmittelbar aus dem Gesetz. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG lag somit nicht vor, weshalb eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100381.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at