Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.12.2019, RV/7101457/2017

Familienbeihilfenanspruch bei grenzüberschreitendem Sachverhalt

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A.K., Anschr., gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom , betreffend Abweisung von Familienbeihilfe für das Kind B.K., geb. am xy2003, und das Kind D.K., geb. am xy2007, ab Juni 2012, zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird, was die Abweisung von Familienbeihilfe für das Kind D.K., geb. am xy2007, für die Monate Juni 2012 bis Mai 2013 betrifft, aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf:

Der Beschwerdeführer beantragte am die Zuerkennung von Familienbeihilfe für seine Tochter B.K., geb. am xy2003, ab Juni 2012 und für seinen Sohn D.K., geb. am xy2007, ab Juni 2013.

Mit Schreiben vom ersuchte die Abgabenbehörde den Beschwerdeführer folgende Unterlagen beizubringen:

Alle Zeugnisse der Tochter B.K. ab dem Schuljahr 2012/2013 bis laufend;

  • Schulnachricht/Jahreszeugnis des Sohnes D.K. ab dem Schuljahr 2013/2014 bis laufend;

  • aktuelle Schulbestätigung der beiden Kinder;

  • Erklärung der Kindesmutter gemäß § 2a Abs. 1 FLAG 1967, dass sie auf die ihr vorrangig zustehende Familienbeihilfe zugunsten des Beschwerdeführers verzichtet.

In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens legte der Beschwerdeführer am nachstehende Unterlagen vor:

  • Schulbesuchsbestätigung vom , wonach die Tochter B.K. in den Schuljahren 2012 bis 2015 die 4., 5., und 6. Klasse der-X-Schule, in Rumänien besucht hat und im Schuljahr 2015/2016 die 7. Klasse dieser Einrichtung besucht;

  • Schulbesuchsbestätigung vom , wonach der Sohn D.K. in den Schuljahren 2013 bis 2015 die 1. und 2. Klasse der-X-Schule, in Rumänien besucht hat und im Schuljahr 2015/2016 die 3. Klasse dieser Einrichtung besucht;

  • Erklärung der Ehegattin und Kindesmutter E.K. vom , dass sie auf die Zuerkennung von Familienbeihilfe zugunsten des Beschwerdeführers verzichtet.

Mit Schreiben vom ersuchte die Abgabenbehörde den Beschwerdeführer eine Bestätigung der rumänischen Behörde vorzulegen, dass für beide Kinder ab Juni 2012 keine Familienleistungen ausbezahlt wurden sowie weiters einen Nachweis (z.B. Bankbelege etc.) zu erbringen, wann und in welcher Höhe er für den Unterhalt der Kinder aufgekommen ist, dies ab Antragstellung. Die Abgabenbehörde wies darauf hin, für den Fall, dass diese Unterlagen nicht lückenlos vorgelegt werden sollten, werde der Antrag abgewiesen.

In der Folge übermittelte der Beschwerdeführer am eine Bestätigung des rumänischen Ministeriums für Arbeit, Familie, Sozialschutz und Schutz der Senioren vom , dass er für die beiden Kinder in Rumänien kein Kindergeld erhalten hat.

Mit Schreiben vom ersuchte die Abgabenbehörde den Beschwerdeführer noch einmal einen Nachweis (z.B. Bankbelege etc.) zu erbringen, wann und in welcher Höhe er für den Unterhalt der Kinder aufgekommen ist, dies ab Antragstellung. Die Abgabenbehörde wies erneut darauf hin, dass für den Fall, dass diese Unterlagen nicht lückenlos vorgelegt werden sollten, der Antrag abgewiesen werde.

Daraufhin legte der Beschwerdeführer am ein Schreiben seiner in Rumänien in Adresse1, lebenden Mutter F.K. vom vor. In diesem Schreiben erklärt seine Mutter, dass B.K. und D.K., ihre Enkelkinder (Kinder ihres Sohnes A.K.) sich seit bis laufend in ihrer Obhut befinden. Alle Kosten für das Großziehen der Enkelkinder würden von deren Eltern, dem Beschwerdeführer und dessen Ehegattin bestritten. Diese Kosten würden sich monatlich auf € 400,-- belaufen. Diesen Betrag würde sie am Anfang jeden Monats in bar von ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter erhalten.

Mit Bescheid vom wies die Abgabenbehörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Familienbeihilfe für die beiden Kinder B.K. und D.K. ab Juni 2012 ab.

Da der Beschwerdeführer – so die Begründung im Abweisungsbescheid – trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht beigebracht habe und dadurch seiner Mitwirkungspflicht nach § 115 BAO nicht nachgekommen sei, müsse angenommen werden, dass in dem im Spruch genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden habe bzw. bestehe.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom Beschwerde ein.

In diesem Schreiben bringt er Folgendes vor:

Die Ausführungen im Abweisungsbescheid, wonach er “seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei“, seien nicht richtig.

Er sei aufgefordert worden, den Nachweis zu erbringen, dass seinen beiden Kindern Unterhalt gewährt worden sei.

Der Unterhalt sei faktisch gewährt worden, da beide Kinder gemeinsam mit seiner Mutter (also der Großmutter der Kinder) im selben Haushalt lebten. Er habe aus seinem Einkommen den Betrag von € 400, -- an seine Mutter bar übergeben. Beide Kinder hätten jeweils am Monatsanfang von seiner Mutter diesen seinen Betrag von je € 200, -- bar erhalten, diese Beträge seien an beide Kinder persönlich übergeben worden, für das gemeinsame Wohnen hätten die beiden Kinder keine Zahlung an ihre Großmutter (seine Mutter) leisten müssen.

Zum Nachweis dafür habe er am die beglaubigte Erklärung seiner Mutter F.K. vom an das Finanzamt übermittelt.

Die Behörde habe sohin ihrer Entscheidung nicht den vollständigen Akteninhalt zugrunde gelegt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die Abgabenbehörde der Beschwerde keine Folge.

Diese Entscheidung begründete sie wie folgt:

Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 regle für den Fall, dass für dieselben Familienangehörigen Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren seien, welcher Staat vorrangig/nachrangig für die Zahlung der Familienleistungen zuständig sei.

Der Begriff des “familienangehörigen Kindes" werde in § 2 Abs. 3 FLAG 1967 definiert. Darunter seien leibliche Kinder, Enkel, Stiefkinder usw., zu verstehen, allerdings immer unter der einschränkenden Voraussetzung, dass das Kind mit dem in Frage kommenden Elternteil im gemeinsamen Haushalt lebe oder dieser Elternteil überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind trage (§ 2 Abs. 2 FLAG 1967).

Im und im darauf folgenden Erkenntnis des , werde jedoch die Rechtsmeinung vertreten, dass ein leiblicher Vater - auch wenn er keinerlei Kontakt zu seinem leiblichen, im Ausland lebenden Kind mehr habe - als familienangehöriger Vater zu werten sei und eine von ihm in Österreich ausgeübte Erwerbstätigkeit einen Anspruch auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für das Kind im Ausland auslöse.

In Folge dieser Rechtsprechung sei daher als ein familienangehöriges Kind im Sinne des Art. 68 der VO (EG) 883/2004 ein leibliches Kind im Verhältnis zu seinem leiblichen Vater/zu seiner leiblichen Mutter zu werten. Bei der Beurteilung der Frage, nach welchen Rechtsvorschriften ein vorrangiger/nachrangiger Anspruch auf die Familienleistungen eines Landes für dieses Kind bestehe, seien der Prüfung beide leibliche Elternteile zugrunde zu legen.

Nach der Rechtsprechung (vgl. z.B. ) hänge die Feststellung der überwiegenden Kostentragung einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge ab (vgl. auch Nowotny in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 149).

Im gegenständlichen Fall sei daher zu prüfen gewesen, ob die Unterhaltskosten der Kinder des Beschwerdeführers überwiegend bzw. mindestens in Höhe der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages getragen worden seien.

Da kein Nachweis des Zahlungsflusses erbracht worden sei und auf Grund des geringen Einkommens im beeinspruchten Zeitraum eine monatliche Unterhaltsleistung in Höhe von mindestens derzeit € 589,-- nicht glaubwürdig erscheine, sei die Beschwerde abzuweisen.

Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag.

Mit Bericht vom legte die Abgabenbehörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom  brachte der Beschwerdeführer am folgende Unterlagen (in Kopie) bei:

  • Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung Zl. xy, wonach ihm mit Wirkung vom die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde

  • Staatsbürgerschaftsnachweis und Reisepass des Beschwerdeführers

  • Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis und Reisepass der Tochter B.K.

  • Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis und Reisepass des Sohnes D.K.

Die Abgabenbehörde übermittelte über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom am nachstehende Unterlagen:

  • Antrag des Beschwerdeführers vom auf Zuerkennung von Familienbeihilfe für die Tochter B.K. ab Juni 2012

  • Kurze Sachverhaltsdarstellung

  • Aufstellung, wonach die Kindesmutter E.K. für die Monate Juni 2012 und Juli 2012 für beide Kinder und für die Monate August 2012 bis Jänner 2014 für den Sohn D.K. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag in Österreich bezogen hat

  • Bescheid der Abgabenbehörde vom , wonach der Antrag der Kindesmutter vom auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für die Tochter B.K. ab August 2012 und für den Sohn D.K. ab Februar 2014 abgewiesen wurde sowie Bescheid der Abgabenbehörde vom , wonach der Antrag der Kindesmutter vom auf Familienbeihilfe für die beiden Kinder ab Oktober 2015 abgewiesen wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer A.K., geboren in M. in Rumänien, besitzt seit die österreichische Staatsbürgerschaft. Die beiden Kinder B.K., geb. am xy2003, und D.K., geb. am xy2007, sind gleichfalls österreichische Staatsbürger. Die Ehegattin des Beschwerdeführers und Kindesmutter, E.K., und die Großmutter väterlicherseits, F.K., sind rumänische Staatsbürger.

Der Beschwerdeführer hat seit seinen Wohnort ununterbrochen in Österreich. Er wohnte von bis an der Adresse X, seit wohnt er an der Adresse Y.

Er übte in den strittigen Zeiträumen Juni 2012 bis Mai 2016 in Österreich wie folgt eine nichtselbständige Tätigkeit aus bzw. bezog Arbeitslosengeld/Notstandshilfe:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
 
-
Notstandshilfe, Überbrückungshilfe
-
Notstandshilfe, Überbrückungshilfe
-
Notstandshilfe, Überbrückungshilfe
-
Arbeiter
-
Arbeiter
-
Arbeiter
-
Arbeitslosengeld
-
Arbeitslosengeld
-
Arbeitslosengeld
-
Notstandshilfe, Überbrückungshilfe
-
Notstandshilfe, Überbrückungshilfe
-
geringfügig beschäftigter Angestellter

In den Monaten Jänner 2013 bis März 2013, Februar 2014, Juli 2015 bis Dezember 2015 war der Beschwerdeführer in Österreich nicht erwerbstätig (weder nichtselbständig noch selbständig) und bezog in Österreich auch keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Die Kindesmutter E.K. wohnt seit ununterbrochen in Österreich und zwar an derselben Adresse wie ihr Ehegatte ( bis an der Adresse X, und seit an der Adresse Y).

Die beiden Kinder lebten in den strittigen Zeiträumen im Monat Juni 2012 im gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern in Österreich und ab Juli 2012 () bis Mai 2016 im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Großmutter väterlicherseits, F.K., in Rumänien in Adresse1.

Die Tochter B.K. besuchte in den Schuljahren 2012/2013, 2013/2014, 2014/2015 und 2015/2016 die 4., 5., 6. und 7. Klasse der-X-Schule, in Rumänien.

Der Sohn D.K. besuchte in den Schuljahren 2013/2014, 2014/2015 und 2015/2016 die 1., 2. und 3. Klasse der genannten Schule in Rumänien.

Die Kindesmutter bezog in den Beschwerdezeiträumen in Österreich Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Kinder wie folgt:
Juni 2012 und Juli 2012: Für beide Kinder
August 2012 bis Jänner 2014: Für D.K.

Die Kindesmutter gab im gegenständlichen Beschwerdeverfahren am eine Verzichtserklärung gemäß § 2a Abs. 2 FLAG 1967 zugunsten des Beschwerdeführers ab.

Für die beiden Kinder wurde in Rumänien kein Kindergeld ausbezahlt.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die von der Abgabenbehörde mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen aus dem Familienbeihilfenakt des Beschwerdeführers (siehe dazu das Aktenverzeichnis laut Vorlagebericht), die über Anforderung des Bundesfinanzgerichtes vom Beschwerdeführer am und von der Abgabenbehörde am nachgereichten Unterlagen, die in der Familienbeihilfendatenbank erfassten Daten sowie die Eintragungen im Zentralen Melderegister.

Rechtslage:

Nationales Recht

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs. 3 FLAG 1967 sind Kinder einer Person im Sinne dieses Abschnittes

a) deren Nachkommen,

b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c) deren Stiefkinder,

d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

Gemäß § 2 Abs. 5 erster Satz FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Ein Kind gilt gemäß § 2 Abs. 5 dritter Satz FLAG 1967 bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht gemäß § 2a Abs. 1 FLAG 1967 der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

In den Fällen des Abs. 1 kann gemäß § 2a Abs. 2 FLAG 1967 der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt.

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 10 Abs. 4 FLAG 1967 gebührt Familienbeihilfe für einen Monat nur einmal.

Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat gemäß § 13 FLAG 1967 das Wohnsitzfinanzamt der antragstellenden Person zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Unionsrecht

I. Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit:

Nach Art. 1 lit. i dieser Verordnung ist “Familienangehöriger“ jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird.

Nach Art. 2 Abs. 1 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. j umfasst der sachliche Geltungsbereich dieser Verordnung auch Familienleistungen.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben nach Art. 4 Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen nach Art. 7 Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

Vorbehaltlich der Art. 12 bis 16 gilt nach Art. 11 Abs. 3 Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit angehört;

c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

Eine Person hat nach Art. 67 erster Satz auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Sind für denselben Zeitraum und für denselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten nach Art. 68 Abs. 1 folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen gemäß Art. 68 Abs. 2 nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Abs. 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt, so gilt gemäß Art. 68 Abs. 3 Folgendes:

a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Absatz 2 genannten Unterschiedsbetrag;

b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.

II. Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit:

Nach Art. 60 Abs. 1 dieser Verordnung werden die Familienleistungen bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaates, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

Erwägungen:

1. Streitzeitraum

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ein zeitraumbezogener Abspruch. Ein derartiger Abspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. z.B. , u.a.)

Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die Abgabenbehörde die Zuerkennung von Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Juni 2012 abgewiesen, ohne im Bescheid einen Endzeitpunkt zu benennen. Im Sinne der zitierten Rechtsprechung umfasst daher der Streitzeitraum im gegenständlichen Fall die Monate Juni 2012 bis Mai 2016.

Die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (, , u.a.).

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Monat Juni 2012

In diesem Zeitraum lebte und arbeitete der Beschwerdeführer in Österreich, die beiden Kinder D. und B. wohnten im gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern in Österreich. Es gilt ausschließlich nationales Recht.

2.2. Monate Juli 2012 bis Mai 2016

Aufgrund des in diesen Zeiträumen bestehenden Wohn- und Beschäftigungsortes des Beschwerdeführers in Österreich und des Wohnortes der beiden Kinder D. und B. bei der Großmutter in Rumänien liegt ein grenzüberschreitender Sachverhalt mit Unionsbezug vor. Es gelangen daher die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 zur Anwendung.

Ausgehend von den in der VO 883/2004 enthaltenen Bestimmungen unterliegt der Beschwerdeführer in den Beschwerdezeiträumen, in denen er in Österreich nichtselbständig tätig war oder Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe bezog, gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a den österreichischen Rechtsvorschriften. In den Monaten, in denen der Beschwerdeführer in Österreich keiner beruflichen Tätigkeit nachging und auch keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezog, sondern in Österreich “lediglich“ wohnte, unterliegt er gleichfalls den österreichischen Rechtsvorschriften, dies gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. e. Demgegenüber fällt die Großmutter gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. e unter die rumänischen Rechtsvorschriften.

Nach den im Art. 68 getroffenen Prioritätsregeln ist in den Beschwerdezeiträumen, in denen der Beschwerdeführer in Österreich eine nichtselbständige Tätigkeit ausübte oder Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe bezog, zur Erbringung von Familienleistungen Österreich primär und Rumänien sekundär zuständig. In den Beschwerdezeiträumen, in denen der Beschwerdeführer in Österreich keine berufliche Tätigkeit entfaltete und auch keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezog, sondern in Österreich “lediglich“ wohnte, Rumänien primär und Österreich sekundär zuständig.

Unter primärer Zuständigkeit ist allgemein zu verstehen, dass der Staat Familienleistungen nach seinen Rechtsvorschriften in voller Höhe zu gewähren hat. Unter sekundärer Zuständigkeit ist in allgemeiner Hinsicht gemeint, dass der Staat einen Unterschiedsbetrag zu leisten hat, wenn die Leistungen nach seinen Rechtsvorschriften höher sind. Zu beachten ist dabei allerdings, dass gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO 443/2004 ein Unterschiedsbetrag dann nicht gewährt werden muss, wenn der Leistungsanspruch nur durch den Wohnort ausgelöst wird und die Kinder im anderen Mitgliedstaat wohnen (siehe die ausführliche Erläuterung der Zuständigkeitsregeln in Adelheid Stöger “Unionsrechtliche Aspekte des Anspruchs auf Familienbeihilfe“ Seite 46f).

3. (Tomislaw Trapkowski)

In den Beschwerdezeiträumen, in denen ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, ist für die Beurteilung der Frage, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, das (Tomislaw Trapkowski) von entscheidender Bedeutung:

Der Gerichtshof hat in dem genannten Urteil Folgendes ausgesprochen:

“38 Aus Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 ergibt sich zum einen, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen auch für Familienangehörige erheben kann, die in einem anderen als dem für ihre Gewährung zuständigen Mitgliedstaat wohnen, und zum anderen, dass die Möglichkeit, Familienleistungen zu beantragen, nicht nur den Personen zuerkannt ist, die in dem zu ihrer Gewährung verpflichteten Mitgliedstaat wohnen, sondern auch allen „beteiligten Personen“, die berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, zu denen die Eltern des Kindes gehören, für das die Leistungen beantragt werden.

39 Folglich lässt sich, da die Eltern des Kindes, für das die Familienleistungen beantragt werden, unter den Begriff der zur Beantragung dieser Leistung berechtigten „beteiligten Personen“ im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 fallen, nicht ausschließen, dass ein Elternteil, der in einem anderen als dem zur Gewährung dieser Leistungen verpflichteten Mitgliedstaat wohnt, diejenige Person ist, die, sofern im Übrigen alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, zum Bezug dieser Leistungen berechtigt ist.

40 Es obliegt jedoch der zuständigen nationalen Behörde, zu bestimmen, welche Personen nach nationalem Recht Anspruch auf Familienleistungen haben.

41 Nach alledem ist Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedsstaat wohnt, der für die Gewährung der Leistung zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

[…]

44 Welche Personen Anspruch auf Familienleistungen haben, bestimmt sich nämlich, wie aus Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 klar hervorgeht, nach dem nationalen Recht.

Das Unionsrecht selbst vermittelt demnach keinen originären Anspruch auf nationale Familienleistungen. Es ist nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten, wem sie unter welchen Voraussetzungen wie lange Familienleistungen zuerkennen. Das Unionsrecht verlangt allerdings im Allgemeinen, dass diese Zuerkennung diskriminierungsfrei erfolgen muss, und im Besonderen, dass die Familienangehörigen einer Person, die in den Anwendungsbereich der VO 883/2004 fällt, so zu behandeln sind, als hätten alle Familienangehörigen ihren Lebensmittelpunkt in dem Mitgliedstaat, der Familienleistungen gewähren soll (vgl. z.B. ; ; ; ; ;  ; u.a.).

Die nach Art. 67 VO 883/2004 iVm Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009 vorzunehmende Fiktion bewirkt, dass die Wohnsituation auf Grundlage der im Streitzeitraum im anderen EU-Mitgliedstaat gegebenen Verhältnisse (fiktiv) ins Inland übertragen wird. Diese Fiktion besagt aber nur, dass zu unterstellen ist, dass alle Familienangehörigen im zuständigen Mitgliedstaat wohnen. Ob etwa ein gemeinsamer Haushalt besteht, ist dagegen sachverhaltsbezogen festzustellen (vgl. z.B. ; ; ; ; ; ; , u.a.).

Wer von den unionsrechtlich grundsätzlich als anspruchsberechtigte Personen anzusehenden Familienangehörigen tatsächlich primär oder sekundär oder gar keinen Anspruch auf österreichische Familienleistungen hat, ist daher nach nationalem Recht zu beurteilen (vgl. z.B. ; ; ; ; , u.a.).

Ob der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall einen Anspruch auf Familienbeihilfe hat, ist daher nach österreichischem Recht zu prüfen, wobei zu fingieren ist, dass alle Familienan gehörigen in Österreich wohnen.

4. Familienbeihilfe für den Monat Juni 2012

4.1. Familienbeihilfe für den Sohn D.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Abgabenbehörde den “Antrag des Beschwerdeführers vom “ auf Zuerkennung von Familienbeihilfe für den Monat Juni 2012 abgewiesen. Ein Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Sohn D. wurde aber seitens des Beschwerdeführers für den Monat Juni 2012 gar nicht gestellt. Der vom Beschwerdeführer am für den Sohn D. gestellte Antrag bezieht sich auf den Zeitraum ab Juni 2013.

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 setzt die Gewährung von Familienbeihilfe einen Antrag voraus. Wird von der Behörde erster Instanz ein antragsbedürftigter Bescheid ohne Vorliegen eines hiefür erforderlichen Antrags erlassen (etwa ein nicht gestelltes Begehren abgewiesen), so ist der Bescheid rechtswidrig und von der Berufungsbehörde ersatzlos zu beheben (vgl. ).

Der bekämpfte Bescheid ist daher, was die Familienbeihilfe für den Sohn D. für den Monat Juni 2012 betrifft, aufzuheben.

4.2. Familienbeihilfe für die Tochter B.

Die Tochter B. lebte im Monat Juni 2012 im gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern, dem Beschwerdeführer und dessen Ehegattin, E.K., in Österreich. Vorrangig anspruchsberechtigt auf Familienbeihilfe für diesen Monat ist gemäß § 2a Abs. 1 FLAG 1967 die Kindesmutter. Dieser wurde die Familienbeihilfe (einschließlich Kinderabsetzbetrag) für diesen Monat auch ausbezahlt. Gemäß § 10 Abs. 4 FLAG 1967 gebührt Familienbeihilfe für einen Monat nur einmal. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe für diesen Monat steht dem Beschwerdeführer nicht zu. Daran vermag auch die von der Kindesmutter abgegebene Verzichtserklärung gemäß § 2a Abs. 2 FLAG 1967 nichts zu ändern. Ein Verzicht kann zwar auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde.

5. Familienbeihilfe für die Monate Juli 2012 bis Mai 2016

5.1. Familienbeihilfe für den Sohn D. für die Monate Juli 2012 bis Mai 2013

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Abgabenbehörde den “Antrag des Beschwerdeführers vom “ auf Zuerkennung von Familienbeihilfe für die Monate Juli 2012 bis Mai 2013 abgewiesen. Ein Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Sohn D. wurde aber seitens des Beschwerdeführers für die Monate Juli 2012 bis Mai 2013 gar nicht gestellt. Der vom Beschwerdeführer am für den Sohn D. gestellte Antrag bezieht sich, wie bereits unter Pkt. 4.1. ausgeführt, auf den Zeitraum ab Juni 2013.

Es gilt das unter Pkt. 4.1. Gesagte (siehe dazu die betreffenden Ausführungen). Mangels eines Antrages ist der bekämpfte Bescheid, was die Familienbeihilfe für den Sohn D. für die Monate Juli 2012 bis Mai 2013 betrifft, aufzuheben.

5.2. Familienbeihilfe für den Sohn D. für die Monate Juni 2013 bis Jänner 2014

Für diese Monate wurde der Kindesmutter E.K. Familienbeihilfe (einschließlich Kinderabsetzbetrag) in Österreich ausbezahlt. Gemäß § 10 Abs. 4 FLAG 1967 steht Familienbeihilfe für einen Monat nur einmal zu. Eine neuerliche Zuerkennung von Familienbeihilfe für diesen Monat scheidet daher schon aus diesem Grund aus.

5.3. Familienbeihilfe für den Sohn D. für die Monate Februar 2014 bis Mai 2016

5.3.1. Familienbeihilfe für den Sohn D. für die Monate März 2014 bis Juni 2015, Jänner 2016 bis Mai 2016

Für die Beurteilung der Frage, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, ist - wie unter Pkt. 3 ausgeführt – die im anderen EU-Mitgliedstaat gegebene Wohnsituation fiktiv ins Inland zu übertragen.  

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 stellt hinsichtlich des Familienbeihilfenanspruchs primär auf die Haushaltszugehörigkeit mit dem Kind und nur sekundär auf die Tragung der überwiegenden Unterhaltskosten für das Kind ab (). Dabei geht das Gesetz erkennbar davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (, u.a.). Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig ist, zwingend entgegen ().

Zu einer Person im Sinne des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 zählt nach § 2 Abs. 3 FLAG 1967 auch ein Großvater oder eine Großmutter.

Der Begriff der Eltern leitet sich aus der Definition der anspruchsvermittelnden Kinder in § 2 Abs. 3 FLAG 1967 ab. Demnach sind Eltern alle Personen, die für Kinder im Sinne der zitierten Gesetzesstelle einen Familienbeihilfenanspruch haben können.

Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. Ein gemeinsamer Haushalt setzt nach der Rechtsprechung eine auf längere Zeit berechnete Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus (vgl. ).

Ein gemeinsamer Haushalt zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn D. hat nicht bestanden. Der Sohn D. lebte vielmehr mit seiner Großmutter an der Adresse1, Rumänien, in einer auf längere Zeit ausgerichteten Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft (siehe dazu den Schulbesuch des Sohnes in Rumänien).

Da der Sohn dem Haushalt seiner Großmutter in Rumänien angehörte, hat die Großmutter gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 den vorrangigen Anspruch auf F amilienbeihilfe, dies - da in diesen Monaten Österreich primär zur Erbringung von Familienleistungen zuständig ist - in voller Höhe.

Die rechtliche Situation stellt sich hier so dar, dass der Beschwerdeführer durch seine Beschäftigung bzw. dem Bezug von Arbeitslosengeld/Notstandshilfe in Österreich den Anspruch auf Familienbeihilfe in Österreich auslöst und diesen der vorrangig anspruchsberechtigten Großmutter vermittelt.
Zum vorrangigen Anspruch der Großmutter siehe die bereits ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes z.B. , , u.a.).

5.3.2. Familienbeihilfe für den Sohn D. für die Monate Februar 2014, Juli 2015 bis Dezember 2015

Hinsichtlich der Haushaltszugehörigkeit siehe die unter Pkt. 5.3.1. erfolgten Ausführungen.

Zur Erbringung von Familienleistungen für diese Monate ist – wie unter Punkt 2.2. dargelegt – Rumänien primär und Österreich sekundär zuständig. Da für diese Monate der Leistungsanspruch Österreichs als sekundär zuständiger Staat nur durch den Wohnort des Beschwerdeführers ausgelöst wird und der Sohn D. in Rumänien wohnte, vermag der Beschwerdeführer der Großmutter einen Anspruch auf eine Differenzzahlung in Österreich nicht zu vermitteln (vgl. Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO 883/2004).

5.4. Familienbeihilfe für die Tochter B. für den Monat Juli 2012

Für diesen Monat wurde der Kindesmutter E.K. Familienbeihilfe (einschließlich Kinderabsetzbetrag) in Österreich ausbezahlt. Da gemäß § 10 Abs. 4 FLAG 1967 Familienbeihilfe für einen Monat nur einmal gebührt, bleibt für eine neuerliche Zuerkennung von Familienbeihilfe für diesen Monat schon allein aus diesem Grund kein Raum.

5.5. Familienbeihilfe für die Tochter B. für die Monate August 2012 bis Dezember 2012, April 2013 bis Jänner 2014, März 2014 bis Juni 2015, Jänner 2016 bis Mai 2016

Es gilt das unter 5.3.1.Gesagte. Die in Bezug auf den Sohn D. getätigten Aussagen gelten in gleicher Weise auch für die Tochter B. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen.

5.6. Familienbeihilfe für die Tochter B. für die Monate Jänner 2013 bis März 2013, Februar 2014, Juli 2015 bis Dezember 2015

Es gilt das unter 5.3.2. Gesagte. Die in Bezug auf den Sohn D. getätigten Aussagen besitzen in gleicher Weise Gültigkeit auch für die Tochter B. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen.

6. Abschließende Bemerkung

Angesichts des Vorranges der Haushaltszugehörigkeit kommt der im Verfahren vor der Abgabenbehörde erörterten Frage der überwiegenden Kostentragung durch den Beschwerdeführer für die beiden Kinder keine Entscheidungsrelevanz zu.

Zulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da zur Frage, ob ein Anspruch der in einem anderen EU-Mitgliedstaat lebenden, haushaltsführenden Großmutter dem Anspruch eines in Österreich erwerbstätigen Vaters vorgeht, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, ist eine Revision zulässig.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 11 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 60 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
§ 2a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 13 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 53 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
, Tomislaw Trapkowski
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101457.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at