außergewöhnliche Belastung: Kosten einer Operation in Privatklinik
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden Bf.) beantragte in ihrer am elektronisch eingereichten Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 neben Sonderausgaben auch Aufwendungen für Krankheitskosten in Höhe von 4.875,26 Euro und andere außergewöhnliche Belastungen von 10.066,00 Euro. Am selben Tag übermittelte die Bf. eine Richtigstellung, da Ihr ein Kommastellenfehler unterlaufen sei. Die Summe der sonstigen außergewöhnlichen Belastungen müsse richtig 1.006,60 Euro lauten.
Aufgrund des Ergänzungsersuchens des Finanzamtes vom legte die Bf. Rechnungen samt Zahlungsbelege für die beantragten Kosten der außergewöhnlichen Belastungen vor. Aus diesen geht hervor, dass sich die Aufwendungen aus Kosten für zahnärztliche Leistungen iHv insgesamt 1.494,80 Euro, Aufwendungen betreffend den Pflegeregress für den Vater der Bf. iHv 1.006,60 Euro sowie Aufwendungen für eine Operation samt sechstägigem Aufenthalt in der A-Privatklinik iHv 3.380,46, insgesamt 5.881,86 Euro, zusammensetzen. Auf weitere Nachfrage des Finanzamtes gab die Bf. an, keine Kostenersätze von der Krankenkasse oder einer Versicherung für die Krankheitskosten erhalten zu haben und dass der Eingriff in der Privatklinik medizinisch notwendig gewesen sei, da Herr Dr. X, der Arzt ihres Vertrauens, nur an dieser Klinik operiere. Weiters gab die Bf. an, dass sie im Zusammenhang mit dem Pflegeregress für ihren Vater, von diesem keine Gegenleistung erhalten zu haben.
Mit Einkommensteuer-Bescheid vom anerkannte das Finanzamt die beantragten Sonderausgaben sowie außergewöhnliche Belastungen iHv 2.501,40 Euro, der Selbstbehalt in derselben Höhe wurde gemäß § 34 Abs. 4 EStG wieder in Abzug gebracht. Das Finanzamt führte begründend aus, dass die Abzugsfähigkeit von außergewöhnlichen Belastungen nach § 34 Abs. 1 EStG nur dann gegeben sei, wenn diese außergewöhnlich und zwangsläufig seien und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich einschränkten. Die Behandlung in einer Privatklinik könne nur dann als außergewöhnliche Belastung angesehen werden, wenn diese medizinisch notwendig sei. Eine persönliche Vorliebe begründe keine Zwangsläufigkeit, aus diesem Grund hätten die Aufwendungen für die Operation in der Privatklinik nicht berücksichtigt werden können.
Dagegen erhob die Bf. fristgerecht die Beschwerde und führte dazu aus, dass die Operation in der A Privatklinik als außergewöhnliche Belastung zu werten sei. Die Operation stelle aufgrund der Schwere und der Notwendigkeit der Milz-Operation, eine außergewöhnliche Situation dar und beeinträchtige ebenso die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bf., da die Aufwendungen für die Operation ihr Einkommen um ein Vielfaches überschreiten würden. Weiters führt die Bf. aus, „die Unterbringung und Behandlung in einer solchen Institution ist als medizinisch notwendig anzusehen, da die Schwere der Erkrankung durch Dr. X diagnostiziert wurde und da ein unverzügliches Handeln absolut erforderlich war, wurde die Operation durch ihn ausgeführt. Dr. X gilt weiters als Spezialist in diesem Bereich und operiert lediglich in dieser Klinik“.
Als Nachweis legte die Bf. der Beschwerde einen Kurarztbrief vom bei. Dieser führt als Diagnose „Splenomegalie, Zyste im ob. Milzpool > 10cm“ an und es wird u.a. ausgeführt: „Um den voraussehbaren ev. lebensbedrohlichen Komplikationen vorzubeugen, war eine operative Behandlung die einzige Möglichkeit (Entfernung der krankhaft veränderten Milz)“.
Im Ergänzungsersuchen vom forderte das Finanzamt die Bf. auf, eine Stellungnahme bzgl. der Notwendigkeit der Behandlung in der Privatklinik vorzulegen.
Die Bf. führte in ihrer Stellungnahme vom dazu aus, dass triftige Gründe für den Eingriff in dieser Klinik, von diesem Spezialisten, unbestritten vorgelegen haben. Die Bf. sei nach einer erweiterten Gesundenuntersuchung von der Allgemeinärztin an den Facharzt Dr. X überwiesen worden, welcher weitere internistische Untersuchungen durchgeführt habe. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse habe er zum sofortigen Eingriff in seiner Klinik geraten, da weitere Verzögerungen aufgrund des Risikos unbedingt vermieden werden sollten und lebensbedrohliche Komplikationen durch einen sofortigen Eingriff vermieden werden könnten. Durch die rasante Entwicklung der Krankheit sei ein frühestmöglicher Operationstermin unbedingt erforderlich gewesen. Die Operation in einem allgemeinen Krankenhaus hätte aufgrund eines wesentlich späteren Operationstermins einen gesundheitlichen Nachteil mit sich gebracht, da auch sämtliche Voruntersuchungen erneut hätten vorgenommen werden müssen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. Das Finanzamt führte hierzu begründend aus, dass die medizinische Notwendigkeit der Operation zweifelsfrei feststünde, strittig sei hingegen, ob die Operation zwangsläufig an der A Privatklinik durchgeführt werden musste. Aufgrund der hohen Standards der allgemeinen Krankenhäuser in Österreich sei davon auszugehen, dass eine optimale Versorgung auch in einem öffentlichen Krankenhaus stattgefunden hätte und es aufgrund der lebensbedrohlichen Erkrankung dort ebenso zu einer raschen Behandlung gekommen wäre. Die Bf. habe durch ihre vorgelegten Unterlagen nicht nachweisen können, dass eine Behandlung in einem allgemeinen Krankenhaus zu gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte, deshalb sei die Beschwerde abzuweisen gewesen.
Gegen diese Entscheidung stellte die Bf. fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) ohne weitere Begründung.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) idgF sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG) die außergewöhnlichen Belastungen abzuziehen.
Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Nach Abs. 2 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach Abs. 3 ist die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist auszugehen, wenn die Kosten einen nach den Bestimmungen des § 34 Abs. 4 bzw. Abs. 5 EStG 1988 berechneten, von der Einkommenshöhe des Abgabepflichtigen abhängigen Selbstbehalt übersteigen.
Für die Berücksichtigung einer Aufwendung als außergewöhnliche Belastung müssen alle drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer – Kommentar, § 34 Abs. 2 bis 5, Rz 2).
Allgemein gilt für außergewöhnliche Belastungen iSd § 34 EStG 1988, dass diese zwar grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen sind, die Behörde jedoch nicht verpflichtet ist, von sich aus weitreichende Ermittlungen vorzunehmen. Ein Vorhalt bezüglich der Beibringung von Beweisen ist in diesem Zusammenhang in der Regel ausreichend. Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung einer außergewöhnlichen Belastung obliegt somit in erster Linie der Partei (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 § 34 Rz 7 und die dort zit. Judikatur).
Der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung – wie eine außergewöhnliche Belastung – in Anspruch nimmt, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer – Kommentar § 34 Abs. 1, Rz 23 und die dort zit. Judikatur).
Gem. § 34 Abs. 3 EStG muss die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen sein, dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtigen sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Dabei ist die Zwangsläufigkeit eines Aufwandes stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen (Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer – Kommentar, § 34 Abs. 2 bis 5 EStG, Rz 7). Für Krankheitskosten im Speziellen gilt, dass diese Kosten als außergewöhnlich gelten und auch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig im o.a. Sinne erwachsen (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 § 34 Rz 78). Höhere Krankheitskosten, als jene die von der gesetzlichen Sozialversicherung getragen werden (Pflege in der Sonderklasse im allgemein öffentlichen Krankenhäusern, Behandlung in Privatkliniken oder durch Ärzte ohne Kassenvertrag) sind dann zwangsläufig, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen geboten sind. Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. (vgl. ua ; ; ). Bloße Wünsche, Befürchtungen, Standesrücksichten der Betroffenen reichen nicht aus, um die Zwangsläufigkeit zu rechtfertigen. Die Beweislast hierfür trägt stets der Steuerpflichtige (vgl. , und Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer – Kommentar, Anhang II - ABC der außergewöhnlichen Belastungen EStG Rz 35).
Im vorliegenden Fall hat sich die Bf. im Jahr 2013 einer Milz-Operation in einer Privatklinik unterzogen. Krankheitskosten gelten als außergewöhnlich und sind aus tatsächlichen Gründen als zwangsläufig erwachsen anzusehen. Daher wird die Milz-Operation der Bf. schon aus diesem Grunde als außergewöhnlich und zwangsläufig erwachsen angesehen und deren Notwendigkeit wird nicht in Frage gestellt. Kosten, die höher sind, als jene, die von der gesetzlichen Sozialversicherung gedeckt werden, gelten jedoch nur dann als zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen geboten sind. Es ist Sache der Bf., den Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen iSd § 34 EStG 1988 zu erbringen.
Der Kurzarztbrief vom wurde nachträglich, fast ein Jahr nach dem Aufenthalt in der Privatklinik, erstellt. Außerdem vermag dieser nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts die Zwangsläufigkeit der Mehrkosten der Operation in der Privatklinik nicht nachzuweisen. Aus diesem Kurzarztbrief geht lediglich die Notwendigkeit der Operation als einzige Behandlungsmethode hervor, jedoch enthält dieser keine Aussage über die zeitliche Komponente hinsichtlich der Durchführung der Operation oder Angaben über feststehende oder sich konkret abzeichnende, ernsthafte gesundheitliche Nachteile, die eine Durchführung in einem öffentlichen allgemeinen Krankenhaus zur Folge hätten.
Des Weiteren spricht die Bf. von Dr. X als „Arzt meines Vertrauens“, dies lässt auch darauf schließen, dass die Wahl des Arztes aufgrund von persönlichen Vorlieben geschehen ist.
In der Stellungnahme vom verweist die Bf. darauf, dass ein frühestmöglicher Operationstermin aufgrund der Brisanz der Krankheit unbedingt erforderlich gewesen sei und es in einem öffentlichen allgemeinen Krankenhaus zu einem späteren Operationstermin gekommen wäre. Die Bf. schaffte aber keine Unterlagen bei, die die Behauptung des späteren Operationstermins in einem allgemeinen öffentlichen Krankenhaus stützen konnten bzw. Nachweise, die die behauptete zeitliche Dringlichkeit der Operation beinhalten.
Die Bf. beantragte eine abgabenrechtliche Begünstigung. Aus diesem Grund liegt es an ihr, die Umstände, die für die Begünstigung sprechen zweifelsfrei darzutun. Die Bf. konnte nach mehrmaliger Aufforderung des Finanzamtes nicht zweifelsfrei darlegen, dass die Mehrkosten für die Operation in der Privatklinik aus triftigen medizinischen Gründen entstanden und somit als zwangsläufig anzusehen sind.
Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig. Die Frage, ob triftige medizinische Gründe vorliegen, ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig, die in freier Beweiswürdigung zu beurteilen sind. Es handelt sich dabei um eine Tat- und nicht um eine Rechtsfrage.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100934.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at