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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.12.2019, RV/3100184/2013

Vorsteuerabzug und Eigenverbrauch bei Verwendungseigenverbrauch bei privat genutzten Gebäudeteilen von untergeordneter Bedeutung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerde­sache A, vertreten durch Deloitte Kapferer Frei und Partner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Pfarrgasse 5-7, 6460 Imst, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2009 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben .

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben .

Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides tritt das Verfahren gemäß § 299 Abs. 3 BAO in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Am hat der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen Vertreter die Umsatzsteuererklärung für 2009 elektronisch eingebracht.

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt FA eingegangen am , legte der Beschwerdeführer den in der Umsatzsteuererklärung geltend gemachten Vorsteuerabzug für im untergeordneten Ausmaß privat genutzte Gebäudeteile offen. Er habe im Jahr 2009 einen umfangreichen Um- und Zubau seiner bis dahin steuerlich als Vermietung und Verpachtung erfassten Appartementvermietung X-Vermietung durchgeführt. Die Umbautätigkeiten hätten sowohl die Aufstockung um einen 3. und 4. Stock als auch Instandhaltungs- und Renovierungsarbeiten des Altbestandes beinhaltet. Das neu errichtete dritte Obergeschoss werde zur Gänze betrieblich genutzt, im vierten Obergeschoss sei die Privatwohnung des Beschwerdeführers untergebracht worden. Insgesamt würden nun acht Appartements sowie ein Doppelzimmer mit Dusche und WC vermietet. Durch den Um- und Zubau 2009 sei der Vermietungsbetrieb derart erweitert worden, dass von einer reinen vermögensverwaltenden Tätigkeit (Vermietung und Verpachtung) nicht mehr ausgegangen werden könne, sondern ab dem Fertigstellungsdatum des Umbaues in der zweiten Jahreshälfte 2009 ein Gewerbebetrieb vorliegen würde. Die Nutzflächenberechnung betreffend Top 2 würde einen betrieblichen Anteil von 82,60% unter Ausschluss der parifizierten Privatwohnung von B im ersten Obergeschoss (Top 3) zeigen. Von den Baukosten des Jahres 2009 würden € 295.848,37 auf privat genutzte Gebäudeteile (4. Obergeschoss, Privatwohnung) entfallen. Im Zuge der Erstellung der Umsatzsteuerjahreserklärung 2009 sei ein Vorsteuerabzug für im untergeordneten Ausmaß privat genutzte Gebäudeteile in Höhe von € 49.266,02 vorgenommen worden. Dieser Vorsteuerabzug würde der Rechtsauffassung von Grüner & Partner entsprechen, wonach der Vorsteuerabzug für im untergeordneten Ausmaß privat genutzte Gebäudeteile nach wie vor möglich sei. Insbesondere berufe man sich auf die Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates Feldkirch vom , RV/1422-F/08 [richtig: RV/0422-F/08]. Der mit § 12 Abs. 3 Z. 4 UStG 1994 bewirkte Vorsteuerausschluss für privat genutzte Gebäudeteile würde weitgehend der zum geltenden und durch § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 beibehaltenen Rechtslage entsprechen und sei grundsätzlich gemeinschaftsrechtskonform. Ist der privat genutzte Teil aber nur von untergeordneter Bedeutung, würde der volle Vorsteuerabzug zustehen. Mit einem Vorsteuerausschluss für diesen Teil würde nämlich die Vorsteuerabzugsberechtigung gegenüber der zum geltenden Rechtslage eingeschränkt und gegen die Stand-still-Klausel des Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL verstoßen werden.

Mit Bescheid vom zu StNr. 123 hat das Finanzamt FA die Umsatzsteuer für 2009 erklärungsgemäß festgesetzt.

Mit Bescheid des Finanzamtes FA vom wurde der Umsatzsteuerbescheid 2009 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben, weil sich dessen Spruch sich als nicht richtig erweisen würde.

Ebenfalls mit Bescheid des Finanzamtes FA vom wurde die Umsatzsteuer für 2009 festgesetzt, wobei die Vorsteuer um € 49.266,02 und der Eigenverbrauch um € 2.219,09 reduziert wurden. Begründend wurde auf eine dem Beschwerdeführer gesondert zugehende Begründung verwiesen.

In dieser gesonderten Bescheidbegründung vom wurde neben Darstellung des Verfahrensganges und gesetzlicher Vorschriften ausgeführt, am sei zusammen mit dem Jahresabschluss auch der „Begleitbrief Erläuterung Umsatzsteuer 2009 – X-Vermietung" per Post eingereicht worden. In diesem Begleitbrief werde ausgeführt, dass unter Hinweis auf den sonstigen Verstoß gegen die „Stand-still-Klausel des Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL" und Berufung auf die Entscheidung des UFS Feldkirch vom , RV/1422-F/08 [richtig: RV/0422-F/08] der Vorsteuerabzug auch für den privat genutzten Gebäudeteil erfolgt sei. Der Inhalt eines Bescheides sei nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt (etwa bei einer unrichtigen Auslegung einer Bestimmung, bei mangelnder Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, bei Übersehen von Grundlagenbescheiden), sei für die Anwendbarkeit des § 299 Abs. 1 BAO nicht ausschlaggebend. Da sich die aus den obigen Ausführungen ergebende inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung habe, sei entsprechend dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2009 von Amts wegen zu verfügen gewesen. Die geltend gemachte Vorsteuer sei daher um die anteilige Vorsteuer betreffend die Privatwohnung zu kürzen und der in Ansatz gebrachte Privatanteil 20% „Gebäude Wohnung privater X-Zubau" dementsprechend zu stornieren gewesen. Die angeführten Ausführungen seien Bestandteil des oben bezeichneten Bescheides.

Gegen diese Bescheide brachte der Beschwerdeführer am form- und fristgerecht als „Berufungen“ bezeichnete Beschwerden ein und beantragte (unter anderem), die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Begründend wurde ausgeführt, die Aufhebung gemäß § 299 BAO des Umsatzsteuerbescheides 2009 vom sei rechtswidrig, da sich dessen Spruch als richtig erweisen würde, was den folgenden Ausführungen zu entnehmen sei.

Der Umsatzsteuerbescheid 2009 vom sei insofern rechtswidrig. als die beantragten Vorsteuern für die im Rahmen des Zubaus errichtete Privatwohnung in Höhe von € 49.266,02 und der korrespondierende Ansatz eines 20%igen Privatanteiles in Höhe von € 2.219,09 nicht berücksichtigt seien. Der Anteil der privat genutzten Gebäudeteile an der Gesamtnutzfläche würde 17,4% betragen und sei somit nur von untergeordneter Bedeutung.

Unter Bezugnahme auf die Berufungsentscheidung UFSF, GZ RV/0422-F/08 vom würde der mit § 12 Abs. 3 Z. 4 UStG 1994 bewirkte Vorsteuerausschluss für privat genutzte Gebäudeteile weitgehend der zum geltenden und durch § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 beibehaltenen Rechtslage entsprechen und sei grundsätzlich gemeinschaftsrechtskonform. Ist der privat genutzte Teil aber von untergeordneter Bedeutung, würde der volle Vorsteuerabzug zustehen. Mit einem Vorsteuerausschluss für diesen Teil würde nämlich die Vorsteuerabzugsberechtigung gegenüber der zum geltenden Rechtslage eingeschränkt und gegen die Stand-Still-KlauseI des Art 17 Abs. 6 der 6. EGRL verstoßen werden.

Dies würde bedeuten, dass der Vorsteuerabzug für den privat genutzten Teil eines gemischt genutzten Gebäudes schon aufgrund des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ausgeschlossen sei und somit für den unternehmerisch genutzten Teil zustehen würde. Die Aufteilung eines gemischt genutzten Gebäudes habe allerdings, wie sich aus dem Verweis des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 auf § 20 EStG 1988 ergeben würde, nach den einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen. Gebäude würden im Einkommensteuerrecht grundsätzlich im Verhältnis der jeweiligen Nutzung in einen betrieblichen und einen privaten Teil aufgeteilt. Dieser Aufteilungsgrundsatz würde auch im Anwendungsbereich des § 20 EStG 1988 gelten, würde doch das dort geltende Aufteilungsverbot bei der Beurteilung der Aufwendungen für ein Gebäude hinter den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Aufteilung eines gemischt genutzten Gebäudes zurücktreten. Die räumliche Aufteilung nach der betrieblichen bzw. privaten Nutzung würde allerdings dann unterbleiben, wenn der anders genutzte Teil nur von untergeordneter Bedeutung ist. Als Richtlinie für eine untergeordnete Bedeutung würde ein Anteil von 20% des gesamten Grundstücks gelten. Ist der privat genutzte Teil von untergeordneter Bedeutung, so sei das Gebäude zur Gänze dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen und es würde der Vorsteuerabzug zur Gänze zustehen. Die private Nutzung würde nach der Gesetzessystematik einen Eigenverbrauch durch Nutzungsentnahme darstellen.

Der mit § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 bewirkte Vorsteuerausschluss für privat genutzte Gebäudeteile würde somit weitgehend der zum geltenden und durch § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 beibehaltenen Rechtslage entsprechen und sei daher gemeinschafsrechtskonform. Insoweit vom Vorsteuerausschluss des § 12 Abs. 3 Z. 4 UStG 1994 aber auch im untergeordneten Ausmaß privat genutzte Gebäudeteile betroffen sind, würde damit gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. Dieses Ergebnis würde nämlich eine Verschärfung des Vorsteuerausschlusses gegenüber der zum geltenden Rechtslage bedeuten und gegen die Stand-Still-Klausel des Art 1 7 Abs. 6 der 6. EG-RL verstoßen.

Die privat genutzten Gebäudeteile seien mit einem Anteil von 17,4% zweifelsfrei von untergeordneter Bedeutung. § 12 Abs. 3 Z. 4 UStG 1994 sei daher in gemeinschaftskonformer Auslegung nicht anzuwenden und es sei der Vorsteuerabzug auch für diesen (in untergeordnetem Ausmaß privat genutzten) Gebäudeteil zu gewähren. Der Umsatzsteuerbescheid 2009 vom sei daher rechtswidrig und folglich ersatzlos aufzuheben.

Der Streitwert in Höhe von € 48.822,20 würde sich aus der gesamten Nachforderung laut Umsatzsteuerbescheid 2009 vom ergeben, dessen ersatzlose Stornierung mit dieser Berufung beantragt wird.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt FA die Beschwerde als unbegründet ab und führte begründend aus, in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2009/15/0222, habe der VwGH entschieden, dass bei gemischt genutzten Gebäuden hinsichtlich des privat genutzten Gebäudeteils auch für Zeiträume ab 2004 der Vorsteuerausschluss aus § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG folgen würde.

Im Vorlageantrag gemäß § 276 BAO [idF BGBl. I Nr. 97/2002] vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ergänzend vor, der Vorsteuerabzug für Gebäude würde sich nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG iVm § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 5 EStG und § 8 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 Z. 1 bis 5 KStG richten: Werden Gebäudeteile/Räume überwiegend für Umsätze mit Vorsteuerabzug genutzt, würde der Vorsteuerabzug zustehen. Das würde auch dann gelten, wenn diese Gebäudeteile die Mindestschwelle von 10% der Gesamtnutzfläche eines Gebäudes nach § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 nicht überschreiten. Der Vorsteuerabzug für Gebäude sei ausschließlich nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 auf Basis der Rechtsprechung des VwGH zu § 12 UStG 1972 zu beurteilen. Der Vorsteuerabzug sei somit auch denn zu gewähren, wenn der unternehmerisch für Umsätze mit Vorsteuerabzug genutzte Gebäudeteil unter 10% (z.B. 7%) der Gesamtfläche eines Gebäudes umfasst.

Ergibt die Aufteilung der einzelnen nutzbaren Räume nach der Überwiegensregel (Betriebsvermögen bei Überwiegen der betrieblichen Nutzung; Privatvermögen bei Überwiegen der privaten Nutzung) eine betriebliche Nutzungsquote des gesamten Gebäudes (Grundstücks) von 80% oder mehr als 80%, so sei die Privatnutzung von untergeordneter Bedeutung, und das ganze Gebäude (100%) würde zum Betriebsvermögen zählen. Der Vorsteuerabzug würde in solchen Fällen für das gesamte Gebäude zustehen (100% Vorsteuerabzug). Die private Nutzung sei ertragsteuerlich eine Nutzungsentnahme und umsatzsteuerlich ein Eigenverbrauch. § 3a Abs. 1a UStG 1994 würde allerdings ausdrücklich auf eine Besteuerung dieser Nutzungsentnahme verzichten: „Z. 1 gilt nicht für die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes.".

Wohnt ein Unternehmer in einem Betriebsgebäude und umfasst die Privatwohnung weniger als 20% der Gesamtnutzfläche (oder maximal 20% der Gesamtnutzfläche) im Sinne dieser Rechtsprechung des VwGH, so würde der volle Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Gebäude (Grundstück) im Betriebsvermögen zustehen.

Die Versteinerung des Vorsteuerabzugs für Gebäude nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 auf Basis der Rechtsprechung des VwGH zum Vorsteuerabzug für Gebäude nach § 12 UStG 1972 würde dem Unionsrecht nach der Stand-still-Klausel des Art. 17 Abs. 6 der 6. Mehrwertsteuer-RL 77/388 EWG (nunmehr Art. 176 MwStSyst-RL 2006/112/EG) entsprechen.

Die privat genutzten Gebäudeteile seien mit einem Anteil von 17,4% zweifelsfrei von untergeordneter Bedeutung und es sei der Vorsteuerabzug auch für diesen (in untergeordnetem Ausmaß privat genutzten) Gebäudeteil zu gewähren. Der Umsatzsteuerbescheid 2009 vom sei daher rechtswidrig und folglich ersatzlos aufzuheben.

Mit Schreiben vom nahm der steuerliche Vertreter die in der Berufungsschrift vom gestellten Anträge auf Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Sachverhalt:

Unstrittig und aktenkundig ist, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Zeitraum nach Erweiterung eines Vermietungsbetriebes Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der zuvor steuerlich als Vermietung und Verpachtung erfassten Appartementvermietung „X-Vermietung“ erzielt hat. Die Nutzflächenberechnung ergibt unter Ausschluss einer parifizierten Privatwohnung einen betrieblichen Anteil von 82,60%. Dafür wurde für den gegenständlichen Zeitraum (Wirtschaftsjahr 2009) der volle Vorsteuersteuerabzug, sohin auch für den privat genutzten Teil, in Höhe von € 49.266,02 in Ansatz gebracht wurde.

Die Nutzung für private Wohnzwecke – weniger als 20% – ist damit als untergeordnet anzusehen. Die AfA unter dem Titel „Gebäude Kosten Zubau privat“ wurde mit € 2.219,09 geltend gemacht.

Beweiswürdigung:

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Akten, insbesondere aus dem Beschwerdevorbringen sowie dem Schreiben des Beschwerdeführers vom zur Höhe des Nutzungseigenverbrauchs. Letzteres wurde dem Finanzamt FA zur Kenntnis gebracht, welches dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt hat, keine Stellungnahme dazu zu erstatten.

Rechtslage:

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Gemäß § 299 Abs. 2 BAO ist mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

Gemäß § 299 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 in der für den gegenständlichen Zeitraum 2009 geltenden Fassung kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Gemäß § 12 Abs. § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 in der für den gegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung gelten nicht als für das Unternehmen ausgeführt Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 5 EStG 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z. 1 bis 5 des KStG 1988 sind, (…).

Gemäß § 12 Abs. 3 Z. 4 UStG 1994 in der für den gegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung ist die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen sowie für die Einfuhr von Gegenständen, soweit sie im Zusammenhang mit der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für die in § 3a Abs. 1a Z. 1 genannten Zwecks steht, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Gemäß § 3a Abs. 1a Z. 1 UStG 1994 in der für den gegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung wird die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen oder für den Bedarf seines Personals – sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen, einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt; diese Bestimmung gilt nicht für die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes.

Gemäß § 4 Abs. 8 lit. b UStG 1994 in der für den gegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung bemisst sich der Umsatz im Falle des § 3a Abs. 1a Z. 1 und 2 UStG 1994 nach den auf die Ausführung dieser Leistungen entfallenden Kosten.

Erwägungen:

Bei der Bescheidaufhebung von Amts wegen legt die Abgabenbehörde im Zusammenhang mit der Erlassung des Aufhebungsbescheides fest, aus welchen Gründen sie den Bescheid als inhaltlich rechtswidrig ansieht. Daraus folgt, dass die Sache, über die in der Berufung gegen einen Aufhebungsbescheid oder einen Bescheid, mit welchem der Aufhebungsantrag abgewiesen wird, zu entscheiden ist, bei der beantragten Aufhebung durch die Partei im Aufhebungsantrag und bei der amtswegigen Aufhebung durch das Finanzamt im Rahmen der Erlassung des Aufhebungsbescheides festgelegt wird ().

In der Begründung des Aufhebungsbescheides nach § 299 Abs. 1 BAO vom wurde allgemein die Voraussetzung für die Aufhebung angeführt, nämlich dass sich "der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist." Der gemäß § 299 Abs. 2 BAO mit dem Aufhebungsbescheid verbundene, den bisherigen Umsatzsteuerbescheid ersetzende (neue) Umsatzsteuerbescheid vom verweist auf die (zusätzliche) gesondert ergehende Bescheidbegründung. In dieser Bescheidbegründung vom wird dargelegt, aus welchen Gründen sich der bisherige Umsatzsteuerbescheid nach Ansicht des Finanzamtes als unrichtig erweist. Damit war objektiv erkennbar dargetan, dass das Finanzamt bei der gleichzeitigen Erlassung des Aufhebungsbescheides die "Unrichtigkeit" des ersten Umsatzsteuerbescheides 2009 in der Geltendmachung von Vorsteuern bzw. Festsetzung einer daraus resultierenden Eigenverbrauchsbesteuerung erblickt hat. Aus der Begründung der beiden miteinander verbundenen Bescheide (Aufhebungsbescheid und neuer Sachbescheid) ist daher im Beschwerdefall zu erkennen gewesen, worauf das Finanzamt die Aufhebung gestützt hat.

Das Bundesfinanzgericht hat bei gegen den Aufhebungsbescheid gerichteten Beschwerden lediglich zu beurteilen, ob die vom Finanzamt angeführten Gründe eine Aufhebung rechtfertigen.

Für den streitgegenständlichen Zeitraum 2009 ist nach der Rechtsprechung des VwGH von einem Vorrang des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 vor § 12 Abs. 3 Z. 4 iVm § 3a Abs. 1a letzter Satz auszugehen ( mit Hinweis aus , und ). Im erstgenannten Erkenntnis hat der VwGH ausgesprochen, dass ungeachtet der Regelung des § 20 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 lit. a EStG 1988 privat genutzte Gebäudeteile von untergeordneter Bedeutung einkommensteuerlich zum notwendigen Betriebsvermögen zählen und damit zu (abzugsfähigen) Betriebsausgaben (AfA, etc.) führen, welche erst in der Folge durch den korrespondierenden Ansatz einer so genannten „Nutzungsentnahme“ im Ergebnis neutralisiert werden.

Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/15/0085, zufolge ist somit jedenfalls nach der bis 2010 geltenden Rechtslage in Bezug auf beinahe zur Gänze für das Unternehmen verwendete Immobilien – was der Fall ist, wenn der privat genutzte räumliche Gebäudeanteil weniger als ca. 20% des Gebäudes umfasst – der zum bestehenden Rechtsprechung entsprechend der Vorsteuerabzug auch für jene Privaträume zu gewähren.

Wenn – wie im gegenständlichen Fall – der Steuerpflichtige sein Recht auf Vorsteuerabzug auf Unionsrecht stützt, weil der Eigenverbrauch nach der durch das BGBl. I Nr. 27/2004 gestalteten nationalen Rechtslage zu Unrecht als nicht steuerpflichtig behandelt und aus diesem Grund der Vorsteuerabzug versagt wird, kann er nicht zugleich gestützt auf nationales Recht die Nichtbesteuerung des Eigenverbrauchs in Anspruch nehmen ().

Der diesbezüglich anzuerkennende Vorsteuerbetrag beläuft sich demnach – wie bereits im Umsatzsteuerbescheid 2009 vom festgestellt – auf € 49.266,02.

Die maßgebliche Gebäude-AfA für 2009 als Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch gemäß § 3a Abs. 1a Z. 1 UStG 1994 betrug laut Anlagenverzeichnis € 2.219,09. Die Privatnutzung ist als fiktive Dienstleistung dem Normalsteuersatz zu unterwerfen.

Die diesbezüglichen Feststellungen des Finanzamtes FA im Bescheid vom erweisen sich damit ebenfalls als zutreffend (vgl. dazu auch das Schreiben des Beschwerdeführers vom ).

Im Ergebnis erweist sich somit der Spruch des Umsatzsteuerbescheides 2009 vom als richtig. Der Beschwerde vom gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom ist somit stattzugeben und der angefochtene Aufhebungsbescheid aufzuheben.

Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides tritt das Verfahren gemäß § 299 Abs. 3 BAO in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn es von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies ist vorliegend nicht der Fall, die Entscheidung erfolgte in Übereinstimmung mit der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Auf die zitierte Rechtsprechung wird verwiesen. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 276 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 UStG 1972, Umsatzsteuergesetz 1972, BGBl. Nr. 223/1972
§ 3a Abs. 1a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
§ 323 Abs. 38 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 130 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 299 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 4 Abs. 8 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 20 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100184.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at