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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.12.2019, RV/7102148/2018

Vermietungsdauer gem. § 33 TP 5 GebG bei Kündigungsverzicht bestimmt und unbestimmt je nach Bezug zum Mietrechtsgesetz.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin **** in der Beschwerdesache Bf, Adresse vertreten durch Dr. Gerhard Muckenhuber MBL, Ringstraße 20, 3500 Krems an der Donau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Erf.Nr. abc Team 13 betreffend Bestandvertragsgebühr gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensablauf

Am hat die Beschwerdeführerin Bf als Vermieterin (in der Folge als Bf bezeichnet) einen Mietvertrag über Teile zweier Grundstücke mit der M (dessen Prokuristin die Bf ist) als Mieterin abgeschlossen. Die Bf war Alleineigentümerin des einen vermieteten Grundstückes sowie laut Präambel des Mietvertrages Fruchtgenussberechtigte des anderen Grundstückes. Mietgegenstand waren vom ersten Grundstück im Erdgeschoß zwei Elektroschauräume, ein Lagerraum und Gang sowie straßenseitig zwei Kfz-Abstellplätze und im Kellergeschoß ein Besprechungsraum, zwei Vorräume und zwei Archive. Vom zweiten Grundstück wurden sämtliche Geschäftsräumlichkeiten samt den straßenseitig gelegenen Teilflächen gemietet, ausgenommen die privat genutzte östlich gelegene Gartenfläche und der Balkon. Die Nutzung der Bestandsache wurde ausschließlich zu Geschäftszwecken vereinbart. Jede Änderung des Verwendungszweckes bedurfte der schriftlichen Zustimmung der Vermieterin.

Betreffend der Dauer des Mietvertrages sagt dieser Folgendes aus:

1. Das Bestandsverhältnis beginnt am und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Festgehalten wird, dass hinsichtlich der aufgrund des in der Präambel zitierten Fruchtgenussrechtes vermieteten Räumlichkeiten das Bestandverhältnis befristet auf die Dauer dieses Fruchtgenussrechtes abgeschlossen wird und sohin mit Ableben oder Verzicht der Vermieterin endet.

2. Beiden Vertragsteilen kommt das Recht zur gerichtlichen Aufkündigung des Vertrages unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten zu, wobei die Aufkündigung durch die Vermieterin nur gerichtlich, die Aufkündigung durch die Mieterin sowohl gerichtlich als auch schriftlich erfolgen kann.

Gemäß § 30 Mietrechtsgesetz kann die Vermieterin den Vertrag nur aus wichtigen Gründen kündigen.

3. Die Mieterin verzichtet auf eine Aufkündigung dieses Vertrages auf Lebenszeit der Vermieterin; die Auflösungsmöglichkeiten gemäß §§ 1117 und 1118 ABGB bleiben davon unberührt.

Betreffend Mietzins etc. wurde im Punkt Drittens auszugsweise Folgendes geregelt:

1. Der vereinbarte, von beiden Vertragsteilen als derzeit angemessen erachtete Mietzins besteht aus dem Hauptmietzins, den Betriebskosten samt laufenden öffentlichen Abgaben und der Umsatzsteuer (USt) in der jeweiligen gesetzlichen Höhe.

2. Der angemessene monatliche Hauptmietzins betragt netto € 900,00, wobei ein Teilbetrag von € 600,00 auf die vermieteten Räumlichkeiten auf Grundstück … entfällt und ein Teilbetrag von € 300 auf die aufgrund des in der Präambel zitierten Fruchtgenussrechtes vermieteten Räumlichkeiten entfällt.

4. Die Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben bestimmten sich nach §§ 21 ff MRG. Die Mieterin stimmt dem Abschluss, der Erneuerung und/oder der Änderung-, von Verträgen über die angemessene Versicherung des Hauses, insbesondere auch gegen Glasbruch und Sturmschaden zu bzw. tritt den bestehenden Vereinbarungen bei. Diese Versicherungsprämien werden anteilsmäßig im Rahmen der Betriebskosten verrechnet.

Zur Deckung der Betriebskosten und laufenden Abgaben wird ein monatlicher Pauschalbetrag in angemessener Höhe als Akontozahlung eingehoben; die endgültige Abrechnung der jährlichen Betriebskosten erfolgt einmal jährlich, bis spätestens 30. Juni des Folgejahres. Davon unberücksichtigt sind Betriebskosten, welche direkt zwischen der Mieterin und Nahversorgungsunternehmen abgerechnet werden. Eine sich aus der Abrechnung ergebende Nachforderung ist von der Mieterin binnen 14 Tagen nach Vorschreibung zu begleichen; ein allfälliges Guthaben kann von der nächsten Mietzinsforderung (zu den der Abrechnung folgendem Zinstermin) in Abzug gebracht werden.

Ausdrücklich festgehalten wird, dass die Mieterin die sonstigen von ihr verursachten Betriebskosten (wie Energiekosten, Telefon, udgl.,) neben dem genannten Mietzins selbst zu tragen hat.

Neben den üblichen vertraglichen Bestimmungen der pfleglichen und möglichst schonenden Behandlung der Substanz des Mietgegenstandes durch die Mieterin, erklärt sich die Vermieterin im Mietvertrag jederzeit dazu bereit, Umbauarbeiten der Mieterin zuzustimmen und entsprechende Baupläne ohne Verzug zu unterfertigen, soweit dies zur Erreichung des Vertragszweckes erforderlich oder zumindest nützlich ist.

In der Folge wurde die Gebühr selbstberechnet unter Zugrundelegung eines Mietvertrages auf unbestimmte Zeit.

Seitens der belangten Behörde wurde als Ergebnis einer durchgeführten Aussenprüfung am ein Bescheid gemäß § 201 BAO wegen unrichtiger Selbstberechnung erlassen und die Gebühr nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 mit einer Nachforderung von 1.924,44 € festgesetzt. Dieser Bescheid erging gem. § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, da bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen eines Wiederaufnahmegrundes vorliegen würden. Die Feststellungen der Außenprüfung stellen für das Steuerverfahren neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel dar, die bisher nicht geltend gemacht worden sind. Die Kenntnisse dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens, hätten einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt. Die Wiederaufnahme sei unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung erfolgt. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung wäre dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen gewesen. Auch würden die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden können. Daher wäre dem Gesetzeszweck, mittels einer Erlassung eines rechtmäßigen Sachbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen.

Auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Bestandverträge, bei denen aber zunächst für eine bestimmte Zeit ein beiderseitiger Kündigungsverzicht vereinbart worden sei, seien für die Zeit des Kündigungsverzichtes als Verträge mit bestimmter Dauer und für die anschließende unbestimmte Zeit als solche von unbestimmter Vertragsdauer zu vergebühren. Die Rechtsgebühr sei von der Summe der Jahreswerte der bestimmten und der unbestimmten Vertragsdauer zu bemessen.

Das Mietverhältnis sei jeweils auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden, aber gemäß § 30 Mietrechtsgesetz könne die Vermieterin den Vertrag nur aus wichtigen Gründen kündigen und die Mieterin habe auf eine Aufkündigung dieses Vertrages auf Lebenszeit der Vermieterin verzichtet. Die Rechtsgebühr sei sohin von der Summe der Jahreswerte der bestimmten und der unbestimmten Vertragsdauer zu bemessen. Die Dauer betrage abgeleitet vom Lebensalter des Vermieters 13,46 bestimmte Zeit + 3 unbestimmte Zeit = 16,46.

Die Selbstberechnung der Gebühr gem. § 33 TP 5 GebG sei darüber hinaus ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer, der Betriebskosten und ohne Berücksichtigung der Nebenkosten erfolgt.

Die Bemessungsgrundlage sei daher wie folgt ermittelt worden:

Mietzins pro Monat brutto € 1.080,-- x 12 x Dauer 16,46 = € 213.321,60

Betriebskosten pro Jahr brutto € 550,--

+ Wartungskosten pro Jahr € 150,--

Summe € 700,-- x Dauer 16,46 = € 11.522,--

Bemessungsgrundlage sei daher € 224.843,60

Dagegen erhob die Bf fristgerecht am Bescheidbeschwerde, die sie im Wesentlichen damit begründete, dass das Mietverhältnis nicht auf bestimmte Dauer abgeschlossen wurde. Die Begründung der belangten Behörde führe an, dass die Rechtsgebühr von der Summe der Jahreswerte der bestimmten und der unbestimmten Vertragsdauer zu bemessen sei. Das Mietverhältnis sei auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden, jedoch könne gem. § 30 MRG die Vermieterin den Vertrag nur aus wichtigen Gründen kündigen und die Mieterin verzichte auf die Aufkündigung dieses Vertrages zu Lebenszeit der Vermieterin. Die Rechtsgebühr sei daher von der Summe der Jahreswerte der bestimmten und der unbestimmten Vertragsdauer zu bemessen.

Zu dieser Begründung der belangten Behörde sei auszuführen, dass nur im Falle eines Bestandvertrages, bei welchem zunächst für eine bestimmte Zeit ein beidseitiger Kündigungsverzicht vereinbart worden sei, für die Zeit des Verzichtes der Vertrag als Vertrag mit bestimmter Dauer und anschließend mit unbestimmter Zeit als solcher von unbestimmter Vertragsdauer zu vergebühren sei. (Quelle: Twardosz, GebG—ON6.01 § 33 TP 5 - Stand , rdb.at - RZ 34). Im gegenständlichen Fall liege kein beidseitiger Kündigungsverzicht vor, weil die Vermieterin auf Grund des Gesetzes eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten habe. Es liege somit keinesfalls ein beidseitiger Kündigungsverzicht vor.

Im Ergebnis sei sohin als Bemessungsgrundlage vom 3-fachen Jahresmietzins auszugehen.

Die Bf beantragte, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und neu auszustellen, sowie die Aussetzung der Einhebung.

Mit erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, die die Beschwerde als unbegründet abwies.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes würde das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen darin bestehen, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als auf bestimmte Zeit abgeschlossen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege stehen würde. Die Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle sei eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden müsse (; ; ; ).

Das gegenständliche Bestandverhältnis wäre grundsätzlich auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden, wobei der Mieter auf die Aufkündigung des Mietverhältnisses auf Lebensdauer des Vermieters verzichtet habe. Eine Kündigung durch den Vermieter könne lediglich aus wichtigem Grund gem. § 30 MRG erfolgen. Dabei sei zu bedenken, dass § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG sich auf Wohnungen beziehen würden und im vorliegenden Fall daher nicht in Betracht kommen würden. Ebenso würden die Z 2, 10, 11, 12, 14, 15 und 16 auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes von vornherein ausscheiden.

Die der Vermieterin verbleibenden Kündigungsgrunde würden ein Fehlverhalten des Mieters voraussetzen. Wenn die Geltendmachung des Kündigungsgrundes von einem schuldhaften Verhalten des anderen Vertragspartners abhängig ist, könne keine Rede davon sein, dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses gewährleistet sei ().

Der gegenständliche Vertrag stelle sich daher auf Dauer des Kündigungsverzichtes als Vertrag mit bestimmter Dauer, darüber hinaus als Vertrag mit unbestimmter Dauer dar. Der Gebührenbemessung sei daher neben der bestimmten Dauer auch die unbestimmte Dauer zu Grunde zu legen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Aussetzung der Einhebung abgewiesen, weil die dem Antrag zu Grunde liegende Beschwerde bereits erledigt worden sei.

Am stellte die Bf Vorlageantrag und beantragte eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor mit dem Antrag, sie abzuweisen und gab eine Stellungnahme dazu ab, die im Wesentlichen die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung wiedergab. Darüberhinaus wurde klargestellt, dass die Einbeziehung der Betriebskosten, der Umsatzsteuer und der Wartungskosten in die Bemessungsgrundlage in der Beschwerde nicht bestritten worden sei.

Die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stelle keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit dar, ausnahmsweise würden bestehende Kündigungsmöglichkeiten die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben vermögen (; , 86/15/0102; , 88/15/0037; , 90/15/0034)).

Eine unbestimmte Vertragsdauer liege vor, wenn auch nur ein Vertragspartner in der Lage sei, den Vertrag jederzeit aufzulösen, wobei einzelne, bestimmt bezeichnete Kündigungsgründe (z. B. jene nach §§ 1117 und 1118 ABGB) unberücksichtigt bleiben.

Auf Grund des von der Mieterin abgegebenen Kündigungsverzichtes und der auf Vermieterseite eingeschränkten Kündigungsmöglichkeit sei für die Dauer des Kündigungsverzichtes von einem Vertrag mit bestimmter Dauer, darüber hinaus mit unbestimmter Dauer auszugehen.

II. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Die Bf vermietete Teile von Liegenschaften (an denen sie das Alleineigentum bzw. das Fruchtgenussrecht hat) an eine Gesellschaft, deren Prokuristin sie ist, zu geschäftlichen Zwecken laut Mietvertrag auf unbestimmte Zeit. Beiden Vertragsteilen kommt das Recht zur gerichtlichen Aufkündigung des Vertrages unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten zu, wobei die Aufkündigung durch die Bf nur gerichtlich, die Aufkündigung durch die Mieterin sowohl gerichtlich als auch schriftlich erfolgen kann. Die Bf als Vermieterin kann gem. § 30 Mietrechtsgesetz aus wichtigen Gründen kündigen, die Mieterin verzichtet auf eine Aufkündigung dieses Vertrages auf Lebenszeit der Bf (siehe Mietvertrag in Punkt I.)

Der Mietzins besteht laut Mietvertrag aus dem Hauptmietzins, den Betriebskosten samt laufenden öffentlichen Abgaben und der Umsatzsteuer (USt) in der jeweiligen gesetzlichen Höhe und beträgt netto € 900,00.

Die Gebühr wurde auf Basis eines Mietvertrages mit unbestimmter Dauer berechnet.

Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel erließ nach einer Außenprüfung einen Bescheid gemäß § 201 BAO wegen unrichtiger Selbstberechnung setzte die Gebühr nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 mit einer Nachforderung von 1.924,44 € fest, weil auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Bestandverträge, bei denen zunächst für eine bestimmte Zeit ein beiderseitiger Kündigungsverzicht vereinbart worden sei, für die Zeit des Kündigungsverzichtes als Verträge mit bestimmter Dauer und für die anschließende unbestimmte Zeit als solche von unbestimmter Vertragsdauer zu vergebühren seien.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Vergebührung des Vertrages als Vertrag mit bestimmter Dauer.

III. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist auf Grund des eindeutigen Urkundeninhalts in Form des Mietvertrages als erwiesen anzusehen.

Der Verfahrensgang vor dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel ist durch den Gebührenbescheid, die Bescheidbeschwerde sowie die Beschwerdevorentscheidung und den Vorlageantrag evident.

Der Verfahrensgang vor dem Bundesfinanzgericht ist durch die elektronische Vorlage der Aktenteile und den Vorlagebericht, den die belangte Behörde verfasst hat, ebenfalls evident.

IV. Rechtsgrundlagen

Gebührengesetz idgF

§ 17 GebG

(1) Für die Festsetzung der Gebühren ist der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

….

(4) Auf die Entstehung der Gebührenschuld ist es ohne Einfluß, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.

(5) Die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung heben die entstandene Gebührenschuld nicht auf.

§ 33 TP 5 GebG

(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert

1. im allgemeinen 1 v.H.;

2. beim Jagdpachtvertrag 2 v.H.

(2) Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.

(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

….

§ 33 TP 5 Abs. 5 Z 4 GebG

Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftstreuhänder sowie Immobilienmakler und Immobilienverwalter im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, in der jeweils geltenden Fassung, (Parteienvertreter) und gemeinnützige Bauvereinigungen im Sinne der Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 139, in der jeweils geltenden Fassung, sind befugt, innerhalb der in der Z 1 angeführten Frist die Gebühr für Rechtsgeschäfte gemäß § 33 Tarifpost 5 als Bevollmächtigte des Bestandgebers selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat, in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Monats an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Im Übrigen ist § 3 Abs. 4a, 4b und 4c sinngemäß anzuwenden.

Bundesabgabenordnung

„…

§ 201 BAO

(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

(2) Die Festsetzung kann erfolgen,

1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,

2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,

(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)

5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.

(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,

1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013)

3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.

(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.…

§ 303 BAO

(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.

…“

V. Rechtliche Beurteilung

Die Bf steht auf dem Standpunkt, dass kein beiderseitiger Kündigungsverzicht vorliege, weil sie als Vermieterin auf Grund des Gesetzes eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten habe, da vertraglich vereinbart wurde, dass sie gem § 30 MRG den Vertrag aus wichtigen Gründen kündigen könne. Die unterschiedliche Auslegung hat Konsequenz auf die Frage, ob es sich um einen Vertrag mit unbestimmter und/oder bestimmter Dauer handelt.

Die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die Beurteilung der Dauer des Bestandvertrages. Nicht beanstandet wird, dass die Berechnung der belangten Behörde nicht richtig gewesen wäre, genausowenig wie, dass die Einbeziehung der Betriebskosten, der Umsatzsteuer und der Wartungskosten in die Bemessungsgrundlage zu Unrecht erfolgt wäre. 

Unstrittig ist auch, dass es sich bei dem zu beurteilenden Rechtsgeschäft um einen gebührenpflichtigen Bestandvertrag iSd. § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG handelt.

Maßgeblich ist der beurkundete Inhalt des Rechtsgeschäftes, wobei der Urkundeninhalt in einer Gesamtbetrachtung aller in der Urkunde enthaltenen Bestimmungen zu ermitteln ist (siehe ).

Unbestimmte oder bestimmte Dauer des Mietvertrages

Wesentlicher Streitpunkt im gegenständlichen Fall ist daher die Frage, ob der gegenständliche Bestandvertrag auf bestimmte oder unbestimmte Zeit abgeschlossen worden ist.

Zur Bewertung von Bestandverträgen hat der VwGH in zwei Erkenntnissen durch jeweils einen verstärkten Senat ( 840/62; , 143/63) Richtlinien aufgestellt, die durch spätere Erkenntnisse bestätigt worden sind: Ob ein Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Zeit abgeschlossen ist, hängt davon ab, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein wollen oder nicht. 

Ob ein Bestandvertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer abgeschlossen wurde, orientiert sich daher nicht nur nach der Bezeichnung im Mietvertrag, sondern nach dem gesamten Vertragsinhalt, vor allem nach den Kündigungsvereinbarungen. (; , ; 114, 454/77; ; ; ; Twardosz, GebG6 § 33 TP 5 Rz 37). Wird ein Bestandvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und nur ein Vertragsteil gibt einen Kündigungsverzicht ab, der andere Vertragsteil kann jederzeit kündigen, bleibt es bei der unbestimmten Dauer, weil der Vertrag trotz des Kündigungsverzichtes von dem anderen jederzeit aufgelöst werden kann. (, ; 114, 454/77; , 15/0701/80; ; , 97/16/0038).

Wird ein Bestandvertrag hingegen auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und beide Vertragsteile, also Mieter und Vermieter geben einen Kündigungsverzicht auf bestimmte Dauer, z.B. 10 Jahre, ab, liegt gebührenrechtlich ein Vertrag auf bestimmte und unbestimmte Dauer vor (ständige Rechtsprechung, ). Eine bestimmte Dauer liegt auch vor, wenn die Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne ausdrücklich bezeichnete Fälle eingeschränkt werden. (; ; ; ; ; ; , ).

Werden „alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG“ vereinbart, spricht dies auf den ersten Blick für eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit und damit eine unbestimmte Dauer. Ob Bestandverträge auf unbestimmte Zeit, bei denen der Mieter für eine bestimmte Zeit auf die Kündigung verzichtet und der Vermieter „aus allen Gründen des § 30 Abs. 2 MRG“ kündigen kann, gebührenrechtlich als auf bestimmte u n d unbestimmte Dauer oder nur auf unbestimmte Dauer abgeschlossen gelten, beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH danach, welche Kündigungsgründe sich realisieren können. Können sich tatsächlich alle Kündigungsgründe realisieren, liegt unbestimmte Dauer vor, wenn sich aber nur einige Kündigungsgründe realisieren können, liegt bestimmte Dauer vor (z.B. ; ; ; ; ; ; ; ).

Allerdings ist die Frage, ob die eingeräumten Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs. 2 MRG so umfassend sind, dass keine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit vorliegt und man daher von einer Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit auszugehen hat, von Fall zu Fall unterschiedlich zu beantworten ( unter Verweis auf ). Es ist unerheblich, ob das MRG dezidiert auf einen Bestandvertrag anwendbar ist oder nicht, denn es steht den Vertragsparteien iSd Vertragsautonomie frei, den Inhalt des MRG oder Teile davon zum Vertragsinhalt zu machen (; ). Bei der gebührenrechtlichen Beurteilung macht es keinen Unterschied, ob die Kündigungsgründe im Vertrag selbst genau umschrieben werden oder auf die Definitionen des MRG verwiesen wird ().

Auf Grund des Urkundenprinzips kommt es bei der Vergebührung auf den gesamten Inhalt des konkreten einzelnen Mietvertrages an. Bei der schriftlichen Bestandvertragsvereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe gemäß § 30 MRG für die Vermieterin, geht das Urkundenprinzip nicht so weit, dass allein der Verweis auf § 30 Abs. 2 MRG genügt, um gebührenrechtlich von einem Bestandvertrag auf unbestimmte Dauer auszugehen.

Eine Einzelfallprüfung, „wie verhält sich der individuelle Bestandvertragsinhalt zu den einzelnen Ziffern des § 30 Abs. 2 MRG“ ist schon deshalb geboten, weil auf den erklärten Vertragswillen abzustellen ist und nicht bloß auf die Erklärung. (; ).

Kündigungsgründe § 30 Mietrechtsgesetz, auf Grund deren Anwendbarkeit sich die unbestimmte oder bestimmte Dauer des Vertrages ergibt

Da Bestandverträge, bei denen der Mieter auf die Kündigung verzichtet und der Vermieter aus allen Gründen des § 30 Abs. 2 MRG kündigen kann, gebührenrechtlich als auf bestimmte Dauer und auf unbestimmte Dauer abgeschlossen gelten können, kommt es darauf an, ob sich tatsächlich alle Kündigungsgründe realisieren können oder nicht. Deren Realisierbarkeit ist daher im gegenständlichen Fall zu prüfen: Wird diese bejaht, würde es sich um eine unbestimmte Dauer handeln, während wenn sich tatsächlich nur einige Kündigungsgründe realisieren ließen, von einer bestimmten Dauer auszugehen sein wird.

1. § 30 Abs. 2 Z 1-3 und 7 MRG

Diese Bestimmungen betreffen Vertragsverletzungen des Mieters (Welser/ Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1048). § 30 Abs. 2 Z 1 (Rückstand der Bezahlung des Mietzinses), Z 3 (erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes) und Z 7 (Verwendung nicht zur vereinbarten geschäftlichen Betätigung) des § 30 Abs. 2 MRG fallen unter „Verletzung von Vertragspflichten“, und stellen keine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit des Vermieters dar (; ; ; ; [Zurückweisungsbeschluss ]).

Vorausgesetzt wird ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners. Das bedeutet, dass die Kündigungsgründe der Vermieterin nicht nach Belieben ausgeübt werden können (Zurückweisungsbeschluss zu ). Dem Geschäftsraummieter kann überdies gekündigt werden, wenn die Räume nicht zu der vertraglich bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung verwendet werden. (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1048).

Der Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 2, wenn der Mieter die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert, setzt einen in Dienstleistungen bestehenden Mietzins voraus (; ; ). Besteht das Entgelt für die Überlassung der Bestandsache in einem monatlichen Mindestpachtzins, einem Umsatzpachtzins und der Tragung diverser Nebenkosten, ist das kein Mietzins, der in Dienstleistungen besteht. Eine Betriebspflicht der Pächterin hat keinen Entgeltcharakter (; ). Im gegenständlichen Fall ist der Mietzins in Punkt Drittens des Mietvertrages in der Währung € geregelt und besteht daher in Geld und keiner Dienstleistung. Demzufolge ist dieser Kündigungsgrund nicht anwendbar.

Der Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 3, erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes, Vernachlässigung des Mietgegenstandes, rücksichtloses, anstößiges und grob ungehöriges Verhalten bzw. Straftat gegen Vermieter, setzt ebenfalls ein Fehlverhalten des Mieters voraus und stammt sohin auch aus der Sphäre des Mieters. Dem Vermieter sind sämtliche Möglichkeiten, das Bestandverhältnis von sich aus frühzeitig zu beenden, entzogen ().

§ 30 Abs. 2 Z 7 (Verwendung nicht zur vereinbarten geschäftlichen Betätigung) fällt unter „Verletzung von Vertragspflichten“, und stellt keine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit des Vermieters dar, da dieser Kündigungsgrund auch ein schuldhaftes Verhalten des Mieters voraussetzt, womit der Mieter nicht nach Belieben gekündigt werden kann ().

Zusammenfassend kann zu den Kündigungsgründen betreffend Vertragsverletzungen des Mieters gesagt werden, dass sie nicht nach Belieben der Bf als Vermieterin ausgeübt werden können, sondern ein schuldhaftes Verhalten des Mieters voraussetzen. Daher sind sie dem Einfluss der Bf als Vermieterin gänzlich entzogen.

2. § 30 Abs. 2 Z 4-6 MRG

Die Z 4-6 handeln vom mangelnden Bedarf des Mieters (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1049):

Nach § 30 Abs. 2 Z 4 (bestimmte Fälle der Untervermietung) können Wohnungs- und Geschäftsraummieter nach Z 4, 2. Fall gekündigt werden, wenn sie den Mietgegenstand durch gänzliche oder teilweise Überlassung an einen Dritten zu einem unverhältnismäßig hohen Entgelt verwerten. In Z 4 Fall 1 kann der Mieter des Geschäftsraums nur gekündigt werden, wenn bei der Weitergabe die Verwertung des Bestandgegenstandes, nicht des in diesem betriebenen Unternehmens im Vordergrund steht. (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1049). Untervermietung kann auch ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners voraussetzen, womit die Kündigung durch den Vermieter nicht nach Belieben ausgeübt werden kann (). Im gegenständlichen Fall ist die Mieterin laut Punkt Fünftens des Vertrages überhaupt nur mit Zustimmung der Bf als Vermieterin zur Untervermietung berechtigt. Daher könnten diese Kündigungsgründe durch die Mieterin wohl nur unter dem Titel des Kündigungsgrundes „Verletzung von Vertragspflichten“ realisiert werden.  Da eine Untervermietung an Dritte von der Zustimmung der Bf als Vermieterin abhängt, stellt dieser Kündigungsgrund keine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Vermieterin dar.

§ 30 Abs. 2 Z 5 (Tod des Mieters) scheidet aus, wenn die Mieterin – wie im gegenständlichen Fall eine GmbH, also eine juristische Person ist, die weder sterben kann, noch über eintrittsberechtigte Angehörige verfügt ( [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde , E 1740/2017; Zurückweisungsbeschluss und 0112, ]).

§ 30 Abs. 2 Z 6 (kein dringendes Wohnbedürfnis des Mieters oder der Eintrittsberechtigten) scheidet in diesem Fall ebenfalls aus, da die Mieterin den Mietgegenstand ausschließlich gemäß Punkt Erstens lit 2. des Mietvertrages zu geschäftlichen Zwecken gemietet hat - und nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses (vgl. ; , RV/7100701/2015; [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde , E 1740/2017; Zurückweisungsbeschluss und Ra 2017716/0112] zu errichtendes Hotelgebäude).

3. § 30 Abs. 2 Z 8-13 MRG

Die Z 8-11 betreffen den Eigenbedarf des Vermieters (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1050):

Der Kündigungsgrund § 30 Abs. 2 Z 8 (Interessensabwägung bei Eigenbedarf) setzt die Vermietung von Wohnräumen voraus (; , RV/7100701/2015). Da im gegenständlichen Fall ausschließlich zu Geschäftszwecken vermietet wurde, kommt dieser Kündigungsgrund nicht in Betracht (; , RV/7105923/2015).

§ 30 Abs. 2 Z 9 regelt den Eigenbedarf für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie. (). Der Vermieter kann kündigen, wenn er oder einer seiner Nachkommen am Mietgegenstand einen dringenden Eigenbedarf hat, wofür die Judikatur zum Teil bis in die jüngste Zeit eine Notstandslage verlangte, und ihm aus der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse, als dem Mieter aus der Kündigung. Diese strenge Interessensabwägung entfällt bei Einfamilienhäusern oder bereits begründetem Wohnungseigentum (Z 8; Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1050).

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine juristische Person, eine GmbH: Betreffend dieses Kündigungsgrundes hat der OGH festgestellt, dass auch eine juristische Person den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs geltend machen kann, wenn sie die von ihr vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zwecks dringend benötigt ( unter Verweis auf RS 0067746; RS 0068576). Der Kündigungsgrund „Eigenbedarf“ liegt in der Sphäre der Vermieterin ( unter Verweis auf ; ; [Zurückweisungsbeschluss ]; ). Im vorliegenden Fall ist die Vermieterin Eigentümerin bzw. Fruchtgenussberechtigte des Geschäftslokals. Auch wenn dieser Kündigungsgrund wenig wahrscheinlich erscheint, ist er grundsätzlich anwendbar.

Nach dem Kündigungsgrund § 30 Abs. 2 Z 10 ist eine Bedarfskündigung auch für Wohnungen vorgesehen, die als Dienstwohnungen benötigt werden, der Mietgegenstand muss zur Unterbringung von Arbeitern oder Angestellten des eigenen Betriebes des Vermieters bestimmt sein. (; ). Die Z 10 greift nicht, wenn der Pachtgegenstand ein Geschäftslokal ist und nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder Angestellten bestimmt ist (; ; [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde , E 1740/2017; Zurückweisungsbeschluss und ]). Die gegenständliche Geschäftsräumlichkeit zum Betrieb eines Unternehmens kommt daher für die Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des Betriebes kaum in Betracht.

§ 30 Abs. 2 Z 11 MRG betrifft den Kündigungsgrund aus öffentlichem Interesse, welcher nur gegeben ist, wenn das bisherige Mietobjekt für Zwecke der Hoheitsverwaltung benötigt wird (vgl. ; ), und kommt nicht in Betracht, wenn die Bf als Vermieterin keine Körperschaft öffentlichen Rechts ist. Die Bf ist eine juristische Person des Privatrechts und somit ist Z 11 nicht anwendbar.

§ 30 Abs. 2 Z 12 MRG kommt ebenfalls nicht in Betracht, da ein Untermietverhältnis vorausgesetzt ist, worauf es im gegenständlichen Fall keinen Hinweis gibt (; ).

Nach § 30 Abs. 2 Z 13 MRG kann der Vermieter kündigen, wenn ein schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der für ihn als wichtig und bedeutsam anzusehen ist (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1051). § 30 Abs. 2 Z 13 MRG ist kein eigenständiger Kündigungsgrund, sondern sieht vielmehr die Möglichkeit der Vereinbarung von weiteren Kündigungsgründen vor ( [Zurückweisungsbeschluss ]; ; ). Da im Mietvertrag nur die Kündigungsmöglichkeiten nach § 30 Abs 2 MRG vereinbart wurden, ist Z 13 ohne Bedeutung. Die sofortige Auflösung des Mietvertrages aufgrund der Bestimmungen des § 1118 ABGB bleibt von diesen Bestimmungen unberührt.

4. § 30 Abs. 2 Z 14-16 MRG

Die Kündigungsgründe der Z 14-16 setzen jeweils eine Ersatzbeschaffung voraus (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1052):

Bei abbruchreifen Häusern besteht in Z 14 das Kündigungsrecht der Vermieterin bzw. gem. Z 15, wenn es abgetragen oder umgebaut werden soll und die Bezirksverwaltungsbehörde erkannt hat, dass der Neu- oder Umbau selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der Mieter im öffentlichen Interesse liegt oder gem. Z 16, wenn der Hauptmieter einer Kategorie D-Wohnung eine Standardverbesserung verweigert (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1052).

§ 30 Abs. 2 Z 14 und Z 15 MRG kommen nicht in Betracht, wenn der Mietgegenstand kein Miethaus ist und in Anbetracht der Umstände ein Abbruch oder Umbau des Gebäudes als unwahrscheinlich gilt ().

Der Kündigungsgrund § 30 Abs. 2 Z 16 Verweigerung einer Standardverbesserung einer „Wohnung der Ausstattungskategorie D“ ist nicht anwendbar, weil es sich bei einer Geschäftsfläche nicht um eine Substandardwohnung handelt ( [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde , E 1740/2017; Zurückweisungsbeschluss und ]).

Als Conclusio ergibt sich bei der Analyse der in Betracht kommenden Kündigungsgründe also, dass eine vorzeitige Kündigung des Bestandvertrages durch die Bf als Vermieterin iSd § 30 Abs. 2 MRG nur sehr eingeschränkt möglich ist. (; ; ; ; ; ; ). Sämtliche ihr zustehenden und möglichen Kündigungsgründe sind – abgesehen vom Grund „Eigenbedarf“ einer juristischen Person, der relativ unwahrscheinlich erscheint – dem Einfluss der Bf als Vermieterin entzogen. Der einzige der Sphäre der Vermieterin zuzurechnende Kündigungsgrund ist keinesfalls umfassender Natur, sodass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages äußerst gering und von den Parteien – unter normalen Umständen - keinesfalls beabsichtigt ist.

Da die Bf als Vermieterin zwar, wie in der Beschwerde zu Recht ausgeführt, keinen Kündigungsverzicht abgegeben hat, aber die Kündigungsgründe nur derart eingeschränkt gegeben sind, dass sich daraus eine Bindung ergibt, lässt sich auf Grund des gegenständlichen Mietvertrages kein Bindungswille auf unbestimmte Zeit erkennen.

Die auf Lebenszeit der Bf starke Einschränkung der Kündigungsgründe kommt de facto einem Kündigungsverzicht gleich, was noch dadurch verstärkt wird, dass die Bf als Vermieterin im Unterschied zur Mieterin nicht schriftlich sondern nur gerichtlich kündigen kann. Demzufolge ist der gegenständliche Vertrag unter Beachtung der ständigen Rechtsprechung des VwGH als Vertrag mit bestimmter sowie unbestimmter Dauer zu vergebühren. So entschieden auch in dem mehrfach zitierten, vergleichbaren Fall des ).

Berechnung der bestimmten und unbestimmten Dauer gem. § 16 BewG bei Kündigungsverzicht auf Lebensdauer der Bf

Im gegenständlichen Fall, in dem die Miete auf Lebenszeit der Bf als Vermieterin vereinbart ist, die gleichzeitig Prokuristin der Mieterin ist, ist schon auf Grund der "de facto Identität" der beiden Parteien von einem Bindungswillen auf bestimmte Dauer, nämlich die Lebenszeit der Bf auszugehen. Lebenszeit wird nach den Berechnungsgrundsätzen des Bewertungsgesetzes gem. §§15 f BewG mit dem eigens dafür geschaffenen Berechnungsprogramm für Renten, lebenslängliche bzw. wiederkehrende Nutzungen und Leistungen als bestimmte Dauer, die sich auf Grund der vorgegebenen Daten und Rahmenbedingungen ermitteln lässt, hochgerechnet. Dadurch, dass § 26 GebG die Anwendung des Bewertungsgesetzes in Hinblick auf die Bewertung von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen vorgibt, ist im gegenständlichen Fall als lex specialis zu § 15 BewG § 16 BewG einschlägig. Mit dem erwähnten Berechnungsprogramm wurde auch folgerichtig von der belangten Behörde im gegenständlichen Fall die Lebenszeit hochgerechnet.

Zur Befugnis der Behörde zur Erlassung eines Bescheides gemäß § 201 BAO

In Fällen, in denen sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist, kann gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO die Festsetzung erfolgen, wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen.

Ein bescheidmäßig abgeschlossenes Verfahren kann gem. § 303 Abs. 1 lit.b BAO von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Im Rahmen der Außenprüfung wurde der gegenständliche Mietvertrag dem Finanzamt vorgelegt. Hierbei kam neu hervor, dass der Vertrag anfangs auf bestimmte Dauer abgeschlossen war. Die Selbstberechnung erwies sich daher, wie bereits dargestellt, aus mehreren Gründen als unrichtig. Die Festsetzung gemäß § 201 BAO erfolgte daher zu Recht.

Beim gegenständlichen Mietvertrag, der auf unbestimmte Dauer vereinbart wurde, kam es durch den vertraglich vereinbarten Kündigungsverzicht der Mieterin auf Lebensdauer der Vermieterin und der vertraglich vereinbarten Beschränkung der Kündigungsgründe der Vermieterin auf § 30 Abs. 2 Z 9 MRG, Eigenbedarf, aus gebührenrechtlicher Sicht zu einem auf bestimmte und unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag (13,46 + 3). (; ; ; und 0112; ).

Aus den genannten Gründen konnte die Bestandvertragsgebühr nicht im Ausmaß der Selbstberechnung belassen werden und war die Beschwerde gegen den Bescheid daher abzuweisen.

VI. Zur Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Daher ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen, ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Demzufolge ist die Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 30 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102148.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at