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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.12.2019, RV/6100151/2015

Zeitpunkt der Zustellung zu eigenen Handen durch Hinterlegung

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 247/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter

A

in der Beschwerdesache

BF,

vertreten durch

RA,

gegen

FA

vertreten durch

AB

wegen

behaupteter Rechtswidrigkeit des Bescheides betreffend Haftung für Abgaben der Eins GmbH vom

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b) BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen

2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der BF wurde mit Bescheid vom als ehemaliger Geschäftsführer einer GmbH für Abgabenschulden dieser GmbH zur Haftung herangezogen. Der mittels RSa Brief übermittelte Bescheid wurde am Freitag, den hinterlegt und ab Samstag, den zur Abholung bereitgehalten.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Vertreter Beschwerde. Diese Beschwerde, die am FA am einlangte, hatte der Vertreter am Donnerstag, den zur Post gegeben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA diese Beschwerde als verspätet zurück. Unter Darlegung der Zustellung durch Hinterlegung am wies das FA darauf hin, dass die Beschwerdefrist am geendet habe; die am eingebrachte Beschwerde sei damit verspätet.

Darauf beantragte der BF durch seine ausgewiesenen Vertreter fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG und beantragte, dass das zuständige Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheiden möge und den bekämpften Bescheid vom wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes ersatzlos aufheben möge. In eventu beantragte der BF die Aufhebung und Zurückverweisung zur Entscheidung an die belangte Behörde.

Mit Beschluss des GV-Ausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache der damit belasteten Gerichtsabteilung gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und mit der derzeit damit befassten Gerichtsabteilung zugeteilt.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung führte der Vertreter des BF aus, dass die Hinterlegung nach den Bestimmungen des § 98 BAO iV mit § 17 ZustellG nicht hätte erfolgen dürfen. Im Zeitpunkt des Zustellversuches sei die Lebensgefährtin des Berufungswerbers an der Zustelladresse anwesend gewesen. Es seien die Voraussetzungen für eine Ersatzzustellung gegeben gewesen, weshalb gem. § 16 ZustellG nicht hinterlegt werden dürfe (OGH 9ObA13/89, 1Ob716/84).

Eine Zustellung durch die Hinterlegung hätte auch deshalb nicht stattfinden dürfen, da der BF an einer massiven Sehschwäche leide, die ihm ein Lesen von Schriftstücken insbesondere dem kleingedruckten Rechtsfolgenhinweis per Hinterlegung die an der Abgabestelle durch das Postorgan zurückgelassen worden sei, nicht ermögliche. Der BF verfüge nur mehr über eine 2%ige Sehleistung, die ihm ein Lesen von Texten völlig unmöglich mache und ihn lediglich in die Lage versetze schemenhafte Umrisse in seiner Umgebung zu erkennen. Diese Tatsache sei dem üblichen Zustellorgan auch bekannt, da er bei Zustellungen durch den BF immer wieder in der Vergangenheit und auch derzeit befragt werde, ob es sich um eine Zustellung an den BF oder an seine Lebensgefährtin handle, woraus sich zwingend auf die Sehschwäche des BF schließen lasse. Dem BF sei naturgemäß nicht bekannt, ob der Zustellungsversuch und die Hinterlegung durch dieses üblicherweise tätig werdende Postorgan erfolgt sei.

Nach der Judikatur müsse bei der Hinterlegung und ihren Rechtsfolgen die objektive Gewähr dafür bestehen, dass die Verständigung den Empfänger auch tatsächlich erreichen könne (OGH 1Ob 247/99a). Aufgrund der Sehschwäche des BF und seiner damit verbundenen Unmöglichkeit Texte zu lesen sei diese objektive Gewähr solange nicht gegeben, bis ihm der angefochtene Bescheid nach Bewegung und Vorlesung durch seine Lebensgefährtin bekannt geworden sei. Dies sei am der Fall gewesen, weshalb die Berufungsfrist per (Postabsendung) fristgerecht gewesen sei.

Da die Zurückweisung der Beschwerde daher nicht zu Recht erfolgt sei, beantrage der BF neuerlich eine Entscheidung über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid in der Sache und verweise auf das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde.

Zum Nachweis seines Vorbringens beantragte der Vertreter des BW die Einvernahme der Lebensgefährtin des BF und des Postzustellorgans der die Hinterlegung und Hinterlassung des Hinterlegungsnachweises am vorgenommen habe als Zeugen und bot die Vorlage einer Bestätigung des Facharztes für Augenheilkunde über die Sehschwäche des Bf im Dezember 2014 an.

Über Befragen durch den Richter gab der BF an, dass er sich an den deswegen noch so genau erinnern könne, weil er am Abend ins Büro gekommen sei und dort diese Hinterlegung des Schriftstückes (Haftungsbescheid) gefunden habe. Er habe nur feststellen können, dass es eine Hinterlegung sei, jedoch nicht von welcher Behörde diese erfolgt sei. Seine Lebensgefährtin habe dann gesagt, dass es sich um ein Schreiben des FA Salzburg handle und er dieses zum nächstmöglichen Zeitpunkt abholen solle.

Er habe dies dann am nächstmöglichen Tag, dem am Vormittag glaublich gegen 9.00 Uhr abgeholt. Am Nachmittag sei seine Lebensgefährtin nach Hause gekommen und habe ihm das Schreiben vorgelesen. Er habe am selben Tag einen Anwalt in der Kanzlei seines Rechtsvertreters angerufen und mit diesem vereinbart, dass seine Lebensgefährtin das Schreiben einscanne und dieses an den Rechtsanwalt sende.

Soweit ihm erinnerlich habe er dem Anwalt am gesagt, dass ihm das Schriftstück heute zugestellt worden sei.

Bei der Einvernahme der Lebensgefährtin des BF als Zeugin führte diese aus, dass sie zu ihrer Anwesenheit an der Zustelladresse sagen könne dass es sich um die Firmenadresse der GmbH gehandelt habe. Beim habe es sich um einen Freitag gehandelt und sie sei an Freitagen zw. 9.00 und 10.00 Uhr bis ca. 14.00 Uhr immer dort anwesend gewesen um Büroarbeiten zu erledigen. Konkret an den könne sie sich nicht mehr erinnern. Parteienverkehr habe sie dort im Regelfall nicht gehabt, allerdings habe sie regelmäßig Poststücke entgegengenommen.

Der BF leide seit 2012 unter einer Sehschwäche. Im Jahr 2014 habe sich abgezeichnet, dass dies immer schlechter werde. Erinnerlich sei ihr, dass die ersten massiven Einschränkungen der Sehfähigkeit bereits im Frühling 2014 anlässlich einer Zugfahrt aufgetreten seien. Wenn sie sich richtig erinnere habe bereits im Jahr 2014 eine Berufsunfähigkeitspension bestanden. Der BF könne auch einfache oder kürzere Texte nicht selbst lesen. Sie lese dem BF relevante Texte vor. Sie habe dem BF nach Abholung des hinterlegten Schriftstückes auch den Text des Haftungsbescheides vorgelesen. Wenn sie den Bescheid dem BF nach seiner Darstellung am vorgelesen habe, dann müsse es am Nachmittag des 09.12. gewesen sein.

Sie könne sich nicht daran erinnern, ob sie dabei gewesen sei, als der BF die Kanzlei des Rechtsvertreters telefonisch davon verständigte, dass er einen Haftungsbescheid bekommen habe.

Ob sie am Zustellungstag , mit dem Postzusteller gesprochen habe wisse sie nicht, sie könne sich an diesen Tag konkret nicht erinnern, aber wenn es wesentliche Schriftstücke wie Einschreiber und dgl. gebe dann läute der Zusteller an, wenn niemand da sei dann werde das Schriftstück hinterlegt. Das gegenständliche Poststück habe nach ihrer Erinnerung der BF bei der Post abgeholt.

Sie lese ihm Schriftstücke so vor, wie sie es bekommen habe. Wenn konkrete Datierungen und Fristen im Bescheid angeführt waren, dann habe sie ihm diese vorgelesen. Sie lese dem BF alles vor, was für ihn eingehe.

Darauf wurde die Verhandlung auf vorerst unbestimmte Zeit vertagt.

Das BFG versuchte in der Folge bei der Post zu eruieren, welcher Zusteller an diesem Tag für das betreffende Rayon zuständig gewesen war. Die Post teilte dem BFG mit, dass der ständige Zusteller an diesem Tag auf Urlaub gewesen sei und seine Vertretung nicht mehr eruiert werden könne. Auch zur Frage der Öffnungszeiten der zuständigen Filiale könnten keine Aussagen getroffen werden, da diese mittlerweile nicht mehr existiere.

Der BF legte Unterlagen von Augenärzten zu seiner eingeschränkten Sehfähigkeit aus 2012, 2016 und 2019 und der ihm mit Oktober 2014 zuerkannten Erwerbsunfähigkeitspension vor.

In der fortgesetzten Verhandlung am führte die Vertreterin des BF zusätzlich zu dem bereits in der Verhandlung vom erstatteten Vorbringen aus, dass die Hinterlegung am wegen der Möglichkeit einer Ersatzzustellung unzulässig gewesen sei. Die nicht mehr mögliche Einvernahme des Zustellorgans bzw. nicht mögliche Zurverfügungstellung von Unterlagen seitens der Hinterlegungsfiliale könne nicht zu Lasten des Bf ausgelegt werden.

Auf Grund der nur mehr 2%igen Sehleistung des Bf habe keine objektive Gewähr bestanden, dass die Hinterlegungsanzeige den Empfänger tatsächlich erreichen konnte. Die 2%ige Sehleistung sei auch dem üblichen Zustellorgan für diesen Bezirk bekannt gewesen, da er bei Zustellungen an den Berufungswerber in der Vergangenheit auch mündlich den Berufungswerber auf allfällige Fristen hingewiesen habe. Dem Zustellorgan sei auch bekannt gewesen, dass es dem Bf nicht möglich gewesen wäre, ein auf dem Rückschein abgedrucktes Datum zu erkennen. Entsprechend der den Gerichten und Behörden obliegenden Anleitungspflicht für blinde und sehschwache Personen habe das übliche Zustellorgan, das am verhindert gewesen sei, den Bf auch immer vom Zustellinhalt mündlich informiert. Eben auf Grund der Verhinderung des üblichen Zustellorgans, sei diese Anleitungspflicht von der Urlaubsvertretung des üblichen Zustellorgans nicht wahrgenommen worden. Daher stelle die Nichtbeachtung dieser Verpflichtung einen wesentlichen Verfahrensmangel dar und führe zur Unwirksamkeit der Hinterlegung.

Nach ständiger Rechtsprechung muss objektive Gewähr dafür bestehen, dass die Verständigung den Empfänger auch tatsächlich erreichen könne (1 Ob 247/99a). Wenn ein Zustellstück dem Empfänger tatsächlich zukomme, sei die Zustellung mit diesem Zeitpunkt und nicht rückwirkend mit der Hinterlegung wirksam (7 Ob 647/92; 8 Ob 12/12s). Eine gesetzwidrige Hinterlegung heile immer dann iS § 7 ZustellG, wenn dem Empfänger das Zustellstück tatsächlich zukomme. Tatsächlich zugekommen sei das Zustellstück dem Bf mit dem Vorlesen durch die Lebensgefährtin am . Der Bf habe erst am dadurch tatsächlich Kenntnis vom Haftungsbescheid erhalten. Die Zustellung sei daher mit diesem Zeitpunkt erfolgt.

Der Vertreter des FA führte aus, dass aus Sicht des Finanzamtes eine Ersatzzustellung nicht möglich gewesen sei, da ein Rsa eigenhändig vorgelegen sei. Ansonsten sei festzuhalten, dass sich der gesamte Zustellvorgang nicht von einem Zustellvorgang einer nicht sehbeeinträchtigten Person unterschieden habe. Als solcher beginnt der Lauf der Zustellfrist mit dem , weswegen die Abweisung der Beschwerde beantragt werde.

Die Vertreterin der BF beantragte der Zurückweisung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid nicht stattzugeben.

Das BFG hat dazu erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 9 BFGG kann der Geschäftsverteilungsausschuss einer Einzelrichterin oder einem Einzelrichter oder Senat eine ihr oder ihm zufallende Rechtssache durch Verfügung abnehmen, wenn die Einzelrichterin oder der Einzelrichter oder Senat verhindert oder wegen des Umfangs ihrer oder seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist. Auf Grund des im Verfahrensgang dargestellten Beschlusses des Geschäftsverteilungsausschusses ist sohin die nun zur Entscheidung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens berufene Gerichtsabteilung zuständig.

Das BFG legt seiner Entscheidung den im Folgenden dargestellten Sachverhalt zu Grunde, der sich aus den Akten des Haftungsverfahrens bei der Eins GmbH, den Akten des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens und den Ausführungen des BF sowie der als Zeugin einvernommenen Lebensgefährtin des BF ergibt.

Mit Beschluss des LG Salzburg vom wurde über die oben angeführte GmbH der Konkurs eröffnet. Mit Beschluss des LG Salzburg vom wurde der Konkurs aufgehoben. Mit Haftungsbescheid vom wurde der BF als Geschäftsführer dieser GmbH gemäß §§ 9, 80 BAO zur Haftung für Abgaben der Gesellschaft in Höhe von € 19.192,66 herangezogen. Dieser Bescheid wurde dem BF vom Zusteller am mit RSa Brief an der Adresse der Zwei GmbH, deren Geschäftsführer der BF zum damaligen Zeitpunkt war, hinterlegt. Dies ergibt sich aus den Akten des Haftungsverfahrens.

Die Hinterlegung des RSa-Briefes erfolgte deswegen, da der BF am im Zeitpunkt des Zustellversuches nicht an der Abgabestelle anwesend war. Dies ergibt sich aus den Aussagen des BF in der mündlichen Verhandlung vom , in der er ausführte, dass er am Abend ins Büro gekommen war und den hinterlegten Brief vorgefunden hatte. Dies ergibt sich weiters aus dem Vorbringen des Rechtsvertreters in der mündlichen Verhandlung vom , wonach eine Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung deswegen nicht zulässig gewesen sei, weil eine Ersatzzustellung möglich gewesen wäre, da die Lebensgefährtin zu dieser Zeit im Büro gewesen wäre.

Festzuhalten ist jedoch auch, dass es nach den Ergebnissen des Verfahrens nicht erwiesen ist, dass die Lebensgefährtin des BF am im Zeitpunkt des Zustellversuches an der Abgabenstelle anwesend war. Sie führte lediglich aus, dass sie an Freitagen generell Büroarbeiten an dieser Adresse verrichte und dabei auch Poststücke entgegennehme. An diesen Tag könne Sie sich konkret nicht erinnern und auch nicht an einen Kontakt mit dem Organ der Post. Auch wenn das konkrete Zustellorgan der Post nicht mehr eruiert werden kann, so hat es nach Sicht des BFG die größte Wahrscheinlichkeit für sich, dass sich dieser Zusteller gesetzeskonform verhalten hat und dementsprechend versucht hätte den RSa Brief dem BF zu eigenen Handen zuzustellen. Geht man von dieser (gesetzeskonformen) Vorgangsweise aus und berücksichtigt, dass sich die Lebensgefährtin des BF zwar daran erinnern kann dem BF den Bescheid vorgelesen zu haben, sich aber nicht an den Zustellversuch des RSa Briefes erinnert, so hat es die größte Wahrscheinlichkeit für sich, dass im Zeitpunkt des Zustellversuches niemand und nicht nur keine zur Übernahme des Schriftstückes berechtigte Person an der Abgabestelle anwesend war.

Der BF holte den Haftungsbescheid am vom Postamt ab. Die Lebensgefährtin las dem BF, der an einer Sehschwäche leidet, das Schriftstück am Nachmittag dieses Tages vollständig vor. Dies ergibt sich aus der Aussage der Lebensgefährtin des BF und des BF.

Der BF verständigte nach seiner eigenen Aussage an diesem Tag einen Anwalt der ihn vertretenden RA Kanzlei, ließ ihm den Haftungsbescheid per e-mail zukommen und teilte dem Anwalt mit, dass er den Bescheid am zugestellt erhalten habe.

Die Kanzlei brachte Bescheidbeschwerde beim FA ein, die am beim FA einlangte. Datum des Postaufgabestempels war der . Das FA wies diese Beschwerde als verspätet zurück. Dies ergibt sich aus den Akten des Haftungsverfahrens.

In rechtlicher Hinsicht ist zum gegenständlichen Verfahren Folgendes auszuführen:

Gemäß § 5 ZustellG ist die Zustellung von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.

Diese notwendigen Angaben sind u.a. ob eine Zustellung zu eigenen Handen vorzunehmen ist. (Ritz, BAO6 § 5 ZustellG, Tz. 1)

Gemäß § 21 ZustellG dürfen die dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellenden Dokumente nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.

Bei einer Zustellung zu eigenen Handen gilt (abweichend von der nicht zu eigenen Handen verfügten Zustellung mit Zustellnachweis) das Verbot der Ersatzzustellung (Ritz, BAO6 § 12 ZustellG, Tz. 1)

Im gegenständlichen Fall ist vom FA eine Zustellung zu eigenen Handen verfügt worden und der BF war nach den Beweisergebnissen im Zeitpunkt des Zustellversuches nicht an der Abgabestelle anwesend. Eine Zustellung der zu eigenen Handen an ihn gerichteten behördlichen Erledigung war daher nur durch Hinterlegung möglich. Bei dieser Ausgangslage wäre die vom Vertreter des BF angeführte durchzuführende Ersatzzustellung an die Lebensgefährtin, unabhängig davon, dass das BFG davon ausgeht, dass sie im Zeitpunkt des Zustellversuchs nicht an der Abgabestelle anwesend war, rechtlich nicht möglich gewesen. Die Zustellung durch Hinterlegung des RSa Briefes erfolgte daher zu Recht am . Die Zustellung durch Hinterlegung an der Abgabestelle erfolgte in der gesetzmäßigen Form im Sinne der vom Vertreter des BF zitierten Entscheidung des OGH 1Ob 247/99a.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Für die Fristberechnung (insbesondere das Fristende) gilt § 108 Abs. 2 und Abs. 3 BAO. Für den Postenlauf gilt § 108 Abs. 4 BAO. (Ritz, BAO6, § 245, Tz 2)

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Für nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen regelt § 108 Abs 2 deren Ende. Unter "Benennung" ist der Wochentag, unter "Zahl" das Monatsdatum oder die Jahreszahl gemeint ( Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht 10, Tz 235). Daher endet beispielsweise die einen Monat betragende Beschwerdefrist (§ 245 Abs 1), wenn die Zustellung des Bescheides am 28. Februar erfolgt, am 28. März, und wenn sie am 31. März erfolgt, am 30. April (jeweils sofern sich aus § 108 Abs 3 zweiter Satz kein späteres Ende der Frist ergibt).

Gemäß § 17 Abs 1 ZustellG ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Gemäß § 17 Abs. 2 ZustellG ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Die Hinterlegungsfrist für den betroffenen Haftungsbescheid begann damit am . Eine Verschiebung dieses Fristbeginnes im Sinne der Entscheidung des OGH 7 Ob 647/92 liegt nicht vor, da der BF von der Hinterlegung nach seinen eigenen Angaben bereits am Abend des Kenntnis erlangt hatte.

Überlegungen zu einer erhöhten Manuduktionspflicht bei sehbehinderten Personen kommen bei der Hinterlegung des Schriftstückes aus Sicht des BFG nicht zur Anwendung.

Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden der Beginn und der Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Gemäß § 108 Abs. 4 BAO werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b) BAO ist die Bescheidbeschwerde … mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie … nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Damit ist aber das gegenständliche Verfahren entschieden. Der Beginn der Beschwerdefrist fiel durch die Hinterlegung nach § 17 Abs. 3 ZustellG auf Samstag, den . Dies hinderte aber nach § 108 Abs. 3 BAO den Beginn des Fristenlaufes nicht. Die Monatsfrist endete daher nach § 108 Abs. 2 BAO am Dienstag, den . Da es sich dabei um einen gesetzlichen Feiertag handelt, war der nächste Werktag, damit Mittwoch, der der letzte Tag der Beschwerdefrist.

Die am Donnerstag, den eingebrachte Beschwerde war damit nicht fristgerecht eingebracht. Das FA hat daher die Beschwerde des BF gegen den Haftungsbescheid zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Gemäß § 264 Abs. 3 BAO gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Vorlageantrages an wiederum als unerledigt, wenn ein solcher Antrag rechtzeitig eingebracht wird. Das BFG hat somit über die (wiederum) unerledigte Beschwerde zu entscheiden, was im gegenständlichen Fall durch eine Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung zu erfolgen hat.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung stützt sich zur Beurteilung der Frage, ob ein zu eigenen Handen zuzustellender Bescheid durch Hinterlegung als zugestellt gilt, wenn der Bescheidempfänger im Zeitpunkt des Zustellversuches nicht an der Abgabestelle anwesend ist, auf die oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen, aus denen sich die Beurteilung zweifelsfrei ergibt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 21 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 108 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Ende der Rechtsmittelfrist
Zustellung zu eigenen Handen
Hinterlegung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100151.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at