Selbstberechnung und bescheidmäßige Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe (Wiener Wettterminalabgabe)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf vertreten durch RA über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde MA vom betreffend Berichtigung und Rückzahlung von Wettterminalabgabe für den Zeitraum September bis Dezember 2016 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensverlauf
Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge abgekürzt Bf) die Berichtigung ihres Wettterminalabgabenkontos Nr. X bei der belangten Behörde sowie die Rückzahlung eines Guthabens iHv 8.050 Euro gemäß § 239 Bundesabgabenordnung (BAO). Das Abgabenkonto der Bf sei insofern zu berichtigen, als für die Monate September bis November 2016 dem Konto keine Wettterminalabgabe, für den Monat Dezember 2016 lediglich ein Betrag iHv 350 Euro anzulasten wäre.
Zur Begründung führte die Bf zusammengefasst aus, dass mit der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom , GZ. 17052018, im Bemessungsverfahren betreffend die Wettterminalabgabe für den Zeitraum September bis Dezember 2016 die Abgabe der Bf für den gesamten Zeitraum von September bis November 2016 aufgehoben und festgestellt worden sei, dass nur für den Monat Dezember 2016 und nur für das Halten eines Wettterminals die Abgabe abzuführen sei. Die Bf habe am einen Betrag iHv 8.400 Euro an die belangte Behörde bezahlt. Wegen der Herabsetzung der Abgabenschuld für die Wettterminalabgabe von 8.400 Euro auf 350 Euro bestehe ein Guthaben der Bf iHv 8.050 Euro.
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde diesen Antrag ab und hielt in der Bescheidbegründung fest, dass für den Zeitraum September bis Dezember 2016 von der Bf selbst sechs Wettterminals nachträglich angemeldet worden seien. Dieser Umstand sei auch im Bemessungsverfahren nicht bestritten worden. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom sei lediglich die Abgabe hinsichtlich weiterer – zusätzlich zu den bereits angemeldeten – Wettterminals herabgesetzt worden. Da die Summe der Gutschriften die Höhe der Lastschriften nicht übersteige, bestehe kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 239 BAO.
In weiterer Folge setzte die belangte Behörde mit Bescheid vom , GZ. 12122018, die Wettterminalabgabe für sechs Wettterminals für den Zeitraum September bis Dezember 2016 mit 8.400 Euro fest. Der dagegen erhobenen Beschwerde vom gab das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7400057/2019, statt und hob den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf.
Die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom richtet sich hingegen gegen den Abweisungsbescheid vom . Die Bf brachte darin im Wesentlichen vor, gemäß § 201 BAO habe die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eine erstmalige Festsetzung der Abgaben mit Bescheid vorzunehmen, wenn sie der Meinung ist, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Davon habe die belangte Behörde mit Bescheid vom , GZ. 11122017, Gebrauch gemacht und für den Zeitraum September bis November 2016 die Abgabe für zwei Terminals bzw für den Zeitraum Dezember 2016 die Abgabe für drei Terminals vorgeschrieben. Damit sei iSd § 201 BAO die zur Selbstberechnung angezeigte Abgabe außer Kraft getreten und anstelle dessen die Abgabenbeträge erstmalig mit Abgabenbescheid festgesetzt worden. Das Wettterminalabgabenkonto Nr. X sei zusätzlich angegeben worden und somit ausreichend konkretisiert gewesen, dass es sich um die Wettterminals der Bf gehandelt habe.
Gegen den Bescheid vom habe die Bf Beschwerde erhoben und die Aufhebung des Bescheides beantragt. Es werde nochmals darauf verwiesen, dass der Bescheid vom sämtliche Wettterminalabgaben der Beschwerdeführerin für den Zeitraum September bis Dezember 2016 umfasst habe. Mit der erwähnten Beschwerdevorentscheidung vom , GZ. 17052018, sei die Wettterminalabgabe für den gesamten Zeitraum von September bis November 2016 aufgehoben und festgestellt worden, dass nur für den Monat Dezember 2016 und nur für das Halten eines Wettterminals die Wettterminalabgabe abzuführen sei. Damit sei die vollständige Abgabenschuld der Beschwerdeführerin bescheidmäßig festgestellt worden.
Die belangte Behörde erledigte die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , GZ. 29012019, und wies das Beschwerdebegehren als unbegründet ab. Da die Wettterminalabgabe für die verfahrensgegenständlichen sechs Wettterminals rechtmäßig festgesetzt worden sei, könne im Umfang dieser Festsetzung kein Guthaben im Sinne des § 215 BAO bestehen, zumal auch keine diese Festsetzung übersteigenden Zahlungen erfolgt seien.
Am stellte die Bf einen Vorlageantrag und führte darin neuerlich aus, dass in der Beschwerdevorentscheidung vom über den gesamten Zeitraum September bis Dezember 2016 bescheidmäßig abgesprochen worden sei. Daher liege „res iudicata“ vor.
Die belangte Behörde legte daraufhin am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Auf Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes übermittelte die belangte Behörde am einen tagesaktuellen Auszug des Abgabenkontos der Bf.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Die Bf ist eine GmbH, die an ihrer Geschäftsadresse in Ort, Adresse, das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeehauses ausübt.
Im Zeitraum von September bis Dezember 2016 betrieb die Bf an ihrer Geschäftsadresse sechs Glücksspielterminals in Form von Standgeräten. Im Zeitraum von September bis Dezember 2016 befanden sich zusätzlich zwei internetfähige PCs mit Touchscreen, im Dezember 2016 ein weiteres funktionstüchtiges Wettterminal in den Geschäftsräumlichkeiten der Bf.
Nachdem die belangte Behörde im Zuge von Erhebungen von diesem Sachverhalt Kenntnis erlangt hatte, meldete die Bf nachträglich sechs Wettterminals zur Abgabe an und bezahlte am die Wettterminalabgabe für diese sechs Terminals für den Zeitraum September bis Dezember 2016 iHv insgesamt 8.400 Euro.
Mit Bescheid vom schrieb die belangte Behörde der Bf die Wettterminalabgabe für die weiteren zwei Geräte (für den Zeitraum September bis November 2016) bzw drei Geräte (für den Zeitraum Dezember 2016) iHv insgesamt 3.150 Euro vor. Dagegen erhob die Bf am das Rechtsmittel der Beschwerde. Die belangte Behörde gab der Beschwerde mit der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise statt und schrieb die Wettterminalabgabe nur für das Halten eines (weiteren) Standgerätes im Dezember 2016 vor. Von der Bf wurde die herabgesetzte Abgabe iHv 350 Euro bislang nicht entrichtet.
Mit Bescheid vom schrieb die belangte Behörde der Bf (zusätzlich) die Wettterminalabgabe für sechs Wettterminals für den Zeitraum September bis Dezember 2018 iHv 8.400 Euro vor. Die betroffenen Wettterminale waren von der Bf bereits im Dezember 2016 angemeldet und die Abgabe in der (nachträglich bescheidmäßig) vorgeschriebenen Höhe entrichtet worden. Dieser Bescheid wurde vom Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 4. September, GZ. RV/7400057/2019, ersatzlos aufgehoben.
Auf dem Abgabenkonto der Bf bei der belangten Behörde haftet derzeit ein Betrag von 392 Euro unberichtigt aus. Dieser Betrag setzt sich aus der Wettterminalabgabe laut Beschwerdevorentscheidung vom iHv 350 Euro sowie dem diesbezüglichen Verspätungszuschlag iHv 35 Euro bzw Säumniszuschlag iHv 7 Euro zusammen.
Der Übersichtlichkeit halber werden die den gegenständlichen Sachverhalt betreffenden Verfahren im Folgenden kurz dargestellt:
1. Im abgeschlossenen Beschwerdeverfahren beim Bundesfinanzgericht zur GZ. RV/7400057/2019 war die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Wettterminalabgabe für sechs Wettterminals für den Zeitraum September bis Dezember 2016 iHv 8.400 Euro mit Bescheid der belangten Behörde vom strittig. Mit Erkenntnis vom hob das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf und führte zur Begründung ua aus, dass es sich bei der Wettterminalabgabe um eine Selbstbemessungsabgabe handelt und die bescheidmäßige Festsetzung dieser Abgabe nur unter den in § 201 BAO umschriebenen Voraussetzungen erfolgen darf. Da § 201 Abs. 1 BAO eine Abgabenfestsetzung mit dem vom Abgabepflichtigen geltend gemachten Betrag nicht vorsieht, oblag es der belangten Behörde nicht, von Amts wegen mit Bescheid über die Wettterminalabgabe für diejenigen sechs Wettterminals abzusprechen, für welche die Bf am die Wettterminalabgabe entrichtet hatte.
2. Im ebenfalls abgeschlossenen Beschwerdeverfahren vor der belangten Behörde wurde mit Bescheid vom die Wettterminalabgabe iHv 3.150 Euro für zwei Wettterminals für den Zeitraum September bis November 2016 und für drei Wettterminals für den Zeitraum Dezember 2016 festgesetzt. Dagegen erhob die Bf am Beschwerde. Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise statt und schrieb die Wettterminalabgabe nur für ein Standgerät für den Zeitraum Dezember 2016 iHv 350 Euro vor. Diese Beschwerdevorentscheidung wurde von der Bf nicht weiter bekämpft und ist in Rechtskraft erwachsen.
3. Im gegenständlichen Verfahren ist hingegen die Richtigkeit der Buchungen auf dem Wettterminalabgabenkonto der Bf bzw das Bestehen eines Guthabens iHv 8.050 Euro strittig.
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und gründen sich auf das Vorbringen der Bf sowie den Inhalt des vorgelegten Beschwerdeakts samt Buchungsunterlagen.
Unstrittig ist insbesonders, dass sich die von der Bf selbst berechnete und abgeführte Abgabe iHv 8.400 Euro einerseits und die von der belangten Behörde mit Bescheid vom bzw mit Beschwerdevorentscheidung vom vorgeschriebene Abgabe iHv 3.150 bzw 350 Euro andererseits auf jeweils unterschiedliche Geräte beziehen. Gegenstand der Selbstbemessungsabgabe sind die sechs Wettterminals in Form von Standgeräten, die erwähnten Bescheide beziehen sich hingegen auf zusätzliche Geräte (zwei PCs mit Touchscreen und ein weiteres Wettterminal).
Diese Tatsache ergibt sich aus den vorliegenden Erhebungsberichten, den Bescheidbegründungen sowie der Eingabe der rechtsfreundlichen Vertretung der Bf an die belangte Behörde vom (Auszug: „Meine Mandantschaft hat mich dahingehend informiert, dass sie im genannten Betrieb lediglich sechs Wettterminals hielt, die mittlerweile auch nachträglich zur Wettterminalabgabe angemeldet wurden, wobei die Abgabe auch bereits entrichtet wurde. Bei den beiden PCs mit Touchscreen handelt es sich um bloße Infoterminals, die die Teilnahme an einer Wette nicht ermöglichen.“) und der Beschwerde vom betreffend die zwei bzw drei weiteren Geräte (Auszug: „Wie in den Feststellungen des angefochtenen Bescheides auf Seite 2 richtig ausgeführt, wurden sechs Wettterminals von der Beschwerdeführerin angemeldet.“)
Rechtsgrundlagen
Im vorliegenden Fall kommen folgende rechtliche Bestimmungen zur Anwendung:
Gemäß § 1 des Wiener Wettterminalabgabegesetzes (WWAG), LGBL. für Wien Nr. 32/2016, ist für das Halten von Wettterminals im Gebiet der Stadt Wien eine Wettterminalabgabe zu entrichten.
Die Höhe der Abgabe beträgt nach § 3 WWAG je Wettterminal und begonnenem Kalendermonat 350 Euro.
Gemäß § 5 Abs. 1 WWAG ist das Halten von Wettterminals spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzuzeigen.
Gemäß § 6 Abs. 1 WWAG gilt die Anmeldung von Wettterminals (§ 5 Abs. 1) als Abgabenerklärung für die Dauer der Abgabepflicht. Die Abgabe ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten.
§ 201 BAO lautet:
„§ 201 (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013)
3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.“
§ 215 BAO lautet:
„§ 215. (1) Ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
(2) Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
(3) Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
(4) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen. “
§ 239 BAO lautet:
„§ 239. (1) Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
(2) Die Abgabenbehörde kann den Rückzahlungsbetrag auf jenen Teil des Guthabens beschränken, der die der Höhe nach festgesetzten Abgabenschuldigkeiten übersteigt, die der Abgabepflichtige nicht später als drei Monate nach der Stellung des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird.“
Rechtliche Beurteilung
1) Antrag auf Berichtigung des Wettterminalkontos
Bei der Wiener Wettterminalabgabe handelt es sich um eine Selbstbemessungsabgabe iSd § 201 BAO. Eine bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe erfolgt nur unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen.
Im vorliegenden Fall bezahlte die Bf am die Wettterminalabgabe für sechs Wettterminals für den Zeitraum September bis Dezember 2016 iHv 8.400 Euro. Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Wettterminalabgabe für weitere Geräte für den Zeitraum September bis Dezember 2016 ursprünglich iHv 3.150 Euro fest und reduzierte die Abgabenschuld in weiterer Folge mit Beschwerdevorentscheidung vom auf 350 Euro. Mit Bescheid vom wurde die Wettterminalabgabe für die sechs gemeldeten Wettterminals für den Zeitraum September bis Dezember 2016 iHv 8.400 Euro festgesetzt.
Die Bf hat diesbezüglich vorgebracht, dass mit Bescheid vom die zur Selbstberechnung angezeigte Abgabe iSd § 201 BAO außer Kraft getreten sei und anstelle dessen die Abgabenbeträge erstmalig mit Abgabenbescheid festgesetzt worden seien. In weiterer Folge sei die vollständige Abgabenschuld mit der Beschwerdevorentscheidung vom rechtskräftig festgestellt worden. Es liege „res iudicata“ (entschiedene Sache) vor.
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. ) gilt der aus § 68 Abs. 1 AVG ableitbare Grundsatz, dass über ein und dieselbe Verwaltungssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem), auch im Abgabenverfahren (so auch ). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit Bescheid unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der res iudicata entgegen (). Verletzt die Behörde den Grundsatz der Unwiederholbarkeit, indem sie infolge eines Anbringens (Ansuchens) oder von Amts wegen ein Verfahren in einer entschiedenen Sache unzulässig einleitet (), so belastet sie nach herrschender Judikatur den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts (). Dieses Prozesshindernis ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen ().
Die Geltendmachung der sogenannten res iudicata durch die Bf bezieht sich offensichtlich auf die Tatsache, dass die belangte Behörde die Wettterminalabgabe mit Bescheid vom – abgeändert durch die Beschwerdevorentscheidung vom – und mit Bescheid vom , dh zweimal, festgesetzt hat. Für den gegenständlichen Sachverhalt hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7400057/2019, aber entschieden, dass die belangte Behörde nicht über die Abgabe für die sechs Wettterminals, die von der Bf bei der belangten Behörde angemeldet worden waren, erneut abzusprechen hatte. Der diesbezügliche Bescheid vom wurde ersatzlos aufgehoben. Die Frage des Vorliegens einer res iudicata stellt sich daher nicht (mehr).
Es verbleibt die Frage, ob der Ansicht der Bf, wonach die Beschwerdevorentscheidung vom an die Stelle der ursprünglichen Selbstbemessung getreten ist, zuzustimmen ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ) bewirkt die Einreichung der Erklärung betreffend eine Selbstbemessungsabgabe kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Festsetzung der Abgabe. Damit verbinden sich dieselben Rechtswirkungen wie mit einer bescheidmäßigen Festsetzung. Die "Quasirechtskraft" einer solchen Festsetzung durch Erklärung wird allerdings durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe, wie sie in den Fällen des § 201 BAO vorgesehen ist, wieder durchbrochen.
Festsetzungsbescheide gemäß § 201 BAO sind Abgabenbescheide. Sie haben daher im Spruch jene Bestandteile zu enthalten, die sich aus den §§ 93 Abs. 2 und 198 Abs. 2 BAO ergeben (vgl Ritz, BAO6, § 201 Rz 42). Solche Bescheide haben die gesamte Abgabe festzusetzen; nicht nur die Abgabenhöhe (Nachforderung), um die sich die Selbstberechnung als zu niedrig erweist (vgl zB ; , 2007/13/0065; , 2011/16/0206; , 2010/16/0030).
Im Sinne der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur erweist sich die Festsetzung der Wettterminalabgabe mit Bescheid vom bzw in abgeänderter Form laut Beschwerdevorentscheidung vom als rechtswidrig, da mit diesen Bescheiden in inhaltlicher Hinsicht nur über eine Nachforderung abgesprochen worden ist. Die bescheidmäßige Festsetzung der Wettterminalabgabe erstreckte sich nicht auf die gesamte im Bemessungszeitraum (September bis Dezember 2016) zu entrichtende Abgabe, sondern bloß auf die restliche Abgabenforderung betreffend die zusätzlichen Glücksspielgeräte. Durch die Nichtanfechtung der Beschwerdevorentscheidung ist die Festsetzung der Wettterminalabgabe aber dennoch in Rechtskraft erwachsen.
Was Gegenstand eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides einer Behörde ist, bestimmt sich ausschließlich nach dem Inhalt des Spruches des Bescheides. Nur er erlangt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtliche Geltung (Verbindlichkeit) und legt die Grenzen der Rechtskraft fest (; , Ra 2014/06/0041; , Ra 2017/09/0043; , Ra 2019/11/0024).
Ist aber der Spruch eines Bescheides unklar bzw bestehen Zweifel über den Inhalt eines Spruches, ist die Begründung zu diesem Bescheid für die Deutung des Spruches heranzuziehen. Insoweit bilden Spruch und Begründung des Bescheides eine Einheit (vgl ; , 97/16/0394; , 93/13/0052).
Laut Spruch des Bescheides vom (abgeändert mit Beschwerdevorentscheidung vom ) setzte die belangte Behörde für das Halten von Wettterminals im Gebiet der Stadt Wien für die Monate September 2016 bis Dezember 2016 die Wettterminalabgabe für zwei Wettterminals für den Zeitraum September bis November 2016 und für drei Wettterminals für den Zeitraum Dezember 2016 fest. In der Begründung führte sie dazu ua aus, dass die Bf sechs Wettterminals angemeldet habe, tatsächlich aber weitere Geräte festgestellt worden seien. Der Spruch des Bescheides umfasste nicht die Abgabe für die sechs Wettterminale, die die Bf bereits entrichtet hatte. Spruchinhalt der Bescheide vom bzw ist somit nur die Nachforderung an Wettterminalabgabe.
Im gegenständlichen Fall betreffen die ursprüngliche Selbstbemessung der Bf sowie die Vorschreibung laut Bescheid vom bzw laut Beschwerdevorentscheidung vom zwar denselben Abgabenzeitraum (September bis Dezember 2016) und dieselbe Abgabenart (Wettterminalabgabe). Es handelt sich in den beiden Fällen aber nicht um dieselben Besteuerungsgegenstände (Wettterminals), da der Festsetzungsbescheid bzw die Beschwerdevorentscheidung jene Geräte betraf, die von der Bf nicht angemeldet worden waren und für die sie keine Abgabe entrichtet hatte. Wie bereits erwähnt, sprechen die Bescheide somit nicht über die Wettterminalabgabe zur Gänze, sondern lediglich über die offene Restschuld betreffend die nicht gemeldeten Geräte ab.
Die Selbstbemessung und die – nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in dieser Form unzulässige – bescheidmäßige Nachforderung der Wettterminalabgabe bilden im konkreten Fall zwei unterschiedliche Rechtssachen mit unterschiedlichen Sachverhaltselementen.
Die Abgabepflicht auf Basis der Selbstbemessung durch die Bf bleibt durch die Beschwerdevorentscheidung unberührt. Das Begehren auf Berichtigung des Abgabenkontos ist daher abzuweisen.
2) Antrag auf Rückzahlung
Ein Guthaben entsteht erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen besteht (; , 2007/16/0121).
Maßgebend hiebei sind die tatsächlich durchgeführten Buchungen, nicht diejenigen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen (zB ; , 2009/16/0311; , 2012/16/0025).
Besteht kein rückzahlbares Guthaben, so ist der Antrag nicht zurückzuweisen, sondern abzuweisen ( ; , 98/16/0297).
Auf dem Abgabenkonto der Bf ist nach den erfolgten Buchungen der Wettterminalabgabe für den streitgegenständlichen Zeitraum September bis Dezember 2016 kein Guthaben entstanden. Der diesbezügliche Antrag wurde von der belangten Behörde somit zu Recht abgewiesen, die Beschwerde ist diesbezüglich abzuweisen.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt,
insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der
bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet
wird.
Die entscheidungserheblichen Fragen zur bescheidmäßigen Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben bzw zum Vorliegens einer "res iudicata" sind durch die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400059.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at