Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 21.11.2019, RV/6100626/2019

Vorlageantrag wegen falscher Adressierung der BVE zurückzuweisen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr in der Beschwerdesache der FrauX als Miteigentümerin und als Erbin nach FX, Adresse, vertreten durch Tosold Steuerberatungs GmbH, Naumanngasse 9, 5020 Salzburg (Beschwerde vom ) betreffend die Bescheide des Finanzamtes Salzburg – Land, Aigner Straße 10, 5020 Salzburg vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Feststellung von Einkünften für 2007 bis 2010 beschlossen:
 

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 263 Abs 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Verfahrensgang und Sachverhalt

Die Ehegatten X erzielten Einkünfte aus der Verpachtung eines in ihrem gemeinsamen Eigentum befindlichen Steinbruches. Diese Einkünfte wurden gemäß § 188 BAO festgestellt.

Mit Bescheiden vom wurde nach Abhaltung einer Nachschau das Verfahren betreffend die Feststellung der Einkünfte 2007 bis 2010 wiederaufgenommen und gleichzeitig neue Sachbescheide erlassen.

Dagegen richtete sich die Beschwerde der Beschwerdeführer (kurz: Bf.), die vom Finanzamt hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens mit als Beschwerdevorentscheidung intendierter Erledigung vom als unbegründet abgewiesen wurde.

Da FX am xx.yy.2017 verstorben war, wurde diese Erledigung an „FrauX und Verlassenschaft nach FX“ adressiert und dem steuerlichen Vertreter zugestellt. Der dagegen eingebrachte Vorlageantrag vom wurde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Einantwortungsbeschluss vom war jedoch bereits die Verlassenschaft zur Gänze der Witwe FrauX eingeantwortet worden. Dies teilte der steuerliche Vertreter dem Bundesfinanzgericht mit Mail vom mit.

B. Rechtliche Würdigung des Sachverhaltes

B/1. Erledigungen werden gemäß § 97 Abs 1 lit a BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen grundsätzlich durch Zustellung. Vor Bekanntgabe entfaltet ein Bescheid keinerlei Rechtswirkungen. Ein Bescheid gehört erst mit seiner Erlassung dem Rechtsbestand an (Ritz, BAO6, § 97 Tz 1).

Ist der Abgabepflichtige verstorben, ist bis zur Einantwortung der Erbschaft die Verlassenschaft Bescheidadressat für jene Abgaben, die den Erblasser vor seinem Tod betreffen. Die Verlassenschaft gilt als juristische Person und damit grundsätzlich als selbständiges Steuersubjekt. Sie existiert nur bis zur Einantwortung an die Erben.

Mit der Zustellung und Rechtskraft der Einantwortungsurkunde verliert die Verlassenschaft ihre Parteifähigkeit. Abgabenbescheide können nur mehr an den oder die namentlich anzuführenden Erben gerichtet werden (etwa ).

Mit der Einantwortung der Verlassenschaft an FrauX (Beschluss vom ) ist die Personengemeinschaft „FrauX und Verlassenschaft nach FX“ beendet. Gemäß § 191 Abs 2 BAO hat in derartigen Fällen der Feststellungsbescheid an diejenigen zu ergehen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Dies ist im vorliegenden Fall (nur noch) FrauX, sodass im Feststellungsverfahren erlassene Bescheide ausschließlich an sie zu ergehen haben.

Damit ist auch ein Hinweis gemäß § 101 Abs 4 BAO nicht (mehr) erforderlich.

Im vorliegenden Fall ist daher mangels Bekanntgabe an die richtige Bescheidadressatin (wiederum) keine wirksame Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens 2007 – 2010 ergangen. Eine Teilwirksamkeit nach § 191 Abs 5 BAO liegt gegenständlich nicht vor. Diese gilt nämlich nicht, wenn sich die Nichtigkeit als Feststellungsbescheide beabsichtigter Schriftstücke daraus ergibt, dass die Adressierung an eine bereits beendete Personengemeinschaft erfolgte (siehe Ritz, BAO6, § 191 Tz 14).

B/2. Eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid ist gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO zurückzuweisen. Sie darf aber nach Abs 2 leg.cit. nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht wurde.

Die Bestimmung des § 260 Abs 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) ist – neben anderen - gemäß § 264 Abs 4 BAO für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden. Dies gilt jedoch nicht für § 260 Abs 2 BAO. Somit setzt ein Vorlageantrag unabdingbar eine Berufungsvorentscheidung (nunmehr Beschwerdevorentscheidung) voraus (). Vor Wirksamkeit der Berufungsvorentscheidung eingebrachte Vorlageanträge sind deshalb ohne rechtliche Wirkung und als unzulässig zurückzuweisen (vgl. ; ; ).

Gemäß § 264 Abs 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht. Auf § 272 Abs 4 BAO wird hingewiesen.

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

C. Zulässigkeit einer Revision

Gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig , wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und stellt daher keine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100626.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at