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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 21.11.2019, RV/7200044/2019

Ersatzzustellung rechtzeitig?

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in den Beschwerde-sachen Bf, Adresse1, vertreten durch V, Adresse2,

1) gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Wien vom , Referenznummer: aa, betreffend eine Verbindliche Zolltarifauskunft,

2) gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Wien vom , Referenznummer: bb, betreffend eine Verbindliche Zolltarifauskunft und

3) gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Wien vom , Referenznummer: cc, betreffend eine Verbindliche Zolltarifauskunft

beschlossen:

Die Beschwerden - jeweils datiert mit - gegen die Bescheide betreffend Verbindliche Zolltarifauskünfte werden gemäß § 260 Abs. 1 Buchstabe b) BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Aufgrund von Anträgen auf die Entscheidung über eine Verbindliche Zolltarifauskunft (kurz: VZTA) ergingen folgende Bescheide:
1) Bescheid mit der Zl. dd betreffend die VZTA der belangten Behörde Zollamt Wien vom mit der Referenznummer: aa,
2) Bescheid mit der Zl. ee betreffend die VZTA der belangten Behörde Zollamt Wien vom mit der Referenznummer: bb und
3) Bescheid mit der Zl. ff betreffend die VZTA der belangten Behörde Zollamt Wien vom mit der Referenznummer: cc.

Die Bescheide wurden an die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) nachweislich am (ein Freitag) zugestellt.

Die Bf brachte gegen die oben angeführten Bescheide betreffend die drei VZTA´s beim Zollamt Wien in einem mit datierten Schriftsatz drei Beschwerden ein. 

In den drei Beschwerden wendet sich die Bf im Wesentlichen gegen die vom Zollamt Wien in den VZTA´s jeweils vorgenommene Einreihung der Halterungsteile in das Kapitel 76 des Harmonisierten System (kurz: HS), namentlich in die Position 7616 HS. Die Bf vertritt die Ansicht, es hätte jeweils die Einreihung der Waren in die Position 8302 HS erfolgen müssen.

Die Bf hat in der Beschwerdschrift die Anträge gestellt, es mögen
- die drei angefochtenen Bescheide aufgehoben und
- die VZTA´s jeweils dahingehend abgeändert werden, dass die gegenständlichen Waren in die Position 8302 HS einzureihen sind.

Der Schriftsatz wurde nachweislich am (ein Donnerstag) beim Postamt 1043 Wien aufgegeben.

Mit insgesamt drei Beschwerdevorentscheidungen - jeweils vom - hat das Zollamt Wien die Beschwerden gemäß § 260 Abs. 1 Buchstabe b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen. 

Die Beschwerdevorentscheidungen wurden an die Bf nachweislich am zugestellt.

Gegendie Zurückweisung der Beschwerden in den Beschwerdevorentscheidungen stellte die Bf im Schriftsatz vom  jeweils einen Vorlageantrag. In diesem bringt die Bf im Wesentlichen vor, die Beschwerden seien zulässig und rechtzeitig eingebracht worden.

Die Bf hat im Vorlageantrag abschließend die Anträge gestellt, es mögen
- die drei Beschwerdevorentscheidungen abgeändert und die Bescheide aufgehoben werden;
- die drei VZTA´s jeweils dahingehend abgeändert werden, dass die Waren in die Position 8302 HS einzureihen sind;
- in eventu die Bescheidbeschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt werden.

Mit Bericht vom legte das Zollamt die oben angeführten Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das BFG hat über die Beschwerden erwogen:

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung [§ 97 Abs. 1 Buchstabe b BAO].

Die  Bescheide wurden an die Bf nachweislich am (ein Freitag) zugestellt (der Bf bekannt gegeben). Aus der Übernahmebestätigung (dem Zustellnachweis) geht hervor, dass das Schriftstück von einem "Arbeitgeber" des Empfängers, der Bf übernommen wurde.

Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind gemäß § 243 BAO Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 249 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde bei der Abgabenbehörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. […]. 

Gemäß § 2 Abs. 3 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG idF ab ) ist auf Fristen, die im Zollrecht oder in Entscheidungen im Rahmen des Zollrechts festgesetzt werden, die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom zur Festlegung der Regeln für Fristen, Daten und Termine […] (Fristenverordnung) anzuwenden.

Die Zollbehörden und das Bundesfinanzgericht wenden gemäß § 47 ZollR-DG idF ab den § 2 Abs. 3 und die §§ 42 bis 47 auch dann an, wenn sie nicht im Rahmen des Geltungsbereichs des § 2 Abs. 1 (Zollrecht) tätig werden.

Art. 3 Abs. 1 Fristenverordnung bestimmt unter anderem:
„Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, in welchem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag nicht mitgerechnet, in den das Ereignis oder die Handlung fällt.“

Der Tag, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, ist also der Tag, der den Beginn der Frist darstellt, von dem an der gesetzlich festgelegte Zeitraum berechnet wird ().

Nach Art. 3 Abs. 2 Buchstabe c der Fristenverordnung beginnt eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessene Frist am Anfang der ersten Stunde des ersten Tages der Frist und endet mit Ablauf der letzten Stunde des Tages der letzten Woche, des letzten Monats oder des letzten Jahres, der dieselbe Bezeichnung oder dieselbe Zahl wie der Tag des Fristbeginns trägt. Fehlt bei einer nach Monaten oder Jahren bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit Ablauf der letzten Stunde des letzten Tags dieses Monats.

Diese Bestimmung, die die Feststellung des dies ad quem oder des Tages, an dem die Frist endet, ermöglicht, ist unter Bedachtnahme auf Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 der Fristenverordnung auszulegen, wonach der Tag des Fristbeginns der Tag ist, in den das Ereignis oder die Handlung fällt. Fällt mit anderen Worten ein Ereignis, das den Beginn einer Frist von einer Woche darstellt, auf einen Montag, so endet die Frist am folgenden Montag, der der dies ad quem ist ().

Die Zustellung und somit die Bekanntgabe der Bescheide erfolgte – wie bereits ausgeführt – nachweislich am  (ein Freitag).

Die gemäß § 264 Abs. 1 BAO einen Monat betragende Frist endete daher am (ein Montag).

Die Fristenberechnung nach Art. 3 Abs. 2 Buchstabe c der Fristenverordnung führt zu keinem anderen Ergebnis als eine solche nach den Bestimmungen der BAO, wonach die Frist für die Einbringung einer Beschwerde gegen die am  zugestellten Bescheide ebenfalls am  enden würde (vgl. ).

Die Bf brachte gegen die oben angeführten VZTA´s beim Zollamt Wien in einem mit datierten Schriftsatz drei Beschwerden ein. Der Schriftsatz wurde nachweislich am (ein Donnerstag) beim Postamt 1043 Wien aufgegeben, damit nach dem Ende der einmonatigen Frist, die bereits am (ein Montag)geendet hat.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) […],
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Bescheidbeschwerden sind fristgerecht, wenn sie spätestens am letzten Tag der Beschwerdefrist eingebracht werden (vgl Ritz, BAO6, § 260, Rz 21). 

Die bei der zuständigen Abgabenbehörde nach Ablauf der Frist am eingelangten, mit datierten und am zur Post aufgegebenen Beschwerden waren daher zurückzuweisen.

Die Bf vertritt in ihren Vorlageanträgen jedoch die Ansicht, die Zustellung sei mit der Entgegennahme der angefochtenen Bescheide durch einen "Arbeitnehmer" der Bf am  nicht bewirkt worden. Der Vertreter der Bf, ihr Geschäftsführer A, habe aufgrund urlaubsbedingter Abwesenheit erst am  von der Zustellung Kenntnis erlangt. Die einmonatige Beschwerdefrist habe daher erst am  begonnen und am geendet. Die am eingereichten Beschwerden seien daher jedenfalls fristgerecht erfolgt.

Eine Zustellung mit Zustellnachweis (RSb) erfolge an der Abgabestelle an den Empfänger oder an einen Bevollmächtigten, an einen befugten Vertreter der juristischen Person (bei einer GmbH der Geschäftsführer) oder an einen berufsmäßigen Parteienvertreter. Der Zustellnachweis (Rückschein) bedürfe zur Beurkundung der Unterfertigung durch den Übernehmer, der Beifügung des Datums und, wenn der Übernehmer nicht Empfänger sei, der Angabe, welche Stellung er oder sie im Zustellvorgang hatte.

Ist eine Zustellung an einen Empfänger, Bevollmächtigten oder Vertreter nicht möglich, so komme eine Ersatzzustellung nach § 16 ZuStG in Betracht. Als "Ersatzempfänger" kämen auch "Arbeitnehmer" des Empfängers in Betracht.

Nach § 16 Abs. 5 ZuStG gelte eine Ersatzzustellung jedoch als nicht bewirkt, wenn sich herausstellt, dass der Vertreter wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Die Zustellung werde in diesem Fall erst mit der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Die Regelung des § 16 Abs. 5 ZuStG bezwecke insbesondere, dass Rechtsmittelfristen im Vollem Umfang ausgeschöpft werden können (). Dies sei nur bei rechtzeitiger Kenntniserlangung des Empfängers bzw. seines Vertreters möglich.

Im gegenständlichen Fall sei die Zustellung an die Bf erfolgt. Die Bf als GmbH werde von deren Geschäftsführer, A, vertreten. A sei jedoch bis  urlaubsbedingt nicht an der Abgabestelle anwesend gewesen und habe erst am  von den verfahrensgegenständlichen Bescheiden Kenntnis erlangt. Die Zustellung sei somit nicht bereits am  mit der Entgegennahme durch einen Arbeitnehmer bewirkt worden, sondern erst einen Tag nach der Rückkehr von A am .

A habe sich in der ersten Juliwoche 2019 auf Urlaub befunden.
Die Bf hat dem Zollamt und Bundefinanzgericht dazu den Urlaubsantrag samt schriftlicher Bestätigung der Abwesenheit vorgelegt.
Am , dem Tag der Entgegenahme der gegenständlichen Bescheide, sei der Geschäftsführer privat mit seiner Familie noch in Grado in Italien gewesen.
Die Bf hat dazu dem Zollamt und Bundefinanzgericht eine Buchungsbestätigung vorgelegt.Erst am darauffolgenden Montag, dem , sei 
A wieder in seinem Büro gewesen.

Die zweite Geschäftsführerin der Bf, B, habe von der Zustellung der Bescheide ebenfalls nicht am Kenntnis erlangen können. B übe ihre Geschäftstätigkeit vorwiegend von Deutschland (72770 Reutlingen) aus und sei nur sehr unregelmäßig in Österreich. Für die Leitung der Geschäfte vor Ort in Österreich sei A allein zuständig.

Dem Vorbringen der Bf, die Beschwerden seien nicht verspätet sondern rechtzeitig eingebraucht worden, ist entgegen zu halten: 

Gemäß § 97 Abs. 1 Buchstabe a BAO werden Erledigungen von Behörden dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt grundsätzlich durch Zustellung.

Zustellungen erfolgen gemäß § 98 Abs. 1 BAO nach dem Zustellgesetz (ZustG).

Das Zustellgesetz regelt gemäß § 1 unter anderem die Zustellung der von Gerichten und Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Dokumente. 

Empfänger solcher Dokumente sind gemäß § 2 Zif. 1 ZustG die von den Behörden in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich als solche bezeichneten Personen.

Gemäß § 5 ZustG ist die Zustellung von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.

In den gegenständlichen Zustellverfügungen wird die Zustellung mit RSb an die Bf mit der Zustelladresse (Adresse1) als Empfängerin der drei VZTA´s verfügt.

Gemäß § 2 Zif. 3 ZustG ist die Zustelladresse eine Abgabestelle […].

Abgabestelle kann gemäß § 2 Zif. 4 ZustG die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei,  […] sein. 

Die Adresse1, ist eine Abgabenstelle.

Die Zustellung abgabenrechtlicher Schriftstücke erfolgt in der Regel durch die Post, somit durch einen Zustelldienst (§ 3 ZustG).

Der mit der Zustellung betraute Zusteller handelt hinsichtlich der Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Zustellung als Organ der Behörde, deren Dokument zugestellt wird (§ 4 ZustG). 

Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen (§ 13 Abs. 1 ZustG).

Ist der Empfänger eines Schriftstückes keine natürliche Person, so ist das Dokument einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen ( § 13 Abs. 3 ZustG). Dies ist zB bei einer GmbH jeder Geschäftsführer.

Kann das Dokument nicht an den Empfänger (Geschäftsführer) zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden [Ersatzzustellung (vgl. dazu )], sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger (Geschäftsführer) regelmäßig an der Abgabenstelle aufhält (§ 16 Abs. 1 ZustG).

Ersatzempfänger kann gemäß § 16 Abs. 2 ZustG jede erwachsene Person sein, die unter anderen Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist.

Im Gegenstand wurden die VZTA´s nach den Angaben der Bf in den Vorlageanträgen von einem "Arbeitnehmer" der Bf übernommen, obwohl die Zustellung nach den Angaben im Zustellnachweis - offenbar irrtümlich - vom "Arbeitgeber" des Empfängers übernommen wurden.

Gemäß § 16 Abs. 1  ZustG darf an den Ersatzempfänger zugestellt werden (Ersatzzustellung), wenn die Sendung demEmpfänger( Geschäftsführer) nicht zugestellt werden kann und an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend ist, sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger ( Geschäftsführer) oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Nur dann, wenn dem Zustellorgan bekannt ist, dass sich der Empfänger ( Geschäftsführer) nicht regelmäßig iSd § 16 Abs. 1 ZustG an der Abgabestelle aufhält, darf eine Zustellung nicht an einen Ersatzempfänger erfolgen. Weil der Zusteller eine Ersatzzustellung vorgenommen hat, ist er offensichtlich davon ausgegangen, dass sich der Empfänger - namentlich der zur Empfangnahme berechtigte Geschäftsführer der Bf - regelmäßig an der Abgabenstelle aufhält. Darüber hinaus spricht die Annahme der Sendung durch den Ersatzempfänger für die Annahmeberechtigung (vgl. ).

Ist eine Erstzustellung rechtmäßig, so ist sie grundsätzlich unabhängig davon wirksam, ob bzw. wann sie dem Empfänger ( Geschäftsführer) tatsächlich zukommt. Die drei VZTA´s wurden am rechtmäßig und rechtswirksam im Wege der Ersatzzustellung zugestellt.

Gemäß § 16 Abs. 5 ZustG gilt eine Ersatzzustellung nur dann als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabenstelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Von der Bf wird vorgebracht, ihr Geschäftsführer  A habe aufgrund urlaubsbedingter Abwesenheit erst am von der Zustellung Kenntnis erlangt. Die einmonatige Beschwerdefrist habe daher erst am als dem auf die Rückkehr folgenden Tag begonnen und habe daher am geendet.

Mit der Frage des "rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen" hat sich der Verwaltungsgerichtshof mehrfach auseinander gesetzt.

"Rechtzeitig" im Sinne des § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG ist dahingehend zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung steht, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden. Wird durch die Zustellung der Beginn einer Rechtsmittelfrist ausgelöst, so erlangt der Empfänger noch "rechtzeitig" vom Zustellvorgang Kenntnis, wenn ihm ein für die Einbringung des Rechtsmittels angemessener Zeitraum verbleibt. Es ist nicht erforderlich, dass dem Empfänger in den Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung stets die volle Frist für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss ( mwH).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung nicht durch die Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte ( mwH).

Hat der Empfänger nur einen Tag nach der Ersatzzustellung vom Zustellvorgang Kenntnis erhalten, stand ihm also die in Ansehung des zugestellten Bescheides wahrzunehmende Rechtmittelfrist von zwei Wochen nahezu ungekürzt zur Verfügung, so konnte er trotz Abwesenheit von der Abgabestelle rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen, sodass die Ersatzzustellung gemäß § 15 ZustG wirksam geworden ist (zB ; ; ).

Von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung von der Zustellung durch den Empfänger kann nur dann die Rede sein, wenn diesem die wahrzunehmende Frist ungekürzt oder zumindest nahezu ungekürzt zur Verfügung steht. Davon kann bei der Verzögerung der Kenntnis von der Zustellung um mehrere Tage nicht mehr die Rede sein (zB ; ).

Ob jemand vom Zustellvorgang "rechtzeitig" Kenntnis erlangt hat, kann nur nach den Verhältnissen des Einzelfalles beurteilt werden. Wird durch die Zustellung der Beginn einer Rechtsmittelfrist ausgelöst, so erlangt der Empfänger noch "rechtzeitig" vom Zustellvorgang Kenntnis, wenn ihm ein für die Einbringung des Rechtsmittels angemessener Zeitraum verbleibt ().

Anbringen zur Geltendmachung von Rechten – darunter Rechtsmittel – sind gemäß § 85 Abs. 1 BAO grundsätzlich schriftlich einzureichen. Eine Bescheidbeschwerde hat gemäß § 250 Abs. 1 BAO die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet, eine Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird, eine Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und eine Begründung zu enthalten. Im Besonderen ist hervorzuheben, dass in offener Frist eine Beschwerde nur eingebracht werden muss, dass eine Begründung aber auch nachgereicht werden kann.

Im Gegenstand hat der Geschäftsführer der Bf nach ihren eigenen Angaben am ersten Werktag, am Montag den , dem Tag der Rückkehr aus dem Urlaub, von der Ersatzzustellung am Freitag den  Kenntnis erlangt. Die Rechtsmittelfrist hat einen Monat betragen. 

Weil der Empfänger (der Geschäftsführer der Bf) demnach so rechtzeitig von der Zustellung der VZTA´s an den Ersatzempfänger Kenntnis erlangt hat, dass ihm ein für die Einbringung der drei Rechtsmittel angemessener Zeitraum mit nahezu der vollen Beschwerdefrist verblieben ist, wobei zu bedenke ist, dass er eine Begründung der zu erhebenden Beschwerden jeweils hätte auch nachreichen können, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung stützt sich auf den eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften der BAO und des ZustG und auf die diesbezügliche - teilweise ständige - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im den gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 97 Abs. 1 Buchstabe b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 249 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 3 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 47 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 5 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 97 Abs. 1 Buchstabe a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Z 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 5 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 2 Z 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 2 Z 4 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 4 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 13 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 13 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 16 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 16 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 17 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Verbindliche Zolltarifauskunft
Ersatzzustellung
rechtzeitig
Abgabestelle
Abwesenheit
nahezu ungekürzte Beschwerdefrist
Verweise











ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7200044.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at